Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 30. Juli 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/856 7. Wahlperiode 01.08.2017 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Simone Oldenburg, Fraktion DIE LINKE Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung und die Durchführung der dazu erforderlichen Planungen und Maßnahmen sind nach § 75 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) keine Aufgaben des Landes, sondern die der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern. Die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder haben nach § 105 Absatz 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB V mit Unterstützung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung entsprechend den regionalen Bedarfsplänen nach § 99 SGB V alle geeigneten finanziellen und sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu gewährleisten, zu verbessern oder zu fördern. Die Kassenärztliche Vereinigung untersteht der Aufsicht des Landes, die Aufsicht erstreckt sich nach § 78 Absatz 3 Satz 1 SGB V auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht. Drucksache 7/856 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Im Jahr 2010 verringerte sich die Zahl der in Grevesmühlen tätigen ambulanten Kinderärzte von zwei auf einen Kinderarzt. Dieser war im örtlichen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) angestellt. Nach dessen Weggang zum 30. Juni 2016 war die Praxis noch vertretungsweise besetzt. Seit Anfang 2017 ist diese geschlossen. Da das MVZ bis zum 30. Juni 2017 keine Nachbesetzung für die Kinderarztpraxis gewinnen konnte, besteht die Gefahr, dass es in Grevesmühlen dauerhaft keinen ambulanten Kinderarzt mehr geben wird. 1. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die ambulante kinderärztliche Versorgung in Grevesmühlen schnellstmöglich sicherzustellen? Die Kassenärztliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern (KVMV) teilte in ihrer Stellungnahme vom 19. Juli 2017 hierzu mit, dass grundsätzlich weiterhin die Möglichkeit der Niederlassung oder Anstellung eines Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin in Grevesmühlen bestehe. Voraussetzung sei, dass dies für die Sicherstellung der Versorgung unerlässlich ist. Unbeschadet der geltenden Zulassungsbeschränkungen für den betroffenen Planungsbereich kann der Zulassungsausschuss für Ärzte (§ 96 SGB V) zur Deckung eines bestehenden Versorgungsbedarfes eine Zulassung zur Besetzung eines Vertragsarztsitzes erteilen. Die Entscheidung hierüber obliegt dem Zulassungsausschuss, der nach § 96 Absatz 2 SGB V paritätisch mit weisungsunabhängigen Vertretern der Leistungserbringer und der Kostenträger besetzt ist. Bislang liege ein solcher Antrag dem Zulassungsausschuss nicht vor. Die KVMV stehe aber in Kontakt zu der Stadt Grevesmühlen und zu dem Betreiber des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ). Darüber hinaus würden alle potentiellen Interessenten hinsichtlich der Bedingungen und Voraussetzungen für eine Zulassung von der Kassenärztlichen Vereinigung beraten. 2. Welche Lösungen bietet die Landesregierung dem Teil der Bevölkerung, dessen Ärzte wie im oben geschilderten Fall, kündigen oder ihre Praxis aufgeben, insbesondere vor dem Hintergrund einer möglichst wohnortnahen und bedarfsgerechten medizinischen Versorgung? Die Lösungen können sich insbesondere in dem in der Antwort zu Frage 1 aufgezeigten Rahmen bewegen. Zudem ist auf die bestehenden Versorgungsmöglichkeiten hinzuweisen. Da es in Zeiten, in denen ärztlicher Nachwuchs länderübergreifend nicht hinreichend zur Verfügung steht, dazu kommen kann, dass Praxen oder Angestelltenstellen nicht nahtlos wieder besetzt werden können, verstärkt die KVMV die Bemühungen bei der Nachwuchsförderung auch im kinderärztlichen Bereich unter anderem in Partnerschaft mit der AOK Nordost und dem Berufsverband der Kinderärzte. Nach Auskunft der KVMV gibt es bereits jetzt Förderungen für die Facharztweiterbildung in der ambulanten Praxis, ein weiterer Ausbau des Förderprogramms sei gegenwärtig in der Planung. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/856 3 Die Versorgung mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten im Land richtet sich grundsätzlich nach der in der Bedarfsplanungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses geregelten Bedarfsplanung. Diese legt für jede Region und jedes Bundesland fest, nach welcher Arzt-Einwohner -Verhältniszahl sich die ärztlichen Zulassungsmöglichkeiten berechnen und regionale Unter- oder Überversorgung festzustellen ist. Je nach ärztlicher Fachgruppe wird zudem die Größe des regionalen Versorgungsbereiches festgelegt. Mecklenburg-Vorpommern weist dabei im Ländervergleich in Bezug auf die für die kinderärztliche Versorgung relevante Zahl der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren den höchsten Versorgungsgrad aus. 3. Welche Angebote hat die Landesregierung für den Teil der Bevölkerung , der mit dem Öffentlichen Personennahverkehr die Haus- oder Fachärzte nicht erreichen kann, da es zwischen Wohnort der Patienten und den Mittel- oder Oberzentren, in denen die Ärzte angesiedelt sind, keine Verbindungen gibt oder diese für die Patienten unzumutbar sind, wie vier Stunden pro Fahrt? Die für die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Land zuständige KVMV unterstützt einen bedarfsgerechten Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Die KVMV sieht diese Notwendigkeit auch im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung, damit bestehende Versorgungsangebote insbesondere auch in den Oberzentren für die Bevölkerung besser erreichbar sind. Letztlich würden vor allem spezialisierte ambulante Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der gebotenen Qualität weitgehend nur in den Oberzentren vorgehalten werden können. Im Hinblick auf die Grundversorgung in den Grundzentren unterstützt die KVMV die Niederlassung und Zweigpraxisgründung von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten. Neben den Angeboten des ÖPNV kann es sinnvoll sein, dass Landkreise und Städte entsprechende Fahrdienste einrichten, mit denen Patientinnen und Patienten schneller ambulante ärztliche Hilfe aufsuchen können. 4. Wie schätzt die Landesregierung die Aktivitäten der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern hinsichtlich der Nachbesetzung freier oder absehbar frei werdender Vertragsarztsitze ein? Nach Ansicht der Landesregierung bietet die KVMV Ärztinnen und Ärzten eine Vielzahl von Unterstützungsmaßnahmen an, damit diese sich in Mecklenburg-Vorpommern niederlassen. Dies hat dazu beigetragen, dass in Mecklenburg-Vorpommern die Arzt-Einwohner- Verhältniszahl im Landesdurchschnitt günstiger ist als diejenige anderer Flächenländer wie etwa der Nachbarländer Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, wobei in allen Bundesländern Disparitäten bei der regionalen Versorgung festzustellen sind. Drucksache 7/856 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Die Themen Sicherstellung der Versorgung und der Nachwuchsgewinnung werden von der KVMV mit hohem Engagement vorangetrieben. Teilweise finden die Maßnahmen zusammen mit den Krankenkassen oder auch mit der Landesregierung statt. Wichtige Aktivitäten der KVMV zur Sicherung und Verbesserung der ambulanten ärztlichen Versorgung sind insbesondere : - Gewährung von Investitionskostenzuschüssen bei Zulassung von Ärztinnen oder Ärzten (25.000 Euro bis zu 75.000 Euro), - Gewährung von Zuschüssen für die Anstellung von Ärztinnen oder Ärzten bei Schaffung zusätzlich besetzter Arztstellen (bis zu 20.000 Euro), - Gewährung von Investitionskostenzuschüssen bei der Gründung von Außenstellen/Zweigpraxen (5.000 Euro bis zu 20.000 Euro), - Gewährung von Gehaltskostenzuschüssen für die Beschäftigung von Ärztinnen oder Ärzten zur Vorbereitung auf die Praxisübernahme und - Übernahme von Umzugskosten (etwa bei Rückkehr von Ärzten aus dem Ausland oder bei Verlegung des Praxissitzes in einen von Unterversorgung bedrohten Bereich). Eine umfassende Übersicht über die Möglichkeiten ärztlicher Tätigkeit in Mecklenburg- Vorpommern ist auf der Internetseite der KVMV unter www.kvmv.info.de (Menüpunkt: Arzt in M-V) einzusehen. 5. Was plant die Landesregierung zur schnellen Verbesserung der ambulanten medizinischen Versorgung, außer der Entwicklung der Telemedizin und dem ab Herbstsemester 2018 geplanten Stipendienprogramm für Medizinstudenten? Wie bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, ist es Aufgabe der KVMV, die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung im Land gesetzesgemäß zu gewährleisten und gegebenenfalls bedarfsgerecht zu verbessern. Die Landesregierung unterstützt alle Aktivitäten, die dazu beitragen, die ambulante medizinische Versorgung in Mecklenburg und Vorpommern zu gewährleisten und zu verbessern. Hier ist auch das vom Land beauftragte Modellvorhaben zur Entwicklung einer sektorenübergreifenden regionalen Versorgungsplanung gemäß Nummer 348 der Koalitionsvereinbarung 2016 - 2021 zu nennen, in dem die Pädiatrie ein wichtiges Themenfeld ist.