Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1087 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Dirk Toepffer (CDU), eingegangen am 22.11.2013 Welche Bedeutung misst die Landesregierung den Forderungen der Anwohner an der Güterumgehungsbahn Hannover bei? Als die Güterumgehungsbahn Hannover im Jahr 1907 zur Entlastung des Hauptbahnhofs Hannover gebaut wurde, gab es in der Umgebung nur wenig Bebauung. Über die Jahrzehnte sind entlang der Eisenbahnstrecke Wohngebiete entstanden. Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) in ihrer Ausgabe vom 28. Oktober 2013 berichtete , klagen mehrere Tausend Hannoveraner als direkte Anlieger der Güterumgehungsbahn, auf der binnen 24 Stunden bis zu 500 Güterzüge durchfahren, über Schienenlärm. Hannover sei demnach nach Frankfurt diejenige unter den deutschen Großstädten, die am meisten vom Schienenlärm betroffen sei, erklärte der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland in dem HAZ-Beitrag. Daneben beklagte eine Anwohnerin: „An Schlaf bei offenem Fenster ist nicht zu denken.“ Schienenlärm verursache Stress, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Bluthochdruck. Neben den zu niedrigen und lückenhaften Lärmschutzwänden seien die veralteten Graugussklotzbremsen die Ursache für die unverhältnismäßig hohe Lärmbelastung. Die Deutsche Bahn AG dürfe sich an den Strecken, an denen sie Grenzwerte überschreitet, auf Bestandsschutz berufen, da sie den gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutz nur bei Neubaustrecken oder bei einem Trassenumbau durch zusätzliche Gleise garantieren müsse. Zudem erlaube der Schienenbonus der Bahn, der ihr aufgrund ihrer Umweltfreundlichkeit gewährt wurde, gültige Lärmgrenzwerte um fünf Dezibel zu überschreiten. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Lärmschutzmaßnahmen und Pilotprojekte existieren auf Bundes- bzw. Landesebene, um Entlastungen für von Schienenlärm betroffene Menschen zu gewährleisten? 2. Hat die Landesregierung Strecken der Güterumgehungsbahn Hannover in die Prioritätenliste des Bundes zur Lärmsanierung aufnehmen lassen? 3. Falls nein, wie unterstützt die Landesregierung die Bahnanwohner in Hannover, um sie vor Lärmbelastungen durch den Schienengüterverkehr zu schützen? (An die Staatskanzlei übersandt am 02.12.2013 - II/725 - 507) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 20.12.2013 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/507/ Güterumgehungsbahn - Die Landesregierung engagiert sich für die Reduzierung von Schienenlärm. So hat sie mit zur Abschaffung des Schienenbonus beigetragen. Neben diesem bereits umgesetzten Erfolg hat sich die Regierungskoalition auf weitere Ziele zur Lärmreduzierung in ihrem Koalitionsvertrag verständigt. Hierzu zählt z. B. die Modernisierung der Berechnung für Schienenverkehrslärm. Darüber hinaus erwartet sie vom Bund die zügige Verwirklichung des erforderlichen Lärmschutzes für den Schie- 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1087 nenverkehr vor allem für Güterwagen, aber auch für seine Bahnstrecken. Dementsprechend hat sie sich im neuen Berliner Koalitionsvertrag für weitergehende Maßnahmen eingesetzt. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die frühere Bundesregierung hat sich 2009 mit dem Nationalen Verkehrslärmschutzpaket II eine Halbierung der Belästigung durch Schienenlärm in der Zeit von 2008 bis 2020 vorgenommen. Das entsprechende freiwillige Lärmsanierungsprogramm kommt explizit für die Bestandsstrecken des Bundes zur Anwendung. Darüber hinaus sind im Rahmen des Konjunkturpaketes II innovative technische Maßnahmen erforscht und erprobt worden, die nach Zulassung und Anerkennung das Portfolio der Maßnahmen zur Lärmminderung erweitern können. Ebenso findet sich die Reduktion des Lärms bei der Deutschen Bahn als zentrales Unternehmensziel wieder. Um die Lärmbelastung des Schienengüterverkehrs gleich an der Quelle zu reduzieren, werden seit 2005 nach Maßgabe der Technischen Spezifikationen für die Interoperablität (TSI) Lärm leise Bremssohlen für neue Güterwagen vorgeschrieben. Die Umrüstung der Bestandsgüterwagen auf leise Bremssohlen wird von der Bundesregierung durch die Einführung lärmabhängiger Trassenpreise gefördert. Die Entwicklung der entsprechenden „Flüsterbremse“ hat die DB gemeinsam mit dem Bund vorangetrieben. Leise Bremssohlen vermindern den Lärm von Güterwagen in der Vorbeifahrt um 10 Dezibel, was in der Wirkung einer Halbierung des Lärms entspricht. Bereits seit 2001 beschafft die DB AG alle neuen Güterwagen mit leisen Bremssohlen. Aktuell sind über 7 600 leise Güterwagen bei DB Schenker Rail im Einsatz. Für die älteren Güterwagen ohne leise Bremssohlen wurde im Juni 2013 ein entscheidender Durchbruch für die Umrüstung der gesamten Güterwagenflotte erreicht. Mit der sogenannten LL-Sohle (Abkürzung für „low noise, low friction“ - wenig Lärm, niedriger Abrieb) wurde europaweit eine Flüsterbremse zugelassen, die für die Umrüstung der Bestandsgüterwagen von Bedeutung ist. Damit ist das Startsignal für die Umrüstung geben. Die DB Schenker Rail wird sukzessive ihre Güterwagen umrüsten. In den Jahren 2014 und 2015 sollen die ersten 10 000 Wagen zusätzlich zum bisherigen Pilotprogramm „Leiser Rhein“ umgerüstet werden. Der Fokus der beginnenden Umrüstung liegt auf ganzzugaffinen Wagen gleicher Bauart. Damit wird sichergestellt, dass möglichst gleich zu Beginn der Umrüstung ganze Züge mit leisen Wagen verkehren. Bis 2020 werden alle relevanten 60 000 Güterwagen der DB Schenker Rail umgerüstet sein. Ebenso läuft bei den weiteren Eisenbahnverkehrsunternehmen und Wagenhaltern eine Umstellung des Fuhrparks auf leise Güterwagen . Die neue Bundesregierung wird entsprechend dem Berliner Koalitionsvertrag das Thema Verkehrslärmschutz noch ausweiten. Die Mittel für die Lärmschutzprogramme im Bereich Straße und Schiene sollen erhöht werden. Die Bezuschussung für die Umrüstung auf lärmmindernde Bremsen wird fortgesetzt und weiterentwickelt. Das freiwillige Lärmsanierungsprogramm für Bestandsstrecken soll ausgebaut und rechtlich abgesichert werden. Neben der bisherigen Reduktion des Schienenlärms durch Anreizsysteme wird ein Verbot lauter Güterwagen auf dem deutschen Schienennetz und auch EU-weit angestrebt. Zu 2: Die Aufstellung der Prioritätenliste für das Lärmsanierungsprogramm erfolgte anhand gesetzter Kriterien seitens des Bundes. Das Land war hieran nicht beteiligt. Die Güterumgehungsbahn Hannover war eine der ersten Strecken, die 1999/2000 in das Lärmsanierungsprogramm aufgenommen wurde. Die Lärmsanierung wurde schrittweise umgesetzt und 2006 abgeschlossen. Lediglich im Bereich der Beekebrücke wurde die Erneuerung der Brücke abgewartet . Dort wird die Lärmsanierung Ende 2014 abgeschlossen sein. Eine erneute Aufnahme bereits lärmsanierter Strecken in das Lärmsanierungsprogramm wurde bisher seitens des Bundes nicht verfolgt. Die bis 2014 abzuschließende Lärmsanierung an der Güterumgehungsbahn Hannover führt zumindest zu einer teilweisen Entlastung der Anwohner. Angesichts der Vielzahl von noch unsanierten Bahnstrecken im Bundesgebiet und begrenzter Mittel für Lärmsanierung ist nicht davon auszuge- 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1087 hen, dass der Bund weitergehende Maßnahmen an bereits lärmsanierten Strecken finanziert. Eine zeitnahe Ausrüstung der gesamten Güterwagenflotte mit Flüsterbremsen erscheint daher der schnellste Weg zu einer weiteren Lärmreduktion im Bereich der Güterumgehungsbahn Hannover. Zu 3: Es wird auf die Vorbemerkungen und die Ausführungen unter 2. verwiesen. Olaf Lies (Ausgegeben am 08.01.2014) 3 Drucksache 17/1087 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Dirk Toepffer (CDU), eingegangen am 22.11.2013 Welche Bedeutung misst die Landesregierung den Forderungen der Anwohner an der Güterumgehungsbahn Hannover bei? Antwort der Landesregierung