Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1700 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 30.04.2014 Krankenhausfinanzierung und privatwirtschaftliche Servicedienstleister Im System der gesetzlichen Krankenkassen kommen Kostenträger, Patienten und Leistungserbringer zusammen. Ziel des Systems ist, im Rahmen des gesetzlichen Auftrags erforderliche Gesundheitsleistungen an die Versicherten abzugeben, die das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Hierfür verständigen sich Kostenträger und Leistungserbringer auf Vergütungen für bestimmte Leistungen . Das Verhandeln dieser Vergütungen auf Augenhöhe wird häufig dann außen vor gelassen, wenn die Beschränkung von Leistungen nicht zu lebensbedrohlichen Folgen führt. Daher lassen sich von der GKV finanzierte Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen sehr viel schlechter verhandeln als Akutkrankenhausleistungen. Ein Beispiel hierfür sind die Ausgaben für stationäre Vorsorge - und Rehabilitationsmaßnahmen für Mütter und Kinder, die im Verhältnis zu den Gesamtausgaben der GKV seit 2000 gesunken sind. In Hinblick auf die hohe Personalkostenquote in allen stationären medizinischen Einrichtungen hat eine Unterfinanzierung von Leistungen auch Auswirkungen auf die Beschäftigung von Fachkräften und den Wettbewerb um die Gewinnung dieser bedeutenden Ressource. Da die Kostenträger dazu tendieren, bei der Zuweisung von Leistungen möglichst niedrige Kosten auszulösen, wird im System auch das grundsätzliche Wunsch- und Wahlrecht für die Versicherten ausgehöhlt. Es gibt Krankenkassen, die ihre Belegung jeweils nur auf den günstigsten Preis ausrichten . Hierbei berufen sich diese auf das gesetzliche Wirtschaftlichkeitsgebot. Ein weiteres mögliches Problem ist es, dass Krankenkassen externe Dienstleister einbeziehen, die Servicefunktionen im Rahmen der Fallbearbeitung bei Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen ausüben. Nach Bewilligung der Leistung wird der Fall von der einzelnen Krankenkasse an den Serviceleister übergeben, der im Auftrag der BKKn „geeignete“ Einrichtungen für die Versicherten sucht. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Ist es richtig, dass im System der Betriebskrankenkassen privatwirtschaftliche Serviceleister, wie die GSM Gesund GmbH (http://www.gsm-gesund.de/8561/), originäre Kassenaufgaben im Bereich des Fallmanagements übernehmen? 2. Welche anderen Serviceleister gibt es? 3. Tritt die GSM Gesund GmbH - bzw. andere Serviceleister - gegenüber den aufnehmenden Kliniken als Vertragspartner auf, der den Eindruck erweckt, als könne dieser die Belegung und Auslastung der Klinik steuern und verantworten? 4. Ist es richtig, dass die Kliniken, die mit der GSM Gesund GmbH vertraglich verbunden sind, einen Teil der Vergütung, die zwischen der Krankenkasse und der Klinik abgerechnet wird, als Vermittlungsprovision an die GSM Gesund GmbH zahlen? 5. Wie ist dies bei den anderen Serviceleistern? 6. Trifft es zu, dass die angeschlossenen Betriebskrankenkassen keinen Finanzierungsbeitrag an die GSM Gesund GmbH leisten, damit diese ihre Dienstleistungen für die Krankenkassen und die Versicherten überhaupt erbringen können? 7. Wie ist dies bei den anderen Serviceleistern? 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1700 8. Ist es sachgerecht, dass Versicherte um die Vielfalt des Leistungsangebots gebracht werden, wenn die GSM Gesund GmbH diesen nur eine begrenzte Auswahl von Kliniken anbietet (21 von 140) und die Wahl anderer Kliniken kategorisch ausschließt? 9. Wie verfahren hier die anderen Serviceleister? 10. Müssen nicht ausgegliederte Dienstleistungen von gesetzlichen Krankenkassen transparent und öffentlich ausgeschrieben werden, und, wenn ja, wie beurteilt die Landesregierung die Ausschreibung im Fall der GSM Gesund GmbH und der anderen Dienstleister? 11. Wie ist die Weiterleitung der persönlichen Daten der Versicherten von der Kasse an den Serviceleister aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu bewerten? (An die Staatskanzlei übersandt am 08.05.2014 - II/725 - 710) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 23.06.2014 für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung - 15 02 22 -27 - Betriebskrankenkassen arbeiten seit mehreren Jahren mit der GSM Gesund GmbH zusammen. Art und Inhalt der Zusammenarbeit bestimmt die einzelne Betriebskrankenkasse. Insofern sind keine allgemeingültigen Aussagen möglich. Die Aktivitäten der GSM Gesund GmbH umfassen nicht den Bereich der Krankenhausleistungen. Vielmehr konzentriert sich die Gesellschaft auf den Leistungsbereich der Rehabilitationsmaßnahmen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Für die Aufgaben der Betriebskrankenkassen ist § 40 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), der gleichermaßen auch für Rehabilitationsleistungen für Mütter und Vater gilt, einschlägig . Dort heißt es: „Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen ….“ Damit obliegt es der Betriebskrankenkasse im Rahmen ihres sogenannten Fallmanagements, im Einzelfall Entscheidungen darüber zu treffen, ob es zu einer Rehabilitationsmaßnahme kommt. Dazu zählt auch die konkrete Festlegung von Zeitpunkt und Umfang der Maßnahme. Hinsichtlich der Auswahl der Einrichtung müssen die Betriebskrankenkassen auf vielfältige Informationen zu Indikationsspektrum , Leistungsangeboten der Rehabilitationseinrichtungen und weiteren wichtigen Hinweisen für die Leistungsgewährung zurückgreifen. Dabei spielt das Wirtschaftlichkeitsgebot eine wichtige Rolle, sodass Preisinformationen von zentraler Bedeutung sind. Unter anderem werden in diesem Kontext die für die Leistungsgewährung relevanten Informationen genutzt, die von der GSM Gesund GmbH zur Verfügung gestellt werden. Im Einzelfall kommt es darüber hinaus auch zu einer beratenden Unterstützung der Betriebskrankenkasse bei der Ausübung ihrer Ermessensentscheidung . Die Letztentscheidung trifft die Betriebskrankenkasse. Zu 2: Der Landesregierung liegen keine Informationen zu weiteren Dienstleistern vor. Zu 3: Die vertraglichen Kompetenzen hat der Gesetzgeber klar geregelt. Demnach schließen die Landesverbände der gesetzlichen Krankenkassen gemeinsam mit den Trägern der Rehabilitationsein- 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1700 richtungen die Versorgungsverträge nach §§ 111 und 111 a SGB V. Diese berechtigen die jeweilige Klinik zur Erbringung von Rehabilitationsleistungen. Nach § 111 Abs. 5 SGB V werden die Vergütungen für Rehabilitationsleistungen zwischen den Krankenkassen und den Einrichtungen vereinbart . Dabei kann die Betriebskrankenkasse im Zuge einer Aufgabenübertragung Dritte mit dem Abschluss von Verträgen beauftragen. Der Landesregierung liegen keine Informationen vor, nach denen die GSM Gesund GmbH über verbindliche Belegungszusagen in der Lage wäre, die Auslastung einer Rehabilitationseinrichtung nachhaltig zu beeinflussen. Zu 4: Sollte es neben den o. g. vertraglichen Regelungen zwischen Krankenkassen und Rehabilitationseinrichtungen zu vertraglichen Absprachen zwischen der GSM Gesund GmbH und den Kliniken kommen, sind diese der Landesregierung nicht bekannt. Insofern liegen hier keine Informationen vor, ob die Kliniken entsprechende Vermittlungsprovisionen an die GSM Gesund GmbH zahlen. Zu 5: Der Landesregierung liegen keine Informationen zu weiteren Dienstleistern vor. Zu 6: Der BKK Landesverband Mitte leistet keinen Finanzierungsbeitrag an die GSM Gesund GmbH. Entsprechendes gilt auch für die der Aufsicht des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung unterstehenden Betriebskrankenkassen. Zu 7: Der Landesregierung liegen keine Informationen zu weiteren Dienstleistern vor. Zu 8: Die Betriebskrankenkasse unterbreitet dem Versicherten eine Vorauswahl an Kliniken, die geeignet erscheinen, um die mit der Rehabilitationsmaßnahme verbundenen Behandlungsziele zu erreichen. In erster Linie kommen hier medizinische Aspekte hinsichtlich Indikationsspektrum und Behandlungsverfahren zum Tragen. Regionale Gesichtspunkte sind ebenfalls zu beachten. Gleichzeitig sollte der Wettbewerb um Qualität vor einem reinen Preiswettbewerb stehen. Bei der Auswahl der Kliniken sollte dem Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten entsprochen werden. Zu 9: Der Landesregierung liegen keine Informationen zu weiteren Dienstleistern vor. Zu 10: Krankenkassen haben als öffentlicher Auftraggeber das Vergaberecht zu beachten. Sofern ein Auftragsvolumen die vergaberechtlich festgesetzten Wertgrenzen überschreitet, ist zu prüfen, ob es zu einer Ausschreibung kommen muss. Ob dieses für die Betriebskrankenkassen im Einzelnen relevant ist, hängt letztlich von der konkreten Ausgestaltung der Zusammenarbeit mit der GSM Gesund GmbH ab. Die Dienstleistung umfasst nicht die Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme, sodass die für eine Ausschreibung relevanten Größenordnungen regelmäßig nicht erreicht werden dürften. Eine konkrete Beurteilung ist jedoch nur für den jeweiligen Einzelfall möglich. Zu 11: Die Krankenkasse kann nach Maßgabe von § 197 b SGB V ihre Aufgaben durch Dritte erledigen lassen. In diesem Kontext ist der Dienstleister dazu verpflichtet, die für die Krankenkasse maßgeblichen datenschutzrechtlichen Vorschriften einzuhalten. Die Krankenkasse ist ihrerseits dazu verpflichtet , auf die Einhaltung dieser Vorschriften hinzuwirken. Insofern ist die Weitergabe der personenbezogenen Daten, die zur Bereitstellung der Dienstleistung erforderlich ist, bei Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften durch Krankenkasse und Dienstleister ein bewährtes und zulässiges Verfahren. Cornelia Rundt 3 (Ausgegeben am 02.07.2014) Drucksache 17/1700 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP), eingegangen am 30.04.2014 Krankenhausfinanzierung und privatwirtschaftliche Servicedienstleister Antwort der Landesregierung