Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1064 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 12.11.2013 Religionsunterricht an niedersächsischen Grundschulen Der Religionsunterricht ist als einziges Unterrichtsfach in der Bundesrepublik Deutschland im Grundgesetz als ordentliches Lehrfach für öffentliche Schulen verankert. Grundlage des Religionsunterrichts in Niedersachsen bilden die §§ 124 bis 128 im Niedersächsischen Schulgesetz. § 124 regelt die Teilnahme am Religionsunterricht. Danach bestimmen die Eltern, ob ihre Kinder am Unterricht teilnehmen oder nicht. Nach der Vollendung des 14. Lebensjahres steht dieses Recht den Schülerinnen und Schülern zu. Entscheiden sich Schülerinnen und Schüler, nicht am Religionsunterricht teilzunehmen, ist dies schriftlich der Schulleitung zu erklären. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben sich beide Parteien darauf geeinigt, „im Dialog mit den Kirchen sowie Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften den Religionsunterricht weiterzuentwickeln“. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele Schülerinnen und Schüler nehmen augrund der Entscheidung der Eltern nicht am Religionsunterricht in der Grundschule teil? 2. Wie viele Schülerinnen und Schüler ab dem 14. Lebensjahr nehmen am Religionsunterricht in den weiterführenden Schulen teil, und wie viele haben das Fach abgewählt (bitte nach Schulform auflisten)? 3. Welche Veränderungen plant die Landesregierung für den Religionsunterricht und für eine mögliche Einführung des Faches Werte und Normen in der Grundschule? 4. Was versteht die Landesregierung unter ihrer Äußerung im Koalitionsvertrag, den Religionsunterricht weiterentwickeln zu wollen, und hat sie bereits Entwicklungen eingeleitet? 5. Wie bewertet die Landesregierung die Idee aus dem Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen, dass Schülerinnen und Schüler unabhängig von der Zugehörigkeit zu religiösen und weltanschaulichen Gemeinschaften gemeinsam in einem möglichen Pflichtfach mit dem Titel „Religion und Weltanschauungen“ unterrichtet werden sollen? (An die Staatskanzlei übersandt am 19.11.2013 - II/725 - 504) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Kultusministerium Hannover, den 12.12.2013 - 01-0 420/5-504 - Die Landesregierung ist sich der Bedeutung der Unterrichtsfächer Religion sowie Werte und Normen sehr bewusst. Nicht nur wegen der verfassungsrechtlichen Garantie des Artikels 7 Abs. 3 GG, sondern auch aufgrund des wesentlichen Beitrags zum Bildungsauftrag der Schule hat der Unterricht in diesen beiden Fächern einen besonderen Stellenwert. Der Religionsunterricht erschließt im Rahmen seines Bildungsauftrags die religiöse Dimension des Lebens. Im Mittelpunkt des Unterrichts stehen Fragen von existentieller Bedeutung zu religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sowie zu ethischen und normativen Orientierungen. Die Schülerinnen und Schüler eignen sich im Unterricht Wissen, Fähigkeiten, Einstellungen und Hal- 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1064 tungen an, die für einen sachgemäßen Umgang mit der eigenen Religiosität, dem Glauben und mit anderen Religionen und Weltanschauungen notwendig sind. Religionsunterricht unterstützt durch seine konfessionelle Bestimmtheit die Identitätsbildung der Schülerinnen und Schüler und fördert in einem wechselseitigen Prozess gleichzeitig die Verständigung mit anderen religiösen und weltanschaulichen Positionen. Der Unterricht Werte und Normen vermittelt religionskundliche Kenntnisse, das Verständnis für die in der Gesellschaft wirksamen Wertvorstellungen und Normen sowie den Zugang zu philosophischen , weltanschaulichen und religiösen Fragen. Beide Unterrichtsfächer, also der Religionsunterricht und der Unterricht Werte und Normen, tragen so auf ihre spezifische Weise bei zur individuellen Identitätsbildung der Schülerinnen und Schüler und führen sie ein in Überzeugungen und Orientierungen , die für die Gesellschaft prägend und für ihren Zusammenhalt notwendig sind. Nach § 124 Niedersächsisches Schulgesetz ist der Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach. Für mindestens 12 Schülerinnen oder Schüler desselben Bekenntnisses ist an einer Schule Religionsunterricht einzurichten. Nach § 128 Niedersächsisches Schulgesetz ist zur Teilnahme am Unterricht Werte und Normen verpflichtet, wer nicht am Religionsunterricht teilnimmt. Die Schule hat den Unterricht Werte und Normen als ordentliches Lehrfach vom 5. Schuljahrgang an einzurichten, wenn mindestens zwölf Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme verpflichtet sind. Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt: Zu 1: Laut Erhebung zur Unterrichtsversorgung an den allgemeinbildenden Schulen zum Stichtag 22.08.2013 nehmen insgesamt 23 496 Schülerinnen und Schüler von insgesamt 284 142 Schülerinnen und Schülern der Schulgliederung Grundschule (SGL 01) der öffentlichen allgemeinbildenden Schulen nicht am Religionsunterricht teil. Zu 2: Diese Frage kann anhand der Erhebung zur Unterrichtsversorgung an den allgemeinbildenden Schulen nicht beantwortet werden, da in dieser Erhebung keine Schülerindividualdatensätze vorhanden sind. Zu 3: Mit Beginn des Schuljahres 2013/2014 ist das ordentliche Unterrichtsfach „Islamische Religion“ aufsteigend an 37 Grundschulen in Niedersachsen eingeführt worden. Zum Schuljahr 2014/2015 soll dieser Unterricht aufsteigend im Sekundarbereich I angeboten werden. Soweit die beiden großen christlichen Kirchen den Wunsch einer Ausweitung des konfessionellkooperativen Religionsunterrichts an die Landesregierung herantragen sollten, wird diese den Wunsch offen und konstruktiv begleiten. Eine mögliche Einführung des Faches Werte und Normen in der Grundschule wird zurzeit auf Arbeitsebene mit den betroffenen Religionsgemeinschaften aber auch mit den Weltanschauungsgemeinschaften erörtert. Zu 4: Siehe die Ausführungen unter Nummer 3. Zu 5: Zu der Bedeutung des Fächer Religion wie Werte und Normen verweise ich auf den Vorspann. Maßgeblich für die Arbeit der Landesregierung ist der gemeinsam vereinbarte Koalitionsvertrag, der seine Gültigkeit bis zum Ende der Legislaturperiode hat. In Vertretung des Staatssekretärs Michael Markmann 2 (Ausgegeben am 20.12.2013) Drucksache 17/1064 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 12.11.2013 Religionsunterricht an niedersächsischen Grundschulen Antwort der Landesregierung