Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1405 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner und Dr. Gero Hocker (FDP), eingegangen am 04.02.2014 Wer darf das Altpapier in Oldenburg sammeln? Die Stadt Oldenburg hat zum 01.01.2014 die Altpapiersammlung in eigener Zuständigkeit organisiert . Parallel dazu sammelt der bisherige einsammelnde Betrieb ebenfalls sein Altpapier weiter ein. Diese Situation führt dazu, dass zwei unterschiedliche Tonnen parallel existieren, zum Teil in einem Haushalt. Nun möchte die Stadt Oldenburg dem privaten Sammler die Altpapiersammlung mit Hinweis auf eine nicht kostendeckende eigene Sammlung untersagen. Zuvor wurde die Einführung einer eigenen Sammlung mit dem Argument begründet, dass man mit den Gewinnen aus der Altpapiersammlung die Abfallgebühren stabilisieren könne. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. In wie vielen und in welchen Landkreisen und kreisfreien Städten Niedersachsens wurden nach Inkrafttreten des neuen Abfallgesetzes private Entsorger durch kommunale Entsorger ersetzt? 2. Inwieweit ist eine Untersagung der Sammeltätigkeit eines privaten Unternehmers mit der Begründung der nicht kostendeckenden eigenen Sammlung nach Auffassung der Landesregierung gerechtfertigt? 3. Inwieweit ist nach Auffassung der Landesregierung eine kommunale Sammlung, die nicht kostendeckend ist, gerechtfertigt, wenn ein privater Sammler zur Verfügung steht? (An die Staatskanzlei übersandt am 11.02.2014 - II/725 - 587) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 25.03.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Ref17-01425/17/7/04-0006 - Abfälle aus privaten Haushaltungen sind gemäß § 17 Abs. 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) grundsätzlich dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) zu überlassen. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 KrWG besteht die Überlassungspflicht nicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen , die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen . In der Praxis betrifft dies vornehmlich Alttextilien, Altmetalle und Altpapier. Derartige Sammlungen sind der zuständigen Abfallbehörde anzuzeigen. Die Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen zu den §§ 17 und 18 KrWG und auch die häufigen Änderungen erstinstanzlicher Entscheidungen durch die Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe lassen die Schwierigkeiten beim verwaltungsrechtlichen Vollzug in der Praxis erkennen. Wann eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des örE i. S. v. § 17 Abs. 3 Satz 2 genau angenommen werden kann, ist bislang nicht eindeutig zu beantworten. Nach der bisherigen Rechtssprechung ist davon auszugehen, dass der örE geringfügige Auswirkungen hinnehmen muss. Es muss im konkreten Einzelfall vielmehr eine Art Geringfügigkeits- oder Toleranzschwelle überschritten 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1405 sein, wobei vielfach ein Anteil von 10 bis 15 % genannt wird. Für die Gefährdung der Stabilität der Gebühren der Abfallentsorgung wird mitunter die gleiche Größenordnung in Bezug auf die Auswirkungen auf die Gebühren angenommen. Im Gebiet der Stadt Oldenburg findet seit 2004 eine flächendeckende gewerbliche Sammlung von Altpapier im Holsystem statt. Die Stadt Oldenburg hat im Januar 2014 eine eigenständige getrennte Altpapiersammlung eingerichtet. Die aus dieser Sammlung erwarteten Einnahmen sollen dem Gebührenhaushalt der Abfallwirtschaft zugute kommen und zur Stabilität der Abfallgebühren beitragen . Dieses Ziel ist nur zu erreichen, wenn möglichst viele private Haushalte ihr Altpapier der kommunalen Sammlung überlassen. Die privaten Haushaltungen in der Stadt Oldenburg haben derzeit die Wahl, ob sie ihr Altpapier der kommunalen oder der gewerblichen Sammlung überlassen . Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die Frage ist zurzeit mit „keine“ zu beantworten. Die Stadt Oldenburg prüft, ob die bestehende gewerbliche Sammlung untersagt werden kann. Von 12 der 50 in Niedersachsen zuständigen unteren Abfallbehörden sind insgesamt 64 gewerbliche Sammlungen untersagt worden. Die Untersagungen erfolgten u. a., weil Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Anzeigenden bestanden, weil die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung nicht nachgewiesen wurde oder weil die Kommunen ihr bereits bestehendes eigenes Sammelsystem gefährdet sahen. In 296 Fällen sind mengenmäßige Einschränkungen und/oder zeitliche Befristungen von gewerblichen Sammlungen erfolgt. Einige Entscheidungen sind noch nicht bestandskräftig. Zu 2: Die Frage kann nicht pauschal, sondern nur im konkreten Einzelfall beantwortet werden. Der Umstand mangelnder Kostendeckung kommunaler Sammlungen begründet für sich allein nicht zwingend die Annahme einer Gefährdung der Gebührenstabilität im Sinne des § 17 Abs. 3 Nr. 2 KrWG. Ferner vermag die Gefährdung der Gebührenstabilität dann nicht zur Untersagung der gewerblichen Sammlung führen, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die vom örE angebotene oder geplante (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG). Zu 3: Der örE hat nach § 20 Abs. 1 KrWG überlassungspflichtige Abfälle ordnungsgemäß zu verwerten oder zu beseitigen. Dazu gehören grundsätzlich alle Abfälle aus privaten Haushaltungen. Zum Zweck des ordnungsgemäßen, schadlosen und hochwertigen Recyclings ist u. a. Papier spätestens ab 2015 getrennt zu sammeln, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Bei gewerblichen Sammlungen entfällt zwar für die der Sammlung konkret übergebenen Abfälle die Überlassungspflicht an den örE, die Entsorgungspflicht des örE für die Abfallart bleibt aber bestehen . Deshalb muss der örE entsprechende Entsorgungsmöglichkeiten vorhalten. Die örE nehmen ihre Aufgaben im eigenen Wirkungskreis wahr. Wie sie die Sammlung z. B. von überlassungspflichtigen Papierabfällen regeln, ist ihnen überlassen. Stefan Wenzel 2 (Ausgegeben am 02.04.2014) Drucksache 17/1405 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner und Dr. Gero Hocker (FDP), eingegangen am 04.02.2014 Wer darf das Altpapier in Oldenburg sammeln? Antwort der Landesregierung