Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1643 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 09.05.2014 „Die Schwulenheiler“ „Die Schwulenheiler“ war der Titel einer Reportage der Sendung Panorama am 08.05.2014. In dieser Sendung suchte der homosexuelle Reporter Christian Deker Regionen in Deutschland auf, in denen Schwule als abartig und krank bezeichnet werden. Dabei traf er sich mit Ärzten, die ihm seine Orientierung mit Gebeten, Psychotherapien und Homöopathie austreiben wollten. Für manche dieser Behandlungen würden laut dem Bericht sogar gesetzliche Krankenkassen die Kosten tragen . Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung solche „medizinischen“ Angebote grundsätzlich? 2. Trifft es zu, dass einige dieser Therapien als Kassenleistung abgerechnet werden können, und, wenn ja, wie wird das begründet? 3. Sofern Frage 2 mit Ja beantwortet wurde: Plant die Landesregierung - im Rahmen ihrer Möglichkeiten - Einfluss zu nehmen, um dies in Zukunft zu verhindern und, wenn ja, was will sie konkret unternehmen? 4. Sofern die Abrechnung - wie auch in der Reportage angedeutet - zumindest teilweise nur durch Tricksereien und irreführende Bezeichnungen möglich ist, wie bewertet die Landesregierung diese Abrechnungsmethoden? a) Ist eventuell schon die Grenze zur Strafbarkeit überschritten (Stichwort „Kassenbetrug“)? b) Wenn ja, was wird bisher dagegen unternommen? c) Was sollte zusätzlich unternommen werden, um solche Betrügereien zu verhindern? 5. Welche anderen vergleichbaren Leistungen können mit den Kassen abgerechnet werden? (An die Staatskanzlei übersandt am 14.05.2014 - II/725 - 731) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 16.06.2014 für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung - 106.21 – 15 02 46 - 06 - Die Landesregierung tritt dafür ein, dass alle Menschen unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft , Behinderung, Religion und ihrer sexuellen Identität diskriminierungsfrei leben können1. Sie unterstützt hierbei offensiv die Belange von Lesben, Schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen (LSBTI). Laut Auskunft der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen und auch der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen sind diesen weder entsprechende Fälle bekannt, noch habe es Hin- 1 s. Koalitionsvereinbarung, S. 32/33 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1643 weise gegeben, dass solche Fälle zulasten der gesetzlichen Krankenkassen zur Abrechnung gelangt sind. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Homosexualität ist keine Krankheit und bedarf keiner Behandlung. Die Landesregierung ist erstaunt und entsetzt über die Eindrücke, die mit der Reportage „Die Schwulenheiler“2 der Sendung Panorama 3 am 08.05.2014 vermittelt werden. Zu 2: Die in der Reportage dargestellten Leistungen sind keine Leistungen, die gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden können. Sie wurden stattdessen als abrechnungsfähige Leistungen wie z. B. Psychotherapie oder ärztliche Gespräche deklariert. Zu 3: Entfällt. Zu 4 a: Die Bewertung, ob durch die genannten Abrechnungsmethoden die Grenze zur Strafbarkeit überschritten ist, ist von der zuständigen Staatsanwaltschaft zu prüfen. Zu 4 b und c: Die Prüfung der Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung fällt in den Zuständigkeitsbereich der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) und der Krankenkassen. Um gegen Abrechnungsbetrug durch falsche Deklaration von ärztlichen Leistungen vorzugehen, ist es erforderlich, dass dies angezeigt wird. Hierfür haben die gesetzlichen Krankenkassen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung sogenannte „Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ eingerichtet. An diese Stellen kann sich jede Person z. B. im Zusammenhang mit einem auch vermuteten Abrechungsbetrug wenden. Dort wird den Hinweisen nachgegangen, wenn sie aufgrund der einzelnen Angaben oder der Gesamtumstände glaubhaft erscheinen. Die Krankenkassen sowie die KVN haben die Möglichkeit, Fälle von Abrechnungsbetrug per Strafanzeige verfolgen zu lassen. Daneben wirkt aus Sicht der niedersächsischen Krankenkassen das Wissen um die möglichen Folgen eines Abrechnungsbetrugs bereits größtenteils präventiv abschreckend. Um den Vertrauensschutz nicht infrage zu stellen, können hiernach keine weiteren vorbeugenden Maßnahmen gegen Abrechnungsbetrug eingeführt werden. Zu 5: Kenntnisse über abrechnungsfähige Leistungen für eine Behandlung, wie in der Reportage dargestellt , liegen nicht vor. Es ist jedoch möglich, dass sich Personen aufgrund ihrer Sexualität belastet fühlen. In diesen Fällen ist z. B. eine Psychotherapie zur Behandlung einer Depression, die ursächlich im persönlichen Umgang mit der eigenen Sexualität liegt, eine Kassenleistung und somit abrechnungsfähig . Diese Therapien richten sich dann jedoch nicht gegen die Homosexualität, sondern dienen der Behandlung der beschriebenen psychischen Belastungen. Cornelia Rundt 2 von Christian Deker, Oda Lambrecht und Jennifer Stange 3 Das Erste 2 (Ausgegeben am 24.06.2014) Drucksache 17/1643 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 09.05.2014 „Die Schwulenheiler“ Antwort der Landesregierung