Der Finanzminister hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 21. Juli 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/825 7. Wahlperiode 24.07.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Thomas de Jesus Fernandes, Fraktion der AfD Auflockerung des Bankgeheimnisses und ANTWORT der Landesregierung Der § 30a „Schutz von Bankkunden“ des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes wurde am 23. Juni 2017 gestrichen. Die Änderungen traten am 25. Juni 2017 in Kraft. 1. Wie positionierte sich die Landesregierung von Mecklenburg- Vorpommern dazu im Bundesrat? 2. Wie bewertet die Landesregierung diese Gesetzesänderung? Die Fragen 1 und 2 werden zusammenhängend beantwortet. Am 25. Juni 2017 ist das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz) vom 23. Juni 2017 in Kraft getreten. Ziel des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes ist es, durch erhöhte Transparenz erweiterte Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen und Dritter sowie durch neue Ermittlungsbefugnisse der Finanzbehörden Domizilgesellschaften künftig wirksamer ermitteln zu können. Drucksache 7/825 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Eine Maßnahme des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes ist die Aufhebung des § 30a Abgabenordnung. In ihrer Gesetzesbegründung zur Streichung des § 30a der Abgabenordnung führt die Bundesregierung unter anderem aus (siehe Bundestagsdrucksache 18/11132): „Nach § 30a Abgabenordnung haben die Finanzbehörden bei der Ermittlung des Sachverhalts besondere Rücksicht auf das Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunden zu nehmen. Die Vorschrift begründet zwar […] kein Auskunftsverweigerungsrecht der Kreditinstitute, sie erschwert aber gleichwohl die Nutzung der bei den Kreditinstituten vorhandenen Informationen über ausländische Gesellschaften für steuerliche Zwecke.“ sowie „Mit Aufhebung des § 30a Abgabenordnung wird klargestellt, dass Kreditinstitute bei der Mitwirkung zur Aufklärung des steuerlichen Sachverhalts gegenüber den Finanzbehörden dieselben Rechte und Pflichten haben wie andere auskunftspflichtige Personen, die - anders zum Beispiel Rechtsanwälte oder Steuerberater - keine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht beachten müssen.“ Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde vom Deutschen Bundestag am 27. April 2017 angenommen. Der Bundesrat hat dem Gesetz in seiner 958. Sitzung am 2. Juni 2017 zugestimmt, aus den vorgenannten Gründen mit Unterstützung des Landes Mecklenburg- Vorpommern. 3. Wem ist es staatlicherseits in Mecklenburg-Vorpommern nun alles möglich, Einsicht auf Bankkonten zu erlangen? Welche formalen Kriterien müssen dazu erfüllt werden? Bei der Beantwortung dieser Frage sind Auskunftsersuchen und Kontenabrufe zu unterscheiden . Der Kreis der zu Auskunftsersuchen oder zu Kontenabrufen befugten kommunalen Behörden und Landesbehörden in Mecklenburg-Vorpommern wurde durch die Streichung des § 30a der Abgabenordnung nicht erweitert. a) Auskunftsersuchen durch Finanzbehörden (§ 93 Absatz 1 Abgabenordnung) Nach insoweit unverändert gebliebener Rechtslage sind den Finanzbehörden im gesamten Besteuerungsverfahren Auskunftsersuchen an Dritte möglich. Voraussetzung für ein Auskunftsersuchen nach § 93 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung ist, dass die Heranziehung eines Auskunftspflichtigen im Einzelfall aufgrund hinreichender konkreter Umstände oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen geboten ist. Dies umfasst auch Einzelauskunftsersuchen an Kreditinstitute. Auskunftsersuchen „ins Blaue hinein“ sind somit nach wie vor unzulässig. Zwar hatten nach § 30a der Abgabenordnung die Finanzbehörden auf das Vertrauensverhältnis zwischen Kreditinstituten und deren Kunden besondere Rücksicht zu nehmen, jedoch begründete diese Vorschrift kein gesetzlich geschütztes „Bankgeheimnis“ gegenüber den Finanzbehörden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/825 3 Durch die nunmehr erfolgte Aufhebung von § 30a der Abgabenordnung hat die Finanzbehörde bei der Entscheidung darüber, ob ein Auskunftsersuchen an ein Kreditinstitut zu richten ist, lediglich kein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Kreditinstitut mehr zu berücksichtigen. Neue Ermittlungsbefugnisse werden dadurch jedoch nicht geschaffen. b) Kontenabrufe durch Finanzbehörden (§ 93 Absatz 7 Abgabenordnung) Finanzbehörden können unter den Voraussetzungen des § 93 Absatz 7 der Abgabenordnung bei den Kreditinstituten über das Bundeszentralamt für Steuern nach wie vor folgende Bestandsdaten zu Konten- und Depotverbindungen abrufen: - die Nummer eines Kontos, das der Verpflichtung zur Legitimationsprüfung im Sinne des § 154 Absatz 2 Satz 1 der Abgabenordnung unterliegt, oder eines Depots, - der Tag der Errichtung und der Tag der Auflösung des Kontos oder des Depots, - der Name sowie bei natürlichen Personen der Tag der Geburt, des Inhabers und eines Verfügungsberechtigten sowie - der Name und die Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten (§ 1 Absatz 6 des Geldwäschegesetzes). c) Kontenabrufe durch andere Behörden (§ 93 Absatz 8 Abgabenordnung) Darüber hinaus und unverändert dürfen die für die Verwaltung der in § 93 Absatz 8 Satz 1 der Abgabenordnung abschließend aufgezählten Gesetze zuständigen Behörden das Bundeszentralamt für Steuern ohne Zwischenschaltung der Finanzbehörden ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen. Zu diesen Behörden zählen: - Jobcenter zur Durchführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, - Sozialämter zur Durchführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, - Ämter für Ausbildungsförderung zur Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes sowie die Behörden für die Ausführung der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, - Wohngeldbehörden zur Durchführung des Wohngeldgesetzes, - Gerichtsvollzieher im Rahmen von Vollstreckungsverfahren im Zuständigkeitsbereich ihres Amtsbezirkes nach § 802l der Zivilprozessordnung, - Jugendämter zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes nach § 6 Absatz 6 des Unterhaltvorschussgesetzes, - Polizeivollzugsbehörden, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist, sowie - Verfassungsschutzbehörden, soweit dies für die Aufgabenerfüllung erforderlich ist und durch Landesgesetz ausdrücklich zugelassen ist. Im Wege des Kontenabrufes nach § 93 Absatz 7 und 8 der Abgabenordnung werden weder Kontenbewegungen noch Kontenstände ermittelt. Drucksache 7/825 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Aus Sicht der Landesregierung leisten die Kontendatenabfragen damit in der Praxis einen wesentlichen Beitrag zur Gleichmäßigkeit des Gesetzvollzuges, insbesondere bei der Ausführung von Steuer- und Leistungsgesetzen. Zudem dienen sie in besonderem Maße dem Gläubigerschutz, da die Verheimlichung von Vermögenswerten erschwert wird, sowie der Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit. d) Auskunftsansprüche und Abfragebefugnisse von Strafverfolgungs-, Polizei- und Verfassungsschutzbehörden Weiterhin können die Staatsanwaltschaften und Strafgerichte des Landes in Ermittlungsverfahren bzw. Strafverfahren sowie die als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft handelnden Beamtinnen und Beamten der Landespolizei nach den Vorschriften der Strafprozessordnung Kontodatenabfragen sowohl bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als auch bei den Kreditinstituten selbst durchführen. Der Verfassungsschutz kann im Einzelfall ebenso Auskunft bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen gemäß § 24a Absatz 2 Nummer 2 des Landesverfassungsschutzgesetzes einholen. 4. Kann eine Konteneinsicht bei Abgeordneten in gleicher Weise in die Wege geleitet werden oder bedarf es weiterer Maßnahmen wie zum Beispiel einer Aufhebung der Immunität? Grundsätzlich bestehen für Abgeordnete keine Besonderheiten. Für den Fall einer mit Strafe bedrohten Handlung eines Abgeordneten des Landtages Mecklenburg-Vorpommern gilt Artikel 24 Absatz 2 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern.