Der Finanzminister hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 7. August 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/876 7. Wahlperiode 09.08.2017 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Beate Schlupp, Fraktion der CDU Steuerbegünstigte Kalamitätsnutzungen im Sinne von § 34b Absatz 1 Nr. 2 Einkommenssteuergesetz und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen unterliegen nach § 34b des Einkommensteuergesetzes unter bestimmten Voraussetzungen besonderen Steuersätzen (sogenannter Halbsteuersatz nach § 34b Absatz 3 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes beziehungsweise sogenannter Viertelsteuersatz nach § 34b Absatz 3 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes). Die Vorschrift des § 34b des Einkommensteuergesetzes dient dem Ausgleich von Progressionsnachteilen durch die bei der Forstwirtschaft häufigeren und nicht immer planbaren zusammengeballten Betriebseinnahmen aus der Holznutzung, die infolge höherer Gewalt bei Naturereignissen (beispielsweise Sturmschäden) oder aus volks- und staatswirtschaftlichen Gründen (zum Beispiel drohende Enteignung beim Bau von Verkehrswegen) auftreten können. 1. Inwieweit hat die Finanzverwaltung in den zurückliegenden Jahren von der in § 34b Absatz 1 Nr. 2 Einkommenssteuergesetz definierten Regelung zugunsten von Steuerzahlern Gebrauch gemacht? Die automationstechnische Erfassung der Fälle erfolgt danach, ob eine ermäßigte Besteuerung nach § 34b des Einkommensteuergesetzes vorgenommen wurde. Drucksache 7/876 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Eine Unterscheidung, ob es sich um Holznutzungen aus volks- oder staatswirtschaftlichen Gründen nach § 34b Absatz 1 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes oder um Holznutzungen infolge höherer Gewalt nach § 34b Absatz 1 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes handelt, ist deshalb nicht möglich. Fälle infolge höherer Gewalt aufgrund von Naturereignissen stellen jedoch den regelmäßigen Anwendungsfall von § 34b des Einkommensteuergesetzes dar, sodass davon auszugehen ist, dass die Fälle infolge von Naturereignissen nach § 34b Absatz 1 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes bei den erfassten Fällen überwiegen. Aufgeführt für die Jahre 2013 bis 2015 sind die Fallzahlen und die Summen der Einkünfte, bei denen eine Besteuerung zum Halbsteuersatz nach § 34b Absatz 3 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes oder eine Besteuerung zum Viertelsteuersatz nach § 34b Absatz 3 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes automationstechnisch verarbeitet wurde. Veranlagungszeitraum 2013 2014 2015 Halbsteuersatz - Anzahl der Fälle - Summe der Einkünfte 28 Fälle 282.233 Euro 41 Fälle 535.548 Euro 17 Fälle 342.563 Euro Viertelsteuersatz - Anzahl der Fälle - Summe der Einkünfte 12 Fälle 82.183 Euro 24 Fälle 371.860 Euro 12 Fälle 220.551 Euro Für den Veranlagungszeitraum 2016 liegen noch keine aussagefähigen Angaben vor, da die Veranlagungsarbeiten für diesen Zeitraum noch andauern und die Abgabefrist für die Einreichung der Steuererklärungen für forstwirtschaftliche Betriebe zum jetzigen Zeitpunkt teilweise noch fortbesteht. 2. In Baden-Württemberg fallen Bibernageschäden, die zu zwangszweisen Holznutzungen führen, unter die Regelung der steuerbegünstigten Kalamitätsnutzungen im Sinne von § 34b Abs. 1 Nr. 2 Einkommenssteuergesetz. Welche Schäden, die zu einer zwangsweisen Nutzung von Holzungen führen, fallen in Mecklenburg-Vorpommern unter die Regelung des o. g. Paragraphen? Voraussetzung für eine Anerkennung von außerordentlichen Holznutzungen im Sinne des § 34b des Einkommensteuergesetzes ist eine unverzügliche Schadensmeldung an das Finanzamt, um eine forstfachliche Prüfung von Entstehung und Umfang der Schäden zu ermöglichen. Aus der Praxis des für die Finanzämter tätigen Forstsachverständigen der Finanzverwaltung sind bisher keine entsprechenden Schadensmeldungen von Bibernageschäden bekannt geworden. Die als Kalamitätsnutzungen begünstigten Nutzungen ergeben sich aus § 34b des Einkommensteuergesetzes . Beispielhaft aufgezählt sind dort unter anderem Eis-, Schnee-, Windbruch und Windwurf, Insektenfraß, Brand und Naturereignisse mit vergleichbaren Folgen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Bibernageschäden zu Kalamitätsnutzungen im Sinne des § 34b des Einkommensteuergesetzes führen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/876 3 Zu den Holznutzungen infolge höherer Gewalt zählen jedoch nicht Schadensfälle von einzelnen Bäumen (beispielsweise Dürrhölzer oder Schaden durch Blitzschlag), soweit sie sich im Rahmen der regelmäßigen natürlichen Abgänge halten; dies ist bundeseinheitlich in der Einkommensteuerrichtlinie des Bundesministeriums der Finanzen (dort R 34b.2 Absatz 4 Satz 4) geregelt. Die forstfachliche Prüfung zur Anerkennung als außerordentliche Holznutzung erfolgt jeweils einzelfallbezogen durch den Forstsachverständigen der Finanzverwaltung. 3. Inwieweit können Schäden, die durch die erhöhte Wolfspopulation und damit einhergehenden stärkeren Verbissschäden an Holzungen eintreten, steuerlich mindernd gemäß der o. g. gesetzlichen Regelungen anerkannt werden? Der Verbiss beispielsweise durch Reh-, Rot- oder Damwild betrifft Jungpflanzen oder jüngere Bäume. Erlöse aus außerordentlichen Holznutzungen werden aus Derbholz und damit aus dem Einschlag oder der Aufarbeitung von älteren Bäumen erzielt. Damit fehlt zwischen Schäden durch Verbiss und Erlösen aus außerordentlichen Holznutzungen der Zusammenhang, sodass für Verbissschäden kein Ausgleich nach § 34b des Einkommensteuergesetzes erfolgt. Die steuerliche Behandlung von Wiederaufforstungskosten richtet sich nach den bundeseinheitlichen Regelungen im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 16.05.2012, veröffentlicht im Bundessteuerblatt Teil I Seite 595. Soweit Wiederaufforstungskosten als Herstellungskosten für das Wirtschaftsgut Baumbestand zu aktivieren sind, wirken sich Wiederaufforstungskosten erst in der Zukunft steuermindernd aus. Schälschäden durch die oben aufgeführten Wildarten durch Abfressen oder Ablösen der Rinde vom Stamm treten auch an älteren Bäumen auf. Schälschäden als Kalamitätsnutzungen kommen in der Praxis des Forstsachverständigen der Finanzverwaltung vor. Für Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen aufgrund von Schälschäden ist eine Begünstigung nach § 34b des Einkommensteuergesetzes in dem in der Antwort zur Frage 2 dargestellten rechtlichen Rahmen möglich. Ein Einfluss der Wolfspopulation wäre denkbar, wenn sich durch den Wolfseinfluss die vorgenannten Wildarten in bestimmten Arealen im Wald konzentrieren oder sich größere Rudel beispielsweise beim Rotwild bilden sollten, die dann auch größere Schäden am Wald verursachen könnten. Aus der Praxis des Forstsachverständigen der Finanzverwaltung liegen keine Erkenntnisse vor, welchen unmittelbaren Einfluss die Wolfspopulation auf das Auftreten von Kalamitätsschäden hat. Größere Rudel beim Rotwild gab es auch bereits vor dem Auftreten des Wolfes. Direkte, durch Wölfe verursachte Schäden an Bäumen sind nicht bekannt. Das Auftreten von Wildschäden am Wald durch die im ersten Absatz genannten Wildarten ist unter anderem auch von der Bejagungsintensität dieser Wildarten durch die Jägerschaft abhängig. Die forstfachliche Prüfung einer Anerkennung als außerordentliche Holznutzung nach Schadensmeldung an das zuständige Finanzamt erfolgt auch hier jeweils einzelfallbezogen durch den Forstsachverständigen der Finanzverwaltung.