Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1590 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 05.05.2014 Lehramt Sonderpädagogik an den niedersächsischen Universitäten und Fort- und Weiterbildungspotenzial für Lehrerinnen und Lehrer im Bereich Sonderpädagogik Im Zuge der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und der damit einhergehenden Einführung der inklusiven Schule in Niedersachsen kommen auf die niedersächsischen Lehramtsstudiengänge neue Herausforderungen zu. Der Bereich Sonderpädagogik wird in Zukunft verstärkt an Bedeutung gewinnen. In Niedersachsen gestaltet sich das Studienangebot im Bereich Sonderpädagogik aktuell sehr differenziert . Der Förderschwerpunkt Sehen und Hören wird aktuell nicht als Studienfach angeboten. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie konstituieren sich die aktuellen Studienkapazitäten für das Lehramt Sonderpädagogik an den niedersächsischen Hochschulen (bitte nach Hochschule, Förderschwerpunkt und Studienplatzzahlen auflisten)? 2. Wie hoch ist der Orts-NC im Einzelnen (bitte auch hier nach den einzelnen Hochschulen differenzieren )? 3. Plant die Landesregierung einen Ausbau der Studienplatzkapazitäten und, wenn ja, in welchem Umfang und für welche Förderschwerpunkte? 4. Mit welcher Intention verweist die Ministerin im Januar-Plenum 2014 auf Hamburg, das für das Wintersemester 2014/2015 Studienplätze für die Förderschwerpunkte Hören und Sehen ausgeschrieben hat, während das Lehramt in Niedersachsen für diese Förderschwerpunkte nicht existiert? 5. Plant die Landesregierung, Lehrämter für die Förderschwerpunkte Hören und Sehen einzuführen , und, wenn ja, wann und in welchem Umfang, und wenn nicht, warum? 6. Welche Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich Sonderpädagogik gibt es für die Lehrerinnen und Lehrer in Niedersachsen? 7. Wurden die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Jahr 2013 erweitert und, wenn ja, in welchem Umfang? 8. Wie gestalten sich die Fort- und Weiterbildungen inhaltlich, und werden die Lehrerinnen und Lehrer in Bezug auf bestimmte Förderschwerpunkte oder ganzheitlich aus- und weitergebildet ? 9. Wie viele Teilnehmer nahmen an den Fort- und Weiterbildungen 2013 und 2014 teil, und zeichnen sich dabei Schwerpunkte ab? 10. Hat sich die Landesregierung eine Zielmarke gesetzt, bis wann wie viele Lehrerinnen und Lehrer sonderpädagogische Fort- und Weiterbildungen besucht haben sollen und, wenn nein, warum nicht? 11. Sollten sich nach Einschätzung der Landesregierung alle Lehrerinnen und Lehrer sonderpädagogisch fortbilden lassen und, wenn nein, warum nicht? (An die Staatskanzlei übersandt am 08.05.2014 - II/725 - 715) 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1590 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Kultusministerium Hannover, den 11.06.2014 - 01-0 420/5-715 - Die Aufgabe der inklusiven Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Unterstützungsbedarf betrifft grundsätzlich jede Schule in Niedersachsen. Damit sind Lehrkräfte aller Schulen gefordert. Neben dem Einsatz sonderpädagogischer Fachkräfte werden daher für Lehrkräfte aller öffentlichen Schulen umfangreiche Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt. Daneben werden die Studieninhalte und Seminarlehrpläne aller Lehrämter den neuen Anforderungen angepasst. Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt: Zu 1: In Niedersachsen wird ein Studium für das Berufsziel Lehramt für Sonderpädagogik an den Universitäten Oldenburg und Hannover angeboten. Die Staatsexamensstudiengänge des Lehramts für Sonderpädagogik wurden in Oldenburg 2004 und in Hannover 2005 geschlossen und durch entsprechende Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzt. Im Studienjahr 2013/2014 gab es in diesen Studiengängen folgende Studienplatzkapazitäten: Studienplätze (Fachfälle) Bachelorstudium Masterstudium Universität Oldenburg 121 96 Universität Hannover 170 86 Während für die Bachelorstudiengänge in der Zulassungszahlenverordnung eine entsprechende Zulassungsbeschränkung festgelegt wurde, sind die Masterstudiengänge nicht zulassungsbeschränkt . Im Lehramt für Sonderpädagogik werden in Niedersachsen insgesamt fünf verschiedene sonderpädagogische Fachrichtungen angeboten. Von den am jeweiligen Standort angebotenen Fachrichtungen wählen die Studierenden im Studium zwei Fachrichtungen aus. Die Ausbildung der fünf Fachrichtungen verteilt sich wie folgt auf die zwei Standorte Oldenburg und Hannover: Pädagogik bei Beeinträchtigungen Hannover Oldenburg - der emotionalen und sozialen Entwicklung x x - der geistigen Entwicklung x - der körperlichen und motorischen Entwicklung x - des schulischen Lernens x x - der Sprache und des Sprechens x Weder die Studienplatzkapazitäten noch die Einschreibungen werden nach Fachrichtungen differenziert . Zu 2: Die Grenznoten, mit denen in den auf das Lehramt für Sonderpädagogik bezogenen Bachelorstudiengängen in der Hauptquote Bewerberinnen und Bewerber noch zugelassen wurden, betrugen im Wintersemester 2013/2014 an der Universität Oldenburg 2,0 und an der Universität Hannover 2,3. Zu 3: Gemeinsam mit den Universitäten Hannover und Oldenburg werden derzeit Möglichkeiten zum Ausbau der Studienkapazitäten für das Lehramt für Sonderpädagogik geprüft. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1590 Zu 4 und 5: Für die sonderpädagogischen Fachrichtungen Hören und Sehen gibt es in Niedersachsen aufgrund der geringen Bedarfe an Lehrkräften keine eigene Ausbildung in den auf das Lehramt für Sonderpädagogik ausgerichteten Bachelor- und Masterstudiengängen. Die Einrichtung dieser Fachrichtungen in den auf das Lehramt für Sonderpädagogik ausgerichteten Bachelor- und Masterstudiengängen ist derzeit nicht geplant. Für Lehrkräfte, die über die Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik verfügen, besteht jedoch die Möglichkeit der Teilnahme an einem weiterbildenden Masterstudiengang Behindertenpädagogik (M. A.) mit den Förderschwerpunkten Sehen oder Hören an der Universität Hamburg (siehe auch Antwort zu Frage 6). Zu 6: Innerhalb der Basisfortbildung und in den geplanten Vertiefungsfortbildungen an den Kompetenzzentren des Landes werden auch sonderpädagogische Themen z. B. zur Diagnostik und Förderung angeboten. Die geplanten Vertiefungsfortbildungen bieten hier einzelnen Lehrkräften, Netzwerken und Schulen die Möglichkeit, spezielle sonderpädagogische Themen abzurufen, um ihre vorhandenen Kompetenzen zu erweitern. Seit dem 01.02.2013 wird eine berufsbegleitende Qualifizierung für Lehrkräfte, die in der sonderpädagogischen Förderung tätig sind und nicht über die Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik verfügen, angeboten. Mit dieser berufsbegleitenden Qualifizierung können interessierte Lehrkräfte Kompetenzen in der sonderpädagogischen Förderung erwerben. Die berufsbegleitende Qualifizierung gliedert sich in zwei Teilleistungen, die Qualifizierung an den Studienseminaren und die Qualifizierung an den Schulen, und umfasst insgesamt drei Schuljahre. Insgesamt können 80 Lehrkräfte pro Kohorte teilnehmen. Zunächst sind fünf Durchgänge geplant. Die Universität Hamburg bietet einen weiterbildenden Masterstudiengang Behindertenpädagogik (M. A.) in den Förderschwerpunkten Sehen oder Hören an. Zum Wintersemester 2014/2015 und 2015/2016 werden jeweils sechs Lehrkräfte mit der Befähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik , die an öffentlichen Schulen im Bereich des Niedersächsischen Kultusministeriums tätig sind, an diesem Studiengang teilnehmen. Eine zusätzliche Weiterbildungsmöglichkeit stellt das berufsbegleitende universitäre Ergänzungsstudium „Sonderpädagogik: Pädagogik und Didaktik bei Beeinträchtigung im Lernen und in der emotionalen und sozialen Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung inklusiver Settings“ an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, dar. Insgesamt stehen zum Wintersemester 2014/2015 20 Studienplätze zur Verfügung. Mit der Universität Hannover wird derzeit über ein vergleichbares Angebot verhandelt. Zu 7: Die Qualifizierung der Lehrkräfte in der Basisfortbildung umfasst derzeit vier zweitägige Module, um den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Reflexion und gegenseitige Präsentation von geeigneten Unterrichts- und Diagnostikmethoden zu ermöglichen. Diese Erweiterung beinhaltet konzeptionell eine Erhöhung von fünfeinhalb auf acht Tage im Primarbereich und von sechs auf acht Tage im Sekundarbereich I. Das Curriculum wurde um den Themenschwerpunkt „Inklusive Unterrichtsdidaktik als gute allgemeine Didaktik“ erweitert. Das Veranstaltungsmanagement wurde zu Beginn des dritten Durchgangs im Sekundarbereich I und des fünften Durchgangs für die Grundschule an die Kompetenzzentren für regionale Lehrerfortbildung übergeben. Die Fortbildungen werden dadurch regional angeboten und unterstützen die Netzwerkbildung vor Ort. In diesem Zusammenhang wurde die Teilnahmebeschränkung auf zwei Lehrkräfte pro Schule aufgehoben. Um das Angebot zu erhöhen, befinden sich 32 neue Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in der Ausbildung. Deshalb können in diesem Jahr ca. 400 Lehrkräfte zusätzlich an den Qualifizierungen teilnehmen. Hier ist die Durchführung einer zweiten Welle der Basisfortbildung noch nicht berücksichtigt. 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1590 Zu 8: Die Themenbereiche der Module der Basisfortbildung umfassen u. a.: Grundlagen inklusiver Bildung , Prävention und Intervention im emotionalen und sozialen Bereich, Präventionsprogramme im emotionalen und sozialen Bereich, Classroom Management, Inklusive Unterrichtsdidaktik als eine gute allgemeine Didaktik zur Förderung aller Schülerinnen und Schüler, Co-Teaching, Diagnostik und diagnostische Verfahren, Förderplanung, Kooperative Förderplanung und Lernförderung, Erfahrungsaustausch und Reflexion nach ca. einem halben Jahr, gegenseitige Vorstellung von erfolgreichen Umsetzungsmodellen. Die Basisfortbildung beinhaltet Themengebiete, die für die Förderung aller Schülerinnen und Schüler hilfreich sind und die immer wieder an die Bedürfnisse der Praxis angepasst werden. Zu 9: Die Qualifizierung für Lehrkräfte des Primarbereichs ist bereits im Mai 2011 gestartet. Das Kultusministerium wird zum Jahresende 2014 ca. 3 300 Lehrkräfte des Primarbereichs fortgebildet haben. Die Qualifizierung für Lehrkräfte des Sekundarbereichs I startete im November 2012. Bis zum Jahresende 2014 werden ca. 1 600 Lehrkräfte qualifiziert worden sein. Die Nachfrage im Sekundarbereich I und im Primarbereich ist weiterhin hoch. Gleichzeitig wurde in den Fortbildungen deutlich, dass sich Schulen und Lehrkräfte vertiefende Fortbildungen zu einzelnen Schwerpunkten der Basisfortbildung wünschen. Eine Umsetzung von Vertiefungsfortbildungen befindet sich in der Planungsphase und wird bereits in diesem Jahr beginnen. Zu 10: Die Basisfortbildungen zur Einführung der inklusiven Schule sind ein Teil des gesamten Fortbildungsangebots in Niedersachsen. Im Rahmen der Kompetenzzentren für regionale Lehrerfortbildung hält das Land ein breites Fortbildungsangebot für Schulen und Lehrkräfte vor, welches in der Kooperation mit dem Kultusministerium und dem Niedersächsischen Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung immer wieder an die Bedürfnisse in der schulischen Praxis angepasst wird. Die Basisfortbildung vernetzt und verzahnt sich hier mit der Konzeptentwicklung in den Kompetenzzentren und erweitert prozessual das gesamte Angebot. Zu 11: Grundsätzlich soll allen Lehrkräften die Möglichkeit eingeräumt werden, an Fortbildungsmaßnahmen zur inklusiven Schule teilzunehmen. Dazu stehen landesweit Multiplikatorinnen und Multiplikatoren bereit, die regional Fortbildungskurse anbieten sowie auf Abruf für schulinterne Lehrerfortbildungen bereitstehen. Durch die Verankerung zentraler Aspekte inklusiver Schule in rechtlichen Regelungen sowie in den Seminarlehrplänen der Studienseminare aller Schulformen werden zukünftig alle Lehrkräfte über ein sonderpädagogisches Grundwissen verfügen. In Vertretung des Staatssekretärs Michael Markmann 4 (Ausgegeben am 17.06.2014) Drucksache 17/1590 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christi-an Dürr (FDP), eingegangen am 05.05.2014 Lehramt Sonderpädagogik an den niedersächsischen Universitäten und Fort- und Weiterbil-dungspotenzial für Lehrerinnen und Lehrer im Bereich Sonderpädagogik Antwort der Landesregierung