Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1430 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU), eingegangen am 06.03.2014 Gebührenfreie Registereintragung bei Änderung von Vereinsregisterdaten Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Gebührenbefreiung, Stundung und Erlass von Kosten in der Gerichtsbarkeit (GebBefrG) sind Körperschaften, Vereinigungen und Stiftungen, die gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken im Sinne des Steuerrechts dienen, von der Zahlung der Gebühren nach der Kostenordnung und in Justizverwaltungsangelegenheiten befreit, soweit die Angelegenheit nicht einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betrifft. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 GebBefrG ist die steuerrechtliche Behandlung eines Vereins als gemeinnützig oder mildtätig durch eine Bescheinigung des Finanzamts (Freistellungsbescheid oder sonstige Bescheinigung) nachzuweisen. Zur gebührenfreien Änderung des Vereinsregisters bei gemeinnützigen Vereinen hat die niedersächsische Justizministerin Niewisch-Lennartz (Bündnis 90/Die Grünen) in der Beantwortung der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Jan-Christoph Oetjen und anderer am 27.09.2013 Folgendes sinngemäß ausgeführt: Zum Zeitpunkt der Antragstellung eines gemeinnützigen Vereins auf Änderung von Vereinsregisterdaten bei einem Amtsgericht könne ein Freistellungsbescheid regelmäßig noch nicht vorgelegt werden, weil das Finanzamt die Bescheinigung der Gemeinnützigkeit erst nachträglich vornimmt. Daraus folgt, dass die Kosten im Grundsatz zunächst anzusetzen und im Fall der späteren Vorlage einer für den Zeitpunkt der Eintragung maßgeblichen Bescheinigung zu erstatten seien. Für den Fall der Vorlage einer für das Amtsjahr geltenden vorläufigen Bescheinigung seien die Gebühren zunächst außer Acht zu lassen. Das Gericht habe eine Frist zu notieren, damit der Eingang der endgültigen Bescheinigung überwacht werden könne. Ich frage die Landesregierung: 1. Unter welchen Voraussetzungen erhält ein eingetragener gemeinnütziger Verein von welcher Behörde eine vorläufige Bescheinigung, die dazu führt, dass Gebühren für Vereinsregistereintragungen bzw. für Veränderungen von Vereinsregisterdaten zunächst außer Ansatz bleiben? 2. Welche Voraussetzung muss eine Bescheinigung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 GebBefrG erfüllen, damit sie als „sonstige Bescheinigung“ im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 GebBefrG bei einem niedersächsischen Amtsgericht anerkannt wird? 3. Wie beurteilt die Landesregierung die aktuelle Regelung im § 1 Abs. 2 Satz 2 GebBefrG? (An die Staatskanzlei übersandt am 11.03.2014 - II/725 - 646) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Justizministerium Hannover, den 10.04.2014 - 5642 - 204.22 - Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Gebührenbefreiung, Stundung und Erlass von Kosten in der Gerichtsbarkeit vom 10. April 1973 (Nds. GVBl. S. 111), zuletzt geändert durch Artikel 28 des Gesetzes vom 13. Oktober 2011 (Nds. GVBl. 353), sind u. a. Vereine von der Zahlung von Gebüh- 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1430 ren für Eintragungen im Vereinsregister befreit, wenn sie gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken im Sinne des Steuerrechts dienen, soweit die Angelegenheit nicht einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betrifft. Die steuerrechtliche Behandlung als gemeinnützig oder mildtätig ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 des genannten Gesetzes durch eine Bescheinigung des Finanzamts (Freistellungsbescheid oder sonstige Bestätigung) nachzuweisen. Diese Bestimmung beruht auf dem Grundgedanken, die gleichen Maßstäbe für die Gebührenbefreiung in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und in Justizverwaltungsangelegenheiten anzulegen, die auch für den Verzicht auf die Erhebung von Körperschaftsteuer bei mildtätigen oder gemeinnützigen Körperschaften, Vereinigungen und Stiftungen im Steuerrecht angewandt werden. Daher ist im Gesetz vorgesehen, die Gebührenbefreiung für Körperschaften, Vereinigungen und Stiftungen davon abhängig zu machen, ob ihnen vom Finanzamt wegen ihrer mildtätigen oder gemeinnützigen Tätigkeit Steuerbefreiung gewährt wird (vgl. Drs. 7/429, S. 8). Da im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht kein besonderes Anerkennungsverfahren existiert und es für die (endgültige) Gewährung der Steuervergünstigung erforderlich ist, dass sich die Körperschaft im Rahmen der tatsächlichen Geschäftsführung an ihre Satzungsbestimmungen hält, kann das Finanzamt erst im (nachgelagerten) Veranlagungsverfahren durch Steuerbescheid (gegebenenfalls Freistellungsbescheid) darüber entscheiden, ob eine Körperschaft steuerbegünstigt ist oder nicht. Daraus folgt, dass der jeweilige Verein zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Gebühr für ein Verfahren über die Eintragung in das Vereinsregister die vom Gesetz geforderte (endgültige) Bescheinigung des Finanzamts regelmäßig noch nicht vorlegen kann. Die Vereine konnten aber in der Vergangenheit vom Finanzamt eine vorläufige Bescheinigung erlangen, wonach ihre Satzung den im Gesetz genannten steuerbegünstigten Zwecken dient. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Bislang haben die Registergerichte Gebühren für Vereinseintragungen bzw. für Veränderungen von Vereinsregisterdaten zunächst außer Ansatz gelassen, wenn Vereine dem Gericht eine vorläufige Bescheinigung des zuständigen Finanzamts vorgelegt haben. Aufgrund des mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts vom 21.03.2013 (BGBl. I S. 556) neu eingeführten § 60 a der Abgabenordnung (AO) stellen die Finanzämter nunmehr keine vorläufigen Bescheinigungen mehr aus. Stattdessen erhält ein Verein, dessen Satzung die Anforderungen des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts erfüllt, auf Antrag einen Bescheid nach § 60 a Abs. 1 AO über die gesonderte Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO vom zuständigen Finanzamt. Legt daher ein Verein dem Registergericht einen solchen Feststellungsbescheid nach § 60 a AO vor, lässt das Registergericht die Gebühren für Vereinseintragungen bzw. für Veränderungen von Vereinsregisterdaten zunächst außer Ansatz und notiert eine Frist, um den Eingang der endgültigen Bescheinigung des Finanzamts (Freistellungsbescheid oder sonstige Bescheinigung) zu überwachen. Entsprechend wird bei Vorlage bereits ausgestellter vorläufiger Bescheinigungen verfahren, da diese Bescheinigungen weiterhin gültig bleiben. Zuständig für den Erlass des Feststellungsbescheides nach § 60 a AO ist das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung (hilfsweise der Ort des Sitzes) des Vereins befindet (§ 20 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AO). Den Feststellungsbescheid nach § 60 a AO erteilt das zuständige Finanzamt, wenn die Satzung des Vereins die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO einhält. Einzelheiten hierzu ergeben sich aus dem bundesweit geltenden Anwendungserlass zur Abgabenordnung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), der in seiner aktuellen Fassung über den Internetauftritt des BMF heruntergeladen werden kann (www.bundesfinanzministerium.de/Content/ DE/Downloads/BMF_Schreiben/Weitere_Steuerthemen/Abgabenordnung/AO-Anwendungserlass/ 2014-01-31-Neubekanntmachung-AEAO.pdf). Zu 2: Neben einem Freistellungsbescheid kommt als sonstige Bescheinigung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über Gebührenbefreiung, Stundung und Erlass von Kosten in der Gerichtsbarkeit die sogenannte NV-Bescheinigung nach § 44 a Abs. 4 und 7 des Einkommensteuergeset- 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1430 zes in Betracht, die das Finanzamt einer steuerbegünstigten Körperschaft ausstellt, damit diese bei ihrer Bank die Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug, z. B. für Zinserträge, erreichen kann. Zu 3: Die Landesregierung hält die Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über Gebührenbefreiung , Stundung und Erlass von Kosten in der Gerichtsbarkeit weiterhin für sachgerecht. Die Kostenfreiheit von der Vorlage einer Bescheinigung über die steuerrechtliche Behandlung als gemeinnützig oder mildtätig abhängig zu machen, stellt einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Kostensicherungsinteresse des Justizfiskus einerseits und den Bestrebungen zur Förderung gemeinnütziger Tätigkeit andererseits dar. Antje Niewisch-Lennartz 3 (Ausgegeben am 23.04.2014) Drucksache 17/1430 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU), eingegangen am 06.03.2014 Gebührenfreie Registereintragung bei Änderung von Vereinsregisterdaten Antwort der Landesregierung