Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1095 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Belit Onay, Helge Limburg und Meta Janssen-Kucz (GRÜNE), eingegangen am 05.11.2013 Kooperation des niedersächsischen Verfassungsschutzes unter der CDU/FDP-Landesregierung mit der Konrad-Adenauer-Stiftung Laut einem NDR.de-Bericht vom 22.10.2013 mit dem Titel „Verfassungsschutz-Skandal: Schünemanns Geist?“ sollen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes auf Weisung ihres Dienstvorgesetzten an einem Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung zum Thema Linksextremismus in Eichholz (Baden -Württemberg) teilgenommen haben. Der NDR berichtet außerdem, dass mindestens ein Mitarbeiter des niedersächsischen Verfassungsschutzes als Referent im Rahmen dieses Schulungsseminars tätig war. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Haben Mitarbeiter des niedersächsischen Verfassungsschutzes an dem genannten Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung zum Thema Linksextremismus in Eichholz (Baden-Württemberg ) teilgenommen? 2. Wenn ja: a) Wie viele Mitarbeiter haben an dem Seminar teilgenommen, und zu welchen Fachbereichen bzw. Abteilungen gehörten diese? b) War die Teilnahme verpflichtend, oder gab es eine Empfehlung des Hauses für dieses Seminar? c) Welche Abteilung/Fachbereich ist für das Erstellen von hausinternen und externen Fortbildungen zuständig und organisiert und koordiniert die fortlaufenden Angebote für alle Mitarbeiter der Behörde? 3. Zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Dauer hat dieses Seminar stattgefunden? 4. Ist es richtig, dass ein Mitarbeiter des niedersächsischen Verfassungsschutzes als Referent bei diesem Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung tätig war? 5. Fand die Teilnahme innerhalb der Arbeitszeit der Mitarbeiter statt oder in ihrer Freizeit? 6. Wie bewertet die Landesregierung, dass gegebenenfalls Mitarbeiter des niedersächsischen Verfassungsschutzes, die zu politischer Neutralität verpflichtet sind, in offizieller Funktion Seminare bei parteinahen, politischen Stiftungen geben bzw. besuchen? 7. Gibt es innerhalb der Verfassungsschutzbehörde Kriterien, welche Nebentätigkeiten kompatibel mit dem Auftrag des niedersächsischen Verfassungsschutzes sind und welche nicht? Wenn ja, welche? 8. Welche inhaltliche Ausrichtung hatte das Seminar in Eichholz (Baden-Württemberg) zum Thema Linksextremismus? 9. Hat es weitere Fälle gegeben, bei denen Mitarbeiter des niedersächsischen Verfassungsschutzes an Schulungsseminaren politischer Stiftungen auf Initiative der Behörde oder aus dienstlichen Gründen hin teilgenommen haben oder als Referent tätig waren? Wenn ja, an welchen Seminaren? (An die Staatskanzlei übersandt am 13.11.2013 - II/725 - 492) 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1095 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 07.01.2014 für Inneres und Sport - 51.3-01420 - Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde besteht die Pflicht, sich kontinuierlich fortzubilden - während der Einarbeitung, zur Erweiterung des Wissens , zur Vermittlung von neuen Erkenntnissen und Entwicklungen oder zum Ausbau der sozialen und kommunikativen Kompetenzen. Die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde greift für die Fortbildung ihres Personals sowohl auf landeseigene Träger (z. B. Studieninstitut des Landes Niedersachsen, Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen) als auch auf verschiedene Bildungseinrichtungen im Bundesgebiet zurück (z. B. Katholische Akademie Trier, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer). Zur Fortbildung der in der Technik beschäftigten Bediensteten werden häufig Angebote von Fachfirmen wahrgenommen. Den Schwerpunkt der Fortbildung, insbesondere bezogen auf die fachlichen Anforderungen des Verfassungsschutzes, deckt aber die gemeinsame Schule für Verfassungsschutz in Heimerzheim ab. Neben diesen schwerpunktmäßig wahrgenommenen externen Fortbildungsangeboten wurden auch bislang schon und werden zukünftig im zunehmenden Maße Inhouse-Beschulungen zu unterschiedlichen Themen durch externe Referenten, aber auch durch eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten. Im Rahmen der Vortrags- und Öffentlichkeitsarbeit des niedersächsischen Verfassungsschutzes sind in der Vergangenheit Referenten des Hauses bei verschiedenen Veranstaltern (z. B. Gemeinden , Schulen, Parteien etc.) aufgetreten. Bei diesen und zukünftigen Veranstaltungen kommt der niedersächsische Verfassungsschutz seinem gesetzlichen Auftrag gemäß § 3 Abs. 4 Niedersächsisches Verfassungsschutzgesetz nach, über extremistischen Bestrebungen zu informieren und aufzuklären . Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Im Jahr 2009 fand bei der Konrad-Adenauer-Stiftung eine Fortbildung zum Thema Linksextremismus statt, an der ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des niedersächsischen Verfassungsschutzes teilnahmen. Zu 2: a) Insgesamt nahmen zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der o. g. Fortbildung teil. Davon stammten, zusammen mit dem zuständigen Referatsleiter, fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Fachbereich „Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit“. Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter gehörten dem Fachbereich „Linksextremismus/-terrorismus“, eine Mitarbeiterin dem Fachbereich „Koordination der Auswertung und Beschaffung, operative Sicherheit“, eine Mitarbeiterin und zwei Mitarbeiter dem Fachbereich „Islamismus“ und ein Mitarbeiter dem Fachbereich „Spionageabwehr“ an. b) Da die Fortbildung als dienstlich erforderlich für Vortrags- und Informationsveranstaltungen zum Thema „Die Linke“ erachtet wurde, wurde den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Fachbereichs „Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit“ die Teilnahme an der Fortbildung empfohlen. Die anderen teilnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meldeten ihr Interesse, nachdem das Fortbildungsangebot im Hause bekannt gegeben war. c) Der Fachbereich Verwaltung im Referat „Grundsatz, Recht, Verwaltung, Technik“ ist für die Fortbildung zuständig und koordiniert und organisiert die fortlaufenden Angebote. Die Entscheidung über die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der Fortbildung sowie über die Teilnahme 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1095 der jeweiligen Mitarbeiterin/des jeweiligen Mitarbeiters wird in Kooperation mit dem zuständigen Fachvorgesetzten getroffen. Zu 3: Das Seminar fand in der Zeit vom 14.05.2009 (14.00 Uhr) bis zum 15.05.2009 (nachmittags) statt. Zu 4: Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des niedersächsischen Verfassungsschutzes referierte bei diesem Seminar zum Thema „Die DKP und die Folgen: Die Kontinuität der orthodoxen Linken in Westdeutschland“. Zu 5: Da es sich um eine dienstliche Fortbildung gehandelt hatte, wurde dafür Arbeitszeit angerechnet. Zu 6: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des niedersächsischen Verfassungsschutzes sind in besonderem Maße zu politischer Neutralität verpflichtet. Es sollte bereits der Anschein, diese Neutralität durch den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen zu verletzen, vermieden werden. Daher wird gerade bei Seminaren, die von parteinahen politischen Stiftungen angeboten werden, einzelfallund themenbezogen sorgfältig geprüft, ob die politische Neutralitätspflicht damit verletzt wird oder der entsprechende Anschein entsteht. Dies schließt die Nutzung der Fortbildungsangebote der politischen Stiftungen für die Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedoch nicht generell aus, sondern diese hängt vom Ergebnis der o. g. Prüfung ab. Diese Grundsätze gelten ebenfalls für die Referententätigkeiten des niedersächsischen Verfassungsschutzes . Im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags (siehe Vorbemerkungen) sind in der Vergangenheit Referenten des Hauses auch auf von politischen Stiftungen und Parteien ausgerichteten Veranstaltungen aufgetreten (siehe Auflistung zu Frage 9). Zu 7: Die Versagung von Nebentätigkeiten unterliegt den beamtenrechtlichen bzw. tarifrechtlichen Vorgaben . Eine Nebentätigkeit wird u. a. versagt, wenn die Bediensteten durch die Nebentätigkeit in einen Widerstreit mit ihren dienstlichen Pflichten gebracht werden. Diese Prüfung erfolgt einzelfallbezogen . Zu 8: Die Fortbildungsveranstaltung beschäftigte sich mit dem Thema „Die Linke: Herkunft-Programmatik -Strategien-Ziele“. Dazu wurden insgesamt sieben Referate mit folgenden Inhalten gehalten: – Die DKP und die Folgen: Die Kontinuität der orthodoxen Linken in Westdeutschland, – Die Linke und die DDR-Vergangenheit, – Unaufhaltsamer Aufstieg der Linken? - Konsequenzen aus den Ergebnissen der Wahlen, – Die Linke: Programmatik und Ziele, – Populismus-Agitation und Propaganda? - Die Strategie der Linken, – Die PDS in der Beobachtung des Verfassungsschutzes, – Streitbare Demokratie-Auseinandersetzung mit Extremisten. Zu 9: Im Jahr 2008 nahm ein Mitarbeiter des niedersächsischen Verfassungsschutzes in der Zeit vom 18. bis 20.03.2008 an einer Fortbildung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Eichholz mit dem Thema: Die Linke „Alter Wein in neuen Schläuchen?“ teil. Das gleichlautende Seminar bei der KonradAdenauer -Stiftung besuchte ein weiterer Mitarbeiter in der Zeit vom 10. bis 12.12.2008. Boris Pistorius 3 (Ausgegeben am 13.01.2014) Drucksache 17/1095 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Belit Onay, Helge Limburg und Meta Janssen-Kucz (GRÜNE), einge gangen am 05.11.2013 Kooperation des niedersächsischen Verfassungsschutzes unter der CDU/FDP-Landesregierung mit der Konrad-Adenauer-Stiftung Antwort der Landesregierung