Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1179 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Volker Bajus (GRÜNE), eingegangen am 10.12.2013 Warum ist der Bestand des seltenen Edelkrebses in der Nette vermutlich erloschen? Die Population des seltenen Edelkrebses (Astacus astacus) in der Nette zwischen dem Belmer Ortsteil Vehrte und der Stadt Osnabrück und damit einer der größten Bestände dieser Art sei vermutlich erloschen, berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung vom 28.11.2013. Ein in der NOZ zitierter Krebsexperte geht von einem Verlust von Zehntausenden Exemplaren aus. Der Grund erscheint eindeutig: die Krebspest, eine Pilzerkrankung, die im 19. Jahrhundert von amerikanischen Kramerund Signalkrebsen eingeschleppt wurde und sich seither in unseren heimischen Gewässern verbreitet . Die Ursache des Verschwindens ist jedoch strittig: Der Naturschutzbund (NABU) Osnabrück vermutet nach einem Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 03.12.2013, diese liege im vom Landkreis Osnabrück 2011 genehmigten Bau einer Umflut eines Stauwehrs im Bereich „Knollmeyers Mühle“ im Gewässeroberlauf des bisherigen Krebsvorkommens. Dadurch sei das Gewässer für die mit der Krebspest befallenen amerikanischen Krebse durchlässig geworden, was zu deren Verbreitung in den Lebensraum des Edelkrebses geführt habe. Gestützt wird die These des NABU von den im November 2011 vom LAVES veröffentlichten „Vollzugshinweisen zum Schutz von Krebsarten in Niedersachsen“. Darin heißt es, an bisher isolierten Gewässerabschnitten mit Edelkrebsvorkommen sei die Wiederherstellung der Durchgängigkeit des Gewässers kritisch zu hinterfragen , da die konkrete Gefahr der Ausbreitung anderer Krebsarten und damit auch der Krebspest bestehe. In der genannten Veröffentlichung listet das LAVES 45 Standorte in Niedersachsen auf, wo der Edelkrebs zwischen 1994 und 2009 nachgewiesen wurde. Diese Bestände rekrutierten sich überwiegend aus Wiederansiedlungsprojekten. Der Bestand in der Nette gehört bzw. gehörte damit offenkundig zu den wenigen autochthonen Edelkrebspopulationen in Niedersachsen. Gleichwohl wird dieser Bestand nicht in der Liste der für den Edelkrebs bedeutenden FFH-Gebiete geführt. Ich frage die Landesregierung: 1. Was ist nach Kenntnis der Landesregierung ursächlich für das vermutliche Erlöschen der Edelkrebspopulation in der Nette? 2. Welche Bedeutung bzw. welche Wertigkeit gegenüber anderen Vorkommen in Niedersachsen hatte das offenkundig autochthone Edelkrebsvorkommen in der Nette für den niedersächsischen Gesamtbestand dieser Art? 3. Wie ist der mit dem wahrscheinlichen Erlöschen der Edelkrebspopulation eingetretene „Biodiversitätsschaden “ vor dem Hintergrund des § 6 Abs. 1 des Umweltschadensgesetzes zu bewerten ? Welche Rechtsfolgen erwachsen daraus für den Landkreis Osnabrück als zuständiger Genehmigungsbehörde für die Genehmigung der möglicherweise ursächlichen Umflut in der Nette? (An die Staatskanzlei übersandt am 17.12.2013 - II/725 - 539) 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1179 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 28.01.2014 für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 102-2200 (58) - Die Kleine Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Dem Untersuchungsbericht des Instituts für Umweltwissenschaften an der Universität Koblenz-Landau vom 09.07.2013 zufolge ist davon auszugehen, dass der Edelkrebsbestand der Nette im Sommer 2013 durch den Ausbruch der Krebspest vermutlich erloschen ist. Alle untersuchten Tiere waren stark mit dem Krebspesterreger Aphanomyces astaci infiziert. Auf welchem Wege die Infektion in den Bestand eingeschleppt wurde, ist nicht bekannt. Zu 2: Die Bedeutung des stabilen und reproduktiven Edelkrebsvorkommens der Nette war hoch einzuschätzen , da nur sehr wenige frei in niedersächsischen Fließgewässern lebende Edelkrebsbestände bekannt sind. Genetischen Analysen zufolge handelte es sich bei der Population um ein Wildvorkommen , das einem in Europa weit verbreiteten Genotyp entspricht. Zu 3: Für den Ausbruch der Krebspest in der Nette kann kein Verursacher ermittelt werden, da es mehrere Möglichkeiten gibt, wie der Krebserreger in den Edelkrebsbestand gelangt sein könnte. Deshalb kann das Umweltschadensgesetz in diesem Fall nicht zur Anwendung kommen. Christian Meyer (Ausgegeben am 03.02.2014) 2 Drucksache 17/1179 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Volker Bajus (GRÜNE), eingegangen am 10.12.2013 Warum ist der Bestand des seltenen Edelkrebses in der Nette vermutlich erloschen? Antwort der Landesregierung