Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1255 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Dr. Marco Genthe (FDP), eingegangen am 14.01.2014 Wieso ist das Kitesurfen auf dem Dümmer See verboten? Pressemitteilungen zufolge hat eine Arbeitsgruppe der Interessengemeinschaft Dümmersee einen Antrag gestellt, um auf dem See einen Korridor einzurichten, in dem Kitesurfen erlaubt sein soll. Dieser Antrag wurde durch den NLWKN abgelehnt. Obwohl es eine gemeinsame Verordnung für den Dümmer See und das Steinhuder Meer gibt, sind verschiedene Aktivitäten wie das Kitesurfen nur auf dem Steinhuder Meer erlaubt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Weshalb ist das Ausüben verschiedener Sportaktivitäten, wie beispielsweise das Kitesurfen, am Dümmer See, anders als am Steinhuder Meer, nicht erlaubt? 2. Wie bewertet die Landesregierung die Belastung der Umwelt durch das Kitesurfen? 3. Wie hat sich der Tourismus am Dümmer See in den vergangenen Jahren entwickelt, und welche Entwicklung erwartet die Landesregierung für die Zukunft? 4. Welche Folgen erwartet die Landesregierung durch die prognostizierte Entwicklung des Tourismus für die wirtschaftliche Situation in der Region um den Dümmer See? (An die Staatskanzlei übersandt am 23.01.2014 - II/725 - 575) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 20.02.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Ref17-01425/17/7/02-0040 - Das Kitesurfen stellt eine Form des wasserrechtlichen Gemeingebrauchs nach § 32 des niedersächsischen Wassergesetzes dar (Befahren mit kleinen Fahrzeugen ohne Eigenantrieb). Auf stehenden Gewässern kann die Wasserbehörde mit Zustimmung des Gewässereigentümers den Gemeingebrauch bzw. einzelne Arten des Gemeingebrauchs zulassen und zugleich beschränken. Eine solche Regelung ist für das Steinhuder Meer und den Dümmer durch die seinerzeit für beide Gewässer zuständige Bezirksregierung Hannover mit der Dümmer und Steinhuder Meer - Verordnung (DStMVO) erfolgt. Seit der Auflösung der Bezirksregierungen ist der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) für den Erlass von Gemeingebrauchsverordnungen u. a. an den genannten Gewässern zuständig. Die genannte Verordnung enthält neben für beide Gewässer geltende Vorschriften in den §§ 18 und 19 Sonderregelungen für den Dümmer einerseits und das Steinhuder Meer andererseits. Während das Kitesurfen als noch relativ junge, sogenannte Trendsportart, auf dem Steinhuder Meer seit einigen Jahren auf der in einer Anlage gezeichneten Wasserfläche vom 20. März bis 15. November eines Jahres zulässig ist, ist es auf dem Dümmer seit der Änderung der DStMVO vom 15. Februar 2013 - aus Gründen der Klarstellung auch ausdrücklich - verboten. Mit Schreiben vom 28. September 2013 hat die Tourist Information Dümmerland an den Landkreis Diepholz einen „Antrag“ auf Zulassung des Kitesurfens gerichtet, den dieser zuständigkeitshalber 5 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1255 zur weiteren Beantwortung an den NLWKN weitergeleitet hat. Mit E-Mail vom 21. Januar 2014 bat die Tourist Information den NLWKN darum, die Entscheidung über den Antrag vom 28. September 2013 zurückzustellen, da noch eine weitere Variante in Form eines Modell- und Pilotprojektes erarbeitet werde. Eine Ablehnung dieses Antrages ist noch nicht erfolgt, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Änderung einer Verordnung einen Akt der Rechtssetzung darstellt, der eine Antragstellung grundsätzlich nicht vorsieht. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1 und 2: Eine Zulassung des Kitesurfens ist am Dümmer anders als am Steinhuder Meer bislang nicht erfolgt . Hierfür waren naturschutzfachliche Gründe sowie Sicherheitsbedenken maßgebend. Beim Dümmer handelt es sich um ein europäisch geschütztes FFH- und Vogelschutzgebiet. Hier gelten besonders hohe Schutzanforderungen in Bezug auf die dort lebenden Brut- und Rastvogelarten. Beispielhaft sei hier die störungsempfindliche Trauerseeschwalbe genannt, die in der Schwimmblattzone des Dümmers brütet und bevorzugt Nahrung von der Wasseroberfläche aufnimmt. Diese Art besitzt am Dümmer ein Schwerpunktvorkommen mit bis zu 90 % des niedersächsischen Brutbestandes . Beim Kitesurfen besteht noch mehr als bei anderen Wassersportarten das Risiko, dass die Sportler mit ihrem Gerät unkontrolliert in die geschützten Uferrandbereiche geraten und dabei unzulässige Störungen der geschützten Vogelarten verursachen. Am Steinhuder Meer konnte die Gefahr der von den Kitesurfern ausgehenden Scheuchwirkungen auf Vögel durch die Beschränkung auf einen umgrenzten Bereich minimiert werden. Eine solche Fläche steht am Dümmer nicht zur Verfügung, denn zugleich bestehen hier erhebliche Sicherheitsbedenken gegen eine Zulassung des Kitesurfens. Sowohl die Wasserfläche des Dümmers als auch die dafür in Betracht kommenden Einsatzstellen sind zu klein, um das Kitesurfen neben anderen Nutzungen des Gewässers zuzulassen , ohne dass dadurch erhebliche Unfallrisiken für alle Beteiligten geschaffen werden. Bei dieser Betrachtung sind die nachvollziehbaren Nutzungsinteressen der Anhänger dieser Sportart sowie auch Sicherheitsaspekte und Belange des Naturschutzes gegeneinander abgewogen worden . Die Abwägung hat ergeben, dass auch unter Berücksichtigung der fortgeschrittenen Sicherheitstechnik beim Kitesurfen die Fläche des Dümmers zu klein für eine Zulassung des Kitesurfens ist. Diese Sichtweise des NLWKN als der zuständigen Behörde wird vom MU, den anderen dort zuständigen Behörden wie der Domänenverwaltung, der Wasserschutzpolizei und dem Landkreis Diepholz, aber auch von anderen Wassersportlern geteilt. Zu 3: Die touristische Entwicklung am Dümmer lässt sich über die Kennziffern der amtlichen Statistik für den Landkreises Diepholz und die im Uferbereich liegenden Orte Hüde und Lembruch beschreiben. In den genannten Bereichen hat sich der Tourismus im Zeitraum 2009 bis 2012 wie folgt entwickelt: Übernachtungen LK Diepholz Diepholz Stadt Hüde Lembruch 2009 194 914 7 869 27 405 2010 229 822 8 875 35 945 2011 238 612 8 381 16 595 35 182 2012 247 905 8 889 15 586 36 763 Ankünfte 2009 107 173 5 092 12 506 2010 118 419 5 516 14 688 2011 125 085 5 760 5 531 15 830 2012 126 429 5 888 4 880 15 425 Beherbergungsbetriebe 2009 78 5 3 11 2010 92 5 6 12 2011 93 4 6 12 2012 92 5 6 11 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1255 Diepholz Stadt Hüde Lembruch Übernachtungen LK Diepholz Aufenthaltstage 2009 1,8 1,5 2,2 2010 1,9 1,6 2,4 2011 1,9 1,5 3 2,2 2012 2 1,5 3,2 2,4 Quelle: Landesamt für Statistik Niedersachsen, amtliche Statistik über Ankünfte, Übernachtungen und Aufenthaltsdauer der Gäste in Beherbergungsstätten nach Regionalgliederung - Beherbergungsbetriebe mit 10 und mehr Betten, sowie Campingplätze mit 10 und mehr Stellplätzen Von den im LK Diepholz 2012 verzeichneten 247 905 Übernachtungen fallen etwa 20 % in den beiden Orten direkt am Dümmer an. Dieser Wert war in den letzten Jahren konstant, wobei für den Ort Hüde die gemeldeten Daten erst ab dem Jahr 2011 zur Verfügung stehen. Für den Dümmer als beliebtes Naherholungsgebiet sind neben den statistisch erfassten Übernachtungsgästen auch die Tagesgäste von großer Bedeutung. Der Dümmer ist für viele Anwohner aus dem gesamten Einzugsgebiet ein wichtiger Erholungs- und Freizeitraum. Hier ist auch Potenzial bei Wassersportlern zu sehen, da die Ausübung des Wassersports nicht immer in Verbindung mit einer Übernachtung einhergeht. Der Dümmer hat als touristisches Ziel grundsätzlich Potenzial, da Natur- und Aktivurlaub in Niedersachsen nach wie vor nachgefragt wird. 42,7 % der Niedersachsenurlauber gaben 2012 an, dass ein Natururlaub für sie im Vordergrund steht. 18,4 % gaben an, dass Aktivitäten am/im/auf dem Wasser (inklusive Segeln, Surfen) zu ihren Hauptaktivitäten gehören. Eine positive touristische Entwicklung rund um den Dümmer ist vor diesem Hintergrund wahrscheinlich. Zu 4: Der Landkreis Diepholz zählt zu den wirtschaftsstärksten Regionen Niedersachsens und zeichnet sich durch geringe Arbeitslosigkeit, solides Wirtschaftswachstum und hohes Beschäftigungsniveau aus. Der Tourismus ist nicht das prägende Element der Wirtschaftskraft des Landkreises. Auf Basis der vorstehend beschriebenen Einschätzung der touristischen Entwicklung lassen sich keine Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Region ableiten. Stefan Wenzel 3 (Ausgegeben am 03.03.2014) Drucksache 17/1255 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Dr. Marco Genthe (FDP), eingegangen am 14.01.2014 Wieso ist das Kitesurfen auf dem Dümmer See verboten? Antwort der Landesregierung