Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1556 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Burkhard Jasper (CDU), eingegangen am 20.03.2014 Höchstspannungsleitungen durch Niedersachsen Zur Umsetzung der Energiewende ist der Netzausbau auch in Niedersachsen notwendig. Dabei handelt es sich um langfristige Entscheidungen, die nur mit erheblichem Aufwand rückgängig gemacht werden könnten. Es muss daher eine Minimierung gesundheitlicher Risiken durch Höchstspannungsleitungen gewährleistet sein. Aber gerade hier setzt die Kritik in der Bevölkerung an, die bei einem Ausbau in der Nähe von Wohnhäusern gesundheitliche Beeinträchtigungen durch magnetische und elektrische Felder befürchtet. Die Akzeptanz der Energiewende ist deshalb in der Bevölkerung gefährdet. Zur Vermeidung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen wird oft die Teilerdverkabelung und die Gleichstromtechnik (Drs. 17/894) gefordert. Ich frage ich die Landesregierung: 1. Welche Maßnahmen wurden bisher ergriffen, um eine Teilerdverkabelung und die Gleichstromtechnik zu nutzen? 2. Welche Höchstspannungsleitungen in Niedersachsen sollen mit Teilerdverkabelung oder Gleichstromtechnik ausgebaut werden? 3. Welche Initiativen werden für die Zukunft geplant? (An die Staatskanzlei übersandt am 25.03.2014 - II/725 - 662) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 26.05.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Ref17-01425/17/7/11-0023 - Der Um- und Ausbau der Stromnetze ist eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende . Im Vordergrund steht dabei die Verstärkung und Erweiterung des bestehenden Verbundnetzes durch den Ausbau der 380-kV-Höchstspannungsleitungen im Drehstromnetz, ergänzt durch punktuelle Nord-Süd-Gleichstromleitungen sowie die Errichtung der erforderlichen Anbindungsleitungen von Offshorewindparks. Die Sicherung des Gesundheitsschutzes für die Bevölkerung muss dabei uneingeschränkt sichergestellt werden. Der Bundesgesetzgeber hat 2013 die 26. Bundesimmissionsschutzverordnung (26. BImSchV) überarbeitet (neugefasst durch Bekanntmachung vom 14.08.2013 [BGBl. I Seite 3266]). Dabei wurden die Randbedingungen der Grenzwerte für elektromagnetische Felder bei Drehstromleitungen im Höchstspannungsnetz überprüft und die Verordnung um neue Grenzwerte für Gleichstromleitungen im Höchstspannungsnetz erweitert. Gleichzeitig wurde ein Minimierungsgebot nach dem Stand der Technik für elektromagnetische Felder bei Höchstspannungsleitungen unter Berücksichtigung der Gegebenheiten im Einwirkungsbereich eingeführt. Darüber hinaus dürfen neue Höchstspannungsleitungen Gebäude oder Gebäudeteile, die zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, nicht mehr überspannen. 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1556 Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass über diese Schutzregelungen der BImSchV hinaus erweiterte Abstände von Freileitungen zu Wohnbereichen eingehalten werden. Hierzu wurden weitergehende Regelungen zum Wohnumfeldschutz in das Niedersächsische Landes-Raumordnungsprogramm aufgenommen. Bei den Beratungen zum Entwurf des Niedersächsischen Erdkabelgesetzes 2007 wurde deutlich, dass auch der visuelle Wohnumfeldschutz für die Akzeptanz der Bevölkerung eine größere Bedeutung erlangt. In den Pilotprojekten zum Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) und den Pilotvorhaben des Bundesbedarfsplangesetzes wurden die niedersächsischen Abstandsregelungen aufgegriffen und ein weit über das sonst übliche Maß hinaus gehender Wohnumfeldschutz erreicht. Im Landes-Raumordnungsprogramm wird festgelegt, dass in den Vorranggebieten Leitungstrasse für 380-kV-Höchstspannungsleitungen Wilhelmshaven–Conneforde, Ganderkesee –Diepholz/Sankt Hülfe sowie Wahle–Mecklar als Ergebnis raumordnerischer Prüfung und Abstimmung kombinierte Kabel- und Freileitungstrassen raumverträglich sind. Der Bundesgesetzgeber hat durch das EnLAG die Möglichkeit geschaffen, dass Teilverkabelungsabschnitte zur Erprobung zum Einsatz kommen können, wenn Mindestabstände zu Siedlungen von 400 m und Einzelhäusern von 200 m nicht eingehalten werden können. Allerdings sind bisher Teilverkabelungsoptionen nur für diese vorgenannten Pilotprojekte zugelassen. Für alle anderen Neubauprojekte steht diese technische Option bisher nicht zur Verfügung. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Netzlückenschlüsse im Drehstromnetz sind im EnLAG grundsätzlich in Freileitungsbauweise vorgesehen . Für vier EnLAG-Pilotprojekte sind Teilverkabelungsmöglichkeiten zugelassen. Diese technische Option kann einen wichtigen Beitrag zur Konfliktlösung und zur Verbesserung der Akzeptanz in der jeweiligen Netzausbauregion leisten. Bereits bei der Beratung des Niedersächsischen Erdkabelgesetzes im Jahr 2007 ist die Frage des wirtschaftlichen Vergleichs der verschiedenen Ausbauvarianten und Techniken intensiv untersucht und beraten worden. Dabei ist deutlich geworden, dass die nunmehr auch im EnLAG vorgesehene Ausbauvariante in Freileitungstechnik mit Mindestabständen zu den Wohnbereichen von 400 m und einer Teilverkabelungsoption bei Unterschreiten dieser Abstände sowohl sehr weitgehenden Wohnumfeldschutz als auch relativ günstige wirtschaftliche Ergebnisse ermöglicht. Die Stromübertragung durch in der Regel abzweigfreie Gleichstromübertragungssysteme erfolgt grundsätzlich ebenfalls in Freileitungstechnik. Gleichstromsysteme werden in der Regel als Punkt-zu-Punkt-Systeme errichtet. Sie sind erst ab einer abzweigfreien Trassenlänge von mehreren 100 km und länger wirtschaftlich zu errichten und zu betreiben. Neben den Mehrkosten für die Erdverkabelung führen insbesondere die hohen Energieverluste durch die notwendige Konvertierung von Drehstrom in Gleichstrom und die Rückumwandlung in Drehstrom zu deutlich erhöhten Kosten, die sich auf die Netznutzungsentgelte auswirken. Hochspannungsgleichstromübertragungssysteme werden in Niedersachsen für die Offshorenetzanbindungen großer Windparks vor der niedersächsischen Nordseeküste genutzt. Die Landesregierung hat sich zuletzt bei den Beratungen zum Bundesbedarfsplangesetz im Bundesrat im Mai 2013 dafür eingesetzt, die Teilverkabelungsoption auf alle Netzneubaumaßnahmen auszudehnen. Diese Ausweitung wurde in der letzten Legislaturperiode von der damaligen Bundesregierung abgelehnt und fand dadurch keinen Eingang in das Bundesrecht. Die Landesregierung unterstützt die Absicht - in Ergänzung zum Ausbau des Drehstromnetzes -, auch Gleichstromübertragungssysteme zum Einsatz zu bringen, wenn diese technisch und wirtschaftlich sinnvoll errichtet werden können. So hat die Landesregierung in ihren Stellungnahmen zu den Netzentwicklungsplänen des Bundes vorgeschlagen, die Offshorenetzanschlüsse, die in Gleichstromtechnik errichtet werden, nicht bereits in Norddeutschland küstennah ans Drehstromnetz anzubinden und zu konvertieren. Die im Binnenland in bereits bewährter Erdkabeltechnik auf Streckenlängen von circa 80 km erprobten Netzanschlussleitungen könnten zukünftig abzweigsfrei in Lastschwerpunkte z. B. des Ruhrgebiets, an Standorte ehemaliger Kraftwerke weitergeführt werden und dort unter Nutzung der vorhandenen Netzstruktur an das Drehstromnetz angebunden werden . Auch diese Initiative der Landesregierung wurde von der früheren Bundesregierung und der sie tragenden Mehrheit im Bundestag nicht aufgegriffen. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1556 Zu 2: Die Technologieentscheidung für ein Netzausbauprojekt trifft der Vorhabenträger, der auch den Antrag zur Planfeststellung auf der gültigen bundesgesetzlichen Grundlage stellt. Die Technologie für den Netzausbau kann nicht von den Bundesländern vorgegeben werden. Der Bundesgesetzgeber hat für vier Pilotvorhaben in Deutschland die Möglichkeit zum Einsatz von Erdkabeln auf Teilabschnitten im vermaschten Drehstromnetz auf der Höchstspannungsebene im Übertragungsnetz geschaffen. Niedersachsen ist von drei dieser Pilotstrecken betroffen. Es handelt sich um die Ausbaustrecken Ganderkesee nach St. Hülfe, Wahle nach Mecklar und Dörpen nach Niederrhein. Hier können nach Maßgabe des Absatzes 2 des § 2 EnLAG Teilabschnitte als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden, wenn Freileitungen die Mindestabstände zu Wohnbereichen nicht einhalten können. Eine vollständige Erdverkabelung ist bei den vorgenannten Projekten rechtlich dagegen nicht vorgesehen und kann vom Vorhabenträger nicht beantragt und von der Planfeststellungsbehörde auch nicht genehmigt werden. Darüber hinaus sind im Bundesbedarfsplangesetz zwei weitere Gleichstrom-Pilotstrecken in Freileitungstechnik mit Teilverkabelungsoption bei unvermeidbaren Siedlungsannäherungen vorgesehen, von denen das circa 800 km lange SuedLink-Projekt abzweigfrei neben Schleswig-Holstein, Nordrhein -Westfalen, Hessen und Bayern auch durch Niedersachsen verlaufen soll. Inwieweit der Vorhabenträger sich für eine Teilerdverkabelung entscheidet, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar, da der Trassenkorridor erst im Bundesfachplanverfahren ermittelt wird. Für das Bundesfachplanungs- und das anschließende Planfeststellungsverfahren ist die Bundesnetzagentur zuständig. In Niedersachsen wurde die Gleichstromtechnik bisher ausschließlich zur Netzanbindung von Offshorewindparks genutzt, die bis zum ersten Netzverknüpfungspunkt (Diele und Dörpen) als Erdkabel verlegt wurden. Zu 3: Die Landesregierung beabsichtigt, im Rahmen der in diesem Jahr geplanten energierechtlichen Neuregelungen des Bundes im Bundesratsverfahren erneut zu beantragen, dass im Leitungsausbaurecht zukünftig die Erdverkabelungsoptionen für alle Maßnahmen im Höchstspannungsnetz Anwendung finden und darüber hinaus auch zur Lösung von naturschutzfachlich bedingten Konflikten und zur Ermöglichung konfliktärmerer Trassenführungen durch die Vorhabensträger genutzt werden können. Die Landesregierung hat die Erwartung, dass die neue Bundesregierung und auch eine Reihe von Bundesländern die frühere Blockadehaltung in dieser Frage aufgeben wird. Stefan Wenzel 3 (Ausgegeben am 03.06.2014) Drucksache 17/1556 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Burkhard Jasper (CDU), eingegangen am 20.03.2014 Höchstspannungsleitungen durch Niedersachsen Antwort der Landesregierung