Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 8. August 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/827 7. Wahlperiode 09.08.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Nikolaus Kramer, Fraktion der AfD Wracks in der Ostsee und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Der zitierte Fernseh-Beitrag „Vergessene Wracks“ des Senders „arte“ war unter dem überlieferten Link zum Zeitpunkt der Bearbeitung dieser Kleinen Anfrage online nicht mehr verfügbar. In einer noch einsehbaren Kurzfassung des Beitrags wurden die Küsten Mecklenburg- Vorpommerns nicht thematisiert. Vielmehr wurden Umweltauswirkungen aufgrund austretenden Schweröls aus dem am Ende des Zweiten Weltkrieges versenkten Lazarettschiff „Stuttgart“ in den Küstengewässern vor der polnischen Stadt Gdansk beispielhaft dargelegt und dann in unangemessener Art und Weise auf die gesamte Ostsee übertragen. Dieser im Fernsehbeitrag geschilderte Einzelfall lässt keinesfalls generalisierende Rückschlüsse auf den Zustand von alten Schiffswracks, die in ihnen eingeschlossenen Öl-Mengen oder auf die etwaigen Umweltgefährdungen in den Küstengewässern des Landes zu. Die Schlussfolgerung, eine hieraus resultierende Ölkatastrophe an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns sei nur eine Frage der Zeit, ist hypothetisch und nicht belegbar. Nach Aussage des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) befinden sich circa 1.000 Unterwasserhindernisse in den deutschen Hoheitsgewässern der Ostsee, darunter circa 500 Wracks von Schiffen oder Booten. Davon bestehen die allermeisten nur noch aus kleineren Bruchstücken, von denen keine Gefährdung für Mensch und Umwelt ausgeht. Drucksache 7/827 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Laut Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) befinden sich ca. 1.000 Wracks in der Ostsee. Von einigen geht eine nicht unerhebliche Gefahr durch austretende Schweröle und Munitionsreste aus. Insbesondere bei Kriegsschiffen aus den Weltkriegen sind zumindest die Haftungsangelegenheiten strittig. Die Frage ist nicht ob, sondern wann eine Ölkatastrophe die touristisch genutzte Küste Mecklenburg-Vorpommerns erreicht (http://www.arte.tv/de/videos/047526-000-A/vergessene-wracks). 1. Sind der Landesregierung die genauen Positionen von Wracks in deutschen Hoheitsgewässern, die Mecklenburg-Vorpommern betreffen, bekannt? Nach dem Seeaufgabengesetz des Bundes ist es Aufgabe des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), die Seevermessung in den deutschen Hoheitsgewässern vorzunehmen. Dabei werden Lage und geringste Tiefe von Unterwasserhindernissen (unter anderem Wracks) festgestellt und in Datenbanken und Seekarten festgehalten. Das BSH sowie das jeweilige Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) geben die Positionen von Wracks, bei denen Kampfmittelfunde vorliegen, dem in Mecklenburg-Vorpommern zuständigen Munitionsbergungsdienst bekannt. Diese Daten werden im Kampfmittelkataster des Landes erfasst. Schiffswracks mit absehbarem Schadstoffaustritt werden vom BSH und von den Wasserstraßen- und Schifffahrtsämtern an die gemeinsame Bund/Länder-Einrichtung „Havariekommando“ (HK) sowie an das jeweilige im Land für die Ostsee wasserrechtlich und sonderordnungsrechtlich zuständige Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt (StALU) gemeldet. 2. Wie schätzt die Landesregierung die von diesen Wracks ausgehenden Gefahren, insbesondere für die Küsten von Mecklenburg- Vorpommern, ein? Die Kategorisierung der jeweiligen Kampfmittelbelastungsflächen erfolgt im Rahmen der Gefahrenbewertung durch den Munitionsbergungsdienst entsprechend den Arbeitshilfen „Kampfmittelräumung“. Aufgrund der hydrologischen Gegebenheiten in den Küstengewässern Mecklenburg- Vorpommerns ergibt sich aus den vorhandenen Kampfmitteln in den betreffenden Wracks keine Gefährdung der Küste. Die Umweltgefährdung durch potenziell austretendes Öl aus alten Schiffswracks im Hoheitsgebiet Mecklenburg-Vorpommerns wird auf der Grundlage des derzeitigen Kenntnisstandes als gering eingeschätzt (siehe Vorbemerkung). Im Vergleich zu potenziellen Gewässerverunreinigungen mit Ölen aus der aktiven Schifffahrt ist das Risiko einer Freisetzung von Schweröl aus Wracks von weitaus geringerer Bedeutung. Sollte eine Verschmutzung mit Öl aus einem Wrack gemeldet werden beziehungsweise sollte diese auch nur absehbar sein, würden Maßnahmen zum Schutz des Gewässers und der Küste ergriffen, wie sie auch bei drohenden oder tatsächlich erfolgten Havarien von Schiffen mit Schadstoffaustritt erfolgen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/827 3 3. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bisher ergriffen, um die Gefahren, welche von diesen Wracks ausgehen, einzudämmen? Für Sicherungs- und Gefahrenabwehrmaßnahmen ist der Eigentümer des Wracks (Verursacher) beziehungsweise der Bund als Eigentümer der Bundeswasserstraße (Handlungsstörer) verantwortlich. Wenn von Kampfmitteln Gefahren ausgehen, werden die Kampfmittel durch den Munitionsbergungsdienst oder durch eine von ihm beauftragte Firma beseitigt. Wenn von Schiffswracks Umweltgefährdungen ausgehen, beispielsweise durch Schadstoffe wie Öl, werden diese in Ersatzvornahme von dem jeweiligen Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt (StALU) bekämpft, falls Verursacher beziehungsweise Handlungsstörer nicht aktiv werden. Das Havariekommando (HK) übernimmt unter Einbeziehung der Mittel des Bundes und der anderen Küstenländer im Falle einer „komplexen Schadenslage“ die Gesamteinsatzleitung vom StALU. Das Land veranlasste im Jahr 2001 in einem vom Bund und vom Land gemeinsam identifizierten spezifischen Einzelfall aufgrund einer festgestellten Gewässergefährdung die Verflüssigung, Entnahme und Entsorgung von circa 38 Tonnen Schweröl aus dem Wrack des Minensuchbootes M 14 vor Zinnowitz. 4. Gibt es seitens der Landesregierung Bestrebungen, in Kooperation mit anderen Küstenländern der Ostsee Gefahren für Umwelt und Mensch zu minimieren? a) Wenn ja, welche Küstenländer sind das? b) Welche konkreten Maßnahmen sind diesbezüglich geplant? Ja, es gibt Kooperationen des Landes mit anderen Küstenländern der Ostsee zur Minimierung der Gefahren für Mensch und Umwelt, die von Schiffswracks ausgehen können. Zu a) Auf der regionalen Ebene des Helsinki-Übereinkommens zum Schutz der Ostsee (HELCOM) sind dies alle Ostseeanrainerstaaten sowie die Europäische Union. Das Land wird durch den Bund in die internationalen Abstimmungen und Arbeiten einbezogen. Auf der nationalen Ebene arbeitet das Land im Rahmen der Havariekommando-Vereinbarung und der Bund/Länder-Vereinbarung zur Schadstoffunfallbekämpfung (BLV SUB) eng mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und mit seinem nachgeordneten Bereich sowie mit den anderen Küstenbundesländern zusammen. Der Bund/Länder-Ausschuss Nord- und Ostsee (BLANO), in dem Ressorts des Bundes und die Küstenländer zum Thema Meeresschutz zusammenarbeiten, hat einen Expertenkreis „Munition im Meer“ berufen. Drucksache 7/827 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Zu b) Bezogen auf die hier thematisierten potenziellen Gefährdungen für Mensch und Umwelt durch alte Schiffswracks wird auf der internationalen Ebene die laufende Umsetzung des HELCOM Ostseeaktionsplans unter anderem auch zu einer verbesserten Notfallvorsorge (Rettung, Brandund Schadstoffunfallbekämpfung) führen. Ein Beispiel dafür sind die gemeinsamen BALEX DELTA-Übungen der Ostseeanrainerstaaten. Die Bekämpfungseinheiten des Landes werden dabei über das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur eingebunden. Andere gemeinsame Maßnahmen, wie zum Beispiel Strandreinigungsübungen oder der Umgang mit verölten Tieren, werden durch die HELCOM Arbeitsgruppe RESPONSE erarbeitet, an der auch das Land an der Seite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur beteiligt ist. Auf nationaler Ebene werden die Vorsorgemaßnahmen zur Rettung, Brandbekämpfung und Schadstoffunfallbekämpfung im maritimen Bereich gemeinsam und solidarisch vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und von den Küstenländern unter dem Dach der Havariekommando-Vereinbarung betrieben beziehungsweise weiterentwickelt. An der Küste Mecklenburg-Vorpommerns wird eine Vielzahl an Vorsorgeeinrichtungen des Bundes und der Länder vorgehalten. Ein nationales Maßnahmenpaket zur Schadstoffunfallvorsorge dient auch der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der Europäischen Union (EG MSRL) zum Schutz der Meeresgewässer. Ein weiteres MSRL-Maßnahmenpaket beinhaltet Aktivitäten zur Bearbeitung von Muntionsaltlasten in Nord- und Ostsee. An beiden Maßnahmenpaketen ist das Land aktiv beteiligt. 5. Wie stellt sich die Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Verkehr in diesem Zusammenhang dar? Zu den vielfältigen Schnittstellen der Zusammenarbeit wird auf die vorangegangenen Antworten verwiesen. Die Landesbehörden arbeiten mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie mit seinem nachgeordneten Bereich an verschiedenen Stellen der maritimen Notfallvorsorge (Havariekommando-Vereinbarung) und im Meeresumweltschutz auf internationaler (Helsinki-Übereinkommen) und nationaler Ebene (Bund/Länder- Ausschuss Nord- und Ostsee) eng zusammen. Das Land stellt derzeit die stellvertretende Vorsitzende im Kuratorium Maritime Notfallvorsorge , welches das oberste Gremium der Havariekommando-Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und den Küstenbundesländern ist.