Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 18. August 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/918 7. Wahlperiode 21.08.2017 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Simone Oldenburg, Fraktion DIE LINKE Werbung für Kinderlebensmittel in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Lebensmittel, die sich ohne Altersempfehlung allgemein an Kinder und Jugendliche richten (im Folgenden als Kinderlebensmittel bezeichnet), gibt es viele. Nach dem Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) in Dortmund richten sich diese Lebensmittel vielfach bereits in der Aufschrift „für Kinder“ oder „kids“ an die Zielgruppe. Die Verpackung oder Formgebung soll Kinder ansprechen. Teilweise enthalten die Produkte Beigaben, wie Spielfiguren, Sammelbilder oder Aufkleber, und die Werbung ist speziell auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet. Während bei Lebensmittel für Kinder bis zu drei Jahren besonders strenge Maßstäbe hinsichtlich der Inhaltsstoffe gelten, ist das für diejenigen, die sich an Kinder über drei Jahren und an Jugendliche richten, nicht der Fall. Für sie gilt das allgemeine Lebensmittelrecht. Kinderlebensmittel sind in der Regel industriell hoch verarbeitete Produkte. Sie enthalten meist zu viel Zucker oder Zuckerersatzstoffe, zu viel und ungesundes Fett. Da das Konsumverhalten im Erwachsenenalter in der Jugend geprägt wird, machen Verbände, wie die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) ungesunde Kinderlebensmittel für die Zunahme von Übergewicht und Adipositas verantwortlich sowie für die chronischen Krankheiten, die auf Übergewicht und Adipositas basieren. Sie fordern ein gesetzliches Verbot des an Kinder und Jugendliche gerichteten Marketings für ungesunde Lebensmittel. Drucksache 7/918 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 1. Wie haben sich Zahl und Anteil der übergewichtigen Kinder in der vierten und der achten Schulklasse in Mecklenburg-Vorpommern seit dem Jahr 2000 entwickelt (bitte pro Jahr für die Landkreise und kreisfreien Städte angeben)? Im Rahmen der Schulreihenuntersuchungen des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes der Gesundheitsämter werden auch die Daten zu Körpergröße und Körpergewicht erfasst. Diese bilden die Basis für die Berechnung des Body-Mass-Index (BMI). Da der Erfassungsgrad der untersuchten Schülerinnen und Schüler in der 4. beziehungsweise 8. Klasse regional stark schwankt, können keine vergleichbaren Werte auf Kreisebene zur Verfügung gestellt werden. Folglich können keine Angaben zur Zahl der übergewichtigen Kinder in der 4. und der 8. Schulklasse in Mecklenburg-Vorpommern gegeben werden. Anteil (in %) der Schülerinnen und Schüler mit Adipositas* (Hochrechnung) Schuljahr 4. Klasse 8. Klasse 2004/05 7,6 8,3 2005/06 6,8 8,3 2006/07 6,8 9,7 2007/08 7,0 11,0 2008/09 7,4 8,9 2009/10 7,8 11,3 2010/11 8,2 10,8 2011/12 8,5 10,3 2012/13 7,2 10,4 2013/14 7,5 11,3 2014/15 7,6 11,2 2015/16 7,7 12,2 Anteil (in %) der Schülerinnen und Schüler mit Übergewicht** (Hochrechnung) Schuljahr 4. Klasse 8. Klasse 2004/05 16,1 16,2 2005/06 17,2 17,4 2006/07 16,2 18,9 2007/08 16,6 20,6 2008/09 16,7 18,8 2009/10 19,6 23,8 2010/11 19,8 23,2 2011/12 20,5 21,7 2012/13 19,2 21,1 2013/14 19,2 22,8 2014/15 19,5 23,0 2015/16 19,4 24,8 *Adipositas = Kinder mit BMI über 97. Perzentile (nach Kromeyer/Hauschild); ** Übergewicht = Kinder mit BMI über der 90. Perzentile (nach Kromeyer/Hauschild) BMI = Body-Mass-Index = Körpergewicht/Körpergröße in Meter zum Quadrat Quelle: Schulungsuntersuchungen des schulärztlichen Dienstes der Gesundheitsämter Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/918 3 2. Wie hat sich die Rate der Menschen mit Übergewicht und Adipositas in Mecklenburg-Vorpommern seit dem Jahr 2000 entwickelt? Neben dem jährlichen Grundprogramm des Mikrozensus gibt es eine Reihe von Merkmalen, die nur im Abstand von vier Jahren zu erheben sind. Dazu zählt das Zusatzprogramm „Fragen zur Gesundheit“. Die Fragen zur Gesundheit wurden an 1 % der Bevölkerung gerichtet. Ihre Beantwortung war freiwillig. Anteil der Befragten in % in Mecklenburg-Vorpommern mit … Übergewicht * Adipositas** 2003 56,0 18,5 2005 57,4 19,3 2009 57,6 19,6 2013 60,0 20,6 * Übergewicht = BMI > 25 ** Adipositas = BMI > 30 Quelle: Statistisches Bundesamt -Mikrozensus- Der Body-Mass-Index errechnet sich aus dem Gewicht in Kilogramm (kg) dividiert durch Körpergröße (in Metern zum Quadrat). Die Weltgesundheitsorganisation stuft Erwachsene mit einem Body-Mass-Index über 25 als übergewichtig, mit einem Wert über 30 als stark übergewichtig ein. 3. Wie hoch werden im Land die jährlichen Folgekosten für die Behandlung von Krankheiten, die auf Übergewicht und Adipositas basieren, geschätzt? Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor. 4. Wie schätzt die Landesregierung die Wirkung der verschiedenen Präventionspläne und Präventionsmaßnahmen in Mecklenburg- Vorpommern auf die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas ein? Wirkungen von Präventionsplänen und -maßnahmen können nur langfristig und nie isoliert von anderen gesellschaftlichen Einflüssen beurteilt werden. Der Landesaktionsplan zur Gesundheitsförderung und Prävention der Landesregierung hat Bewegung und Ernährung als wichtige Schwerpunkte in den Fokus gerückt. Drucksache 7/918 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Im Rahmen der Vermittlung der DGE-Qualitätsstandards (DGE = Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.) für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder beziehungsweise für die Schulverpflegung werden von der Vernetzungsstelle Kitaverpflegung und der Vernetzungsstelle Schulverpflegung konsequent die Grundsätze einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Verpflegung angewandt. Somit sind erste Ansätze geschaffen, um auf die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas im Land Einfluss zu nehmen. Die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere auch der Eltern, für eine gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung hat jedoch den entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas. 5. Welche Überlegungen bzw. Pläne sind der Landesregierung bekannt bzw. hat sie für eine Qualifizierung dieser Präventionspläne und Präventionsmaßnahmen? Im Rahmen der Umsetzung des Präventionsgesetzes im Land wurde Anfang des Jahres 2017 die Landesrahmenvereinbarung zur Umsetzung der nationalen Präventionsstrategie unterzeichnet . Hierbei spielt das im Jahr 2008 gegründete Aktionsbündnis für Gesundheit für die Umsetzung eine zentrale Rolle. Alle Beteiligten der Landesrahmenvereinbarung Mecklenburg- Vorpommern sowie weitere zahlreiche Akteure arbeiten im Bündnis aktiv mit. Innerhalb der Arbeitsstrukturen des Aktionsbündnisses werden unter anderem Möglichkeiten und Maßnahmen erörtert, wie sich die Qualität in der Kita- und Schulverpflegung durch DGE- Qualitätsstandards langfristig im Land sichern lässt. Eine weitere Aktivität bezieht sich auf „Gestationsdiabetes“, um besonders die Zielgruppe „Schwangere“ für das Thema Ernährung in der Schwangerschaft zu sensibilisieren. Die Vermeidung beziehungsweise das Aufdecken von Ernährungsfehlern bei Schwangeren, die eine mögliche Gestationsdiabetes sowie Folgeerscheinungen für Mutter und Kind begünstigen, stehen hierbei im Fokus. 6. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung hinsichtlich eines bundesweiten gesetzlichen Werbe- und Marketingverbots für ungesunde Kinderlebensmittel? Seit 2007 gibt es eine freiwillige Selbstverpflichtung der weltweit führenden Lebensmittelkonzerne , keine Produktwerbung an Kinder unter zwölf Jahren zu richten - es sei denn, die Produkte entsprechen den allgemeinen ernährungsphysiologischen Grundsätzen. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die freiwilligen Selbstverpflichtungen nicht ausreichend sind. Kinder und Jugendliche sollen in den verschiedenen Bildungseinrichtungen lernen, verständig und selbstbewusst mit den Versprechen von Werbebotschaften umzugehen. Sie müssen durchschauen können, was versprochen wird. Deshalb unterstützt die Landesregierung Projekte bei der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern e. V., die sich zum Beispiel der Thematik „Kinderlebensmittel - Werbung und Wirklichkeit" widmen und die Kompetenz zum Umgang mit Werbung vermitteln sollen.