Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1697 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann und Ansgar Focke (CDU), eingegangen am 22.05.2014 Sind die Oldenburger Gerichte die Verlierer der Standortpolitik von Ministerin NiewischLennartz ? Der Justizstandort Oldenburg leidet nach Auffassung von Betroffenen mit seinen zahlreichen Gerichten und der Staatsanwaltschaft seit vielen Jahren unter dem schlechten baulichen Zustand, der Enge und dem ungünstigen Zuschnitt seiner Räume. Die Beschäftigten leiden unter dem schlechten baulichen Zustand. Viele Liegenschaften und die weiten Wege zwischen den im Oldenburger Stadtgebiet verstreuten Standorten sind nach Auffassung von Beobachtern einer modernen, im Hinblick auf Kosten und Arbeitsabläufe effizienten Justizverwaltung nicht zuträglich. Die Gewährleistung von Sicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz und die Besucherinnen und Besucher ist bei einer räumlichen Trennung der Behörden nur mit deutlich höherem Personaleinsatz zu leisten, weil u. a. eine zentrale Eingangskontrolle derzeit nicht möglich ist. Nach der Absage der Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz an ein Oldenburger Justizzentrum haben hochrangige Justizvertreter aus Oldenburg die Ministerin kritisiert. In einem Artikel der Kreiszeitung Wesermarsch vom 29. März 2014 heißt es auf Seite 24 unter der Überschrift „Oldenburger Gerichte sind die Verlierer“: „Kircher ist überzeugt davon, dass in ein paar Jahren die vorhandene Bausubstanz der Gerichtsgebäude im Oldenburger Gerichtsviertel derart marode ist, dass das Land um einen Neubau nicht herumkommt.“ ,Der wird dann am Stadtrand gebaut, weil es innerstädtisch kein passendes Grundstück geben wird’, ist er überzeugt. Warum die Ministerin sich nicht für die wirtschaftlichste Lösung - einen Neubau hinter dem Hauptbahnhof entschieden hat, ist für Kircher und seinen Stellvertreter Dr. Michael Kodde nicht nachvollziehbar, zumal das Gesetz das vorschreibt. ,Außerdem ist der Koalitionsvereinbarung zu entnehmen, dass ein Justizzentrum für Oldenburg aus wirtschaftlichen Gründen gewollt ist’, erinnert Kircher. Warum die Ministerin ein Dutzend verschiedene Standorte in Oldenburg bürgernah findet, kann der OLG-Präsident ebenfalls nicht nachvollziehen. Ganz abgesehen davon kritisiert er die Sicherheitslage.“ Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung aktuell die räumliche Situation am Justizstandort Oldenburg ? 2. Wie beurteilt die Landesregierung aktuell die Sicherheitslage in den einzelnen Justizgebäuden am Justizstandort Oldenburg? 3. Teilt die Landesregierung die Auffassung des Oldenburger OLG-Präsidenten, dass sich die Ministerin mit ihrer Entscheidung gegen ein Justizzentrum in Oldenburg gegen die wirtschaftlichste Lösung entschieden habe? 4. Teilt die Landesregierung die Einschätzung des Oldenburger OLG-Präsidenten, dass die Bausubstanz der Gerichtsgebäude im Oldenburger Gerichtsviertel in einigen Jahren derart marode sein werde, dass das Land um einen Neubau nicht herumkommen werde und dieser dann am Stadtrand gebaut werden müsse, weil es innerstädtisch kein passendes Grundstück geben werde? 5. Wann wird die Landesregierung mit der Sanierung der vorhandenen Gerichts- und der anderen Justizgebäude in Oldenburg beginnen? 6. Mit welchen Kosten rechnet die Landesregierung für eine komplette Sanierung der Justizgebäude in Oldenburg? 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1697 7. Teilt die Landesregierung die Einschätzung des Oldenburger OLG-Präsidenten, wonach allein die Sanierung von Amts- und Landgericht sowie Oberlandesgericht in Oldenburg mindestens 10 Mio. Euro kosten würde? 8. Wie beabsichtigt die Landesregierung, die für die Sanierung erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen ? 9. Kann die Landesregierung garantieren, dass sie die erforderlichen Mittel für eine Sanierung bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode bereitstellen wird? 10. Wie beabsichtigt die Landesregierung, die Sicherheitslage in den Justizgebäuden in Oldenburg zeitnah und nachhaltig zu verbessern? Mit welchen Kosten rechnet sie dafür? 11. Wer trägt die politische Verantwortung, wenn es vor einer Verbesserung der gegenwärtigen Sicherheitslage zu einem Sicherheitsvorfall in einem der Oldenburger Justizgebäude kommt? 12. Teilt die Landesregierung die Einschätzung des Oldenburger OLG-Präsidenten, wonach die Oldenburger Gerichte die Verlierer der Entscheidung der Justizministerin sind? (An die Staatskanzlei übersandt am 27.05.2014 - II/725 - 749) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Justizministerium Hannover, den 24.06.2014 - 5310 Oldenburg – 102. 27 - Die Planungen für eine Verbesserung der Unterbringung der Gerichte und Staatsanwaltschaften am Justizstandort Oldenburg reichen bis in die 1980er-Jahre zurück. Insofern bestand bereits über viele Legislaturperioden hinweg die Chance, für eine verbesserte Unterbringung der Oldenburger Justizbehörden zu sorgen. Die versäumte Entscheidung der Vorgängerregierung über eine Realisierung des zuletzt favorisierten Neubaus eines Justizzentrums im Wege einer Investorenmietlösung hinter dem Bahnhof hat stattdessen zu einem mehrjährigen Stillstand im Bau- und Unterbringungsbereich und einem entsprechenden Sanierungsstau geführt. Diesen Stillstand hat erst die jetzige Landesregierung aufgelöst, indem sich Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz für den Verbleib der Oldenburger Justiz im historischen Gerichtsviertel und die Entwicklung eines Konzepts zur schrittweisen Verbesserung der Unterbringung durch die Beteiligten vor Ort entschieden hat, das innerhalb von mehreren Jahren über entsprechende Haushaltsanmeldungen realisiert werden soll. Unabhängig von einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wäre im Falle einer Investorenlösung die langfristige laufende Belastung des Landeshaushalts mit insgesamt annähernd 200 Mio. Euro nur für die Kaltmiete zu bedenken gewesen. Auch hatten sich bei einer Befragung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Gerichte und Staatsanwaltschaften bei einer Wahlbeteiligung von 96 % nur 22,32 % für und 72,63 % gegen die Errichtung eines Justizzentrums als Investorenmietlösung hinter dem Bahnhof ausgesprochen. Das Justizministerium hat daraufhin eine Arbeitsgruppe aller Oldenburger Justizbehörden unter Beteiligung der Bau- und Liegenschaftsverwaltung damit beauftragt , bis zum Jahresende ein realistisches und zugleich finanzierbares Optimierungskonzept für den Justizstandort Oldenburg vorzulegen, das sämtliche Bereiche der Unterbringungsverbesserung (Anmietungen, Bauunterhaltung sowie kleine und gegebenenfalls auch große Baumaßnahmen) unter Einbeziehung von Kostengesichtspunkten abbildet. Dabei wird eine stärkere Konzentration innerhalb des Gerichtsviertels angestrebt, die nicht nur eine Optimierung der Ablauforganisation, sondern auch eine Erhöhung der Sicherheit in den Gebäuden ermöglichen wird. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Zur Beantwortung wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1697 Zu 2: Unter „Sicherheitslage“ wird im Allgemeinen die Gesamtschau von Bedrohungen verstanden. Hierzu wurden im Jahr 2011 unter Beteiligung des Innenministeriums und des Landeskriminalamts für 142 niedersächsische Gerichte und Staatsanwaltschaften Gefährdungsanalysen erstellt, die dazu dienen abzuschätzen, inwieweit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der jeweiligen Behörde sowie sonstige Prozessbeteiligte und Publikum gefährdet sind, Opfer von Straftaten zu werden, weil sie sich in dem betreffenden Justizgebäude aufhalten. Als Bemessungsgrundlage für die Gefahrenprognosen wurde das achtstufige „Prognose-Modell“ des Bundeskriminalamts entsprechend angewendet . Sämtliche Oldenburger Gerichte und Staatsanwaltschaften wurden dabei in die Stufe 5 („Der Eintritt eines gefährdenden Ereignisses ist eher unwahrscheinlich“) kategorisiert. Anhaltspunkte dafür, diese Einschätzung der abstrakten Gefahren aktuell zu verändern, liegen der Landesregierung nicht vor. Was die konkreten baulichen und technischen Gegebenheiten in den einzelnen Gebäuden betrifft, werden diese von der Arbeitsgruppe auch im Hinblick auf Sicherheit betrachtet, sodass damit zu rechen ist, dass das Optimierungskonzept auch Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit enthalten wird. Zu 3: Zur Beantwortung wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Zu 4: Nein. Zu 5: Mit der Sanierung ist bereits im laufenden Haushaltsjahr mit konzeptunabhängigen Maßnahmen begonnen worden. So werden z. B. die Toilettenanlagen der Staatsanwaltschaft und diverse Fenster im Amtsgericht mit einem Gesamtvolumen von mehr als 600 000 Euro saniert, darüber hinaus erhält das Oberlandesgericht zusätzliche angemietete Flächen, was schon in diesem Stadium zu einer deutlichen Entspannung der Unterbringungssituation führen wird. Zu 6: Die Kosten für die Realisierung der Optimierungsmaßnahmen werden vom konkreten Konzept abhängen , das zurzeit erarbeitet wird; sie stehen mithin noch nicht fest. Ergänzend wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Zu 7: Zur Beantwortung wird auf die Antwort zu Frage 6 sowie auf die Vorbemerkungen verwiesen. Zu 8: Zur Beantwortung wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Zu 9: Die Landesregierung hat das Ziel, das Optimierungskonzept, sobald es vorgelegt und geprüft worden ist, unter Berücksichtigung der bestehenden Haushaltsansätze im Einzelplan 20 sukzessive umzusetzen. Die Entscheidung über die Bereitstellung der dafür erforderlichen Haushaltsmittel obliegt letztlich dem Haushaltsgesetzgeber. Zu 10: Zur Beantwortung wird zunächst auf die Vorbemerkungen und auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen . Die konkreten Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit und deren Kosten werden vom Gesamtkonzept abhängen. Zu 11: Die Frage der politischen Verantwortung für den Zeitraum bis zur Umsetzung von Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit ist nicht anders zu beantworten als für jeden anderen Zeitraum. 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1697 Zu 12: Nein. Antje Niewisch-Lennartz 4 (Ausgegeben am 02.07.2014) Drucksache 17/1697 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann und Ansgar Focke (CDU), eingegangen am 22.05.2014 Sind die Oldenburger Gerichte die Verlierer der Standortpolitik von Ministerin Niewisch-Lennartz? Antwort der Landesregierung