Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1065 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 23.10.2013 Herausforderungen für die Feuerwehr durch Photovoltaikanlagen In den vergangenen Jahren berichteten verschiedene Medien immer häufiger über Behinderungen und zeitliche Verzögerungen von Löscheinsätzen der Feuerwehr durch installierte Photovoltaikanlagen . Auch der Feuerwehrverband thematisiert dieses Thema in Broschüren und auf seiner Homepage . Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Gefahren können sich bei Feuerwehreinsätzen durch Photovoltaikanlagen ergeben? 2. Gibt es in der niedersächsischen Feuerwehr Fortbildungen zu den Herausforderungen des Löschens bei Photovoltaik, und ist diese Fragestellung bereits Bestandteil der allgemeinen Ausbildung? 3. Ist der Landesregierung bekannt, in welchem Umfang das Vorhandensein einer Photovoltaikanlage die Löscharbeiten an einem Wohnhaus zeitlich verzögern kann, und, wenn ja, wie groß ist diese zeitliche Verzögerung? 4. Inwieweit hält die Landesregierung eine verbindliche Kennzeichnung am Haus für sinnvoll, aus der hervorgeht, dass sich eine Photovoltaikanlage auf dem Dach befindet? 5. Wie bewertet die Landesregierung den Vorschlag einer verpflichtenden Einführung von Notschaltern für Photovoltaikanlagen? 6. Welche weiteren Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um die Gefahren für Feuerwehrleute bei Bränden mit Photovoltaikanlagen zu verhindern? (An die Staatskanzlei übersandt am 30.10.2013 - II/725 - 471) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 11.12.2013 für Inneres und Sport - 36.15-01425/4 - In den vergangenen Jahren hat die Anzahl der Photovoltaikanlagen in der Bundesrepublik Deutschland stark zugenommen. Diese Art der Stromerzeugung wurde für gewerbliche aber auch für private Betreiber interessant, da durch zahlreiche Förderprogramme und technische Weiterentwicklungen der Betrieb finanziell lukrativ ist. Primär werden die Anlagen als Dachanlagen auf geeigneten Dachflächen aber auch als Freilandanlagen errichtet. Die Feuerwehren haben sich frühzeitig mit den Gefahren beschäftigt, die von Photovoltaikanlagen ausgehen und entsprechende Richtlinien und Hinweise herausgegeben. Exemplarisch können hier die Checkliste des Deutschen Feuerwehrverbandes „Handlungsempfehlungen Photovoltaikanlagen “ und das Merkblatt der Vereinigung zur Förderung des deutschen Brandschutzes e. V (vfdb) - „Einsätze an Photovoltaikanlagen“ vom Januar 2007 angeführt werden. Auch die Feuerwehrunfall- 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1065 kasse Niedersachsen (FUK) beschreibt in Ihrem Infoblatt vom April 2007 die Gefahren und gibt Sicherheitshinweise für Einsätze bei Photovoltaikanlagen. Die Feuerwehren werden zu den unterschiedlichsten Gefahrenlagen mit einem breiten Anforderungsspektrum gerufen. Auf diese gefahrengeneigten Situationen werden die Feuerwehrmitglieder und im Besonderen die Führungskräfte während der Aus- und Fortbildung intensiv geschult. Anhand einer sogenannten Gefahrenmatrix werden die einzelnen Gefahren bei der Lagefeststellung erkannt, im Anschluss beurteilt und dann die geeigneten Maßnahmen ergriffen. Gefahren aus Photovoltaikanlagen gehören in die Kategorie „elektrische Gefahren“ und stellen insoweit keine neue und unbekannte Gefahr dar. Diskutiert werden schon seit längerem die Einführung einer Kennzeichnungspflicht und die Ermöglichung des Abschaltens der Module zur Spannungsfreiheit der Bauteile hinter den Solarelementen. Die Feuerwehren fordern, alle Photovoltaikanlagen zu erfassen oder entsprechend zu kennzeichnen . Die Erfassung sowie die Hinterlegung einer Anlage als besonderes Gefahrenmerkmal in der Einsatzplanung können auf der kommunalen Seite eigenständig und ohne gesetzliche Vorgabe erfolgen . Die Errichtung von Photovoltaikanlagen bedarf nach § 60 NBauO keiner Baugenehmigung. Damit steht Niedersachsen mit allen anderen Ländern gleich, wo Photovoltaikanlagen gewollt genehmigungsfrei sind. Einige Länder haben lediglich eine Größenbegrenzung eingeführt. Der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) fordert die Photovoltaikindustrie auf, umgehend eine technische Lösung für den gefahrlosen Einsatz zu etablieren. Die Hauptforderung des DFV zielt auf eine sichere Abschaltmöglichkeit des erzeugten Gleichstromes . Die Überlegungen gehen dahin, eine Abschaltung direkt an den Modulen vorzunehmen, sodass eine maximale Spannung von 120 Volt nicht überschritten wird. Die Abschaltung sollte automatisch bei Störungen in der Anlage oder beim Abschalten der Gebäudeversorgung im Einsatzfall erfolgen. Es wird derzeit ein Forschungsprojekt, an dem u. a. der TÜV Rheinland, das Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und weitere Projektpartner, z. B. die Branddirektion München, beteiligt sind, durchgeführt. Ziel ist die Erarbeitung einer „Gefahrenanalyse und Ableitung von Maßnahmen zur Gefährdungsminimierung von Feuerwehreinsatzkräften“. Der Landesregierung liegt die Sicherheit der Einsatzkräfte ganz besonders am Herzen, sodass die Zielrichtung des DFV nur unterstützt werden kann. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Zu den Gefahren der Einsatzstelle bei Photovoltaikanlagen gehören Atemgifte (toxische Gase), Elektrizität und Einsturz (Versagen der tragenden Bauteile). Zu 2: Feuerwehrmitglieder vom Truppmitglied bis hin zum Verbandsführer werden schon seit der Verbreitung des elektrischen Stroms in unserer Gesellschaft auf die Gefahren, die von elektrischen Anlagen ausgehen, vorbereitet. Die Inhalte des Erkennens und der zu treffenden Maßnahmen sind in allen Lehrgängen implementiert. Seit dem vermehrten Vorkommen von Photovoltaikanlagen werden Gefahren der Elektrizität, die an sich nicht neu sind, verstärkt im Unterricht und bei praktischen Übungen behandelt. Aufgrund bisher nicht vorhandener Übungsanlagen an der Niedersächsischen Akademie für Brand- und Katastrophenschutz ist beim Errichten des Trainingsgeländes in Celle /Scheuen eine solche Anlage zur Demonstration geplant. Auf zahlreichen Tagungen sind die Kreissicherheitsbeauftragten und die Kreisausbildungsleiter der Feuerwehren über die Gefahren der Photovoltaikanlagen informiert worden. Der genannte Personenkreis trägt diese Informationen als Multiplikator in die Feuerwehren des Landes. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1065 Zu 3: Die Erkundung der Lage, die Beurteilung der Gefahren und der Entschluss über die zu treffenden Maßnahmen gehören zum Führungsvorgang an jeder Einsatzstelle. Die Dauer des Führungsvorgangs sowie die Umsetzung der vom Einsatzleiter angeordneten Einsatzmaßnahmen hängen von vielen Faktoren ab. Entscheidend ist die Intensität des Brandgeschehens. Handelt es sich um einen Vollbrand mit reinem Außenangriff oder um einen Innenangriff bei Zimmer- oder Wohnungsbrand. Bei einem Vollbrand des Wohnhauses schirmt die Photovoltaikanlage den Dachstuhl ab, ein Herankommen an den Brandherd wird erschwert und effektive Löschmaßnahmen an dieser Stelle behindert . Beim Zimmer- oder Wohnungsbrand ist die Photovoltaikanlage nicht direkt betroffen. Ein Löschangriff mit Wasser kann unter Einhaltung von Sicherheitsabständen nach VDE 0132 durchgeführt werden. Insoweit kann ein Zeitverlust weder generell unterstellt noch beziffert werden. Zu 4: Siehe Vorbemerkungen. Zu 5: Siehe Vorbemerkungen. Zu 6: Die Einsatzkräfte sind auf Einsätze mit Photovoltaikanlagen gut vorbereitet. Die taktischen Maßnahmen und Löschmethoden sind Inhalte der breiten Feuerwehraus- und -fortbildung. Seit dem vermehrten Vorkommen von Photovoltaikanlagen und daraus folgenden Einsatzszenarien fließen die Erkenntnisse der Einsatzkräfte in die Inhalte der Schulungen ein. Flächendeckend haben die Feuerwehren die Thematik in ihre Standortausbildung aufgenommen, unterstützt durch die oben erwähnten Merkblätter, oftmals auch durch Ortsbegehungen. Boris Pistorius 3 (Ausgegeben am 20.12.2013) Drucksache 17/1065 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 23.10.2013 Herausforderungen für die Feuerwehr durch Photovoltaikanlagen Antwort der Landesregierung