Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1268 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Andretta (SPD), eingegangen am 23.01.2014 Hat sich der Paradigmenwechsel in der Lehrerfortbildung bewährt? Mit der am 1. Januar 2012 erfolgten Übertragung der Verantwortung für die Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern an lehrerbildende Universitäten sowie an Einrichtungen der Erwachsenenbildung wurde die regionale Lehrerfortbildung in Niedersachsen neu organisiert. Mit der neuen Struktur sollten eine stärkere Anbindung der Lehrerfortbildung an aktuelle Erkenntnisse aus Forschung und Lehre sichergestellt und auf diese Weise eine Professionalisierung erreicht werden (vgl. Pressemitteilung des Kultusministeriums vom 12. Dezember 2011). Landesweit wurden acht Kompetenzzentren für Lehrerfortbildung in Verantwortung der Universitäten und ein weiteres in Verantwortung der Ostfriesischen Landschaft gegründet. Auf der Grundlage der mit dem Land Niedersachsen getroffenen Kooperationsvereinbarungen sind die Kompetenzzentren zuständig für – die Organisation, Durchführung und Evaluation von Fortbildungsmaßnahmen der von ihnen angebotenen schulformbezogenen und schulformübergreifenden Fortbildungen an öffentlichen Schulen unter Einbeziehung des Personals der Studienseminaren, – die Unterstützung der einzelnen Schulen bei der Realisierung der in ihrem Schulprogramm formulierten Entwicklungsziele durch Beratung und Fortbildung, – die Planung und Erstellung von Angeboten, die sich an bildungspolitischen Entwicklungsschwerpunkten und dem organisatorischen Bedarf einzelner Schulen orientieren, – die Konzeption von Maßnahmen zur Erweiterung vorhandener professioneller Kompetenzen im fachlichen, didaktischen, methodischen, sozialen und personalen Bereich, – die Entwicklung neuer Fortbildungsformate und -inhalte in den Fachwissenschaften, den Fachdidaktiken , der Bildungs- und Erziehungswissenschaft, – die Organisation, Durchführung und Evaluation von Fortbildungsmaßnahmen im Auftrag des Kultusministeriums und der Landesschulbehörde, – die Evaluation der Angebote und durchgeführten Kurse unter anerkannten Qualitätsgesichtspunkten . Die Laufzeit der geschlossenen Verträge endet zum 31. Dezember 2016. Nachdem nun zwei Jahre seit der Umstellung vergangen sind, ist von Interesse, ob sich mit Blick auf die Herausforderungen an den Schulen die Neuorganisation bewährt hat. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie weit ist der Aufbau der Kompetenzen für Lehrerfortbildung an den Universitäten zum jetzigen Zeitpunkt vorangeschritten? 2. Haben die Kompetenzzentren an den einzelnen Standorten die organisatorischen Infrastrukturen , Budgetmittel und personellen Ressourcen, die sie benötigen, um das mit der Umstellung verbundene Ziel zu erreichen, den Transfer aktueller Theorien, Forschungsbefunde und Methoden vom Wissenschaftssystem ins Schulsystem schneller, direkter und nachhaltiger zu gewährleisten? 3. Reichen die in den Vereinbarungen zugesicherten personellen und sächlichen Grundausstattungen aus, um den Zuwachs an neuen Aufgaben (z. B. Inklusion), der infolge der vierfachen Erhöhung des Budgets für Fortbildungen zu erwarten ist, angemessen bearbeiten zu können? 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1268 4. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen den Kompetenzzentren, dem Kultusministerium , dem Niedersächsischen Landesinstitut für Qualitätsentwicklung und der Niedersächsische Landesschulbehörde? 5. In welchem Umfang tragen die Universitäten zur Planung und Erstellung von neuen fachwissenschaftlichen , didaktischen, bildungswissenschaftlichen und pädagogischen Fortbildungsangeboten bei? 6. Können Tätigkeiten, die Professorinnen und Professoren im Rahmen der Lehrerfortbildung wahrnehmen, auf die Lehrverpflichtung angerechnet werden, zumal die Übernahme von Aufgaben der Lehrerfortbildung durch die Hochschulen im NHG festgelegt ist? 7. Wie gehen die Schulen mit den ihnen zur Verfügung gestellten Fortbildungsmitteln um? Nutzen sie die Möglichkeiten, die ihnen im neuen Fortbildungssystem geboten werden, und fordern sie bei den Kompetenzzentren passgenaue, auf ihre Schulprogrammarbeit abgestimmte Fortbildungsmaßnahmen an? 8. Welche Formen der Qualitätssicherung sind in dem neuen System der Lehrerfortbildung derzeit vorgesehen? (An die Staatskanzlei übersandt am 04.02.2014 - II/725 - 584) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Kultusministerium Hannover, den 28.02.2014 - 01-0 420/5-584 - Die regionale Lehrerfortbildung wird seit dem 01.01.2012 von neun Kompetenzzentren für Lehrerfortbildung organisiert und durchgeführt. Sie sind bei den niedersächsischen Hochschulen mit Studiengängen für Lehramtsausbildung, bei drei Einrichtungen der Erwachsenenbildung sowie bei der Ostfriesischen Landschaft eingerichtet worden. Das Land gewährleistet gemäß § 120 a NSchG die Beratung und Unterstützung der Schulen. Mit den zum 01.01.2012 in Kraft getretenen Vereinbarungen zwischen dem Kultusministerium und den Trägern der Kompetenzzentren für regionale Lehrerfortbildung wurde die bisher durch die Niedersächsische Landesschulbehörde wahrgenommene Durchführungsverantwortung für die Fortbildung der Lehrkräfte auf die Hochschulen übertragen. Das Land behält seinerseits über den Abschluss der Vereinbarungen die Gesamtverantwortung und sichert den Schulen ein gutes und differenziertes Fortbildungsangebot. Die Fortbildung soll von Experten mit ausgewiesener Kompetenz zu den jeweiligen Inhalten entwickelt und angeboten werden. Das sind zum einen die Hochschulen, zum anderen können dies Einrichtungen , Verbände oder Unternehmen sein, die mit den Kompetenzzentren kooperieren. In den Kompetenzzentren Lüneburg und Vechta sind eine bzw. zwei weitere Einrichtungen der Erwachsenenbildung direkt vertraglich eingebunden. Die Innovation von Inhalten der Lehrerfortbildung ist ein wesentliches Element der neuen regionalen Fortbildung. Durch Einbindung der Hochschulen können Forschung und Lehre leichter direkt für die berufsbegleitende Qualifizierung zur Verfügung gestellt werden. Auf der Grundlage der im Zukunftsvertrag II zwischen dem Land Niedersachsen und den niedersächsischen Hochschulen vereinbarten Stärkung der Lehrerbildung prägt die Hochschule durch die Übernahme der Aufgaben ihr Profil als Einrichtung der Lehrerbildung mit wissenschaftlichem Anspruch und Praxisbezug. Die Nutzerinnen und Nutzer der regionalen Fortbildung erhalten insbesondere zu pädagogischen, fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Inhalten auch aus dem Forschungs- und Lehrbetrieb der Hochschule entwickelte Fortbildungsangebote. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1268 Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Verknüpfung der ersten Phase der Lehrerausbildung mit der Berufspraxis der Lehrkräfte geleistet. Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt: Zu 1: Der Aufbau der Kompetenzzentren ist abgeschlossen. Alle Kompetenzzentren sind arbeitsfähig. Zu 2: Die beteiligten Universitäten stehen in einer langjährigen Tradition der Lehrerbildung. Die Einrichtung der Kompetenzzentren konnte auf bestehende Infrastrukturen aufbauen. Die Implementierung von aktuellen Forschungsergebnissen und Theorien in das Fortbildungsangebot für Schulen konnte dadurch - je nach Entwicklungsstand der beteiligten Universität - gesteigert werden. Die zur Verfügung stehenden Budgetmittel waren für die Jahre 2012/2013 auskömmlich. Die personelle Versorgung der Kompetenzzentren erfolgt durch Abordnung bzw. Zuweisung von Lehrkräften , die als Fortbildungsverantwortliche tätig sind, bzw. über die Kapitalisierung von Abordnungsstellen zur Einstellung entsprechenden Personals. Für den Einsatz wissenschaftlichen Personals wurden keine gesonderten Ressourcen zugewiesen. Die Universitäten setzen in Art und Umfang unterschiedlich eigenes wissenschaftliches Personal in den Kompetenzzentren ein. Zu 3: Die Titelgruppe 62 im Einzelplan 07 des Haushaltsplans wurde um rund ein Drittel erhöht, um den durch die Erhöhung des Budgets für Fort- und Weiterbildungen für Lehrkräfte gestiegenen Bedarf an Personal und Sachmitteln abzudecken. Sollte diese Erhöhung nicht ausreichen, können im laufenden Haushaltsjahr Mittel aus der Titelgruppe 67 im erforderlichen Umfang zur befristeten Einstellung von Personal, beispielsweise von studentischen Hilfskräften, oder für die Vergabe von Aufträgen für Verwaltungsdienstleistungen an Externe genutzt werden. Zu 4: Zur Koordinierung der Arbeit der Kompetenzzentren wurde der Arbeitskreis der Leitungskräfte bzw. Beauftragten des MK, der NLSchB, des NLQ und der Kompetenzzentren eingerichtet. Dieser nimmt Aufgaben der Planung, Koordinierung und Abstimmung wahr und trifft sich regelmäßig. Daneben hat der Arbeitskreis eine AG der Fortbildungsverantwortlichen sowie eine AG Qualität eingerichtet. Diese dienen der Abstimmung der Arbeit der Kompetenzzentren im operativen Bereich, der Absprache landesweit einheitlicher Vorgehensweisen und zur gegenseitigen Unterstützung bei der Durchführung regionaler Fortbildungsmaßnahmen bzw. der Qualitätsentwicklung und -sicherung der Arbeit der Kompetenzzentren. Ein Orientierungsrahmen für die Qualitätsentwicklung und -sicherung an den niedersächsischen Kompetenzzentren für regionale Lehrerfortbildung ist gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kompetenzzentren, NLQ und NLSchB entwickelt und im Arbeitskreis verabschiedet worden. Der Orientierungsrahmen dient als Grundlage für die Rechenschaftsberichte, die jährlich geschrieben und im Arbeitskreis ausgewertet werden. Zu 5: Die Universitäten tragen in wachsendem Umfang zur Planung und Erstellung von neuen fachwissenschaftlichen , didaktischen, bildungswissenschaftlichen und pädagogischen Fortbildungsangeboten bei. Schon zu Zeiten der Regionalen Lehrerfortbildung gab es in unterschiedlicher Ausprägung eine Zusammenarbeit mit Instituten von Universitäten. Neben diesen etablierten Kooperationen werden weitere erschlossen. Die Zusammenarbeit wurde an einigen Standorten mittlerweile deutlich intensiviert. Die Kompetenzzentren sind in die Strukturen der Lehrerbildungszentren an den Universitäten eingebunden und können somit dazu beitragen, die Lehrerfortbildung als Aufgabe der Universitäten zu fördern. 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1268 Zu 6: Die Tätigkeit in der Lehrerfortbildung zählt nicht zum Lehrangebot der Hochschule, weil es sich nicht um Studiengänge handelt und sie nicht an Studierende gerichtet ist. Sie ist vielmehr eher mit Tätigkeiten in der internen Fortbildung zu vergleichen. Zur Berücksichtigung einer Tätigkeit in der Lehrerfortbildung käme eine Ermäßigung der Lehrverpflichtung nach § 15 der Verordnung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO -) in Betracht. Darüber hinaus könnten die betreffenden Lehraufgaben unter Umständen von Lehrpersonen der Universitäten in Nebentätigkeit erbracht werden. Diese bestehenden Möglichkeiten werden allerdings derzeit nur in begrenztem Umfang genutzt, da hierdurch das verfügbare Lehrdeputat der betreffenden Universität geschmälert würde bzw. entsprechendes Lehrpersonal nur in geringerem Umfang für den Einsatz im Rahmen von Nebentätigkeiten zur Verfügung steht. Es wird zu prüfen sein, ob eine belastbare arbeitsrechtliche Regelung oder aber eine organisatorische Lösung gefunden werden kann, die die Mitarbeit von wissenschaftlichem Personal in der Lehrerfortbildung erleichtert. Zu 7: Die Schulen der Region fragen zunehmend passgenaue, auf ihr Schulprogramm abgestimmte Fortbildungsangebote ab, seitdem diese Dienstleistung von den Kompetenzzentren angeboten wird. Diese Beratungs- und Agenturfunktion unterstützt die Schulen im Rahmen ihrer Eigenverantwortlichkeit bei der qualifizierten Auswahl von schulinternen Fortbildungen. Zwischen den Schulen und den Kompetenzzentren besteht daher ein intensiver Informationsaustausch . Die Schulen nutzen das Angebot der individuellen Beratung durch die Kompetenzzentren. Auf das Schulprogramm abgestimmte Fortbildungsangebote werden angefragt und durch die Kompetenzzentren realisiert. Darüber hinaus bieten Kompetenzzentren eigene Angebote für die schulinterne Lehrerfortbildung an. Schwerpunkte sind u. a. Schulprogramm- und Leitbildentwicklung, Umsetzung der inklusiven Schule, Unterrichtsentwicklung, Teambildung und Konfliktmanagement. Zu 8: Die Kompetenzzentren haben sich zur Sicherung der Qualität ihrer Arbeit auf den oben erwähnten Orientierungsrahmen verständigt. Dieser ermöglicht eine auf Kriterien gestützte, mehrdimensionale Beschreibung, Bewertung und Beurteilung der Struktur-, Prozess-, Produkt- und Effektqualität. Damit steht den Kompetenzzentren ein gemeinsames Instrumentarium zur systematischen Steuerung und Optimierung sowohl ihrer Leistungsfähigkeit als auch der Qualität ihrer Angebote zur Verfügung . Die Kompetenzzentren stimmen derzeit ihre Evaluationsinstrumente zur Ermittlung der Qualität aufeinander ab. Ziel ist ein gemeinsames Evaluationsinstrument für Fortbildungsveranstaltungen . Darüber hinaus gibt es Aktivitäten im Bereich der Fortbildungsforschung, um nachhaltige Fortbildungsformate zu erstellen. In Vertretung des Staatssekretärs Michael Markmann 4 (Ausgegeben am 07.03.2014) Drucksache 17/1268 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Hat sich der Paradigmenwechsel in der Lehrerfortbildung bewährt? Antwort der Landesregierung