Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1346 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe und Dr. Gero Hocker (FDP), eingegangen am 30.01.2014 Wie steht es um den Angelsport in Niedersachsen? Der Angelsport hat in Niedersachsen wie in ganz Deutschland eine lange Tradition. Insgesamt sind deutschlandweit ca. 1 Million Menschen in Angelvereinen engagiert. Insgesamt angeln in Deutschland über 3 Millionen Menschen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welchen Stellenwert misst die Landesregierung dem Angelsport in Niedersachsen zu? 2. Wie viele Angler gibt es in Niedersachsen? 3. Wie viele Jugendliche betreiben den Angelsport in Niedersachsen? 4. Wie viele Fischereiprüfungen werden pro Jahr in Niedersachsen abgelegt? 5. Welche Aufgaben übernehmen Angler und Angelvereine neben der Ausübung ihres Sports? 6. Wie hoch ist der gesamtwirtschaftliche Nutzen durch den Angelsport in Niedersachsen? 7. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage der Tierschutzorganisation PETA, „Kinder würden beim Angeln an den Haken der Grausamkeit genommen“ (Quelle: http://www.peta.de/ web/angler_late.524.html )? 8. Inwieweit ist die Landesregierung der Auffassung, dass Angler Naturschützer sind? (An die Staatskanzlei übersandt am 11.02.2014 - II/725 - 595) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 13.03.2014 für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 102-65217-1 (172) - Die Bezeichnungen „Angelsport“ und „Sportfischerei“ finden sich heute noch in den Namen vieler Fischereivereine wieder. Tatsächlich stammen diese Bezeichnungen aus den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts. Damals wollten die sich erstmalig in Vereinen organisierenden Freizeitfischer auch namentlich eine Abgrenzung gegen die Berufsfischer erreichen. Zwar stand auch zu damaliger Zeit die Beschaffung von hochwertigen Nahrungsmitteln zur Bereicherung des eigenen Speiseplans als maßgeblicher Grund zur Ausübung der Angelfischerei im Vordergrund. Dieser Personenkreis hielt es aber auch für wichtig, den Freizeitaspekt und Erholungswert ihrer Tätigkeit zu betonen , indem vielfach der Begriff „Sport“ in den Vereinsnamen aufgenommen wurde, da dieser Begriff nach damaligem Verständnis für Aktivitäten stand, die nicht dem Gelderwerb dienten. Um keine Zweifel an tierschutzkonformem Verhalten aufkommen zu lassen, sollte heute anstatt von „Angelsport “ besser von „Angelfischerei“ gesprochen werden. 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1346 Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die Landesregierung misst der Angelfischerei in Niedersachsen einen erheblichen Stellenwert bei. Die in zahlreichen Fischereivereinen organisierten Angelfischer nehmen im Zusammenhang mit der Umsetzung der gesetzlichen Hegepflicht nach § 40 Abs. 1 des Niedersächsischen Fischereigesetzes (Nds. FischG) vielfältige Aufgaben beim Schutz der Fischbestände, bei der Gewässerpflege und bei der Umweltüberwachung wahr. Die Entnahme von Fischen aus den niedersächsischen Binnen- und Küstengewässern durch die Angelfischerei liefert zudem einen wertvollen Beitrag zur Eigenversorgung mit frischen, hochwertigen Nahrungsmitteln regionaler Herkunft. Darüber hinaus bietet die Ausübung der Angelfischerei als naturverbundene Freizeitaktivität die heutzutage seltene Gelegenheit zu intensiven Naturerlebnissen. Sie besitzt einen hohen Stellenwert für die Erholung der Bevölkerung. Zur Verdeutlichung des Stellenwerts der Angelfischerei für die Bevölkerung in Niedersachsen mag auch nachfolgende Betrachtung dienen: Basierend auf Umfragedaten im Rahmen einer sozialen und ökonomischen Analyse der Angelfischerei in Deutschland (Arlinghaus 2004) waren im Jahr 2002 etwa 12,8 % sämtlicher Haushalte in Niedersachsen den sogenannten Anglerhaushalten zuzurechnen, d. h. Haushalten, in denen eine oder mehrere Personen sich als Angelfischer bezeichnen und die auch tatsächlich mindestens einmal jährlich im Inland oder Ausland gefischt haben. Lediglich die Bundesländer Berlin (17,8 %), Schleswig-Holstein (22,0 %), Mecklenburg-Vorpommern (22,7 %) und Brandenburg (23,3 %) wiesen noch höhere Anteile an Anglerhaushalten auf. Diese Zahlen weisen auch auf die nicht unerhebliche ökonomische Bedeutung der Angelfischerei hin. Zu 2: Die beiden nach § 54 Nds. FischG anerkannten niedersächsischen Landesfischereiverbände wiesen im Jahr 2013 126 217 erwachsene Mitglieder auf. Die Mitgliedszahl der Fischereivereine angrenzender Bundesländer mit Pachtstrecken in Niedersachsen beträgt ca. 8 500. Darüber hinaus wurden von den in Niedersachsen fischereiberechtigten Vereinen schätzungsweise 53 000 Fischereierlaubnisse an Gastangler ausgegeben. Hinzu kommt noch eine unbekannte Zahl nicht in Vereinen organisierter Angler. Zu 3: In den Vereinen der beiden anerkannten Landesfischereiverbände waren im Jahr 2013 12 862 Jugendliche organisiert. Zu 4: Im Jahr 2013 wurden 7 435 Fischerprüfungen erfolgreich abgelegt. Zu 5: Da der Erhalt intakter Gewässer und entsprechender Fischbestände zu den grundlegenden Voraussetzungen für die nachhaltige Ausübung der Angelfischerei zählt, nimmt die in Vereinen und Verbänden organisierte Angelfischerei vielfältige Aufgaben wahr: Zu den bedeutendsten Aufgaben der Angelfischereivereine zählt die Umsetzung der gesetzlichen Hegepflicht nach § 40 Abs. 1 Nds. FischG. Danach hat der Fischereiberechtigte (oder dessen Pächter) einen der Größe und Art des Gewässers entsprechenden Fischbestand zu erhalten und zu hegen. Dies umfasst ein nachhaltiges Management von aquatischen Wildtierbeständen und den verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1346 Vor diesem Hintergrund werden von den Angelfischereivereinen in Niedersachsen vielfach gezielte Maßnahmen des Fischartenschutzes zum Erhalt von gefährdeten Fischarten durchgeführt. Herausragend sind in diesem Zusammenhang die in einigen Regionen bereits seit etwa 30 Jahren laufenden und mit einem erheblichen finanziellen und zeitlichen Aufwand verbundenen Aktivitäten zur Bestandsstützung oder Wiedereinbürgerung von Wandersalmoniden (Lachs, Meerforelle). Eine weitere wichtige gesellschaftliche Aufgabe, die von den Angelfischereivereinen übernommen wird, ist die Durchführung von Maßnahmen der Gewässerentwicklung (Gewässerrenaturierungen, Habitatverbesserungen, Verbesserungen der Durchgängigkeit). Hier treten Angelfischereivereine als Maßnahmenträger auf oder beteiligen sich personell und finanziell an der praktischen Umsetzung von Maßnahmen, die auch im Zusammenhang mit der Umsetzung von EG-WRRL und FFHRichtlinie förderlich sind. Als nach naturschutzrechtlichen Vorschriften anerkannte Naturschutzvereinigungen übernehmen der Landessportfischerverband Niedersachsen e. V. und der Sportfischerverband im Landesfischereiverband Weser Ems e. V. eine Funktion als Träger öffentlicher Belange für das Fachgebiet Gewässer - und Fischartenschutz. Vor diesem Hintergrund geben beide Angelfischereiverbände zahlreiche Stellungnahmen zu Planungsvorhaben ab, soweit dabei vorgenannte Belange berührt werden . Angelfischereivereine beteiligen sich an der praktischen Durchführung der Fischereiaufsicht, indem sie geeignete Vereinsmitglieder vorschlagen, die von den nach § 55 Abs. 2 Nds. FischG für die Fischereiaufsicht jeweils zuständigen Gemeinden gemäß § 56 Abs. 2 Nds. FischG zu ehrenamtlichen Fischereiaufsehern bestellt werden. Im Rahmen der Ausbildung und Weiterbildung organisieren die Angelfischereiverbände bzw. deren angeschlossene Angelfischereivereine die Vorbereitung und Durchführung der Fischerprüfung in Niedersachsen sowie interne Schulungen, z. B. zur Ausbildung von Gewässerwarten. Im Rahmen ihrer Jugendarbeit vermittelt die organisierte Angelfischerei in ihren Vereinen und Verbänden unter fachkundiger Anleitung den Jugendlichen einen nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen und einen respektvollen, waidgerechten Umgang mit dem Mitgeschöpf „Fisch“, damit auch in zukünftigen Generationen die Bindung zur Natur erhalten bleibt. Zu 6: Die soziale und ökonomische Analyse der Angelfischerei in Deutschland von Arlinghaus (2004) beziffert den ökonomischen Gesamtnutzen durch die Angelfischerei mit ihren bundesweit ca. 3,3 Mio. aktiven Angelfischern auf jährlich rund 6,4 Mrd. Euro. Gemäß dieser Studie ist außerdem davon auszugehen, dass im Jahr 2002 bundesweit bis zu 52 000 Erwerbstätige direkt und indirekt von den Ausgaben der Angelfischer abhingen. Vergleichbare Abschätzungen des ökonomischen Nutzens speziell für Niedersachsen sind nicht bekannt. Zu 7: Die Tierschutzorganisation PETA trifft die Aussage, „Kinder würden beim Angeln an den Haken der Grausamkeit genommen. Sie lernen, dass Fische getötet werden, damit Menschen ,Spaß’ haben. Sie verlernen Empathie mit anderen Lebewesen.“ Nach Ansicht der Landesregierung bewirkt das Heranführen von Kindern an das Angeln genau das Gegenteil. Kinder lernen hierdurch, dass der Verzehr von tierischen Nahrungsmitteln eine hohe Verantwortung mit sich bringt, da er mit dem Töten von Lebewesen verbunden ist. Dies ist eine wertvolle Erfahrung. Gleichzeitig erlernen Kinder den verantwortungsvollen Umgang mit Wirbeltieren . Vor dem Ablegen der Fischerprüfung, welche die übliche Voraussetzung für das selbstständige Fischen mit der Handangel ist, wird in Vorbereitungslehrgängen das Wissen hierzu vermittelt: Tierschutzgerechtes Verhalten gegenüber dem Mitgeschöpf Fisch, d. h. schonender Umgang und damit Ersparen unnötiger Schmerzen und Leiden. Die Fischerprüfung wird regelmäßig nicht vor dem 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1346 14. Lebensjahr abgelegt, weil der Fischereischein erst mit diesem Lebensalter ausgestellt werden darf. Die Landesregierung hat keine Erkenntnisse darüber, dass in den Fischereivereinen die Hinführung zur Fischerprüfung dahin gehend stattfindet, dass das Töten von Fischen zu einer Verrohung der Teilnehmer im Umgang mit dem Mitgeschöpf Fisch führt. Zu 8: Die örtlichen Fischereivereine leisten einen wichtigen Beitrag zum Gewässerschutz und zum Naturschutz in Niedersachsen. Unter dem Dach des Landessportfischerverbandes Niedersachsen e. V. und des Landesfischereiverbandes Weser-Ems e. V., die beide nach Naturschutzrecht anerkannte Naturschutzvereinigungen sind, ist die ehrenamtliche Arbeit vor Ort auch häufig Einsatz für die Natur, insbesondere für den Fischartenschutz und die Verbesserung der Habitate. Gerade hier sind die Fischereivereine vor Ort wichtige Partner des Naturschutzes. Christian Meyer 4 (Ausgegeben am 20.03.2014) Drucksache 17/1346 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe und Dr. Gero Hocker (FDP), eingegangen am 30.01.2014 Wie steht es um den Angelsport in Niedersachsen? Antwort der Landesregierung