Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 3. August 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/765 7. Wahlperiode 07.08.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Enrico Komning, Fraktion der AfD Fahndung nach ausreisepflichtigen Personen und Zielländer bei Abschiebungen und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die vorliegenden Ergebnisse der Recherchen sind, bezogen auf die Aktualität, ausschließlich für den angegebenen Erstellungstag / Erstellungszeitpunkt gültig. Daten zu bereits gelöschten Fahndungen sind nicht mehr recherchierbar. Laut Drucksache 7/617 werden ausreisepflichtige Personen zur Fahndung ausgeschrieben, wenn diese über mehrere Wochen nicht bei Behörden vorstellig geworden sind. Laut Medienberichten finden überdies nur wenige Abschiebungen in sogenannte Nicht-Balkan-Länder statt. (https://www.welt.de/politik/deutschland/article165720206/Europasgrosser -Selbstbetrug-in-der-Fluechtlingsfrage.html) 1. Wie viele Personen sind gegenwärtig aufgrund des Verdachts fehlender Auffindbarkeit durch Ausländerbehörden zur Fahndung ausgeschrieben worden? Drucksache 7/765 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Wie viele Personen sind im Sinne der Antwort der Landesregierung zu Frage 1 im Verlauf des Jahres 2016 und im bisherigen Verlauf des Jahres 2017 zur Fahndung ausgeschrieben gewesen? In wie vielen Fällen verlief die Fahndung erfolgreich (bitte tabellarisch nach Monaten und prozentuellem Erfolg aufgliedern)? Die Fragen 1 und 2 werden zusammenhängend beantwortet. Der Begriff der fehlenden Auffindbarkeit ist kein definierter Rechtsbegriff und wird nicht in den polizeilichen Systemen verwendet. Mit Stand vom 21.07.2017 war folgender Sachstand bezüglich der von den Ausländerbehörden veranlassten Ausschreibungen zu verzeichnen: 550 Ausschreibungen zur Aufenthaltsermittlung, 3489 Ausschreibungen zur Festnahme mit dem Ziel der Ausweisung/ Abschiebung/Zurückschiebung. Von den 550 Ausschreibungen zur Aufenthaltsermittlung wurden 171 im Jahr 2016 und 223 Ausschreibungen im Jahr 2017 vorgenommen. Von den 3.489 Ausschreibungen zur Ausweisung/Abschiebung/Zurückschiebung wurden 567 im Jahr 2016 und 565 im Jahr 2017 vorgenommen. Die übrigen Ausschreibungen erfolgten vor 2016. Bezogen auf die Aufenthaltsermittlungen können keine Aussagen darüber getroffen werden, ob die betreffenden Personen ausreisepflichtig waren beziehungsweise ausreisepflichtig sind. Diese Informationen werden von den Ausländerbehörden an das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern nicht übermittelt. Aussagen zum Erfolg von Ausschreibungen können ebenfalls nicht getroffen werden, da durch automatisierte Recherchen nur ein Ist- Stand erhoben werden kann. Bereits erfolgreiche Fahndungen werden gelöscht. Die dazugehörigen Daten stehen nicht mehr zur Verfügung. 3. Gelten Personen, bei denen eine Fahndung nicht erfolgreich verlief, als offiziell vermisst? Wenn nicht, wie werden diese Personen von den Behörden eingestuft? Eine nicht erfolgreiche Fahndung zieht nicht automatisch eine Einstufung als „vermisst“ nach sich. Nach Ablauf der gesetzten Frist entscheidet die ausschreibende Behörde über den Fortgang des Verfahrens. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/765 3 4. Welche Probleme sieht die Landesregierung durch das Verschwinden von Asylbewerbern und ausreisepflichtigen Personen? Durch das Untertauchen entziehen sich die genannten Personen dem Zugriff der Behörden. Bei Asylbewerbern gilt der Asylantrag als zurückgenommen, wenn der Asylbewerber das Verfahren nicht betreibt. Gemäß § 33 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes wird bei Untertauchen vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Bei ausreisepflichtigen Personen führt das Untertauchen dazu, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht durchgeführt werden können. 5. Wie viele Personen wurden in welche Länder seit Beginn des Jahres 2016 abgeschoben (bitte aufgliedern nach Monat und Abschiebezahlen der Zielländer)? Den nachfolgenden Tabellen können die Anzahl der Abschiebungen mit den jeweiligen Zielstaaten entnommen werden. Die Übersichten enthalten keine Dublin-Überstellungen. 2016 Land Anzahl Januar Albanien 20 Ghana 3 Mazedonien 29 Serbien 30 Venezuela 1 Februar Albanien 24 Honduras 1 Kosovo 10 Serbien 10 März Albanien 5 Kosovo 8 April Albanien 12 Serbien 2 Mai Albanien 31 Ghana 3 Mazedonien 18 Montenegro 14 Serbien 41 Juni Albanien 11 Ghana 2 Kosovo 3 Juli Ghana 2 Montenegro 9 Serbien 13 August Ghana 1 Drucksache 7/765 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 2016 Land Anzahl Kosovo 1 September Albanien 29 Ghana 4 Indien 1 Mazedonien 4 Serbien 10 Oktober Ghana 1 Mazedonien 4 Serbien 4 November Albanien 17 Ghana 1 Serbien 8 Dezember Albanien 5 Türkei 2 gesamt: 394 2017 Land Anzahl Januar Albanien 12 Armenien 1 Kosovo 1 Serbien 3 Februar Albanien 2 Ghana 3 Serbien 1 März Afghanistan 1 Albanien 8 Ghana 4 Marokko 1 Mazedonien 10 Nigeria 1 Russische Föderation 1 Syrien 4 April Aserbaidschan 1 Litauen 1 Kosovo 5 Mazedonien 10 Serbien 7 Mai Albanien 11 Bosnien-Herzegowina 3 Ghana 1 Mazedonien 6 Russische Föderation 2 Syrien 1 Ukraine 3 Juni Albanien 5 Ghana 1 Serbien 2 gesamt: 112 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/765 5 6. Bei welchen Ländern gestaltet sich die Passersatzbeschaffung besonders problematisch? a) Welche Ursachen hat dies aus Sicht der Landesregierung? b) Welche Maßnahmen oder Initiativen will die Landesregierung anstreben, um dem entgegenzuwirken? c) Wie gestaltet sich das Prozedere einer Passersatzbeschaffung? Hinsichtlich der Benennung der sich am schwierigsten gestaltenden Passersatzbeschaffungsverfahren ist zunächst zu erwähnen, dass in einigen Staaten ein entsprechendes Verfahren gar nicht eröffnet wird. In diesen Staaten sind die Grundvoraussetzungen derart hoch gelagert (zum Beispiel Vorliegen von Sachbeweisen, Freiwilligkeitserklärung des Betroffenen), dass Verfahren bereits im Vorfeld als nahezu unmöglich zu betrachten sind. In diesen Fällen ist die Einleitung von Passersatzbeschaffungsverfahren von vornherein äußerst schwierig und wird daher nur in den seltensten Fällen betrieben. Bei der Beantwortung der Frage werden daher die Herkunftsländer mit möglicher Verfahrenseröffnung und mit den häufigsten Fallvorkommen in den Blick genommen. In dieser Betrachtung gestaltet sich aus Sicht der Landesregierung die Passersatzbeschaffung in folgenden drei Ländern als besonders schwierig: - Marokko - Russische Föderation - Afghanistan Zu a) In den genannten Staaten werden Passersatzbeschaffungsverfahren zum Beispiel nicht kurzfristig beantwortet und die Kommunikation mit dem Konsulat gestaltet sich als nicht zielführend oder mangels Ansprechpartnern als sehr umständlich. Auch ist die Aufbereitung der Anträge teils sehr aufwändig. Hinzu kommen Versagen im Schriftverkehr, so dass zum Teil die Ersuchen auf dem Postweg (trotz Einschreiben) verloren gehen oder erklärte Zustimmungen der Staaten hier nicht rechtzeitig zugestellt werden. Eine Einschätzung der Ursachen für diese Probleme bei der Passersatzbeschaffung kann die Landesregierung nicht vornehmen. Die Bereitschaft der Herkunftsländer zur Kooperation wird in einem hohen Maße durch die häufig volatile innenpolitische Lage im jeweiligen Land beeinflusst. Folglich hat die Landesregierung keinen Einfluss auf die Bearbeitung der Passersatzanträge durch die jeweiligen Herkunftsländer. Zu b) Die Verhandlungen mit den Herkunftsstaaten zu Rückkehrfragen werden in Anwendung des kohärenten Ansatzes ressortübergreifend insbesondere zwischen dem Bundesministerium des Innern, dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit vorbereitet und durchgeführt. Drucksache 7/765 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 Die Kooperation der Herkunftsländer ist ein entscheidender Faktor, um die Ausstellung von Reisepapieren zu beschleunigen. In eng abgestimmten Gesprächen und Verhandlungen wird den relevanten Staaten das zentrale Interesse der Bundesregierung an einer guten Zusammenarbeit im Bereich Rückkehr verdeutlicht. Durch konstruktive Erörterung technischer Fragen der Zusammenarbeit werden die Potenziale zur Beschleunigung der Verfahren aufgedeckt, und eine gezielte Förderung wird ermöglicht. Die Landesregierung kann mangels Zuständigkeit keine eigenen Maßnahmen oder Initiativen anstreben, um Problemen bei der Passersatzbeschaffung entgegen zu wirken. Jedoch ist Mecklenburg-Vorpommern im Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (kurz: ZUR) vertreten (vergleiche Antwort zu Frage 8b). Dieses hat ebenfalls zur Aufgabe, an der Verbesserung der Kooperation mit ausländischen Botschaften / Vertretungen der Herkunftsländer mitzuwirken und die Beschaffung von Passersatzpapieren in Problemfällen zu beschleunigen. Dafür gibt es im ZUR den eigenen Arbeitsbereich „Passersatzbeschaffung“. Dessen Aufgaben sind die operative Passersatzbeschaffung (einschließlich Unterstützung von Sammelvorführungen und Expertenanhörungen), Problemanalysen zu ausgewählten Herkunftsstaaten und Erarbeitung von Optimierungsstrategien und deren Begleitung sowie das Fungieren als Servicestelle (Bestandsaufnahme und Weitergabe von Informationen zu Passersatzbeschaffungsmaßnahmen). Zu c) Eine allgemein für alle Herkunftsländer gültige Beantwortung zum Prozedere des Passersatzverfahrens ist nicht möglich. Jedes Herkunftsland hat ein eigenes spezielles Verfahren. Zu erwähnen bleibt hier, dass in den Fällen der zentralen Zuständigkeit des Bundes die Anträge zur Passersatzbeschaffung an das Bundespolizeipräsidium Potsdam zur dortigen weiteren Bearbeitung versandt werden. 7. Wie viele Beamte oder Angestellte in welchen Ministerien des Landes Mecklenburg-Vorpommern und den ihnen unterstellten Behörden sind gegenwärtig in das Aufgabenfeld der Passersatzbeschaffung involviert? a) Wie bewertet die Landesregierung die Arbeitsauslastung von entsprechenden Beamten und Angestellten? b) Wird vonseiten der Landesregierung über eine Ausweitung der personellen Kapazitäten in diesem Bereich nachgedacht? Das Verfahren der Passersatzbeschaffung wird vom Landesamt für innere Verwaltung (LAiV) durchgeführt. Dort sind bis zu acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Passersatzbeschaffung (im Zusammenhang mit der Vorbereitung, Durchführung und Organisation von Abschiebungen) betraut. Auch in den Ausländerbehörden sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Teil durch die Weiterleitung der Passersatzanträge an das LAiV in den Prozess der Passersatzbeschaffung involviert. Da die Passersatzbeschaffung in den Ausländerbehörden allerdings nur einen Teil der vielfältigen Aufgaben darstellt, ist eine Bezifferung der damit betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht möglich. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/765 7 Zu a) Die für Passersatzbeschaffung zuständigen Bearbeiter im Landesamt für innere Verwaltung sind mit dieser Aufgabe vollständig ausgelastet. Zu b) Eine Aufstockung des Personals im Bereich der Passersatzbeschaffung ist derzeit nicht geplant. 8. Denkt die Landesregierung über neue Konzepte zur Passersatzbeschaffung nach? a) Wenn ja, welche Schwerpunkte werden dort gesetzt? b) Wenn nicht, mit welchen Maßnahmen plant die Landesregierung eine landesspezifische Erhöhung der Abschiebezahlen bei ausreisepflichtigen Personen im Laufe des Jahres voranzubringen? Zu 8 und a) Wie bereits in der Antwort zu Frage 6b) dargestellt, werden die Verhandlungen mit den Herkunftsstaaten ressortübergreifend insbesondere zwischen dem Bundesministerium des Innern, dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit vorbereitet und durchgeführt. Die Bundesregierung prüft dabei in enger Abstimmung mit anderen EU-Mitgliedstaaten insbesondere auch im Bereich der Visapolitik, welche Maßnahmen gegenüber Staaten, die in Fragen der Rückführung nicht kooperieren, zielführend und angemessen sind. Die Bereitschaft der Herkunftsländer zur Kooperation wird dabei in einem hohen Maße durch die häufig volatile innenpolitische Lage im jeweiligen Land beeinflusst. Nur durch die Verstetigung der Kontakte und durch die Flankierung der Gespräche auf Fachebene sowie durch Kontakte auf politischer Ebene kann längerfristig eine Verbesserung der Zusammenarbeit erreicht werden. Die bilateralen Gespräche werden durch die Mitwirkung an Verhandlungen auf EU-Ebene ergänzt. Folglich liegt es nicht in der Zuständigkeit der Landesregierung, eigene Konzepte zur Passersatzbeschaffung zu erarbeiten. Zu b) Verbesserungen im Bereich der Rückkehrpolitik zu erzielen und somit die Anzahl der Rückführungen von ausreisepflichtigen Personen zu erhöhen, ist gemeinsames Ziel von Bund und Ländern. Vor diesem Hintergrund arbeitet Mecklenburg-Vorpommern weiterhin mit allen Ländern und dem Bund zusammen daran, die Aufträge, die aus der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 9. Februar 2017 resultieren, umzusetzen. Drucksache 7/765 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 8 So gibt es zum Beispiel regelmäßige Bund-Länder-Arbeitsgruppen zu einzelnen Themenfeldern , in denen Defizite analysiert werden und auf deren Grundlage Änderungen vorgenommen und Handlungsempfehlungen entwickelt werden können. Durch die Arbeit des ZUR kann mittels einer verbesserten und kontinuierlichen Kooperation und Kommunikation eine wesentliche Verbesserung der gemeinsamen Rückkehrpolitik erreicht werden. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Landesregierung neben der konsequenten Durchsetzung der Ausreisepflicht verstärkt den Fokus auf die Förderung der freiwilligen Rückkehr legt.