Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1186 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Hillgriet Eilers und Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 12.11.2013 Soll die Gänsejagd verboten werden? Presseberichten zufolge soll nach zunehmenden Diskussionen die Gänsejagd in EUVogelschutzgebieten verboten werden. Zudem soll für bestimmte Gänsearten eine ganzjährige Schonzeit eingeführt werden. Weiterhin melden Presseberichte, dass eine Ausweitung des Vertragsnaturschutzes Gänseäsung auf Kiebitze und Uferschnepfen geplant sei. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Inwieweit treffen die Pressemeldungen zu, dass die Landesregierung eine ganzjährige Schonzeit für bestimmte Gänsearten vorsieht? 2. Für welche Gänsearten würde diese Schonzeit gelten? 3. Welche Folgen hätte eine ganzjährige Schonzeit für die Landwirtschaft? 4. Bleiben nach Erkenntnis der Landesregierung im Sommer immer mehr Gänse (Nordische Gastvögel) in Niedersachsen? 5. Befürchtet die Landesregierung eine Überpopulation an Gänsen, wie sie bereits in den Niederlanden existiert? 6. Hat die Landesregierung Erkenntnisse, ob bereits Gänse aus den Niederlanden nach Niedersachsen ausgewichen sind und, wenn ja, wie viele? 7. Inwieweit treffen die Pressemeldungen zu, dass die Landesregierung den Vertragsnaturschutz Gänseäsung nur noch in Kombination mit dem Wiesenvogelschutz - Kiebitz und Uferschnepfe - anbieten will? 8. In welchen Gebietskulissen soll diese Form des kombinierten Vertragsnaturschutzes angeboten werden? 9. Welche Auswirkungen hätte eine solche Ausweitung für die Landwirte? 10. Welche zusätzlichen Auflagen werden den Landwirten gemacht, um an dem „kombinierten Vertragsnaturschutz“ teilzunehmen? 11. Wann würden die neuen Regelungen in Kraft treten? 12. Wie und mit welchen Beträgen sollen die zusätzlichen Auflagen, beispielsweise der Limikolenschutz , honoriert werden? 13. In welcher Form und in welcher zeitlichen Abfolge wurde das neue Konzept mit den betroffenen Landwirten abgestimmt? 14. Inwieweit treffen die Pressemeldungen zu, dass die Landesregierung den Vertragsnaturschutz in Zonen mit unterschiedlicher Prämienzahlung einteilen will? 15. Wurde bereits mit Verbänden gesprochen und, wenn ja, mit welchen? (An die Staatskanzlei übersandt am 19.11.2013 - II/725 - 505) 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1186 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 30.01.2014 für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 406-65001/3-70 (N) - Ziel der Landesregierung ist die Ausrichtung der zeitgemäßen und naturnahen Jagd an ökologischen Prinzipien. Daher werden besonders die Jagd in EU-Vogelschutzgebieten und die Anpassung der Jagdzeiten in der Durchführungsverordnung zum NJagdG derzeit thematisiert. Hierzu hat ein konstruktiver und fachlich orientierter Dialog mit allen Betroffenen und Beteiligten begonnen. Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1 und 2: Es gibt noch keine abgeschlossene Meinungsbildung und Entscheidung der Landesregierung. Zu 3: Die Auswirkungen auf die Landwirtschaft werden als gering bewertet, wenn sie auf einzelne Gänsearten beschränkt bleiben. Saat- und Bläßgans etwa waren bis zur Änderung der Jagdzeitenverordnung im Jahr 2008 ganzjährig geschont. In den Vogelschutzgebieten, in denen sie wertbestimmende Art sind, galt die ganzjährige Schonzeit weiter. Die Jagdstrecken in Niedersachsen waren seit der Wiedereinführung einer Jagdzeit nicht erheblich. Zu 4: Die Nordischen Gastvögel (Weißwangengans, Blässgans, Zwerggans, Graugans, Saatgans, Kurzschnabelgans , Ringelgans, Zwergschwan, Singschwan), also die Gänse und Schwäne mit Brutgebiet in Skandinavien, Baltikum, Russland, Sibirien, verlassen Niedersachsen im Sommer vollständig . Die genannten Arten rasten im Herbst, Winter und Frühjahr in Niedersachsen in unterschiedlicher Zahl und zu artspezifischen Zeiträumen. Bei der Weißwangengans ist erkennbar, dass der Abzug im Frühjahr in manchen Gebieten nicht wie früher bis Mitte April erfolgt, sondern sich bis in den Mai verzögert. Nennenswerte Brutbestände gibt es in Niedersachsen lediglich bei der Graugans mit landesweit etwa 4 500 Brutpaaren. Dies sind etwa 15 % des Bestandes in Deutschland. Zu 5: Die inzwischen etablierte Brutpopulation der Graugans geht u. a. auf ein Wiederansiedlungsprojekt der Landesjägerschaft Niedersachsen mit Aussetzungen in den 1980er-Jahren zurück. Ihre weitere Entwicklung wird von einer Vielzahl an Faktoren wie z. B. der Verfügbarkeit günstiger Nahrungsquellen abhängen. Die Entstehung einer Überpopulation ist zurzeit nicht zu befürchten. Zu 6: Hierüber liegen der Landesregierung derzeit keine Erkenntnisse vor. Zu 7: In vielen EU-Vogelschutzgebieten mit Wertbezug auf nordische Gastvögel sind diese nicht allein die wertbestimmenden Vogelarten. Vielmehr gehören etliche Wiesenvögel als Brut- und Rastvögel dazu. Im Gegensatz zu der erfreulichen Entwicklung bei den meisten Gänsearten besteht in den genannten Gebieten jedoch ein extrem kritischer Zustand bezogen auf die Wiesenvogelarten. Vor diesem Hintergrund muss der Schwerpunkt der Förderung in diesen Gebieten zukünftig deutlich anders ausgerichtet werden. Es ist daher für die betreffenden Bereiche eine obligatorische Koppelung der Grünlandförderung für nordische Gastvögel mit einer Förderung für Wiesenvögel vorgesehen . Diese Koppelung ist fachlich dringend notwendig, da ansonsten bei ausschließlicher Teilnahme an Maßnahmen für nordische Gastvögel einzelne Bearbeitungsschritte auf den Grünlandflächen zur Brutzeit der Wiesenvögel erfolgen, was in erheblichem Umfang den Verlust von Gelegen und Küken zur Folge hat. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1186 Zu 8: In den Schwerpunkträumen des Wiesenvogelschutzes, die gleichzeitig auch in der Förderkulisse für die nordischen Gastvögel liegen, soll die gekoppelte Förderung angeboten werden. Nach dem derzeitigen Stand der Planungen sind davon Flächen in den Landkreisen Aurich, Cuxhaven, Friesland , Leer, Osterholz, Stade und Wesermarsch sowie der Stadt Emden betroffen. Zu 9: Der Landwirt kann, sofern seine Betriebsflächen in den Schwerpunkträumen des Wiesenvogelschutzes liegen, an der sogenannten „Gänseförderung“ nur mitmachen, wenn er zusätzlich mit einem bestimmten Anteil dieser Flächen auch an der Wiesenvogelförderung teilnimmt. Wenn sich der Landwirt bei der konkreten Festlegung seines Flächenanteils außerdem beraten lässt und das Ergebnis berücksichtigt, sodass die Förderung auf seine naturschutzfachlich bedeutendsten Flächen gelenkt wird, soll er einen Prämienzuschlag pro Hektar erhalten. Ein solcher Prämienzuschlag pro Hektar soll auch gewährt werden, wenn er den Flächenanteil dieser verpflichtenden Verknüpfung freiwillig erhöht. Zu 10: Im Rahmen der gekoppelten Förderung hat der Landwirt auf einem bestimmten Anteil seiner Betriebsflächen zusätzlich im Zeitraum nach dem 31. März bis einschließlich 5. Juni auf mechanische Bodenbearbeitung oder Pflegemaßnahmen (z. B. Walzen, Schleppen, Striegeln, Schlegeln), Mähen , Nachsäen oder die Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger zu verzichten. In diesem Zeitraum ist eine Beweidung mit höchstens drei Tieren oder maximal 1,5 GVE je Hektar zulässig. Für Zuwendungsempfänger, die Milch erzeugen, endet der Zeitraum der Ruhephase bereits mit dem 20. Mai. Beim ersten Schnitt ist jedoch eine Schonfläche stehen zu lassen, die 7 % der Schlaggröße nicht unterschreiten darf. Diese Fläche kann frühestens nach dem 5. Juni geerntet oder befahren werden. Zu 11: Die neuen Regelungen sollen zum 01.01.2015 in Kraft treten. Zu 12: Die agronomischen Berechnungen der konkreten Prämienhöhe für die geplanten verschiedenen Fördertatbestände im Rahmen der flächenbezogenen Agrarumweltmaßnahmen müssen von einer unabhängigen sachverständigen Dienststelle vorgenommen werden. In der laufenden EUFörderperiode war dies die Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Die Beauftragung zur Berechnung erfolgt allerdings erst, nachdem die einzelnen Bewirtschaftungsbedingungen für die verschiedenen Fördermaßnahmen weitestgehend feststehen. Daher kann derzeit noch kein konkreter Betrag benannt werden. Zu 13: Der auf der Arbeitsebene erstellte fachliche Teil des Richtlinienentwurfs wurde nach rechtzeitiger vorheriger Übersendung des damals aktuellen Entwurfs am 26.09.13 u. a. dem Niedersächsischen Landvolkverband im Einzelnen vorgestellt. Anlässlich dieses Termins wurde ein weiterer Besprechungstermin mit dem Landwirtschaftlichen Hauptverein für Ostfriesland (LHV) nur zum Förderteilbereich „Nordische Gastvögel“ vereinbart, der am 22.10.13 durchgeführt wurde. Des Weiteren wurde der aktuelle Stand des Richtlinienentwurfs am 07.11.13 dem Umweltausschuss des Niedersächsischen Landvolkverbandes vorgestellt. Weitere Gespräche sind vorgesehen. Daneben hat die Betriebsstelle Brake-Oldenburg des NLWKN den aktuellen Konzeptentwurf am 07.11.13 auf einer Mitgliederversammlung des Zweigvereins Niederrheiderland des LHV und am 25.11.13 im Umweltausschuss des Landkreises Leer vorgetragen. Bei diesen Abstimmungen handelt es sich um einen gemeinsamen frühzeitigen Dialog im Vorfeld der Neugestaltung der Förderregularien. Das offizielle Beteiligungsverfahren der gemeinsamen Förderrichtlinie des MU und des ML für alle Niedersächsischen und Bremer Agrarumweltmaßnahmen in der neuen EU-Förderperiode wird vsl. Anfang des nächsten Jahres eingeleitet. 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1186 Zu 14: Die sogenannten Gänseförderung erfolgt derzeit nach dem „Gießkannenprinzip“, d. h. in allen EUVogelschutzgebieten , in denen die Gänserast den Schwerpunkt bildet und die bestimmten Schwellenwerte an Gänserastzahlen überschreiten, wird die gleiche Prämienhöhe für bestimmte Einschränkungen der Bewirtschaftung gezahlt. Es ist nun daran gedacht, auf der Basis der in der Fachbehörde für Naturschutz vorliegenden Zahlen über Rastaufkommen, Verweildauer und - zeitpunkt die Flächenprämien anzupassen, d. h. die Flächenprämien orientieren sich an den bekannten tatsächlichen Verhältnissen, die auch ein Maß für den Fraßdruck darstellen. Es soll also zukünftig keine über die gesamte Förderkulisse einheitliche Flächenprämie mehr geben (Abkehr vom Gießkannenprinzip). Derzeit noch bestehende Mitnahmeeffekte sollen dadurch soweit wie möglich reduziert werden. Für die Optimierung der Fördereffizienz ist derzeit eine Zonierung der Förderkulisse in zwei Zonen einhergehend mit einer Prämienstaffelung von 100% / 80% vorgesehen . Im Gegensatz zur laufenden EU-Förderperiode soll aber zukünftig die jährliche Prämienhöhe entsprechend dem Votum der unabhängigen sachverständigen Dienststelle festgesetzt werden, also ohne finanziellen Abschlag. Die Honorierung wird sich somit stärker als bisher an den tatsächlichen Umweltleistungen des jeweiligen Bewirtschafters orientieren. Zu 15: Außer den in der Antwort zur Frage 13 genannten Verbänden wurde bisher mit dem Landschaftspflegeverband Göttingen, dem BUND, dem NABU, der Landesjägerschaft Niedersachsen, dem Verein Naturschutzpark, der Ostfriesischen Landschaft, dem Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz , der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, der Landesvereinigung ökologischer Landbau und dem Landesverband Deutscher Milchviehhalter über die Eckpunkte der geplanten Agrarumweltmaßnahmen, darunter auch den hier in Rede stehenden Förderbereich, gesprochen . Am 16.10.2013 haben die Niedersächsische Staatskanzlei und die ELER-Verwaltungsbehörde (ML) die Wirtschafts-, Sozial- und Umweltverbände (WiSo-Partner) über die Vorbereitungen für die neue EU-Förderperiode sowie ebenfalls über die vorstehend genannten Eckpunkte informiert. Christian Meyer (Ausgegeben am 05.02.2014) 4 Drucksache 17/1186 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Hillgriet Eilers und Jan-Christoph Oetjen (FDP), ein-gegangen am 12.11.2013 Soll die Gänsejagd verboten werden? Antwort der Landesregierung