Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1456 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Gerald Heere und Miriam Staudte (GRÜNE), eingegangen am 05.02.2014 Strahlenbelastung an den Produktions- und Abfallkonditionierungsanlagen in Braunschweig -Thune (Firmen Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH und GE Healthcare Buchler GmbH & Co. KG) Das Umweltministerium hat die Umgebungsüberwachung am Atomstandort Braunschweig-Thune (Firmen Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH und GE Healthcare Buchler GmbH & Co. KG) erweitert und verstärkt. Die Zahl der Messpunkte für die Überwachung der Neutronenortsdosis sowie der Gammastrahlung wurde erhöht, und die Frequenz der Messungen wurde gesteigert. Die Messungen des Betreibers werden durch zusätzliche Messpunkte des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz ergänzt und überprüft. Der rot-grüne Koalitionsvertrag sieht zudem für den Standort Thune eine Sicherheitsüberprüfung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik vor. Am Standort Braunschweig-Thune gilt für die Einhaltung des jährlichen Grenzwerts für Strahlenexposition von 1 mSv eine 2 000-Stunden-Regelung. Da das Gelände umzäunt und überwacht ist, müsse kein Daueraufenthalt angenommen werden. In einem Schreiben an die Bürgerinitiative Strahlenschutz Braunschweig vom 19. September 2013 berichtete das Umweltministerium von einer Überprüfung, ob der gesetzliche Grenzwert auch eingehalten werden könne, wenn von einem Daueraufenthalt ausgegangen würde. Die Überprüfung werde unter Beteiligung der Firma Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH und des Gewerbeaufsichtsamts Braunschweig durchgeführt. Die Stadtverwaltung Braunschweig hat im vergangenen Jahr festgestellt, dass sich auf dem Gelände Thune über 100 Container befinden, für die keine baurechtliche Genehmigung vorliegt. Die Entfernung der Container, in denen sich auch radioaktives Material befinden soll, wurde angeordnet. Die Firma Eckert & Ziegler Nuclitec hat Widerspruch eingelegt. Seit der Veröffentlichung von Informationen und Messdaten in der Antwort auf eine Große Anfrage der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/4713 und aufgrund von Informationen, die Umweltgruppen und die örtliche Bürgerinitiative über Einsichtnahme in Umweltakten erhalten haben, sind keine weiteren Messergebnisse oder relevanten Informationen zu den Anlagen mehr öffentlich bekannt geworden. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche neuen Ergebnisse von Messungen der radioaktiven Strahlung an allen am Standort Thune vorhandenen Messpunkten, einschließlich von Boden- und Abluftbeprobungen, seit 2012 liegen im Einzelnen vor? 2. Wurden gesetzliche oder in der Genehmigung festgesetzte einzuhaltende Grenzwerte überschritten ? 3. Werden auch an den Abluftschornsteinen Messungen vorgenommen, und welche Ergebnisse liegen vor? 4. Sind die Ergebnisse dieser Messungen öffentlich zugänglich, und, wenn ja, wo werden sie veröffentlicht? 5. Wie und wann werden die Ergebnisse künftiger Messungen am Standort Thune veröffentlicht? 6. Welche neuen Maßnahmen zur Verbesserung des Strahlenschutzes und zur Überwachung von Betrieb und Umgebung des Standorts wurden seit 2012 vorgenommen? 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1456 7. Wurde der Standort Thune bereits einer Sicherheitsüberprüfung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik unterzogen? Mit welchen Ergebnissen? 8. Welche Ergebnisse der Überprüfung, ob der Grenzwert für Strahlenexposition auch bei Annahme eines Daueraufenthalts erreicht werden kann, liegen bereits vor? 9. Kann die 2 000-Stunden-Regelung zurückgenommen werden? 10. Welche Maßnahmen zur Verbesserung des Strahlenschutzes oder der Strahlenmessungen sind konkret geplant? 11. Können die Container, deren Entfernung die Stadt Braunschweig angeordnet hat, ins Lager Leese gebracht werden? Wenn nein, wo können die Container gelagert werden? 12. Welche neuen Erkenntnisse liegen seit 2012 (seit Drs. 16/4713) darüber vor, in welchem Umfang die Umgangsgenehmigungen von den Unternehmen am Standort Thune ausgenutzt werden? 13. Sollen die Umgangsgenehmigungen zukünftig überprüft und gegebenenfalls reduziert werden ? (An die Staatskanzlei übersandt am 11.02.2014 - II/725 - 592) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 22.04.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Ref17-01425/17/7/08-0008 - Am Standort Braunschweig-Thune sind die Firmen Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH und GE Healthcare Buchler GmbH & Co. KG tätig. Der Schwerpunkt der Tätigkeiten der Firma Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH am Produktionsstandort Braunschweig liegt in der Herstellung und dem Vertrieb radioaktiver Stoffe und Dienstleistungen für die Bereiche Medizin, Forschung, Technik und Umweltschutz . GE Healthcare Buchler GmbH & Co. KG produziert Radiopharmaka zur Diagnose und Therapie . Mit der „Verordnung zur Änderung der Verordnung über Zuständigkeiten auf den Gebieten des Arbeitsschutz-, Immissionsschutz-, Sprengstoff-, Gentechnik- und Strahlenschutzrechts sowie in anderen Rechtsgebieten“ vom 07.02.2014 (Nds. GVBl. S. 60) wurde die atomrechtliche Aufsicht für die beiden Firmen auf das MU übertragen. Im Rahmen dieser Zuständigkeitsverlagerung werden die aufsichtlichen Abläufe den Strukturen des MU angepasst. Dieses führte zu einer Umgestaltung der Überwachung der Direktstrahlung an der Grenze des Betriebsgeländes. Am 06.03.2014 wurde im Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig die zukünftige Überwachung der Direktstrahlung in einem Bürgerdialog vorgestellt. Weitere Veranstaltungen sind für dieses Jahr geplant. Der Prozess der Anpassung und Umgestaltung wird kontinuierlich fortgesetzt und durch die Einladung zu weiteren Bürgerdialogen transparent gestaltet. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Im Auftrag der Aufsichtsbehörde führt der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) als unabhängige Messstelle zur Überprüfung der Eigenüberwachung der Firmen Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH und GE Healthcare Buchler GmbH & Co. KG ein ergänzendes und kontrollierendes Programm durch. Die NLWKN-Jahresberichte 2012 (Bericht 1: Boden, Abluft und Direktstrahlung und Bericht 2: Abwasser ) kommen zu dem Schluss, dass sich im Untersuchungsjahr 2012 keine Hinweise auf einen 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1456 Verstoß gegen Auflagen in den Genehmigungen oder gegen gesetzliche Anforderungen der Strahlenschutzverordnung zum Schutz von Bevölkerung und Umwelt durch Strahlenexposition ergeben. Auch die Messergebnisse für 2013 geben hierfür keinen Hinweis. Im September 2013 wurde im Auftrag des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Braunschweig durch den NLWKN die Neutronendosisleistung auf dem gemeinsamen Betriebsgelände bzw. am Zaun der Firmen Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH und GE Healthcare Buchler GmbH & Co. KG an verschiedenen Punkten bestimmt. Im Ergebnis kommt der NLWKN zu dem Schluss, dass an der nördlichen, westlichen und östlichen Grenze des Betriebsgeländes die Neutronendosisleistung so gering ist, dass hier ein relevanter Beitrag durch künstlich erzeugte Neutronen weitgehend ausgeschlossen werden kann. Die Werte an der südlichen Grenze des Firmengeländes sind bis auf zwei Punkte so gering, dass auch hier relevante Beiträge durch künstlich erzeugte Neutronen weitgehend ausgeschlossen werden können . Zwei Punkte mit etwas höherer Neutronendosisleistung lassen den Schluss zu, dass sich zum Zeitpunkt der Messung Neutronenquellen in den in der Nähe befindlichen Gebäuden befanden. Die Ergebnisse dieser Messungen wurden bei der Erstellung der neu konzipierten Umgebungsüberwachungsprogramme berücksichtigt. Zu 2: Nein, vergleiche Antwort zu Frage 1. Zu 3: Die Beprobung der Kamine durch die Firmen erfolgt regelmäßig. Die Beprobungen im Rahmen der behördlichen Überwachung der Kamine erfolgen stichprobenhaft unter Kontrolle der Aufsichtsbehörde und Auswertung durch den NLWKN zu Zeitpunkten, die den Firmen nicht vorher angekündigt werden. Die Ergebnisse finden sich in den entsprechenden Jahresberichten. Zu 4: Die Ergebnisse der Messungen waren bisher nicht öffentlich zugänglich. Zukünftig sollen die Messergebnisse im Internet veröffentlicht werden. Zu 5: Mit der Konzipierung der neuen Programme zur Umgebungsüberwachung wurde vom MU festgelegt , dass die ermittelten Dosiswerte in Form von bewerteten Jahresberichten zusammengestellt werden. Diese Jahresberichte müssen drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden. Nach erfolgter Freigabe werden die Berichte im Internet veröffentlicht. Weiterhin sollen die Messergebnisse in einem Bürgerdialog vorgestellt und erläutert werden. Zu 6: Seit Anfang des Jahres 2014 wird die Direktstrahlung durch ein aktualisiertes Konzept mit deutlich erweitertem Umfang erfasst. Das neue Konzept orientiert sich an der Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen. Es sieht die Erfassung der Direktstrahlung in zwölf Sektoren vor, die sich innerhalb eines Kreises befinden, der um die Unternehmen gezogen wird. In sämtlichen Sektoren wird die Photonenstrahlung und in acht Sektoren die Neutronenstrahlung erfasst. Die Erfassungen erfolgen redundant, d. h. die Unternehmen und der NLWKN - als unabhängige Messstelle im Auftrag des MU - erfassen jeweils in zwölf Sektoren die Photonenstrahlung und in sechs Sektoren die Neutronenstrahlung. Im Ergebnis wird die Photonenstrahlung in allen Sektoren doppelt erfasst. Zusätzlich wird im Auftrag des MU - wie bisher - an acht weiteren Messpunkten in der Umgebung die Photonenstrahlung durch den NLWKN ermittelt. Als Standort für die Referenzorte dient das Gelände der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig. Zu 7: Als Folge der Ereignisse in Fukushima wurde die Entsorgungskommission (ESK) vom Bundesumweltministerium beauftragt, Prüfkonzepte für einen Stresstest u. a. für Einrichtungen zur Entsorgung bestrahlter Brennelemente und radioaktiver Abfälle zu entwickeln. Von der ESK wurde eine 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1456 ad hoc-Arbeitsgruppe eingesetzt, um diese Prüfkonzepte zu erarbeiten. Die Robustheit von stationären Einrichtungen zur Konditionierung schwach und mittelradioaktiver Abfälle, zu denen die Firma Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH zählt, wurde im ESK-Stresstest Teil 2 untersucht. Die zu betrachtenden Anlagen konnten aufgrund ihrer Anzahl und Vielfalt nicht alle einzeln betrachtet und bewertet werden. Stattdessen wurde eine generische Vorgehensweise gewählt. Für Anlagen und Einrichtungen, die durch die von der ESK festgelegten Modellannahmen möglicherweise nicht vollständig abgedeckt sind, empfahl die ESK eine Überprüfung durch die zuständigen Aufsichts- und Genehmigungsbehörden. Für die fachliche Überprüfung, ob die Modellannahmen der ESK als abdeckend für die Firma Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH zu betrachten sind, wurde die Hinzuziehung eines externen Sachverständigen für erforderlich gehalten. Im Auftrag des MU hat daher der TÜV NORD EnSys geprüft, ob die Betriebsanlagen der Firma Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH am Standort Braunschweig von den Pauschalannahmen und Parametern und damit auch hinsichtlich der Ergebnisse des ESKStresstests abgedeckt sind. Die Prüfungen für die Konditionierungseinrichtung Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH in Braunschweig sind noch nicht abgeschlossen. Zu 8: Bis auf einen Messpunkt wird an allen vom NLWKN betriebenen 15 Messpunkten der Wert von 1 mSv pro Jahr auch bei einem unterstellten Daueraufenthalt eingehalten. Dieser Messpunkt liegt an der Südseite, auf der von der Wohnbebauung abgewandten Seite des Betriebsgeländes. Zu 9: Außerhalb des Betriebszaunes der Firmen Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH und GE Healthcare Buchler GmbH & Co. KG grenzt kein Gebäude oder Gebäudeteil direkt an das Betriebsgrundstück. Aufgrund der lückenlosen Überwachung an der Grenze des umzäunten Betriebsgeländes wurde bislang an der Betriebsgrenze eine Aufenthaltszeit von maximal 2 000 Stunden pro Jahr zugrunde gelegt. Derzeit wird geprüft, ob von einem Daueraufenthalt ausgegangen werden muss. Eine Rücknahme der 2 000-Stunden-Regelung könnte auf Antrag der Firmen Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH und GE Healthcare Buchler GmbH & Co. KG und damit verbunden mit einer Änderung der Genehmigungen oder aufgrund einer behördlichen Anordnung, wenn neue Erkenntnisse vorliegen , durch die zuständige Behörde erfolgen. Es wird erwartet, dass die Unternehmen hier konstruktiv mitwirken. Zu 10: Im Bereich der Direktstrahlung wurden die Programme zur Umgebungsüberwachung der Betreiber und des NLWKN überarbeitet. Der NLWKN erfasst erstmals die Direktstrahlung aus Photonen und Neutronen. Damit ist eine unabhängige Gesamtbewertung möglich. Zusätzlich wurde die Anzahl der Messorte an der Grenze des Betriebsgeländes erweitert. Anhand der neuen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 47 Strahlenschutzverordnung (Ermittlung der Strahlenexposition durch die Ableitung radioaktiver Stoffe aus Anlagen oder Einrichtungen ) vom 28.08.2012 (BAnz AT 05.09.2012 B1) werden die potenziellen Strahlenexpositionen aufgrund der Ableitungen neu berechnet. Ob sich daraus konkrete Maßnahmen bezüglich der Strahlenmessungen ergeben, bleibt abzuwarten. Zu 11: Die Anordnung der Stadt Braunschweig zur Entfernung der Container ist eine bauordnungsrechtliche Maßnahme und richtet sich gegen die Firma Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH. Strahlenschutzrechtlich ist die Lagerung der Container genehmigt. Für das MU besteht daher keine Veranlassung, die Entfernung der Container zu verlangen. Sollte die Verfügung zur Entfernung der Container der Stadt Braunschweig bestandskräftig werden, wäre die Firma Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH in der Pflicht, dieser Verfügung nachzukommen. Zu 12: Entsprechend den Meldungen nach § 70 Strahlenschutzverordnung wurden die Umgangsgenehmigungen etwa im gleichen Umfang ausgenutzt wie in der Drs. 16/4713 dargelegt. 4 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1456 Zu 13: Die Unternehmen Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH und GE Healthcare Buchler GmbH & Co. KG in Braunschweig-Thune verfügen über bestandskräftige und unbefristete Genehmigungen zum Umgang mit radioaktiven Stoffen nach § 7 Strahlenschutzverordnung. Solche Genehmigungen können nur unter den Voraussetzungen der §§ 17 und 19 des Atomgesetzes aufgehoben, eingeschränkt oder mit nachträglichen Auflagen versehen werden. Vor dem Hintergrund der Änderung der Zuständigkeiten (siehe Vorbemerkungen) wird die aktuelle Genehmigungssituation am Standort Braunschweig-Thune mit dem Ziel überprüft, die Umgangsgenehmigungen an die am Standort tatsächlich benötigten Aktivitäten (Geschäftstätigkeiten) anzupassen . Stefan Wenzel 5 (Ausgegeben am ) (Ausgegeben am 09.05.2014) Drucksache 17/1456 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Gerald Heere und Miriam Staudte (GRÜNE), eingegangen am 05.02.2014 Strahlenbelastung an den Produktions- und Abfallkonditionierungsanlagen in Braunschweig-Thune (Firmen Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH und GE Healthcare Buchler GmbH & Co. KG) Antwort der Landesregierung