Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1724 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Axel Miesner (CDU), eingegangen am 23.05.2014 Werden Seltene Erden unerschwinglich? Sogenannte Seltene Erden sind Bestandteile zahlreicher High-Tech-Geräte. LCD-Flachbildschirme, Notebooks, Smartphones, Solarzellen und Touchscreens sowie die Motoren von Elektroautos beinhalten laut einem Artikel des Weser-Kuriers vom 08.07.2013 Seltene Erden wie Indium, Coltan, Tantal, Rhenium oder Neodym. Herkunftsland der Seltenen Erden sei größtenteils China. Deutschland selbst fördere keine dieser wertvollen Rohstoffe. Auch in Windkraftanlagen „stecken Hunderte Kilogramm Seltener Erden“ (Neue Energie, Ausgabe 03/2014). Aufgrund der zu erwartenden Preissteigerungen wird auch auf diesem Feld versucht, mit weniger Materialeinsatz auszukommen. Nach Angaben des Weser-Kuriers vom 08.07.2013 reichen die geschätzten Weltreserven noch 19 Jahre. Der Preis habe sich seit 2005 „verachtfacht“. Um die Abhängigkeit von Seltenen Erden und den Importen zu verringern, wird zunehmend auf Recycling gesetzt. Die Bundesregierung fördert das Programm „Strategische Metalle und Mineralien“ (Neue Energie, Ausgabe 03/2014) über das zuständige Bundesministerium für Bildung und Forschung mit einem Budget von 30 Millionen Euro bis 2016. In Niedersachsen hat die Uni Clausthal mit ihrem „Lehrstuhl für Rohstoffaufbereitung und Recycling“ das Projekt „Rewimet - Recycling wirtschaftsstrategischer Metalle“ ins Leben gerufen, in dem laut Weser-Kurier vom 08.07.2013 30 Forschungseinrichtungen und Unternehmen zusammenarbeiteten. Die Sonderausausgabe der Wirtschaftswoche vom 24.03.2014 „Green Economy“ beschreibt neue Potenziale in den Ozeanen: „Auf dem Meeresboden vermuten Experten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) Schätze im Wert von vielen Milliarden, wenn nicht gar Billiarden Euro: Metalle und Seltene Erden, versteckt in Millionen Manganknollen.“ Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die Verfügbarkeit sogenannter Seltener Erden im Hinblick auf die technologische Entwicklung und die Innovationen auf dem Gebiet der High-TechGeräte , Elektromobilität, Photovoltaik- und Windkraftanlagen und der damit verbundenen steigenden Nachfrage? 2. In welchem Umfang wird das Programm „Strategische Metalle und Mineralien“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Niedersachsen genutzt? 3. Seit wann beschäftigt sich die Uni Clausthal mit dem Projekt „Rewimet“, und welche Entwicklung hat dieses genommen? 4. Welche Entwicklung hat das Recycling von Seltenen Erden in den vergangenen Jahren in Niedersachsen insgesamt genommen, und ist diese eine Alternative zum Import von Rohstoffen ? 5. Wie bewertet die Landesregierung die Potenziale des Tiefseebergbaus in den Ozeanen im Hinblick auf die Förderung Seltener Erden? (An die Staatskanzlei übersandt am 02.06.2014 - II/725 - 758) 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1724 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 02.07.2014 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/758/Seltene Erden - Eine sichere und nachhaltige Versorgung mit Rohstoffen wie den Metallen der sogenannten Seltenen Erden ist Voraussetzung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland und damit unerlässlich für die Sicherung des Wohlstands. Unter dem Begriff „Seltene Erden“ werden Lanthan und die im Periodensystem auf Lanthan folgenden 14 Elemente, die Lanthanoiden, sowie Yttrium und Scandium zusammengefasst. Nicht zu den Seltenen Erden zählen hingegen die Metalle Indium, Rhenium und Tantal, auch nicht wie Coltan, ein Tantal-Erz. Eingesetzt werden Seltene Erden u. a. im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der „Grünen Technologien“. Die Beschaffung von Metallrohstoffen auf den globalen Märkten, die strategische Sicherung von Rohstoffkontingenten, Abbaurechten und Investitionen in Bergbauprojekte, die Nutzung von Sekundärrohstoffen oder Substituten sowie die Entwicklung kostengünstiger Produkte, die einen nur geringeren Rohstoffeinsatz erfordern, sind in erster Linie Aufgaben der Industrie. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die Nachfrage nach Seltenen Erden ist tendenziell rückläufig. Die Weltmarktpreise sind im Vergleich zu Preisspitzen im Jahr 2011 inzwischen deutlich zurückgegangen. Die Gründe dafür liegen vor allem in der Substitution dieser Rohstoffe, die auf den erheblichen Preisanstieg im Jahr 2011 zurückzuführen sind, in dem bewussten Umgang mit Rohstoffen sowie in der weltweiten Exploration und Entdeckung von weiteren Seltene Erden-Vorkommen. Gleichwohl ist zu erwarten, dass Seltene Erden auch bei einer technologischen Weiterentwicklung der Substitution zukünftig eine wichtige Rolle spielen werden, weshalb eine nachhaltige Sicherung der Versorgung erforderlich ist. Bei der Versorgungslage ist nach leichten Seltenen Erden und schweren Seltenen Erden zu unterscheiden . Letztere finden z. B. in der Elektromobilität, bei Windkraftanlagen und Energiesparlampen Verwendung. Die Versorgungslage bei den leichten Seltenen Erden (Cer, Lanthan, Praseodym , Neodym) stellt sich derzeit als unkritisch dar. Bei den schweren Seltenen Erden (u. a. Dysprosium , Terbium, Europium) bestehen hingegen Versorgungsrisiken, zumindest bis eine der 20 bekannten Lagerstätten außerhalb Chinas die Produktion aufnimmt. Der Anteil Chinas an den weltweit produzierten Seltenen Erdoxiden lag im Jahr 2013 noch bei 92,1 % (Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe). Zu 2: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) verfolgt mit dem F&E-Programm „Wirtschaftsstrategische Rohstoffe für den Hightech-Standort Deutschland“ das Ziel, die Forschung und Entwicklung entlang der Wertschöpfungskette nichtenergetischer mineralischer Rohstoffe zu fördern und auszubauen. Zahlreiche Fördermaßnahmen des BMBF, u. a. zum Thema Strategische Metalle und Mineralien (r3), sind bereits durch Universitäten, Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Niedersachsen genutzt worden oder werden aktuell genutzt. Häufig werden länderübergreifende Projekte durchgeführt. Als Beispiel dafür , ist das r3-Projekt ROBEHA zur nachhaltigen Nutzung des Rohstoffpotenzials von Bergbauhalden im Harz zu nennen. Zu 3: Bei dem Recycling-Cluster wirtschaftsstrategische Metalle Niedersachsen (REWIMET) handelt es sich um einen eingetragenen Verein. Bei der Gründung am 19.10.2011 hatte REWIMET 13 Mitglie- 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1724 der, davon acht Unternehmen. Anfang Juli 2014 wird der Verein voraussichtlich 27 Mitglieder haben , davon 17 Unternehmen. Vom 01.01.2012 bis 30.06.2014 wurde der Verein zu 50 % vom Land aus EFRE-Mitteln sowie RTB-Mitteln anschubgefördert, einem Antrag auf 40 % Anschlussförderung bis Juni 2015 wurde zwischenzeitlich entsprochen. Wesentlicher Schwerpunkt von REWIMET ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung zur Entwicklung von Recyclingstrategien und -verfahren für Metalle. Detailliertere Informationen zu den zahlreichen Aktivitäten des Vereins sowie zu den einzelnen Mitgliedern sind unter http://www.rewimet.de zu finden. Zu 4: Das Recycling von Metallrohstoffen kann einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Umwelt und Ressourcen leisten. Ein Recycling von Seltenen Erden ist derzeit Gegenstand von aktuellen Forschungsvorhaben . Ähnlich wie bei zahlreichen anderen Metallrohstoffen bereits vieljährige Praxis, könnte die Importabhängigkeit der deutschen Industrie insbesondere auch bei den hoch preisigen, schweren Seltenen Erden durch Recycling erheblich reduziert werden. Entscheidend dafür ist die Verfügbarkeit entsprechender industrieller Verfahrenstechniken, die vor allem eine wirtschaftliche Rückgewinnung von Seltenen Erden erlauben. Zu 5: Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Metallrohstoffen und deren Preisanstieg in den letzten Jahren ist die wirtschaftliche Nutzung der Tiefsee wieder verstärkt in den Fokus gerückt, wobei den Seltenen Erden eher nachgeordnete Bedeutung zukommt. Metallrohstoffe der Tiefsee lassen sich einteilen in Massivsulfide, kobaltreiche Eisen- Mangankrusten und polymetallische Knollen, die aufgrund ihres hohen Mangangehaltes auch Manganknollen genannt werden. Massivsulfide und Eisen-Mangankrusten unterscheiden sich grundlegend hinsichtlich ihrer Genese, Verbreitung und Konsistenz, beide enthalten aber eine Vielzahl unterschiedlicher Metalle, darunter auch Anreicherungen zahlreicher Spurenmetalle, die sich in High-TechProdukten finden, wie z. B. leichte Seltene Erden, aber auch Kobalt, Wolfram, Titan, Tellur, Wismut, Molybdän, Niob, Indium, Platin. Vor diesem Hintergrund sind beide Rohstofftypen Gegenstand intensiver Forschung, insbesondere der Industrienationen. Manganknollen wurden bereits vor etwa 30 Jahren intensiver exploriert und als nahezu unbegrenztes Rohstoffpotenzial der Zukunft postuliert, aber vor allem wegen fallender Rohstoffpreise erfolgten danach zunächst kaum weitere nennenswerten Aktivitäten. Wirtschaftlich besonders interessant sind Kupfer, Nickel und Kobalt mit insgesamt 2,5 bis 3 Gewichtsprozent, aber auch Mangangehalte von bis zu 30 % und zahlreiche Spurenmetalle, darunter Seltene Erden. Mittelfristig könnte vor allem die Gewinnung von Manganknollen in Teilgebieten des Pazifischen und des Indischen Ozeans einen Beitrag zur globalen Rohstoffversorgung mit Metallerzen liefern. Allerdings müssten zuvor noch zahlreiche wissenschaftliche, technische, rechtliche und ökologische Fragen geklärt werden. Darüber hinaus erfordert der Tiefseebergbau große Investitionen und verursacht auch hohe laufende Kosten, die nur dann aufgebracht werden, wenn der Abbau und die Aufbereitung der ozeanischen Rohstoffe mit der Rohstoffgewinnung an Land wirtschaftlich konkurrenzfähig sind. Olaf Lies 3 (Ausgegeben am 10.07.2014)