Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1272 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Rudolf Götz und Angelika Jahns (CDU), eingegangen am 14.01.2014 Wird es in Zukunft genügend qualifizierten Nachwuchs für die allgemeine Verwaltung geben ? Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Beamte und Beschäftigte werden in der allgemeinen und der kommunalen Verwaltung Niedersachsens in den nächsten 20 Jahren aus dem Dienst ausscheiden (nach Jahren gestaffelt)? 2. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass ausreichend Nachwuchskräfte für die allgemeine und die kommunale Verwaltung in Niedersachsen in diesem Zeitraum vorhanden sind? 3. Welche Maßnahmen kämen für die Landesregierung in Betracht, um qualifizierte Nachwuchskräfte aus anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union zu gewinnen? (An die Staatskanzlei übersandt am 16.01.2014 - II/725 - 570) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 28.02.2014 für Inneres und Sport - 14 – 03082 - 07 - Aufgrund der demografischen Entwicklung stehen alle Arbeitgeber vor der Herausforderung, trotz eines von der Gesamtzahl her sinkenden Arbeitskräftepotenzials auch in Zukunft genügend qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen. Für die Landesverwaltung wie auch für die kommunalen Verwaltungen ist es daher von entscheidender Bedeutung, sich für die Entwicklung der kommenden Jahre gut aufzustellen, um im „Kampf um die klugen Köpfe“ eine gute Ausgangsposition innezuhaben. Nachwuchsgewinnung in der unmittelbaren niedersächsischen Landesverwaltung: Das Land Niedersachsen ist mit über 200 000 Beschäftigten größter Arbeitgeber in Niedersachsen und bietet Ausbildung sowohl in der allgemeinen Verwaltung als auch in den Fachverwaltungen an. Insgesamt gibt es beim Land Niedersachsen mehr als 60 verschiedene Ausbildungsberufe. Darüber hinaus ist das Land potenzieller Arbeitgeber für Hochschulabsolventen verschiedenster Fachrichtungen . Um laufbahn- und fachübergreifend für die gesamte Landesverwaltung qualifizierten Nachwuchs anzuwerben, tritt das Land Niedersachsen als großer und vielfältiger Arbeitgeber mit einer einheitlichen Internetpräsenz (www.karriere.niedersachsen.de) sowie einem ressortübergreifend organisierten Stand des Landes Niedersachsen bei Berufs- und Ausbildungsmessen auf. Der Schwerpunkt liegt darauf, über die Vielfalt der Ausbildungsgänge und Einsatzmöglichkeiten sowie über die aus Bewerberinnen- und Bewerbersicht interessanten Stärken des Landes Niedersachsen als Arbeitgeber zu informieren. Sowohl das Karriereportal als auch die Präsentation auf Ausbildungsmessen sind grundlegende Bausteine des professionellen Arbeitgebermarketings für den Arbeitgeber Land Niedersachsen. Mit Blick auf den in der Anfrage erwähnten Zeitraum einer Nachwuchsgewinnung in den nächsten 20 Jahren ist allerdings als ganz wesentlicher Punkt festzuhalten: 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1272 Es ist nicht davon auszugehen, dass die jetzt aufgestellten Strukturen der Nachwuchsgewinnung die nächsten 10, 15 oder 20 Jahre unverändert bleiben werden. Vielmehr ist es erforderlich, Entwicklungen und sich wandelnde Verhältnisse in der Gesellschaft, am Arbeitsmarkt und auch in der eigenen Organisation zu beobachten, einer fortlaufenden kritischen Überprüfung zu unterziehen und aus der Arbeitgeberperspektive Anpassungen vorzunehmen oder Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Beurteilung der Lage dies erfordert. Die Landesregierung sieht das Thema Personalentwicklung und Nachwuchsgewinnung als ein wichtiges strategisches Dauerthema an, dessen erfolgreiche Behandlung von entscheidender Bedeutung für eine nachhaltige Leistungsfähigkeit der niedersächsischen Landesverwaltung ist. Umso schwerer wiegt die Feststellung, dass das Land Niedersachsen seit der von der Vorgängerregierung veranlassten Schließung der Niedersächsischen Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege im Jahr 2007 zunehmend und mittlerweile in ganz erheblichem Maße Probleme hat, den Bedarf an Nachwuchskräften der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt, Fachrichtung Allgemeine Dienste zu decken. Hier ist unmittelbar die dringende Notwendigkeit entstanden, die seinerzeit getroffene strukturelle Fehlentscheidung und die daraus entstandenen Fehlentwicklungen zu korrigieren . Es gibt bereits umfangreiche Überlegungen innerhalb der Landesregierung, wie die Nachwuchsgewinnung für die Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt deutlich gestärkt werden und eine Deckung des Bedarfs in allen Regionen Niedersachsens wiederhergestellt werden kann. Hierbei bezieht die Landesregierung auch die Empfehlungen des Landesrechnungshofs ein, die dieser in seiner Prüfungsmitteilung „Personalgewinnung und Personalbindung in Zeiten des demografischen Wandels“ zu diesem Themenbereich gemacht hat. Denkbar ist es z. B. ab dem 01.08.2015 jährlich wieder bis zu 30 Regierungsinspektor-Anwärterinnen und -Anwärter einzustellen und diese an der Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen (HSVN) in Hannover ausbilden zu lassen. Außerdem bestehen Planungen, dass Studierende im Bachelor-Studiengang „Öffentliche Verwaltung“ der Hochschule Osnabrück bereits vor Aufnahme ihres Studiums eine vertragliche Bindung an das Land Niedersachsen mit monatlicher finanzieller Förderung erhalten. Sobald die Meinungsbildung zu diesem Themenkomplex innerhalb der Landesregierung abgeschlossen ist, wird sie dem Landtag hierzu ergänzend berichten. In der Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt, Fachrichtung Allgemeine Dienste (im Beamten- wie auch im Tarifbereich) werden entsprechend der bestehenden Bedarfe schwerpunktmäßig Juristinnen und Juristen, aber auch Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen anderer Fachrichtungen wie z. B. Wirtschafts- oder Verwaltungswissenschaften für die allgemeine Verwaltung des Landes eingestellt. In der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt, Fachrichtung Allgemeine Dienste bildet das Land Niedersachsen entsprechend der bestehenden Bedarfe Nachwuchskräfte zu Verwaltungsfachangestellten aus. Nachwuchsgewinnung in den kommunalen Verwaltungen in Niedersachsen: Die Mehrheit der Kommunen Niedersachsens ist Mitglied des Niedersächsischen Studieninstituts für kommunale Verwaltung e. V. (NSI). Dieses ist Träger der kommunalen Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen, die das Studium beziehungsweise den Vorbereitungsdienst für das erste Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 der Fachrichtung Allgemeine Dienste anbietet. Das NSI bietet außerdem Ausbildungen für Nachwuchskräfte für den Beruf der oder des Verwaltungsfachangestellten an und führt die Angestelltenlehrgänge I und II einschließlich der Ausbildung der Aufstiegsbeamtinnen und -beamten in die Laufbahngruppe 2 durch. Zudem wird der Vorbereitungsdienst für das zweite Einstiegsamt der Laufbahngruppe 1 der Fachrichtung Allgemeine Dienste angeboten. Über die für das laufende Jahr erfolgten Anmeldungen hinaus liegen dem NSI keine verlässlichen Zahlen vor. Es geht jedoch aufgrund verschiedener Informationen davon aus, dass die Einstellungszahlen von Auszubildenden und Bachelor-Studierenden in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht sinken werden. Mit verschiedenen Maßnahmen versucht das NSI die Kommunen bei der wichtigen Aufgabe der Gewinnung von Nachwuchskräften zu unterstützen, etwa durch: – Entwicklung eines Master-Angebots (= Aufzeigen attraktiver Studien- und Entwicklungsmöglichkeiten in der öffentlichen Verwaltung), 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1272 – Verteilung von Flyern für Messe-Auftritte, – verbesserte Öffentlichkeitsarbeit durch Homepage und Herausgabe hochwertiger Printmedien, – Hinweis auf Ausbildungs- und Studienangebote in einschlägigen Veröffentlichungen Dritter, – eigene Auftritte auf überregionalen Messen, – Weiterentwicklung und Angebot einer online-gestützten Eignungsdiagnostik für die Nachwuchsgewinnung . Das NSI steht in einem offenen Dialog mit seinen Mitgliedern, um weitere Möglichkeiten der verbesserten Nachwuchsgewinnung zu erarbeiten. Im Hinblick auf die Beantwortung der Fragen 2 und 3 wird darauf hingewiesen, dass die Landesregierung keinen Sicherstellungsauftrag hinsichtlich der Beschäftigten für die kommunale Verwaltung hat. Die Nachwuchsgewinnung unterfällt der verfassungsrechtlich garantierten Personalhoheit der Kommunen. Insofern beziehen sich die Antworten zu den Fragen 2 und 3 nur auf die unmittelbare niedersächsische Landesverwaltung. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Angaben für die unmittelbare niedersächsische Landesverwaltung: Eine Auswertung des Personalbestands des Landes Niedersachsen nach Fachrichtungen ist näherungsweise möglich anhand des Funktionenplans der Haushaltssystematik des Landes Niedersachsen und damit anhand ausgewählter staatlicher Aufgabenbereiche, die sich ganz überwiegend der Fachrichtung „Allgemeine Dienste“ zuordnen lassen1. Auf Grundlage der Personalstandstatistik mit Stichtag 30.06.2012 ergeben sich insoweit für den Kreis des Stammpersonals und der ohne Bezüge Beurlaubten folgende Personalabgänge in den Jahren 2014 bis 20332: Jahr Beamtinnen und Beamte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Jahr Beamtinnen und Beamte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 2014 71 99 2024 164 150 2015 72 120 2025 196 161 2016 82 120 2026 157 154 2017 99 145 2027 168 146 2018 112 140 2028 178 156 2019 121 133 2029 154 159 2020 144 180 2030 132 182 2021 169 170 2031 128 193 2022 179 153 2032 143 136 2023 154 137 2033 139 119 Angaben für die kommunalen Verwaltungen: Die für die jeweiligen Jahrgänge aufgelisteten Beschäftigtenzahlen wurden der vom Landesamt für Statistik Niedersachsen zur Verfügung gestellten Personalstandstatistik über die Beschäftigten der niedersächsischen Kommunen, Eigenbetriebe, Zweckverbände und Ausgliederungen mit Stichtag 30.06.2012 entnommen. Zugrunde gelegt wurden die Gesamtzahlen des Stammpersonals und der 1 Es handelt sich um die Funktionen 011 „Politische Führung“, 012 „Innere Verwaltung“, 019 „Sonstige allge- meine Staatsaufgaben“, 049 „Sonstiges (LfV)“, 111 „Unterrichtsverwaltung“, 212 „Sozialamt, Sozialhilfeverband , Wohlfahrtsverband“ und 246 „Vertriebene, Spätaussiedler“. 2 Für die Feststellung der alterbedingten Personalabgänge wurde aus verfahrensökonomischen Gründen – unabhängig von der individuell gültigen Anhebung der Altersgrenze – durchweg ein Ruhestandseintrittsalter von 65 Jahren zugrunde gelegt. 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1272 ohne Bezüge Beurlaubten bei den Kommunen, Eigenbetrieben, Zweckverbänden und Ausgliederungen die in den Jahren 2014 bis 2033 das 65. Lebensjahr vollendet haben werden. Eine weitere Differenzierung des Personalbestands im Hinblick auf die Ausbildung konnte nicht erfolgen . Der Funktionenplan der Haushaltssystematik des Landes Niedersachsen ist für den kommunalen Bereich kein geeignetes Differenzierungsmittel. Daher sind in den Daten auch Beschäftigte anderer Fachrichtungen als der des Allgemeinen Dienstes enthalten. Jahr Beamtinnen und Beamte Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer Jahr Beamtinnen und Beamte Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer 2014 292 1 508 2024 640 4 089 2015 341 2 052 2025 523 4 081 2016 318 2 379 2026 563 4 183 2017 320 2 771 2027 587 4 201 2018 381 2 966 2028 587 4 412 2019 418 3 266 2029 562 4 404 2020 505 3 313 2030 581 4 153 2021 575 3 530 2031 639 4 141 2022 594 3 716 2032 629 4 089 2023 629 3 751 2033 667 3 877 Zu 2: Die Landesregierung sieht es als eine ihrer zentralen Aufgaben an, für die kommenden 20 Jahre ausreichend und gut qualifizierte Nachwuchskräfte für die allgemeine Verwaltung zu gewinnen, denn nur so kann die Leistungsfähigkeit der Verwaltung sichergestellt werden. Um dies zu gewährleisten , hat sie die Themen Personalentwicklung und Nachwuchsgewinnung als wichtige strategische Daueraufgaben verankert. Im Hinblick auf die erheblichen Probleme des Landes bei der Nachwuchsgewinnung in der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt, Fachrichtung Allgemeine Dienste trifft sie die erforderlichen Entscheidungen, um die von der Vorgängerregierung verursachten Fehlentwicklungen zu korrigieren. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Zu 3: Die Ausschreibungen von Stellen und Ausbildungsplätzen des Landes Niedersachsen sind offen für Bewerberinnen und Bewerber auch aus anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union. Das Karriereportal des Landes Niedersachsen ist mehrsprachig angelegt, um interessierte Bewerberinnen und Bewerber auch anderer Nationen in geeigneter Weise auf die Karrieremöglichkeiten beim Land Niedersachsen aufmerksam zu machen. Boris Pistorius 4 (Ausgegeben am 10.03.2014) Drucksache 17/1272 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Rudolf Götz und Angelika Jahns (CDU), eingegangen am 14.01.2014 Wird es in Zukunft genügend qualifizierten Nachwuchs für die allgemeine Verwaltung ge-ben? Antwort der Landesregierung