Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1034 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 25.10.2013 Wie verhält sich die Landesregierung zu den Problemen bei Genehmigungen fliegender Bauten ? Fliegende Bauten im Sinne der NBauO sind bauliche Anlagen, die geeignet und bestimmt sind, an verschiedenen Orten wiederholt und befristet aufgestellt und wieder abgebaut zu werden. Fliegende Bauten sind u. a. Riesenräder, Karusselle, Achterbahnen, Zelthallen, Kletterwände, Bühnen und Tribünen. Fliegende Bauten bedürfen keiner Baugenehmigung, sondern einer Ausführungsgenehmigung. Diese wird je nach Anlagentyp für die Dauer von einem Jahr bis fünf Jahren befristet erteilt. Sie dürfen jedoch nur aufgestellt und betrieben werden, wenn eine gültige Ausführungsgenehmigung (AG) vorliegt und die untere Bauaufsichtsbehörde nach der sogenannten Gebrauchsabnahme der Inbetriebnahme zugestimmt hat. Der TÜV Nord ist als beliehener Unternehmer für die Erteilung von Ausführungsgenehmigungen und deren Verlängerung zuständig. Hinsichtlich der technischen Baubestimmungen haben europäische Normen die deutsche Norm in den Bundesländern ersetzt. In der neuen Norm ist folgende Anwendungsbestimmung enthalten: „Dieses Dokument betrifft nicht fliegende Bauten, die vor der Veröffentlichung dieses Dokumentes durch CEN hergestellt wurden.“ Die Bundesländer haben im Rahmen der Einführung der europäischen Normen diese Bestandsschutzregelung nicht übernommen. Um die Folgen eines abrupten Normenwechsels zu mindern, haben die Bauaufsichten gemeinsam mit den Sachverständigenorganisationen und den Verbänden Entscheidungshilfen erarbeitet mit dem Ziel, den administrativen und finanziellen Aufwand bei der gutachterlichen Prüfung auf Erreichen des in den neuen Normen geforderten Sicherheitsniveaus möglichst gering zu halten. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Trifft es zu, dass der TÜV Nord die Erteilung einer Verlängerung verweigert, wenn das Gutachten von einer Prüfstelle außerhalb seines Zuständigkeitsbereiches erstellt wurde, und, wenn ja, teilt die Landesregierung die Auffassung, dass dies insbesondere Unternehmer belastet , die ihre Anlage zum Zeitpunkt der erforderlichen Verlängerung außerhalb des Zuständigkeitsbereiches des TÜV Nord betreiben? 2. Hat das verabredete Verfahren bezüglich des Normwechsels bei den technischen Baubestimmungen bisher zu einer Verringerung der Kosten geführt, oder liegen die Kosten für die Begutachtung der Anlagen auf Konformität mit dem Sicherheitsniveau der neuen Norm doch auf dem die Kostenniveau einer Erstprüfung? 3. Plant die Landesregierung hinsichtlich der Entscheidungshilfen, die in Niedersachsen zeitnah in Kraft gesetzt werden sollen, Übergangsfristen für die Umsetzung, die ausreichend sind, um Bertreibern und Prüfstellen/Genehmigungsstellen ein sachgerechtes und finanzierbares Verfahren zu ermöglichen? 4. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass eine Verlängerung von Ausführungsgenehmigungen , die nur kurzzeitig, also bis maximal zwei Jahren, erteilt wurden, Abhilfe bei Umsetzungsproblemen bei Normänderungen schaffen würde? 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1034 5. Trifft die Auskunft der Europäischen Schaustellerunion zu, dass EU-weit nur in Deutschland und Belgien der Bestandsschutz verweigert wird? a) Wenn ja, plant die Landesregierung, gegen diese durch uneinheitlichen Vollzug ausgelöste Wettbewerbsverzerrung vorzugehen? b) Sofern die Landesregierung dagegen vorgehen möchte, welche Wege will sie beschreiten, und wie schätzt sie ihre Aussicht auf Erfolg ein? (An die Staatskanzlei übersandt am 30.10.2013 - II/725 - 476) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 28.11.2013 für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration - 503 - Fliegende Bauten sind bauliche Anlagen, die geeignet und bestimmt sind, an verschiedenen Orten wiederholt und befristet aufgestellt und wieder abgebaut zu werden. Die Ausführungsgenehmigungen anderer Länder gelten gemäß § 75 der Niedersächsischen Bauordnung auch in Niedersachsen . Der Gesetzgeber hat aus Sicherheitsgründen für Fliegende Bauten eine wiederkehrende Überprüfung mit zeitlich befristeten Ausführungsgenehmigungen vorgeschrieben. Ein Bestandsschutz für diese Art Bauten ist deshalb nicht möglich. Die angesprochene europäische Norm DIN EN 13814 „Fliegende Bauten und Anlagen für Veranstaltungsplätze und Vergnügungsparks - Sicherheit“ zur Ablösung der früher geltenden deutschen Norm DIN 4112 ist in allen Bundesländern bauaufsichtlich eingeführt. Die Änderung dieser Rechtsgrundlage wurde in Niedersachsen mit der Veröffentlichung der „Liste der Technischen Baubestimmungen , Fassung September 2012“ im Niedersächsischen Ministerialblatt Nr. 37 vom 30.10.2012, S. 831 ff., bekannt gemacht. In der mitgeltenden „Anlage 2.7/8“ wurde unter Nr. 1.1 festgelegt, dass die Norm nicht für die Verlängerung von Ausführungsgenehmigungen anzuwenden ist. Damit konnte der in Niedersachsen zuständige TÜV Nord bei Verlängerung von Ausführungsgenehmigungen für Fahrgeschäfte noch die alte DIN 4112 anerkennen. Derzeit gibt es in Niedersachsen also eine Übergangsregelung. Die Gremien der Bauministerkonferenz haben sich darauf verständigt, „Entscheidungshilfen für die Verlängerung von Ausführungsgenehmigungen“ einzuführen. Mit diesen soll das Sicherheitsniveau der neuen Norm erreicht und damit den zum Teil geänderten Anforderungen an die Konstruktion und den Betrieb Fliegender Bauten, soweit es zur Gefahrenabwehr notwendig ist, Rechnung getragen werden. Niedersachsen wird dies mit der im Januar 2014 erscheinenden „Liste der Technischen Baubestimmungen, Fassung Oktober 2013“, umsetzen. Die o. g. Erleichterung entfällt dann. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Nein. Prüfberichte anderer Länder über die Prüfung der Standsicherheit Fliegender Bauten gelten gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung über die bautechnische Prüfung von Baumaßnahmen auch in Niedersachsen. Standsicherheitsnachweise für Fliegende Bauten müssen von einem anerkannten Prüfamt oder einer anerkannten Prüfstelle geprüft werden. Der Prüfbericht ist der Genehmigungsstelle vorzulegen und dann der Ausführungsgenehmigung beizufügen. Zurzeit werden in Niedersachsen Ausfüh- 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1034 rungsgenehmigungen für bestehende Fliegende Bauten übergangsweise noch auf der Grundlage der DIN 4112 verlängert. Zu 2: Nach der neuen Norm müssen für Fliegende Bauten, deren Ausführungsgenehmigung verlängert werden soll, in Teilbereichen neue Nachweise aufgestellt werden. Diese müssen von den Prüfämtern bzw. Prüfstellen geprüft werden. Hierfür fallen entsprechende Kosten an. Zu 3: Niedersachsen wird mit Einführung der Entscheidungshilfen ausreichende Übergangsfristen vorsehen . Zu 4: Die neue Norm liegt bereits seit 2005 vor. Sie wurde im Arbeitskreis Fliegende Bauten, dem auch der Deutsche Schaustellerbund und der Bundesverband Deutscher Schausteller und Marktkaufleute angehören, eingehend beraten. Sie ist daher seit längerer Zeit bekannt. Zu 5: Informationen darüber, ob bzw. welche Staaten der EU einen Bestandsschutz gewähren, sind nicht bekannt. Eine unzulässige Wettbewerbsverzerrung liegt nicht vor, wenn Mitgliedstaaten für die Errichtung von baulichen Anlagen unterschiedliche Maßstäbe setzen. Cornelia Rundt 3 (Ausgegeben am 16.12.2013) Drucksache 17/1034 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 25.10.2013 Wie verhält sich die Landesregierung zu den Problemen bei Genehmigungen fliegender Bauten? Antwort der Landesregierung