Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1308 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Hermann Grupe (FDP), eingegangen am 21.11.2013 Wie sehr belastete die Gruppenhaltungsrichtlinie kleine Sauenhaltungsbetriebe? Anfang dieses Jahres trat in Niedersachsen die EU-Richtlinie zur Gruppenhaltung tragender Sauen in Kraft. Diese Richtlinie bedeutete für viele Sauenhaltungsbetriebe eine massive Investionsleistung , die gerade viele kleinere Betriebe nicht tragen konnten. Sie mussten daher aus der Produktion ausscheiden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele Sauenhaltungsbetriebe sind seit dem vergangenen Jahr aus der Produktion ausgeschieden ? 2. Worin sieht die Landesregierung die Gründe für diesen Rückgang? 3. Haben die vier Betriebe, denen eine weitere Haltung von Sauen wegen Nichtbefolgung der Vorgaben untersagt wurde, ihren Betrieb umgestellt, und wurde ihnen die Sauenhaltung wieder erlaubt? 4. Welches waren die genauen Gründe für die Untersagung der weiteren Haltung von Sauen? 5. Wie viel kostet einen Betrieb durchschnittlich die Umstellung auf die Gruppenhaltung? 6. Plant die Landesregierung weitere investionsintensive Richtlinien für Sauenhalter und, wenn ja, welche? 7. Inwieweit ist die Landesregierung der Meinung, dass sich Großbetriebe investionsintensive Umstellungen eher leisten können als kleinere Betriebe und daher von diesen Vorgaben bevorteilt sind? 8. Wie hat sich die Ferkelproduktion in Niedersachsen seit dem Jahr 2000 entwickelt? 9. Wie hoch ist der jährliche Importbedarf bei Ferkeln? (An die Staatskanzlei übersandt am 09.12.2013 - II/725 - 515) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 04.03.2014 für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 204.1-42503/4-101(E) - Seit mindestens zehn Jahren ist europaweit bekannt, dass in Betrieben, die mehr als zehn Sauen halten, diese Sauen nur noch in Gruppen gehalten werden dürfen, da die Gruppenhaltung den Schweinen prinzipiell die Möglichkeit bietet, arteigenes Verhalten auszuüben, wie z. B. die Pflege von sozialen Kontakten sowie das Ausüben von Erkundungs- und Nestbauverhalten. Diese Anforderung gilt für Neubauten seit dem 04.08.2006, für Altbauten war sie zum 01.01.2013 umzusetzen. Die folgend genannten Rechtsgrundlagen beinhalten diese europaweit geltenden Anforderungen : 1. EU-Richtline 2001/88/EG des Rates zur Änderung der RL 91/630/EWG (RL 2001/88/EG), 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1308 2. EU-Richtline 2008/120/EG über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen (RL 2008/120/EG, 3. Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutzV), insbesondere Abschnitt 5 (= nationale Umsetzung der RL 2008/120/EG), 4. Verordnung (EG) Nr. 73/2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe. Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Den Berichten niedersächsischer Landkreise und kreisfreier Städte zufolge wurde seit dem Jahr 2012 in 606 Betrieben die Sauenhaltung eingestellt. Zu 2: Für eine Verringerung der Anzahl der sauenhaltenden Betriebe kommen nach Kenntnis der Landesregierung mehrere Gründe in Betracht, z. B. der Rückgang der Verbrauchernachfrage nach Schweinefleisch in Deutschland, Überkapazitäten auf den europäischen Fleischmärkten, Betriebsaufgaben bzw. Umstellungen u. a. durch Erreichen der Altersgrenze der Betriebsinhaberin/des Betriebsinhabers sowie der Verzicht auf erforderliche Investitionsmaßnahmen für die Umstellung auf Gruppenhaltung. Zu 3 und 4: Die rechtlich in der EU vorgeschriebene Gruppenhaltung konnte in den in Rede stehenden Betrieben nicht gewährleistet werden. Einem der vier Betriebe, denen wegen Nichtbefolgen der EU-rechtlichen Vorgaben die Haltung von Sauen untersagt wurde, ist die Sauenhaltung zwischenzeitlich erlaubt worden. Zu 5: Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass für Betriebe, die seit dem 04.08.2006 genehmigt wurden, die Bedingungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung gelten. Es ist also davon auszugehen, dass diese Betriebe ohne weitere Kosten spätestens zum 01.01.2013 auf die Gruppenhaltung von Sauen umstellen konnten. Sofern eine Umstellung des Haltungssystems in der Tierhaltung erforderlich ist, ist diese in der Regel mit Investitionen verbunden und muss grundsätzlich betriebsindividuell betrachtet werden. Die Kosten hängen nicht zuletzt vom Alter, der Größe und den Gegebenheiten der jeweiligen Stallbauten und erforderlichen Umbaumaßnahmen ab. Die Bauberater der Landwirtschaftskammer geben die Umbaukosten mit 350 bis 500 Euro je Sauenplatz an, wobei große betriebsindividuelle Unterschiede zu berücksichtigen sind. Zu 6: Richtlinien des Landes Niedersachsen, die ausschließlich Sauenhalter betreffen, sind gegenwärtig nicht vorgesehen. Sauenhalter sind aber unter Umständen betroffen von der geplanten Aktualisierung der „Ausführungsbestimmungen zum Brandschutz bei Stallgebäuden für die Nutztierhaltung“ sowie den Bestimmungen für die „Lagerung von Schweinegülle“ bei Anlagen, die einer Genehmigung nach dem BImSchG1 bedürfen. Zu 7: Die Landesregierung verfolgt das Ziel große Betriebe, große Auflagen - kleine Betriebe, kleine Auflagen . Bei Erlassen auf Landesebene und auch bei Förderprogrammen wie dem AFP wird daher, wo möglich, nach Größe differenziert. Insgesamt sind größere Tierhaltungsbetriebe gegenüber kleineren Betrieben z. B. eher in der Lage, zusätzliche Kosten für eine Abluftreinigungsanlage zu erwirtschaften. 1 Ab 1 500 Mastschweinen, ab 560 Sauen, ab 4 000 Ferkeln 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1308 Die Vorteile der Kostendegression steigen in der Regel bei zunehmender Kapazität. Daneben ist davon auszugehen, dass kleinere Betriebe höhere Beschaffungskosten z. B. für Ferkel und Futter aufbringen müssen. Aus diesem Grund sind kleine und mittlere Betriebe von einer Reihe der Auflagen bewusst ausgenommen und nicht betroffen. Der Runderlass zum Einbau von Abluftreinigungsanlagen vom März 2013 hat z. B. Folgen für die als groß geltenden Ställe mit mehr als 2 000 Mastschweinen , 750 Sauen- oder 6 000 Ferkelplätzen. Unter dieser Grenze halten laut Statistik aus dem Jahr 2010 lediglich 385 Schweinehalter mehr als 2 000 Mastschweine - knapp 4 % der Mastschweinehalter in Niedersachsen. Betriebe unter dieser Grenze, also mehr als 90 % (2010), haben die Mehrkosten für den Filtereinbau nicht. Kleine und mittlere Betriebe werden durch diese Auflage im Wettbewerb bevorteilt. Investitionen in kleinere und mittlere Einheiten werden durch diese Regelung begünstigt. Zu 8: Für den Zeitraum 2000 bis 2013 wurde in Niedersachsen ein Zuwachs der Ferkelerzeugung von 1,532 Mio. auf 2,286 Mio. Ferkel verzeichnet (+ 49 %). Jahr In Niedersachsen erzeugte Ferkel 2000 1 532 171 2005 1 742 778 2010 2 059 251 2012 2 319 873 2013 2 285 901 Quelle: Nds. Landesamt für Statistik, repräsentative Viehzählung Mai Zu 9: Im Hinblick auf Ferkellieferungen von und nach Niedersachsen gibt es keine statistische Erfassung. Nach einer Aussage der AMI (Agrarmarkt Informations-Gesellschaft) ist der Import von Ferkeln nach Deutschland von ca. 3,69 Mio. (1,99 Mio. aus den Niederlanden, 1,70 Mio. aus Dänemark) im Jahr 2002 kontinuierlich bis auf 10,76 Mio. (4,09 Mio. aus den Niederlanden, 6,67 Mio. aus Dänemark ) im Jahr 2012 angestiegen. Die aktuelle Ausfuhr von deutschen Ferkeln wird auf ca. 1 Mio. Tiere geschätzt. Weitere Informationen liegen der Landesregierung nicht vor. Christian Meyer 3 (Ausgegeben am 21.03.2014) Drucksache 17/1308 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Hermann Grupe (FDP), eingegangen am 21.11.2013 Wie sehr belastete die Gruppenhaltungsrichtlinie kleine Sauenhaltungsbetriebe? Antwort der Landesregierung