Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1445 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 06.03.2014 Wieso warnt Minister Meyer die Verbraucher wider besseres Wissen? Am 26.02.2014 meldete das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in einer Pressemitteilung, dass man die Meldung erhalten habe, dass ein Unternehmen in Niedersachsen von Lieferungen eines niederländischen Schlachthofes betroffen sei, der Produkte als Rindfleisch etikettiert, diese jedoch mit Pferdefleisch vermischt haben solle. Das in Cloppenburg ansässige Unternehmen soll im April 2013 500 kg Rindfleisch „erhalten und dieses unmittelbar an einen Betrieb in Niedersachsen sowie an einen Betrieb nach Sachsen-Anhalt weiterverkauft“ haben . Bereits zwei Stunden vor Herausgabe dieser Meldung hat der Landkreis Cloppenburg dem Ministerium mitgeteilt, dass „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ kein vermengtes Pferdefleisch geliefert worden sei. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Aus welchem Grund hat das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Pressemitteilung am 26.02.2014 veröffentlicht, obwohl die vermuteten Unregelmäßigkeiten bereits entkräftet waren? 2. Inwieweit ist die Landesregierung der Auffassung, dass solche vorschnellen Pressemitteilungen zur Skandalisierung der Fleischbranche in Niedersachsen beitragen? 3. Wo sieht die Landesregierung die Grenze zwischen Information der Öffentlichkeit und dem Schüren von Ängsten durch die öffentliche Preisgabe von Vermutungen? 4. Gibt es weitere Betriebe in Niedersachsen, an die das niederländische Unternehmen Fleisch geliefert hat? 5. Gibt es weitere Verdachtsfälle, und haben sich bereits weitere Verdachtsfälle erhärtet? 6. Wird das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auch weiterhin lediglich auf Vermutungen basierende Warnmeldungen herausgeben? (An die Staatskanzlei übersandt am 13.03.2014 - II/725 - 647) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 15.04.2014 für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 201-44112-638 - Am 26.02.2014 ging im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) eine Informationsmeldung aus dem EU-Schnellwarnsystem (SWS) ein, aus der hervorging, dass ein Fleisch verarbeitender Betrieb im LK Cloppenburg im April 2013 mit 511 kg Fleisch aus einem niederländischen Schlachtbetrieb beliefert worden war, der bereits Anfang Februar 2014 Gegenstand mehrerer Meldungen aus dem SWS bezüglich möglicherweise nicht deklarierten Pferdefleisches in 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1445 Rindfleischlieferungen war. Seinerzeit war zunächst nur Nordrhein-Westfalen von Lieferungen betroffen . In der Informationsmeldung aus dem SWS vom 26.02.2014 (sogenannte Folgemeldung), welche vom Schnellwarnsystem-LAVES dem Landkreis Cloppenburg am 26.02.2014 um 9.17 Uhr zugeleitet wurde, wurde der Bezug zu der ersten Meldung von Anfang Februar hergestellt. Es wurde erläutert , dass auf der Basis der Vertriebsdaten, die vom Handel bereitgestellt wurden, die zuständige Behörde in den Niederlanden die Rückverfolgbarkeit der Produkte analysiert habe. Diese Analyse habe ergeben, dass das vom Handel genutzte Verfolgungssystem keine zuverlässigen Rückschlüsse über die Herkunft von Fleisch und Fleischprodukten von Rind, Hammel, Kalb, Ziege und Pferd zulasse. Daher habe die Behörde entschieden, einen Rückruf aller angebotenen Produkte anzuordnen, die im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 23.01.2014 produziert wurden. Die Firma habe in diesem Zeitraum ca. 28 000 t Fleisch vertrieben. Am 26.02.2014 informierte das ML mittels einer Pressemitteilung darüber, dass auch ein niedersächsisches Unternehmen im Landkreis Cloppenburg von Lieferungen eines niederländischen Schlachthofs betroffen sei, der Produkte als Rindfleisch etikettiert, diese jedoch mit Pferdefleisch vermischt haben soll. Die bis dahin durchgeführten behördlichen Ermittlungen hätten ergeben, dass der Betrieb im April 2013 mit 500 kg frischem Rindfleisch beliefert worden sei und dieses unmittelbar an einen weiteren Betrieb in Niedersachsen und einen Betrieb in Sachsen-Anhalt weiterverkauft habe. Aufgrund des großen Zeitabstands sei davon auszugehen, dass keine Ware mehr im Handel sei. Laut Minister Meyer zeige der Vorfall, dass noch immer nicht bei allen Unternehmen die notwendige Sensibilität im Verbraucherschutz bestehe und daher mehr Kontrollen notwendig seien. Das Verpanschen mit Pferdefleisch ohne Kennzeichnung, wie es offenbar in diesem Fall bei einem Betrieb in den Niederlanden erfolgt sei, sei kein Kavaliersdelikt, sondern Täuschung des Verbrauchers . Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sieht sich gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie den Wirtschaftsbeteiligten in Niedersachsen verpflichtet , über bedeutende Ereignisse in der Lebensmittelkette zu informieren, auch über zurückliegende Ereignisse. Im vorliegenden Fall waren die „vermuteten Unregelmäßigkeiten“ am 26.02.2014 nicht entkräftet, da weder eine Nämlichkeitsüberprüfung durch den amtlichen Tierarzt noch eine Probenahme zum Zwecke der Tierartendiagnostik durchgeführt werden konnten. Allein dieses hätte im vorliegenden Fall des Verdachts einer Verbrauchertäuschung durch Falschdeklaration der Tierart durch den niederländischen Lieferbetrieb den Verdacht tatsächlich entkräften können. Zu 2: Im vorliegenden Fall handelte es sich nicht um eine vorschnelle Pressemitteilung. Die unverzügliche Information der Wirtschaftsbeteiligten sowie der Verbraucherinnen und Verbraucher darüber, dass Niedersachsen von einem Fall des Verdachts auf Verbrauchertäuschung durch Falschdeklaration von Lebensmitteln betroffen ist, ist Aufgabe des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Das Inverkehrbringen derartiger Lebensmittel ist nach den Vorschriften des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs verboten. Eine entsprechende Information trägt dazu bei, dass alle Wirtschaftsbeteiligten sensibilisiert werden und es den „schwarzen Schafen“ der Branche zunehmend schwieriger gemacht wird, zum Zwecke einer Gewinnmaximierung zu täuschen. Die Pressemitteilung hat daher nicht zur Skandalisierung der Fleischbranche in Niedersachsen beigetragen, sondern vielmehr aufgezeigt, dass auch niedersächsische Unternehmen Opfer krimineller Machenschaften einzelner Wirtschaftsbeteiligter werden können und nur das Wissen um derartige Betrugsvorgänge sowie Kontrollen auf allen Produktionsebenen zukünftig zur Reduzierung derartiger Täuschungsmanöver beitragen können. Zu 3: Die Öffentlichkeit ist durch die Pressemitteilung des ML vom 26.02.2014 sachgerecht und ausschließlich über Fakten informiert worden. Ängste sind bei durchschnittlich aufgeklärten, mündigen 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1445 Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht geschürt worden, da klar kommuniziert wurde, dass es sich im vorliegenden Fall um Verbrauchertäuschung und nicht um eine mögliche Gesundheitsgefährdung handelte. Gleichzeitig wurde kommuniziert, dass Herr Minister Meyer auch diese Aufgabe sehr ernst nimmt und zur Vermeidung zukünftiger Verbrauchertäuschung und Wettbewerbsverzerrung das Kontrollniveau in Niedersachsen nicht senken wird. Ängste werden vielmehr durch das bewusste Zurückhalten von Informationen und „Totschweigen“ geschürt. Zu 4: Nach derzeitigem Kenntnisstand nicht. Möglicherweise werden im Zuge der in den Niederlanden andauernden Ermittlungen weitere Lieferungen bekannt. Zu 5: Die Frage wird so verstanden, dass sie sich auf mögliche Lieferungen von Fleisch bezieht, welche aus Betrieben kommen, die unter Verdacht stehen, Fleisch hinsichtlich dessen tierartlicher Zusammensetzung nicht ordnungsgemäß deklariert zu haben. Weitere Verdachtsfälle in diesem Sinne sind dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz derzeit nicht bekannt. Zu 6: Das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wird auch weiterhin bei konkreten Hinweisen auf Verstöße Warnmeldungen im Sinne einer transparenten Information der Öffentlichkeit herausgeben. Christian Meyer 3 (Ausgegeben am 05.05.2014) Drucksache 17/1445 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 06.03.2014 Wieso warnt Minister Meyer die Verbraucher wider besseres Wissen? Antwort der Landesregierung