Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1263 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Helmut Dammann-Tamke, Karin BertholdesSandrock , Karl-Heinz Bley, André Bock, Christian Calderone, Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens, Clemens Große Macke, Gerda Hövel, Ingrid Klopp, Editha Lorberg, Gudrun Pieper, Annette Schwarz und Heiner Schönecke (CDU), eingegangen am 16.01.2014 Plant die Landesregierung ein Verbot der Verwendung von Separatorenfleisch? Im Protokoll der 24. Plenarsitzung des Landtages der 17. Wahlperiode am 12. Dezember 2013 wird Landwirtschaftsminister Christian Meyer wie folgt zitiert: „Es wurde der Wunsch geäußert, noch einmal zu erklären, was Separatorenfleisch ist. Das ist sehr unappetitlich hergestelltes Fleisch.“ Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Was ist Separatorenfleisch? 2. Was ist an der Herstellung von Separatorenfleisch „unappetitlich“, wenn diese nach den gängigen Regeln und Vorschriften erfolgt? 3. Ist Separatorenfleisch Fleisch minderer Qualität? 4. Und wenn ja: Wann gehen Gefahren von Separatorenfleisch aus? 5. Wurde das entsprechende Fleisch in früheren Zeiten verwertet? Wie wurde es handwerklich gewonnen? 6. Zu welchem konkreten Zweck wurde es verwertet, zu welchen Produkten verarbeitet? 7. Wie wird Separatorenfleisch heute verwertet, zu welchen Produkten verarbeitet? 8. Sind Produkte, in denen Separatorenfleisch verwendet wurde, gesondert zu kennzeichnen? 9. Hält die Landesregierung es vor dem Hintergrund der großen Mengen weggeworfener Lebensmittel , der immer wieder propagierten Nachhaltigkeit und des immer wieder zu Recht eingeforderten verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen für richtig oder für falsch, Separatorenfleisch für die Nahrungsmittelherstellung zu verwenden? 10. Wird sich die Landesregierung für ein Verbot der Gewinnung und Verwertung von Separatorenfleisch einsetzen? (An die Staatskanzlei übersandt am 23.01.2014 - II/725 - 578) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 26.02.2014 für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 201-44112-330 - Die Kleine Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Separatorenfleisch ist nach Anhang I Nr. 1.14 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 definiert als ein Erzeugnis, das durch Ablösung des an fleischtragenden Knochen nach dem Entbeinen bzw. an den Geflügelschlachtkörpern haftenden Fleisches auf maschinelle Weise so gewonnen wird, dass die Struktur der Muskelfasern sich auflöst oder verändert wird. 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1263 Dabei werden die Fleischknochen unter hohem Druck gegen ein Filtersystem gepresst. Da Muskulatur , Fett und Bindegewebe weicher als die Knochensubstanz sind, passieren sie einen Filter. Die Struktur der Muskelfasern ist beim Separatorenfleisch zerstört. Ständer, Halshaut und Köpfe von Geflügel sowie Kopf- und Röhrenknochen, Enden von Gliedmaßen und Schwänze von anderen Tieren dürfen nicht für die Herstellung von Separatorenfleisch genutzt werden. Wird in einem Produkt Separatorenfleisch eingesetzt, so ist es als solches auf dem Lebensmittel zu kennzeichnen. Die Tierart, aus der es gewonnen wurde, ist dabei zu nennen (Artikel 6 Abs. 6 der Richtlinie 2000/13/EG). Die Umsetzung der Richtlinie 2000/13/EG in deutsches Recht erfolgt durch die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung. Zu 2: „Unappetitlich“ ist eine politische und keine rechtliche Wertung. Nach Einschätzung von Verbraucherschützern lehnen viele Verbraucher die aus am Knochen anhaftenden Fleischresten erzeugte „breiige Fleischpaste“ als minderwertig ab. Um dem Verbraucher die Kaufentscheidung zu ermöglichen, Produkte ohne Verwendung von Separatorenfleisch zu erwerben , ist die Verarbeitung von Separatorenfleisch ausdrücklich auf den Erzeugnissen zu kennzeichnen . Diese Kennzeichnung steigert nach allgemeiner Einstellung nicht den Appetit. In Fleisch- und Wurstprodukten, die das QS-Prüfsiegel tragen, darf kein Separatorenfleisch verarbeitet werden. Zu 3: Nach allgemeiner Einschätzung gilt Separatorenfleisch als minderwertig. Dies teilen nicht nur die Verbraucherzentralen mit, sondern auch viele Schlachtunternehmen und Fleischereien wissen, dass der Verbraucher Separatorenfleisch ablehnt. So etwa das fleischverarbeitende Unternehmen Rudolph Debbeler Schwede GmbH & Co. KG in Wallenhorst Hollage, das ausschließlich Wurstware herstellt. Laut Infobrief des Abgeordneten Dirk Toepffer (November 2010) schilderte der Geschäftsführer Herr Stöter bei einem Besuch von CDU-Landtagsabgeordneten: „Für den deutschen Verbraucher sei Separatorenfleisch minderwertig. Deshalb schrecke der Hinweis auf diese Zutat auf Wurstwarenverpackungen ab.“ Dies zeigt auch der Verzicht von QS auf Separatorenfleisch. Zu 4: Aufgrund der starken Zerkleinerung ist Separatorenfleisch besonders leicht verderblich. Solange die Hygiene- und Temperaturvorgaben zur Herstellung und Weiterverarbeitung von Separatorenfleisch eingehalten werden, ist es gesundheitlich nicht bedenklich. Zu 5: Das an fleischtragenden Knochen nach dem Entbeinen bzw. an den Geflügelschlachtkörpern haftende Fleisch wurde auch in früheren Zeiten verwertet. Der Begriff „Separatorenfleisch“ entstand erst mit Einführung der maschinellen Separationstechnologie in den 1970er-Jahren. Zuvor wurde das Ablösen manuell vorgenommen; das so gewonnene Produkt wurde traditionell als „Knochenputz “ bezeichnet. Zu 6: In früheren Zeiten wurde das an fleischtragenden Knochen nach dem Entbeinen bzw. an den Geflügelschlachtkörpern haftende Fleisch zur Produktion hitzebehandelter Fleischerzeugnisse verarbeitet . Zu 7: Separatorenfleisch, das nach den Anforderungen des Anhangs III Abschnitt V Kapitel III Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 hergestellt wurde, kann in Fleischzubereitungen, die nicht ohne vorherige Hitzebehandlung verzehrt werden, oder in Fleischerzeugnissen verwendet werden. Bei Nichterfüllung der mikrobiologischen Kriterien für Hackfleisch kann es jedoch nur für die Herstellung hitzebehandelter Fleischerzeugnisse in hierfür zugelassenen Betrieben verwendet werden. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1263 Separatorenfleisch, das nach den Anforderungen des Anhangs III Abschnitt V Kapitel III Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 produziert wurde, kann nur zur Herstellung von wärmebehandelten Fleischerzeugnissen in hierfür zugelassenen Betrieben Verwendung finden. Für dieses Separatorenfleisch sind keine mikrobiologischen Kriterien festgelegt. Weiterhin wird Separatorenfleisch als Ausgangsmaterial für die Produktion von Heimtierfutter verwendet . Zu 8: Ja. Auf Verpackungen, die für die Abgabe an Endverbraucher bestimmt sind, ist die Verwendung von Separatorenfleisch sowohl in Fleischzubereitungen als auch in Fleischerzeugnissen unter Angabe der Tierart im Verzeichnis der Zutaten zu kennzeichnen. Zusätzlich ist auf Endverbraucherpackungen , die Fleischzubereitungen mit Separatorenfleisch enthalten, ein Hinweis anzubringen, dass diese Erzeugnisse vor dem Verzehr gegart werden sollten. Zu 9: Die Landesregierung hält es für richtig, Separatorenfleisch für die Nahrungsmittelherstellung zu verwenden. Es ist aber entsprechend zu kennzeichnen, um dem Verbraucher die Wahlfreiheit zu ermöglichen. Zu 10: Nein. Christian Meyer 3 (Ausgegeben am 05.03.2014) Drucksache 17/1263 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Helmut Dammann-Tamke, Karin Bertholdes-Sandrock, Karl-Heinz Bley, André Bock, Christian Calderone, Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens, Clemens Große Macke, Gerda Hövel, Ingrid Klopp, Editha Lorberg, Gudrun Pieper, Annette Schwarz und Heiner Schönecke (CDU), eingegangen am 16.01.2014 Plant die Landesregierung ein Verbot der Verwendung von Separatorenfleisch? Antwort der Landesregierung