Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1660 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Dr. Stefan Birkner und Dr. Marco Genthe (FDP), eingegangen am 08.05.2014 Wie lange reichen die Erdgasreserven ohne Fracking? Einer Studie des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) zufolge förderte die Erdgasindustrie 2013 in Deutschland 10,7 Mrd. m3 Rohgas. Das entspricht einem Förderrückgang von 8,8 % im Vergleich zum Jahr 2012, in dem Deutschland noch 11,7 Mrd. m3 produzierte. 2011 waren es rund 12,9 Mrd. m3. Die Summe der sicheren und geschätzten Erdgasreserven in Niedersachsen betrug zum 01.01.2014 insgesamt 9,995 Mio. t, was einen Rückgang von 0,896 Mio. t bedeutet. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie hoch ist der Anteil der Erdgasreserven in Niedersachsen, der durch Fracking gefördert werden muss? 2. Wie lange würden die Reserven ohne Fracking und wie lange mit Fracking ausreichen? 3. Wie prognostiziert die Landesregierung die Erdgasförderung in den kommenden Jahren? 4. Wie bewertet die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass das Fracking schon seit einigen Jahrzehnten in Niedersachsen angewendet wird, den Satz von Ministerin Hendricks in der Passauer Neuen Presse, dass sie „eine umweltverträgliche kommerzielle Anwendung der Fracking-Technologie bei uns für Wunschdenken“ hält? (An die Staatskanzlei übersandt am 14.05.2014 - II/725 - 722) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 17.06.2014 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/722/Erdgasreserven - Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) erstellt jährlich Berichte über die Erdölund Erdgasreserven sowie über die Ergebnisse der Exploration und Produktion von Erdöl und Erdgas in Deutschland. Grundlage dieser Berichte sind Informationen und Daten, die von den Explorations - und Produktionsunternehmen sowie von den Bergbehörden und geologischen Diensten der Länder erhoben werden. Der aktuelle Kurzbericht des LBEG über „Erdöl- und Erdgasreserven in der Bundesrepublik Deutschland am 01.01.2014“ gibt einen zusammenfassenden aktuellen Überblick über die Kohlenwasserstoff -Reserven in konventionellen Lagerstätten in Deutschland. Danach betragen die sicheren 1 und wahrscheinlichen2 Erdgasreserven bezogen auf den natürlichen Brennwert (Rohgas) zum 1 Menge der Kohlenwasserstoffe in bekannten Lagerstätten, die aufgrund lagerstättentechnischer und geologi- scher Erkenntnisse unter den gegebenen wirtschaftlichen und technischen Bedingungen mit hoher Sicherheit gewinnbar sind (Wahrscheinlichkeitsgrad mindestens 90 %). 2 Menge der Kohlenwasserstoffe in bekannten Lagerstätten, abzüglich der „Sicheren Reserven“, die aufgrund lagerstättentechnischer und geologischer Erkenntnisse unter den gegebenen wirtschaftlichen und technischen Bedingungen mit einem angemessenen Wahrscheinlichkeitsgrad gewinnbar sind (Wahrscheinlichkeitsgrad mindestens 50 %). 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1660 01.01.2014 103,6 Mrd. m3 (davon 102,0 Mrd. m3 in Niedersachsen). Gegenüber 2013 (123,3 Mrd. m3 bundesweit, 120,9 Mrd. m3 Niedersachsen) ergibt sich bundesweit ein Rückgang um 19,7 Mrd. m3 oder 16 %. Der Rückgang der Reserven liegt damit nahezu doppelt so hoch wie die Erdgasfördermenge des Jahres 2013, was auf Neubewertungen der sicheren und wahrscheinlichen Reserven zurückzuführen ist. Die Produktion von Rohgas sank in Deutschland im Jahr 2013 um 1,0 Mrd. m3 auf 10,7 Mrd. m3, was bundesweit einem Rückgang um fast 9 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Niedersachsen ist mit einem Anteil von rund 94,5 % (10,1 Mrd. m3), an dieser Fördermenge mit Abstand das förderstärkste Land in Deutschland. Regional stammte das Erdgas dabei überwiegend aus den Fördergebieten zwischen Weser und Ems sowie zwischen Elbe und Weser. Der Förderrückgang findet seine Begründung im Wesentlichen in der natürlichen Erschöpfung der vorhandenen Lagerstätten, der u. a. infolge des seit fast drei Jahren bestehenden Investitionsstillstands bei Fracking-Vorhaben nicht in dem erforderlichen Maße kompensiert werden konnte. Die deutsche Erdgasförderung trug 2013 mit rund 11 % zur Deckung des bundesweiten Erdgasbedarfs bei (2012: rund 12 %, 1994: rund 23 %). Ein Vergleich der Jahresfördermenge von 10,7 Mrd. m3 mit den vorhandenen Erdgasreserven von 103,6 Mrd. m3 ergibt eine statische Reichweite der Reserven von 9,7 Jahren. Dabei ist die statische Reichweite nicht als Prognose, sondern lediglich als Momentaufnahme an einem Stichtag und als Größe im internationalen Vergleich anzusehen. Die statische Reichweite berücksichtigt nicht den natürlichen Förderabfall der Lagerstätten, der prinzipiell zu einer längeren Reichweite in Jahren führt. Anzumerken ist, dass im Bereich der konventionellen Erdgaslagerstätten (hier: Tight Gas-Lagerstätten ) zurzeit weitere Erdgaspotenziale von 150 Mrd. m3 für Deutschland prognostiziert werden. Sofern diese Potenziale zu Reserven entwickelt werden könnten, würde sich die statische Reichweite der Erdgasförderung (bei gleichbleibender Fördermenge) mehr als verdoppeln. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Derzeit stammt rund ein Drittel der Erdgasförderung in Niedersachsen aus gefrackten Bohrungen in konventionellen Lagerstätten. Insofern kann auch bei der Reservenabschätzung davon ausgegangen werden, dass rund ein Drittel der sicheren und wahrscheinlichen Erdgasreserven in Niedersachsen , also rund 34 Mrd. m3 durch gefrackte Bohrungen zu fördern wären. Zu 2: Grundsätzlich zielt die Anwendung der Frack-Technologie auf eine Erhöhung der Produktion bzw. des Erdgasfördervolumens einer Bohrung. Unter Umständen geht damit auch eine Erhöhung der Erdgasreserven einher. Eine zwangsläufige Verlängerung der statischen Reichweite der Reserven ist damit jedoch nicht verbunden, da das in der Lagerstätte vorhandene Erdgas nach der FrackMaßnahme mit einer erhöhten Produktion aus der Bohrung gefördert wird. Vor diesem Hintergrund ist eine verlässliche Aussage zu der statischen Reichweite der sicheren und wahrscheinlichen Erdgasreserven mit und ohne Fracking nicht möglich. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Zu 3: In Niedersachsen wird es angesichts der stetig ungünstiger werdenden geologischen Verhältnisse (kleine Lagerstätten, große Teufen, erschöpfte Lagerstätten, gering durchlässiges Trägergestein) zunehmend schwieriger, ohne den Einsatz von angepassten Fördertechnologien Erdgas zu gewinnen . Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass auch in den nächsten Jahren mit einem Rückgang der Erdgasförderung in Niedersachsen zu rechnen ist. Ob und in welchem Umfang die Durchführung von Frack-Vorhaben in konventionellen Lagerstätten die jährlichen Fördermengen beeinflussen wird, lässt sich nicht zuverlässig prognostizieren. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1660 Zu 4: Grundsätzlich kommentiert die Landesregierung Presseberichterstattungen zu Aussagen von Bundesministerinnen oder Bundesministern nicht. Allgemein ist festzuhalten, dass die Landesregierung die Anwendung der Frack-Technologie in unkonventionellen Lagerstätten (Schiefergas-Lagerstätten, Kohleflözgas-Lagerstätten) ablehnt. FrackMaßnahmen in konventionellen Lagerstätten sollen zukünftig unter Beachtung strenger Umweltauflagen und unter maximaler Transparenz im Genehmigungsverfahren grundsätzlich möglich sein. In Vertretung Daniela Behrens 3 (Ausgegeben am 30.06.2014) Drucksache 17/1660 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Dr. Stefan Birkner und Dr. Marco Genthe (FDP), ein-gegangen am 08.05.2014 Wie lange reichen die Erdgasreserven ohne Fracking? Antwort der Landesregierung