Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1703 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Ulf Thiele (CDU), eingegangen am 23.05.2014 Energiewende ja, Naturschutz nein? - Der Teufel steckt im Detail: Wie sichert die Landesregierung niedersächsische Interessen von Lebensqualität und Naturschutz bei der Realisierung des Projektes SuedLink im Bereich der Gemeinde Algermissen, Ortsteil Bledeln? Nach der Vorstellung der geplanten Stromleitungen SuedLink, die von Schleswig-Holstein nach Bayern führen sollen, gibt es auch in Niedersachsen heftige Proteste - nicht immer genereller, ideologischer Art, wohl aber hinsichtlich einer fehlenden fachlichen Begründung der Planungen -, so auch im Bereich der Gemeinde Algermissen, Ortsteil Bledeln. Für die Gemeinde Algermissen ist die derzeitige Trasse ein schwerwiegender Eingriff in die Landschaft von Bledeln und Umgebung. Denn sie führt im Zusammenhang mit vorhandenen Stromleitungen und einem Umspannwerk im Nordwesten der Feldmark Bledelns zu einer vollständigen Einkreisung des Dorfes durch Hochspannungsanlagen und Masten. Zudem werden wichtige Belange des Natur- und Umweltschutzes berührt. Der geplante Bau der SuedLink ist nach naturschutzrechtlichen Bestimmungen ein Eingriff in die Landschaft nach § 14 BNatSchG und missachtet möglicherweise die gesetzlichen Vorgaben des Vermeidungs- und Minimierungsgebotes. Zur jüngsten Kleinen Anfrage „Wie steht die Landesregierung zu Stromleitungen?“ der Abgeordneten Gero Hocker und Stefan Birkner (FDP) verwies die Landesregierung am 24. März 2014 „abweisend “ auf die Zuständigkeit der Bundesebene. Zugleich gibt die Landesregierung das Versprechen: „Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass Eingriffsmaßnahmen auf das notwendige Maß beschränkt werden, die Eingriffsintensität also so gering wie möglich ausfällt.“ Sie weist dort auf eine erste fachliche Bewertung der vorgeschlagenen Trasse hin. Unter Federführung des ML werden in einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe die fachlichen Bewertungen zusammengeführt und eine erste Positionierung des Landes zu der Vorschlagstrasse erarbeitet. Aus den Reihen der Bürgerschaft von Bledeln gibt es den Vorschlag, SuedLink - statt wie geplant mit langer Strecke durch die unberührte Bledelner Feldmark - wesentlich kürzer entlang der Autobahn A 7 zu bauen (vgl. Kartenskizze). Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie setzt die Landesregierung konkret im Bereich Bledeln und Umgebung ihre Zusage um, sich dafür einzusetzen, die Eingriffsmaßnahmen auf das notwendige Maß zu beschränken, damit die Eingriffsintensität also so gering wie möglich ausfällt? 2. Was erwidert die Landesregierung auf den Vorwurf, dass die derzeit geplante Trassenführung keineswegs den gesetzlichen Anforderungen vom Vermeidungs- und Minimierungsgebot nach § 14 BNatSchG entspricht? 3. Wann findet die angekündigte Antragskonferenz statt? 4. Wie sieht der Dialogprozess konkret aus, mit dem die Landesregierung die Kommunen sowie die Bevölkerung in die fachliche Bewertung zur Positionierung des Landes zu der Vorschlagstrasse einbindet? 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1703 (An die Staatskanzlei übersandt am 02.06.2014 - II/725 - 753) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 24.06.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Ref17-01425/17/7/11-0030 - Die Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitung (HGÜ) SuedLink wird auf Grundlage des Bundesbedarfsplangesetzes im sogenannten C-Korridor als Verbindung zwischen Schleswig-Holstein und Bayern von TenneT und TransnetBW geplant. Für die Verbindung sind die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf bundesrechtlich festgestellt. Der Planungsauftrag ist gesetzlich den Netzbetreibern zugeschrieben, die Zuständigkeit für die Raum- und Umweltverträglichkeitsprüfung liegt im Rahmen der Bundesfachplanung bei der Bundesnetzagentur. Gemäß Bundesbedarfsplan sind im Korridor C zwei HGÜ-Verbindungen (Nr. 3 von Brunsbüttel nach Großgartach sowie Nr. 4 von Wilster nach Grafenrheinfeld) geplant. TenneT erarbeitet derzeit den Trassenkorridorvorschlag sowie Alternativen für die Antragsunterlagen zunächst für die Leitung von Wilster nach Grafenrheinfeld. Dabei beteiligt TenneT über ihren gesetzlichen Auftrag hinausgehend bereits jetzt die betroffenen Bürger. Der Vorhabenträger nutzt den Dialogprozess zur Optimierung des Trassenkorridorvorschlags. Erst im Anschluss an diesen Prozess wird TenneT den Antrag auf Bundesfachplanung stellen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keinen Antrag (Fachplanungsantrag) des Vorhabenträgers TenneT, der gemäß § 6 Satz 1 Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) die Bundesfachplanung einleitet. Zur Erweiterung von Optimierungsmöglichkeiten in der Planung und zur Akzeptanzverbesserung hatte die Landesregierung im Rahmen der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sowie anderer energiewirtschaftsrechtlicher Bestimmungen einen Änderungsantrag zur Anpassung des Gesetzesentwurfs in den Bundesrat eingebracht, der die nachfolgenden Punkte berücksichtigte: 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1703 – Es sollen alle neuen Vorhaben prinzipiell für die Teilerdverkabelung zugänglich gemacht werden . – Dies soll nicht nur - wie bisher - bei Unterschreitung von bestimmten Abständen zur Wohnbebauung möglich sein, sondern auch bei Streckenverkürzungsmöglichkeiten und zur Berücksichtigung naturschutzfachlicher Belange. – Darüber hinaus soll die Möglichkeit bestehen, im Planfeststellungsverfahren, von dem im Bundesfachplanungsverfahren von der Bundesnetzagentur festgestellten - maximal 1 000 m breiten - Trassenkorridor in Ausnahmefällen abweichen zu können. Mit dieser Initiative konnte Niedersachsen allerdings im aktuellen Gesetzgebungsverfahren keine Mehrheit für die entsprechende Änderung des Netzausbaurechts im Bundesrat erreichen. Gleichwohl wird die Landesregierung diese Initiative mit Nachdruck weiter verfolgen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Bei der aktuell in der öffentlichen Diskussion befindlichen Vorschlagstrasse handelt es sich lediglich um einen ersten groben Trassenkorridorvorschlag. Die Beurteilung der Eingriffsintensität durch das Projekt SuedLink kann zum jetzigen Zeitpunkt durch die Landesregierung nicht erfolgen, da der beabsichtigte Verlauf des Trassenkorridors und der infrage kommenden Alternativen durch den Vorhabenträger erst durch den Antrag auf Bundesfachplanung öffentlich bekannt gegeben wird. Diese Antragsunterlagen liegen noch nicht vor. Erst auf Basis der Antragsunterlagen kann erörtert werden, ob die Vorschläge gegen Ziele der Raumordnung und damit auch gegen Naturschutzvorgaben verstoßen. Die Schlussfolgerungen der Landesregierung zu dem Vorschlagskorridor und den infrage kommenden Alternativen werden Gegenstand der Stellungnahme des Landes sein. Ob und wie weit die Landesregierung in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit nach § 7 Abs. 3 NABEG Gebrauch macht, eigene (gegebenenfalls kleinräumige) Korridoralternativen vorzuschlagen, hängt von dem vom Vorhabenträger in das förmliche Verfahren der Bundesfachplanung einzubringenden Trassenkorridorvorschlag und den geprüften Alternativen ab. Das Land wird immer dann, wenn Trassenkorridorvorschläge erkennbar die Ziele der Raumordnung missachten und fachrechtliche Festlegungen verletzt sein könnten, auf Alternativplanungen bestehen und darauf drängen, auch die Möglichkeiten der Konfliktlösung durch Teilerdverkabelung zu prüfen. Insgesamt setzt sich die Landesregierung für eine eingriffsarme Trassenführung ein. Dabei steht im Vordergrund, Siedlungsannäherungen von Freileitungen durch den Einsatz von Teilerdverkabelungen zu vermeiden. Zu 2: Da kein Antrag zur Bundesfachplanung vorliegt, ist eine Prüfung der Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Vorgaben durch das Land Niedersachsen zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Das Projekt SuedLink befindet sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch in der Vorbereitungsphase einer Bundesfachplanung . Das zitierte Vermeidungs- und Minimierungsgebot nach § 13 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) kommt erst im Rahmen eines Projektzulassungsverfahrens für diese Energietrasse entsprechend speziellen gesetzlichen Normen zur Anwendung. Im Rahmen des Trägerverfahrens für die Zulassung ist die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung anzuwenden (§§ 13 ff. BNatSchG, §§ 6 und 7 Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz). Erst wenn vollständige Antragsunterlagen vom Vorhabenträger vorliegen, kann die Prüfung erfolgen . Zu 3: Da das Land nicht die zuständige Behörde für die Bundesfachplanung ist, liegen dem Land zum genauen Termin der Antragskonferenz keine Erkenntnisse vor. Aktuell bereitet der Vorhabenträger TenneT die Antragsunterlagen für die Bundesfachplanung vor. Voraussichtlich kann bis zum Ende des Jahres mit der Einleitung des Verfahrens gerechnet werden. 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1703 Zu 4: Es ist Aufgabe des Vorhabenträgers und der Bundesnetzagentur als zuständige Genehmigungsbehörde , den Beteiligungsprozess zu gestalten und die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit zu organisieren. Die Landesregierung erwartet vom Vorhabenträger einen offenen Dialogprozess, der alle betroffenen Stakeholder angemessen einbindet. Wie dieser Prozess seitens der Vorhabenträger gestaltet werden soll, ist der Landesregierung derzeit nicht bekannt. Die Landkreise und Gemeinden haben die Möglichkeit, im Rahmen der Antragskonferenz und der Behördenbeteiligung unmittelbar eine Stellungnahme abzugeben. Die Landesregierung hat in diesem Zusammenhang keine koordinierende Rolle, sie wird als Träger öffentlicher Belange eine Stellungnahme abgeben. Die Koordinierungsaufgabe obliegt der Bundesnetzagentur. Stefan Wenzel 4 (Ausgegeben am 02.07.2014) Drucksache 17/1703 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Ulf Thiele (CDU), eingegangen am 23.05.2014 Energiewende ja, Naturschutz nein? - Der Teufel steckt im Detail: Wie sichert die Landesregierung niedersächsische Interessen von Lebensqualität und Naturschutz bei der Realisierung des Projektes SuedLink im Bereich der Gemeinde Algermissen, Ortsteil Bledeln? Antwort der Landesregierung