Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1296 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Dr. Gero Hocker (FDP), eingegangen am 02.12.2013 Wie geht es weiter mit dem Bundeswehrgelände in Dörverden? In Dörverden existiert ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber, dass eine angemessene Konversion des dortigen Bundeswehrgeländes erforderlich ist. Die Bürgerinitiative WWW (Weser, Wald und Wölfe) engagiert sich für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Nutzung des Geländes, bei der sowohl die Interessen der Gemeinde als auch Interessen der Anwohner des für ganz Niedersachsen beispielgebenden und auf dem ehemaligen Kasernengelände bereits ansässigen Wolfcenters sowie weiterer gegenwärtiger Nutzer des Kasernengeländes, wie etwa des Technischen Hilfswerks mit seinem Wasserübungsplatz, und die Interessen des Natur- und Umweltschutzes gewahrt werden. Einigkeit herrscht unter allen Beteiligten darüber, dass keine industriellen, sondern ausschließlich Gewerbeansiedlungen möglich sein sollen. Um für die Gemeinde Dörverden nachhaltige Beschäftigungsimpulse zu erreichen, sollen vor allem Betriebe arbeitsintensiver Branchen Berücksichtigung finden. Ein erster Interessent für eine allerdings flächen- und nicht arbeitsintensive Nutzung ist die Werbung eines ersten Ankerinvestors: Eine Firma beabsichtigt auf zu erstellenden Gleisen die Wartung und Instandsetzung ihrer Schienenfahrzeuge. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Beispiele für eine erfolgreiche Konversion vergleichbar peripher gelegener Standorte sind der Landesregierung bekannt, bei denen eine nachhaltige gemischte Nutzung aus Gewerbe , Wohnen und aktuellen Nachnutzern unter Wahrung umwelt- und naturschutzrelevanter Interessen erfolgt ist? 2. Welches Verhältnis zwischen Arbeitsplätzen und Betriebsfläche erachtet die Landesregierung für eine Gemeinde wie Dörverden als angemessenen struktur- und beschäftigungspolitisch positiven Effekt? 3. Welche Möglichkeiten besitzt die Landesregierung, Einfluss auf Planungen einer Stadt oder Gemeinde auszuüben, wenn zu befürchten ist, dass etwa Emissionsvorgaben durch das sich ansiedelnde Gewerbe nicht eingehalten werden oder die aufgewendeten öffentlichen Mittel in keinem Verhältnis zum zu erwartenden Ertrag stehen? 4. Wie beurteilt die Landesregierung regionalplanerische Vorgaben eines Landkreises, die das Gebot der räumlichen Trennung unverträglicher Nutzungen verletzen? 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit einer alternativen Zufahrtsstraße zum ehemaligen Kasernengelände, die anders als die gegenwärtigen Planungen gewährleisten könnte , dass der Betrieb des Wolfscenters auch nach Abschluss der Konversion möglich sein könnte? 6. Welche Nutzungskonflikte sind der Landesregierung bei der Konversion anderer ehemalig militärisch genutzter Flächen bekannt (bitte Ort und Gegenstand des Konfliktes benennen)? 7. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung bei der Konversion des ehemaligen Bundeswehrgeländes in Dörverden, die potenziellen Nutzungskonflikte zwischen dem seit Jahren ansässigen, international bekannten Wolfscenter auf der einen Seite und der vorgesehenen zukünftigen gewerblichen Nutzung auf der anderen Seite zu lösen? 8. Welche Verkehrsführung erachtet die Landesregierung für die aktuellen und künftigen Nutzer des ehemaligen Bundeswehrgeländes am geeignetsten? (An die Staatskanzlei übersandt am 11.12.203 - II/725 - 529) 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1296 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 04.03.2014 für Inneres und Sport - 36.34-01340-60 - Nach hiesigen Erkenntnissen stellt sich die Sachlage wie folgt dar: Die Niedersachsen-Kaserne in der Gemeinde Dörverden, Ortsteil Barme, wurde im Jahr 1958 auf dem Nordwestteil des Geländes des ehemaligen Eibia-Werkes Anlage „Weser“ gebaut. Hier entstand eine große Garnison für Pioniere mit einem Wasserübungsplatz mit eigenem Hafen an der Weser. Der gesamte Südbereich der ehemaligen Pulverfabrik diente als Standortübungsplatz. Aufgrund der Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung vom 16. Februar 2001 über die Feinausplanung und Stationierung der Bundeswehr der Zukunft wurde die Liegenschaft Ende des Jahres 2003 durch die Bundeswehr freigegeben. Folgende relevante Teilbereiche der Liegenschaft wurden zwischenzeitlich in den Verantwortungsbereich der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) übertragen: 1. Wasserübungs- und Materiallagerplatz: Der Wasserübungs- und Materiallagerplatz ist nahezu vollständig der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk zur Nutzung überlassen. Solange der Bedarf des Technischen Hilfswerkes besteht, ist eine anderweitige Nutzung des Geländes nicht vorgesehen. 2. Waldfläche nördlich des ehemaligen Kasernengeländes: Diese Waldfläche ist bis auf eine unvermessene Teilfläche zur Größe von ca. 66 600 m2 an private Betreiber zur Nutzung als „Wolfcenter“ veräußert worden. Für die noch bei der BImA verbliebene Teilfläche hat die Gemeinde Dörverden geprüft, ob diese teilweise zum Bau einer Erschließungsstraße zum ehemaligen Kasernengelände benötigt wird. Nach aktuellem Sachstand soll es jedoch bei der bestehenden Zufahrt zur ehemaligen Kaserne bleiben. Die östlich gelegenen Flächen sind zur Veräußerung an die o. g. Betreiber zur Erweiterung des „Wolfcenters“ vorgesehen. 3. Standortschießanlage: Auf dem Gelände der ehemaligen Standortschießanlage befinden sich für den ehemaligen Schießbetrieb notwendige Baulichkeiten, über deren Abriss zurzeit mit dem Landkreis Verden verhandelt wird. Eine Veräußerung des Geländes wäre voraussichtlich nur mit der Zweckbestimmung „Waldfläche “ möglich. 4. Waldfläche westlich des ehemaligen Kasernengeländes mit ehemaliger Halle: In Bezug auf diese Fläche mit ursprünglich aufstehender Werkhalle D13 befand sich die BImA in Verhandlungen mit einem Investor. Nach deren Scheitern wurde die Halle zwischenzeitlich abgerissen und die Fläche als „Waldfläche“ veräußert. Des Weiteren wurde ein Großteil der im Bereich der ehemaligen Kaserne befindlichen Privatstraßen des Bundes unentgeltlich an die Gemeinde Dörverden oder an von ihr benannte Investoren übertragen. Nach Herrichtung ist auch die Übertragung der noch im Eigentum der BImA befindlichen Privatstraßen an die Gemeinde Dörverden vorgesehen. Südlich der Kaserne befinden sich noch einige Areale, die ursprünglich Teil des Standortübungsplatzes waren. Diese größtenteils auf dem Gebiet des Landkreises Nienburg befindlichen Flurstücke sind zwischenzeitlich vollständig als „Waldflächen“ veräußert worden. Die anderen im Bereich der Kaserne befindlichen Areale standen nach Kenntnis der Landesregierung im Eigentum einer Immobiliengesellschaft und sind in Teilen an die Gemeinde Dörverden und eine Firma veräußert worden. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1296 Das kommunale Planungsrecht obliegt den Städten und Gemeinden in Niedersachsen. Das Planungsrecht gibt der Kommune klare Steuerungs- und Regulierungsmöglichkeiten für die Entwicklung des jeweiligen Gemeindegebiets. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Der Landesregierung ist eine Vielzahl von Beispielen gelungener Konversion bekannt. Hier seien beispielhaft die Standorte Osnabrück, Lüneburg, Göttingen und Celle genannt. Derart spezielle Standorte, wie in dieser Frage aufgeworfen, sind der Landesregierung jedoch nicht bekannt. Zu 2: Aus struktur- und beschäftigungspolitischer Sicht ist grundsätzlich jede Form einer adäquaten Nachnutzung zu begrüßen, die neue Beschäftigungsimpulse - insbesondere für die Menschen vor Ort - schafft. Das Verhältnis zwischen Arbeitsplätzen und Betriebsfläche ist dabei nachrangig. Zu 3: Durch die der Gemeinde zur Verfügung stehenden planungsrechtlichen Instrumente, wie die Erstellung eines Flächennutzungsplans und eines Bebauungsplans, sollen Nutzungskonflikte, wie beispielsweise Geräuschkonflikte, schon im Vorfeld vermieden werden. Daneben stehen den zuständigen Behörden im Rahmen des Immissionsschutzrechts eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung, um den Schutz von Menschen, Tieren, Pflanzen, des Bodens, des Wassers, der Atmosphäre sowie von Kultur- und sonstigen Sachgütern vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu gewährleisten und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen , wie beispielsweise nachträgliche Anordnungen nach § 17 BImSchG oder § 24 BImSchG oder Betriebsuntersagungen nach § 20 BImSchG oder § 25 BImSchG. Falls es in Einzelfällen notwendig erscheinen sollte, kann die Landesregierung durch Beratungen moderierend Einfluss nehmen. Zu 4: Der Landkreis Verden als Träger der Regionalplanung schreibt derzeit sein Regionales Raumordnungsprogramm (RROP) fort. Zurzeit wertet die Regionalplanungsbehörde die Stellungnahmen aus der Beteiligung der öffentlichen Stellen und der Bürgerbeteiligung aus. Ergänzend dazu wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2014 ein Erörterungstermin zum RROP-Entwurf durchgeführt, bei dem erneut Gelegenheit besteht, Anregungen und Bedenken einzubringen. Im Rahmen der Fortschreibung kommt der Regionalplanung die Aufgabe zu, erkennbare Nutzungskonflikte im Rahmen der Abwägung zu entflechten. Das Ergebnis des Abwägungsprozesses bleibt abzuwarten. Zu 5: Von der niedersächsischen Straßenbauverwaltung wird keine Zufahrtsstraße zum ehemaligen Kasernengelände geplant. Auch sind hier keine anderen Planungen bekannt, die einer Beurteilung unterzogen werden können. Zu 6: Grundsätzlich ist eine Vielzahl von Nutzungskonflikten bei der Konversion ehemals militärisch genutzter Flächen denkbar. Eine Abfrage bei den ehemals für Konversion zuständigen Polizeidirektionen, bei den Ämtern für regionale Landesentwicklung, der Investitions- und Förderbank Niedersachsen und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sowie eigene Recherchen haben zu keinem entsprechenden Ergebnis geführt. Insofern sind der Landesregierung keine Nutzungskonflikte an anderen Konversionsstandorten bekannt. 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1296 Zu 7: Wie bereits in der Vorbemerkung und zu Frage 3 ausgeführt, obliegt das kommunale Planungsrecht den örtlichen Entscheidungsträgern. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird die Möglichkeit einer Einflussnahme durch die Landesregierung nicht gesehen. Die Landesregierung geht davon aus, dass etwaige lokale Probleme durch Verhandlungen und Gespräche vor Ort zu einer Lösung führen können und müssen. Zu 8: Seitens der niedersächsischen Straßenbauverwaltung sind keine Überlegungen über eine Verkehrsführung vorgenommen worden. Etwaige Überlegungen Dritter sind nicht bekannt und erfolgen gegebenenfalls in der Hoheit anderer Planungsträger. Boris Pistorius (Ausgegeben am 18.03.2014) 4 Drucksache 17/1296 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Dr. Gero Hocker (FDP), eingegangen am 02.12.2013 Wie geht es weiter mit dem Bundeswehrgelände in Dörverden? Antwort der Landesregierung