Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Antwort auf eine Große Anfrage - Drucksache 17/1307 - Wortlaut der Großen Anfrage der Fraktion der CDU vom 10.03.2014 Hochwasserschutz in Niedersachsen Die Hochwasserereignisse der vergangenen Jahrzehnte haben, insbesondere seit dem Jahrtausendwechsel , deutlich gezeigt, dass der Hochwasserschutz in Niedersachsen weiterhin höchste Priorität haben muss. Die Gründe für die vermehrten starken Hochwasserereignisse in den letzten Jahren sind vielfältig und in ihrem Zusammenwirken zu verstehen. Es kommen viele Faktoren infrage, die das Auftreten von Hochwasser begünstigen. Dazu gehören beispielsweise die veränderten klimatischen Bedingungen, die Begradigung und der Ausbau von Gewässern, eine um sich greifende Versiegelung von Flächen, beispielsweise im Rahmen der Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten, und der Ausbau der Infrastruktur. Auch Maßnahmen des Naturschutzes beeinflussen die Wahrscheinlichkeit von Hochwasserereignissen auf verschiedene Weise. In unseren Kulturlandschaften und relativ dicht besiedelten Gebieten muss der effektive Hochwasserschutz mit optimiertem Mitteleinsatz gewährleistet sein. Aufgabe der Wissenschaft ist es, die verschiedenen Faktoren zu ermitteln, ihre Wirkungen darzustellen, die verschiedenen Wechselwirkungen aufzuzeigen und Schlussfolgerungen in Bezug auf einen effektiven Hochwasserschutz zu treffen. Die Politik muss daraus die richtigen Entscheidungen für den Mittel- und Personaleinsatz treffen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: I. Hochwasserereignisse seit Bestehen des Landes Niedersachsen 1. Wie sind Hochwasserereignisse in ihrer Schwere zu definieren? 2. Welche Hochwasserereignisse sind seit Bestehen des Landes Niedersachsen aufgetreten ? 3. Bei welchen Hochwassern gab es Personenschäden und in welchem Umfang? 4. Welche Schäden materieller Art sind entstanden? 5. Wie haben sich die Niederschlagsmengen in Niedersachsen seit Bestehen des Landes Niedersachsen entwickelt? 6. Welche Starkregenereignisse sind in den Jahren seit der Gründung des Landes aufgetreten ? II. Klassifizierung von Gewässern 7. Nach welchen Kriterien werden Gewässer klassifiziert bzw. in Gewässer 1., 2. oder 3. Ordnung unterschieden? 8. Wer ist für die bauliche Unterhaltung und die Pflege der nach verschiedenen Ordnungen klassifizierten Gewässer zuständig? 9. Welche rechtlichen Vorschriften sind zu beachten? III. Organisation und rechtlicher Rahmen des Hochwasserschutzes 10. Wie ist der Hochwasserschutz in Niedersachsen organisiert, und wie sind die Zuständigkeiten für den Hochwasserschutz aufgeteilt? 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 11. Wer ist für die Pflege, die Erhaltung, die Ertüchtigung und den Neubau von Hochwasserschutzanlagen in Niedersachsen zuständig? 12. Welche rechtlichen Vorgaben sind für den Hochwasserschutz in Niedersachsen relevant ? 13. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Organisation des Hochwasserschutzes in Niedersachsen geändert werden muss? 14. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Hochwasserschutz durch die EU, den Bund oder das Land Niedersachsen geändert werden müssen? 15. Welche Ansatzpunkte sieht die Landesregierung, um Genehmigungsverfahren für Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes künftig zügiger durchführen zu können ? IV. Bemessungshochwasser 16. Welche Bedeutung hat ein Bemessungshochwasser? 17. Wie hoch ist das Bemessungshochwasser an der Elbe und an anderen Flüssen in Niedersachsen ? 18. Wurde das Bemessungshochwasser in den letzten Jahren erreicht und, wenn ja, wie oft? 19. Ist das aktuelle Bemessungshochwasser an der Elbe noch angemessen? 20. Plant die Landesregierung die Festsetzung eines neuen Bemessungshochwassers? V. Finanzierung des Hochwasserschutzes in Niedersachsen 21. Wie hoch sind die Mittel im Haushalt des Landes Niedersachsen seit 1990, die für den Hochwasserschutz eingesetzt wurden bzw. in Zukunft eingesetzt werden sollen (Sollund Istangaben)? 22. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass der Mitteleinsatz verändert bzw. erhöht werden muss? 23. Wofür konkret sind die entsprechenden Mittel verwendet worden, d. h. z. B. für Flächenankauf oder bauliche Maßnahmen wie Deiche und Polder? VI. Geplante Maßnahmen zum Hochwasserschutz in Niedersachsen 24. Welche Maßnahmen seitens des Landes sind für den Hochwasserschutz in den Jahren ab 2014 geplant? In welchen Schritten sollen diese umgesetzt und wie sollen diese finanziert werden? 25. Welche Anträge bzw. Vorschläge für Hochwasserschutzmaßnahmen liegen seitens der Landkreise und kreisfreien Städte in Niedersachsen vor? 26. Plant die Landesregierung auch in den kommenden Jahren, den Zeitraum für den Gehölzrückschnitt an der Elbe auszuweiten? 27. Strebt die Landesregierung generell eine flexible Handhabung des möglichen Rückschnittbeginns an? 28. Wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung der von der Staatssekretärin angekündigten kompletten Beseitigung („Rodungen“) der Querriegel in der Elbe? 29. Wie steht die Landesregierung zu der Forderung, auf Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den Rückschnitt zu verzichten? 30. Die Sonderumweltministerkonferenz vom 2. September 2013 stellt fest, dass Schäden an Schutzanlagen eingetreten sind, die nicht dem aktuellen Stand der Technik entspre- 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 chen. Welche Hochwasserschutzanlagen in Niedersachsen entsprechen zurzeit nicht dem aktuellen Stand der Technik? 31. Plant die Landesregierung die Anpassung der Deichhöhen in Abstimmung mit den weiteren Anrainerstaaten einer Flussgebietsgemeinschaft? 32. Welche Sanierungsmaßnahmen sind infolge des Hochwassers vom Juni an den Hochwasserschutzanlagen entlang der Elbe notwendig und in Planung? 33. Plant die Landesregierung die Schaffung von zusätzlichen Polder- und Retentionsflächen zum Hochwasserrückhalt? 34. Wo plant die Landesregierung die Schaffung solcher Flächen? 35. Plant die Landesregierung, die Schaffung von Wasserrückhalteflächen in den Anliegerländern am Ober- und Mittellauf der Flüsse zu unterstützen, um die Gefahr von Überschwemmungen in Niedersachsen zu verringern? 36. Plant die Landesregierung die Rückverlegung von Deichen, um den Flüssen mehr Platz zu geben? 37. An welchen Stellen sind solche Rückverlegungen geplant? 38. Plant die Landesregierung, die Rückverlegung von Deichen in den Anliegerländern am Ober- und Mittellauf der Flüsse zu unterstützen, um die Gefahr von Überschwemmungen in Niedersachsen zu verringern? VII. Hochwasservorhersage in Niedersachsen 39. Welche Modelle zur Hochwasservorhersage gibt es in Niedersachsen? 40. Wie und von wem werden diese Modelle konkret umgesetzt? 41. Wie sind die Zuständigkeiten für die Hochwasservorhersage in Niedersachsen? 42. Wie hoch ist das Budget für Hochwasservorhersagemodelle und Maßnahmen in Niedersachsen ? 43. Welche konkreten Erfolge wurden mit Hochwasservorhersagemaßnahmen erzielt, wie ist die Bilanz bei den Ereignissen der vergangenen Jahre? 44. Wie sieht die Landesregierung die Weiterentwicklung bzw. die Perspektiven der Hochwasservorhersage ? 45. Wird das Thema Hochwasservorhersage wissenschaftlich begleitet? VIII. Modellprojekte zum Hochwasserschutz in Niedersachsen 46. Welche Modellprojekte zum grenzübergreifenden Hochwasserschutz gibt es bereits? 47. Welche Gespräche mit anderen Landesregierungen haben zu diesem Thema stattgefunden ? 48. Welche Projekte sind weitergehend geplant? IX. Interessenkonflikte beim Hochwasserschutz Die Umweltministerkonferenz hat festgestellt, dass dem Hochwasserschutz bei der Flächennutzung Priorität eingeräumt werden muss. Neben der Flächenkonkurrenz gibt es jedoch weitere Konfliktbereiche , die den Hochwasserschutz behindern können. 49. Welche Interessenkonflikte sind der Landesregierung im Bereich Naturschutz bekannt, insbesondere hinsichtlich der a) Wasserrahmenrichtlinie und b) der Gewässerrandstreifenprogramme? 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 50. Welche Interessenkonflikte sind der Landesregierung im Bereich Fischerei bekannt? 51. Welche Interessenkonflikte gibt es beispielsweise zwischen Hochwasserschutz und dem Ansinnen, Fließgewässer durchgängig zu machen, also beispielsweise Staustufen abzubauen und Fischtreppen zu installieren? 52. Welche Interessenkonflikte sind der Landesregierung im Bereich Trinkwasserschutz bekannt ? 53. Welche Konfliktsituation gibt es beispielsweise hinsichtlich der Bewirtschaftung von Talsperren und konkret bei der Vorhaltung von Hochwasserreserven? 54. Welche Konflikte gibt es zwischen den Interessen des Hochwasserschutzes und der Trinkwassergewinnung in Grundwasserschutzgebieten? 55. Welche Interessenkonflikte sind der Landesregierung im Bereich Landwirtschaft und Forstwirtschaft bekannt? 56. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, landwirtschaftliche Flächen in Niedersachsen als Polder-, Retentions- und Rückhalteflächen zu gewinnen? 57. Gibt es in Niedersachsen besiedelte Flächen, die für eine Nutzung als Flutpolder infrage kommen und für die eine Umsiedlung geprüft wird? 58. Welche konkreten Beispiele für die Bereitstellung von landwirtschaftlichen Flächen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes in Niedersachsen gibt es? 59. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die betroffenen Landwirte sowie von Umsiedlungen betroffene Anlieger angemessen zu entschädigen? 60. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die betroffenen Landwirte zu entschädigen , wenn es im Rahmen von Hochwasserereignissen zur Kontamination der betreffenden Flächen gekommen ist bzw. kommen könnte? 61. Wie werden Entschädigungs- und Schadensersatzfragen geregelt? 62. Welche Interessenkonflikte sind der Landesregierung im Bereich Infrastruktur und Siedlungsentwicklung bekannt? 63. Welche Interessenkonflikte sind der Landesregierung im Bereich Gewässerpflege bekannt ? X. Hochwasserrisikomanagementrichtlinie 64. Wie weit ist die Landesregierung mit der Erstellung der Hochwasserrisikogefahrenkarten für Niedersachsen? 65. Wie weit ist die Landesregierung mit der Erstellung der Hochwasserrisikomanagementpläne , und welche Ergebnisse wurden bisher erzielt? XI. Kosten und Entschädigungen 66. Wie hoch sind die beim jüngsten Elbehochwasser an den Deichen entstandenen Schäden ? 67. Wer wird die Kosten für die entstandenen Schäden übernehmen? 68. Wer wird die Kosten für die Katastrophenschutzmaßnahmen tragen? 69. Die rund 60 Besitzer von Privathäusern, die nicht durch einen Deich geschützt sind, haben bisher eine Soforthilfe von etwa 1 000 Euro erhalten. Können diese Hausbesitzer mit weiteren Zahlungen rechnen? 70. Wann werden die für die Hausbesitzer zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von 1,2 Mio. Euro ausgezahlt werden? 4 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 71. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um in Zusammenarbeit mit der Versicherungswirtschaft einen Abschluss von Elementarschädenversicherungen auch in hochwassergefährdeten Gebieten zu ermöglichen (beispielsweise durch die Übernahme von Bürgschaften oder Garantien für die Versicherungsunternehmen, die Einführung einer Pflichtversicherung oder die Inanspruchnahme von EU-Fördermitteln)? XII. Konsequenzen für den Katastrophenschutz in Niedersachsen 72. Welches Reaktionsszenario tritt üblicherweise in Kraft, wenn ein Hochwasser, wie das an der Elbe, im Frühsommer zu erwarten ist? 73. Wurde bei diesem Hochwasser vom üblichen Szenario abgewichen? Wenn ja, warum? 74. Ist das bestehende Reaktionsszenario ausreichend und zufriedenstellend, oder muss es weiterentwickelt werden? 75. Plant die Landesregierung die Erhöhung der Landessandsackreserve? 76. Plant die Landesregierung die Anschaffung von weiteren Sandsackfüllmaschinen? 77. Plant die Landesregierung die Anschaffung mobiler Hochwasserschutzsysteme, wie sie die Frankfurter Feuerwehr z. B. im Raum Gartow erfolgreich eingesetzt hat, wenn nein, warum nicht? 78. Welche alternativen Systeme des akuten Hochwasserschutzes gibt es neben den bewährten Sandsäcken, und welche Vor- und Nachteile bieten diese jeweils? 79. Welche Institutionen können im Katastrophenfall bei der Bekämpfung von Folgen des Hochwassers eingesetzt werden oder helfen? 80. Wie viele Einsatzkräfte sind über die niedersächsischen Kreisfeuerwehrbereitschaften kurzfristig einsetzbar? 81. Wie lange können die niedersächsischen Kreisfeuerwehrbereitschaften im Hochwasserfall einen Einsatz leisten? 82. Wie bereiten sich die niedersächsischen Feuerwehren auf zukünftige Hochwasserereignisse vor? 83. Auf wie viele Hochleistungspumpen kann in Niedersachsen im Hochwasserfall zurückgegriffen werden, und wie ist deren Verfügbarkeit? 84. Plant die Landesregierung die Beschaffung von eigenen Hochleistungspumpen? XIII. Talsperren in Niedersachsen 85. Welche Talsperren gibt es in Niedersachsen? 86. Wer bewirtschaftet die Talsperren in Niedersachsen, und wie ist die Historie der Bewirtschaftung ? 87. Zu welchem Zweck wurden die Talsperren gebaut, und zu welchem Zweck werden sie betrieben (Trinkwassergewinnung, Hochwasserschutz, Tourismus etc.)? 88. Welche Hochwasserreserven werden im Rahmen der Betriebspläne vorgehalten? 89. Welche Betriebspläne stehen wann vor Änderungen? 5 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 15.07.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Ref17-01425/17/5/02-0001-008 - Flüsse und Flussauen haben schon immer eine hohe Anziehungskraft auf die Menschen gehabt. Der damit zusammenhängende Nutzungsdruck hat im Laufe der Jahrhunderte zu Veränderungen der Gewässer und der Auen geführt, die den jeweiligen zeitlich veränderten Randbedingungen und Prioritäten unterlagen. Insbesondere diejenigen Nutzer, die am Wasser leben, genießen in der Regel die Annehmlichkeiten des Wohnens am Wasser und nehmen die Risiken nur ungern zur Kenntnis . Umso lauter wird nach einem extremen Hochwasserereignis mit mehr oder weniger großen Schäden regelmäßig der Ruf nach dem Staat bzw. der Allgemeinheit, die Naturgewalten von den betroffenen Bereichen fernzuhalten. Niedersachsen war in den 40er-Jahren des letzten Jahrtausends von extremen Hochwassern im Einzugsgebiet von Weser, Aller, Leine und Ems betroffen. In dem darauffolgenden Zeitraum bis zum Ende der 90er-Jahre blieb das Land weitestgehend von großflächigen extremen Ereignissen verschont. In dieser Zeit wurde häufig entgegen Stellungnahmen der Wasserwirtschaftsverwaltung in Überschwemmungsgebiete und hochwassergefährdete Bereiche hineingesiedelt. Seit Ende des letzten Jahrtausends nehmen die extremen Hochwasserereignisse wieder zu; jetzt dokumentieren die aufgetretenen Schäden die in der Vergangenheit geschaffenen Hochwasserrisiken und mahnen dazu, in der Zukunft wieder mehr Wert auf den vorbeugenden Hochwasserschutz zu legen. Die Instrumente dazu sind vorhanden und werden bei der Beantwortung der Fragen ausführlich dargelegt . Weitere Informationen zum Hochwasserschutz in Niedersachsen und insbesondere auch zu Hochwasserereignissen , deren Entstehung sowie zur Niederschlagsstatistik können der Schriftenreihe Oberirdische Gewässer Band 23 „Hochwasserschutz in Niedersachsen“ des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft Küsten- und Naturschutz (NLWKN) unter Kapitel 3 entnommen werden, die auf der Homepage des NLWKN veröffentlicht ist (http://www.nlwkn. niedersachsen.de/hochwasser_kuestenschutz/hochwasserschutz/hintergrund_vorsorgeinformatio nen/broschuere_zum_hochwasserschutz/44328.html). Weitere Daten und kompakte Beschreibungen historischer hydrologischer Extremereignisse sowie historische Vergleichswerte zur Einordnung und Bewertung hydrologischer Extremereignisse bietet auch die Informationsplattform Undine der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) (http://undine.bafg.de/servlet/is/8606/?lang=de). In der Folge von extremen Hochwasserereignissen wird regelmäßig von den Betroffenen schnelle Soforthilfe vom Staat erwartet, idealerweise durch Gewährung von nicht rückzahlbaren Finanzhilfen . Nachdem diese gewährt wurden, wird ein umfassender Hochwasserschutz gefordert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieser Begriff stets aus der Sicht der Betroffenen definiert wird. Im Wasserhaushaltsgesetz des Bundes und auch im Niedersächsischen Wassergesetz sind keine Definitionen und demzufolge auch keine gesetzlichen Regelungen zum Hochwasserschutz vorhanden. Bei der Beantwortung der Großen Anfrage wird deutlich, dass es eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises der Kommunen ist, den Hochwasserschutz, d. h. in diesem Fall den baulichen Schutz besiedelter Gemeindegebiete zu gewährleisten. Dieses kann nur gelingen, wenn in der örtlichen Gemeinschaft Alternativen entwickelt, in den demokratisch legitimierten Gremien diskutiert, beschlossen und in der Folge realisiert werden. In diesem Zusammenhang wird häufig vom Staat gefordert, einen flussgebietsbezogenen Hochwasserschutz zu schaffen, der den örtlichen Hochwasserschutz ersetzt. Auch für diese Forderung gibt es keine Rechtsgrundlage. Allerdings bietet das Wasserverbandsgesetz (WVG) den Kommunen die Möglichkeit gemeinde- und landkreisübergreifende Hochwasserschutzverbände zu bilden. Diese können per Satzung die Aufgabe erhalten, flussgebietsbezogene Hochwasserschutzplanungen voranzutreiben und Hochwasserschutzanlagen als Maßnahmenträger herzustellen und zu unterhalten. 6 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Landesbezogene Aussagen zum Hochwasserschutz ergeben sich aus dem Landes-Raumordnungsprogramm (LROP). Dieses legt als Grundsatz fest, dass bei Maßnahmen des Küsten- und Hochwasserschutzes die Belange der Siedlungsentwicklung, der Wirtschaft, der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, des Naturschutzes, des Denkmalschutzes, der Landschaftspflege, des Tourismus und der Erholung sowie der Klimaänderungen zu berücksichtigen sind (LROP Abschnitt 3.2.4 10 Satz 4). Darüber hinaus sind in Überschwemmungsgebieten nach § 76 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sowie nach § 115 Abs. 2 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen nur zulässig soweit sie mit den Anforderungen des Hochwasserschutzes vereinbar sind, insbesondere die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt wird, die Realisierung im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, Alternativstandorte außerhalb der Überschwemmungsgebiete nicht vorhanden sind und die Belange der Ober- und Unterlieger beachtet werden (LROP Abschnitt 3.2.4 12 Satz 2). Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Große Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: I. Hochwasserereignisse seit Bestehen des Landes Niedersachsen Zu 1: Als „Hochwasser“ bezeichnet die DIN 4049 einen „Zustand in einem oberirdischen Gewässer, bei dem der Wasserstand oder der Durchfluss einen bestimmten Schwellenwert erreicht oder überschritten hat.“ Anders als für die Küste, wo Begriffe wie schwere Sturmflut und sehr schwere Sturmflut in der vorstehend genannten DIN definiert sind, gibt es für das Binnenland keine klare Definition der Schwere von Hochwasserereignissen. Hochwasser sind natürliche Ereignisse, die durch starke Niederschläge, oftmals verstärkt durch Schneeschmelze oder bei Eisstau, entstehen. Hochwasser führt insbesondere zu Schäden, wenn Menschen oder deren Sachgüter betroffen sind. Hydrologisch werden die an Pegeln gemessenen Durchflüsse im Gewässer und damit auch die Hochwasserereignisse nach ihrer statistischen Wiederkehrwahrscheinlichkeit klassifiziert. Zu 2: Neben den Informationen zu historischen Hochwasserereignissen, die dem Band 23 der Schriftenreihe Oberirdische Gewässer zu entnehmen sind (siehe Vorbemerkungen) sind in der Anlage 1 die seit 1995 relevanten Hochwasserereignisse in Niedersachsen zusammengestellt. Diese beschränken sich auf die größeren Gewässer. In der Anlage 1 ist nachrichtlich auch der seit Gründung des Landes Niedersachsen höchste bekannte gemessene Wasserstand an diesen Gewässern mit der entsprechenden Jahreszahl angegeben. An der Weser ereignete sich das höchste gemessene Hochwasser im Februar 1946, also wenige Monate vor der offiziellen Gründung Niedersachsens am 1. November 1946. Anlage 1 Relevante Hochwasserereignisse der letzten Jahre in Niedersachsen (Stand 08.04.2014) Gebiet Jahr Ursachen Höchster bekannter Wasserstand (HHW) ELBE 2002 August (732 cm am Pegel Neu Darchau) Ergiebige Niederschläge aufgrund der Vb-Wetterlage 2006 April (749 cm am Pegel Neu Darchau) Schneeschmelze und Niederschlagsereignisse (Frühjahrshochwasser ) 2011 Januar (749 cm am Pegel Neu Darchau) 2013 Juni Ergiebige Niederschläge vor allem 2013: Nach aktuellem Stand 793 cm am Pegel Neu Darchau 7 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Gebiet Jahr Ursachen Höchster bekannter Wasserstand (HHW) (793 cm am Pegel Neu Darchau, Stand: 12.06.2013) im Oberlauf der Elbe Ilmenau 2002 Juli (285 cm Pegel Bienenbüttel ) Niederschlag: bis 100 mm in weniger als 12 h (Starkregen) mit Vorund Nachregen ca. 150 mm 2008 Januar (259 cm am Pegel Bienenbüttel) 1970: 323 cm Pegel Bienenbüttel Oste 2001 September (920 cm Pegel Rockstedt) 2002 Juli (932 cm Pegel Rockstedt) Niederschlag: bis 100 mm in weniger als 12 h (Starkregen) mit Vorund Nachregen ca. 150 mm 2008 Januar (938 cm Pegel Rockstedt) 2008: 938 cm Pegel Rockstedt Este 2002 Juli (268 cm Pegel Emmen) Niederschlag: bis 100 mm in weniger als 12 h (Starkregen) mit Vorund Nachregen ca. 150 mm 2008 Januar (244 cm Pegel Emmen) 2011 (236 cm Pegel Emmen) 2002: 268 cm Pegel Emmen EMS Vechte (Oberlauf) 2010 August (355 cm Pegel Ohne) Niederschlag: bis zu 160 mm an einem Tag 2010: 355 cm Pegel Ohne Hase (Oberlauf) 2010 August (287 cm Pegel Lüstringen ) Niederschlag: bis zu 160 mm an einem Tag 2010: 287 cm Pegel Lüstringen Hase (Unterlauf) 1998 Oktober (531 cm Pegel Bokeloh) Niederschlag: ca. 100 mm in 12 h 1998: 531 cm Pegel Bokeloh WESER 1995 Dezember (633 cm Pegel Hann. Münden) 2003 Januar (615 cm Pegel Hann. Münden) Schneeschmelze und Niederschlagsereignisse 2001 Januar (620 cm Pegel Hann. Münden) Schneeschmelze und Niederschlagsereignisse 1946: 766 cm (Pegel Hann. Münden) Aller 2003 Januar (518 cm Pegel Celle) Schneeschmelze und Niederschlagsereignisse 2013 Mai (460 cm Pegel Celle) Niederschlag: 60-120 mm in 2 Tagen (Dauerregen), 80-230 mm in 1 Woche (Dauerregen + Starkregen in Folge); Regenmengen im südl. Nds. vom Flachland - Harzvorland - Harz 1946: 528 cm (Pegel Celle) 2003: 452 cm (Pegel Rethem) Leine 1998 Oktober (471 cm Pegel Poppenburg ) Niederschlag: 60-100 mm weniger als 24 h 2003 Januar (448 cm Pegel Poppenburg ) Schneeschmelze und Niederschlagsereignisse 1981: 485 cm (Pegel Poppenburg ) 8 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Gebiet Jahr Ursachen Höchster bekannter Wasserstand (HHW) 2007 September ( 569 cm Pegel Herrenhausen ) Niederschlag: 80 mm im Harzvorland bis zu 200 mm im Harz innerhalb von 3 Tagen, VB-Wetterlage Innerste 2003 Januar (597 cm Pegel Heinde) Schneeschmelze und Niederschlagsereignisse 2007 September (675 cm Pegel Heinde) Niederschlag: 80 mm bis 200 mm (Harzvorland - Harz) innerhalb von 3 Tagen 2013 Mai (641 cm Pegel Heinde) Niederschlag: 60-120 mm in 2 Tagen (Dauerregen), 80-230 mm in 1 Woche (Dauerregen + Starkregen in Folge) 2007: 675 cm (Pegel Heinde) Oker 2002 Juli (557 cm Pegel Groß Schwülper) Niederschlag: bis 100 mm in weniger als 12 h (Starkregen) mit Vorund Nachregen ca. 150 mm 2003 Januar (544 cm Pegel Groß Schwülper) Schneeschmelze und Niederschlagsereignisse 2013 Mai (539 cm Pegel Groß Schwülper) Niederschlag: 60-120 mm in 2 Tagen (Dauerregen), 80-230 mm in 1 Woche (Dauerregen + Starkregen in Folge) 2002: 557 cm (Pegel Groß Schwülper) Hunte 1998 Oktober (451 cm Pegel Colnrade ) Niederschlag: 60-100 mm weniger als 24 h 2003 Januar ( 407 cm Pegel Colnrade ) Schneeschmelze und Niederschlagsereignisse 1998: 451 cm (Pegel Colnrade) Wümme 2002 Juli (308 cm Pegel Hellwege ) Niederschlag: bis 100 mm in weniger als 12 h (Starkregen) mit Vorund Nachregen ca. 150 mm 2008 Januar (292 cm Pegel Hellwege ) 2002: 308 cm (Pegel Hellwege) Zu 3: Der Landesregierung liegen keine statistischen Daten über Personenschäden in Niedersachsen im Zusammenhang mit Hochwasserereignissen vor. Punktuelle Informationen liegen für einzelne Hochwasserereignisse über die Meldung der Katastrophenschutzbehörden vor. So wurden dem Ministerium für Inneres und Sport (MI) beim Hochwassereinsatz 2013 an der Elbe mit der letzten Lagemeldung der Polizeidirektion Lüneburg insgesamt 57 überwiegend leicht verletzte Helferinnen und Helfer in den Landkreisen Lüchow-Dannenberg und Lüneburg gemeldet. Zu 4: Der Landesregierung liegen keine statistischen Daten über Sachschäden in Niedersachsen im Zusammenhang mit Hochwasserereignissen vor. Bei Hochwasserereignissen kann es generell u. a. zu Schäden an der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur , der Verkehrsinfrastruktur, an privaten und öffentlichen Gebäuden inklusive Hausrat sowie zu wirtschaftlichen Schäden in der landwirtschaftlichen Produktion und in der gewerblichen Wirtschaft aufgrund von Produktionsausfallzeiten kommen. Beim Hochwasser 2002 an der niedersächsischen Mittelelbe sind 160 Mio. Euro zur Wiederherstellung der Hochwasserschutzanlagen eingesetzt worden. 9 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Im Zusammenhang mit dem Hochwasser 2006 hat die Landesregierung 2 Mio. Euro für Billigkeitsleistungen und 3 Mio. Euro für Hilfen zur Existenzsicherung zur Verfügung gestellt. Im Zusammenhang mit dem Hochwasser im August 2007 im Leine- und Allergebiet wurden vom Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) rund 167 000 Euro als Finanzhilfe an Private und Gewerbetreibende ausgezahlt. Zur Frage der Höhe der Schäden an der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur beim Hochwasserereignis im Juni 2013 wird auf die Antwort zu 66 verwiesen. Zu 5: Grundsätzlich erhebt der Deutsche Wetterdienst (DWD) die Daten zu Niederschlagsmengen und wertet diese auch aus, u. a. erfolgt eine sogenannte koordinierte Starkniederschlagsregionalisierung (KOSTRA). Einen Überblick zu Niederschlagsdaten seit Gründung des Landes Niedersachsen bietet darüber hinaus der o. g. Band 23 der Schriftenreihe Oberirdische Gewässer (siehe Vorbemerkungen). Ferner liegen der Landesregierung generelle Aussagen aus dem Projekt „Globaler Klimawandel - Wasserwirtschaftliche Folgenabschätzung für das Binnenland“ (KliBiW) zur Entwicklung der Niederschlagsmengen in den letzten Jahrzehnten vor. Das Projekt KliBiW ist ein vom MU finanziertes Vorhaben, welches vom NLWKN koordiniert wird. Projektpartner sind die Leibniz Universität Hannover , die Technische Universität Braunschweig sowie die Harzwasserwerke GmbH. In dem Projekt wurden u. a. auch die Entwicklung der Niederschläge der Vergangenheit untersucht und Trendberechnungen durchgeführt. Basierend auf Analysen von 263 Niederschlagsstationen des DWD mit Tageswerten für den Zeitraum von 1951 bis 2005 ergeben sich folgende Erkenntnisse für die Entwicklung der Niederschlagsmengen (bezogen auf Niederschläge größer 0 mm/Tag) in Niedersachsen (vgl. auch Haberlandt et al., 2010: Trends in beobachteten Zeitreihen von Temperatur und Niederschlag in Niedersachsen. Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, Heft 54, S. 28 bis 36): – Gemittelt über ganz Niedersachsen zeigt sich eine Zunahme der Niederschläge sowohl im Winter (um rund +30 %) und im Herbst (rund +24 %) als auch geringfügig im Frühling (rund +8 %); Im Sommer zeigt sich eine Abnahme der Niederschläge (um etwa -13 %). – Dabei sind die Niederschlagszunahmen vor allem im Norden und Süden Niedersachsens signifikant . Zu 6: Unter Starkniederschlag sind sowohl Niederschläge kurzer Dauer und hoher Intensität als auch mehrere Stunden oder Tage anhaltende Niederschläge mit großen Niederschlagshöhen zu verstehen . Der DWD warnt vor Starkregen in zwei Stufen, wenn voraussichtliche Schwellenwerte überschritten werden: – Regenmenge ≥ 10 mm/h oder ≥ 20 mm/ 6h (Markante Wetterwarnung), – Regenmenge ≥ 25 mm/h oder ≥ 35 mm/ 6h (Unwetterwarnung). Neben dieser Starkregendefinition ist noch eine Dauerregenklassifizierung zu nennen. Hier wird bei Niederschlagsmengen von z. B. 50 mm in 24 h von Dauerregen gesprochen. Dauerregenereignisse führen eher zu überregionalen Hochwasserereignissen, wobei es vor allem bei den größeren Flüssen zu einem Ansteigen der Wasserstände kommt. Starkregenereignisse können zu schnell ansteigenden Wasserständen eher in kleinen Flussläufen (Bäche und Gräben) und/oder zu Überschwemmungen und Sturzfluten führen, die in urbanen Bereichen zu voll gelaufenen Kellern, Unterführungen und Mulden und zur Verschlammung von Grünanlagen führen können. Solche Ereignisse können zu jeder Zeit und an jedem Ort auftreten. Intensive Starkniederschläge von kurzer Dauer, oft verbunden mit heftigen Gewittern, beschränken sich in Mitteleuropa hauptsächlich auf die warme Jahreszeit von April bis Oktober. 10 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Da Starkregenereignisse oftmals lokal begrenzt auftreten, werden diese Ereignisse von Niederschlagsaufzeichnungssystemen nicht oder nicht vollständig erfasst. Mithilfe statistischer Berechnungen an 365 ausgewählten Regenmessstellen in Niedersachsen wurde in dem Band 23 „Hochwasserschutz in Niedersachsen (siehe Vorbemerkungen) eine grobe Übersicht über die Niederschlagsverteilung in Niedersachsen“ gegeben (siehe dort Seite 33, Abb. 44). Danach kommen besonders hohe Starkregenniederschläge im Harz und in den dem Wind zugekehrten Lagen der Mittelgebirge vor. Während auch die höher gelegenen Geestlandschaften in der norddeutschen Tiefebene relativ hohe Starkregenniederschläge aufweisen, sind in Küstennähe, in den Tiefebenen der Flüsse, in der Lüneburger Heide sowie im Süden Niedersachsens vergleichsweise gemäßigte Starkregen zu verzeichnen. Im Zuge des Projektes KliBiW wurden Trendanalysen für verschiedene klimatische Kenngrößen durchgeführt (vgl. Antwort zu 5). Nach der dort verwendeten Definition für Starkregen ergibt sich für die Entwicklung von Starkniederschlägen im Zeitraum 1951 bis 2005 für ganz Niedersachsen gemittelt folgendes Bild (vgl. Haberlandt et al., 2010: Trends in beobachteten Zeitreihen von Temperatur und Niederschlag in Niedersachsen. Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, Heft 54): – Zunahme der ganzjährigen Niederschlagsmengen bei Starkregenereignissen um 7 %, – Zunahme der ganzjährigen Anzahl an Starkregenereignissen um 20 %. II. Klassifizierung von Gewässern Zu 7: Die Einstufung der Gewässer ist in den §§ 38 bis 40 NWG geregelt. – Gewässer erster Ordnung sind diejenigen Gewässer, die eine erhebliche Bedeutung für die Wasserwirtschaft haben. Dazu gehören Binnenwasserstraßen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Bundeswasserstraßengesetzes sowie die in Anlage 3 zum NWG aufgeführten Gewässer. – Gewässer zweiter Ordnung sind Gewässer mit überörtlicher Bedeutung für das Gebiet eines Unterhaltungsverbandes. Die entsprechenden Gewässer sind in den vom NLWKN als Verordnung aufzustellenden Verzeichnissen aufgeführt. – Gewässer dritter Ordnung sind die sonstigen Gewässer, die nicht Gewässer erster oder zweiter Ordnung sind. Die Einstufung eines Gewässers in die vorgenannten Gewässerordnungen sagt nichts über deren Anteil an der Hochwasserentstehung aus. Zu 8: Die Unterhaltungspflicht für die Gewässer erster und dritter Ordnung obliegt den jeweiligen Eigentümern . Lässt sich bei Gewässern dritter Ordnung der Eigentümer nicht ermitteln, so obliegt dem Anlieger die Unterhaltung (§ 69 Abs. 1 NWG). Gewässer zweiter Ordnung sind grundsätzlich von den in Niedersachsen flächendeckend gebildeten 109 Unterhaltungsverbänden (§ 63 NWG) zu unterhalten . Einige Gewässer zweiter Ordnung werden vom Land unterhalten; diese Gewässer sind in den Anlagen 6 und 7 zu § 67 NWG aufgeführt. Zu 9: Der Umfang der Gewässerunterhaltung ist in § 39 WHG und § 61 NWG festgelegt. Sie umfasst die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses und an schiffbaren Gewässern auch die Erhaltung der Schiffbarkeit. Weiterer Bestandteil der Unterhaltungspflicht ist die Pflege und Entwicklung der Gewässer. Bei der Gewässerunterhaltung sind gemäß § 39 Abs. 2 WHG die Bewirtschaftungsziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) zu berücksichtigen. Die Unterhaltung ist an diesen Zielen auszurichten und darf deren Erreichung nicht gefährden. Zudem ist bei der Unterhaltung auch der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts Rechnung zu tragen; Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft sind zu berücksichtigen. 11 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Für die Gewässerunterhaltung sind in § 41 WHG die besonderen Pflichten für die Eigentümer von Gewässern und die Anlieger an Gewässern festgelegt. Es sind bestimmte Duldungspflichten definiert , um die Gewässerunterhaltung zu ermöglichen bzw. nicht zu erschweren. Die Wasserbehörde kann nach § 42 WHG besondere Unterhaltungsmaßnahmen sowie Pflichten festlegen und soweit dies zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele notwendig ist, Anordnungen hinsichtlich der Unterhaltungsmaßnahmen treffen. Werden die Unterhaltungspflichten vom Träger der Unterhaltungslast nicht oder unzureichend erfüllt , so kann die Wasserbehörde die erforderlichen Maßnahmen im Wege der Ersatzvornahme durchführen bzw. durchführen lassen (§ 40 Abs. 4 WHG und § 74 NWG). Daneben ergeben sich rechtliche Vorgaben für die Gewässerunterhaltung gegebenenfalls aus untergesetzlichen Regelungen zum NWG wie Schau- und Unterhaltungsordnungen der unteren Wasserbehörden . Zu beachten sind auch naturschutzrechtliche Regelungen wie das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), die Niedersächsische Artenschutz-Ausnahmeverordnung und Schutzgebietsfestsetzungen . Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG sind Gewässer vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten; dies gilt insbesondere für natürliche und naturnahe Gewässer einschließlich ihrer Ufer, Auen und sonstigen Rückhalteflächen . III. Organisation und rechtlicher Rahmen des Hochwasserschutzes Zu 10: Wie in den Vorbemerkungen dargelegt gibt es keine gesetzliche Definition für den Begriff „Hochwasserschutz “. Aus fachlicher Sicht ist der Hochwasserschutz eine Querschnittsaufgabe. Zuständigkeiten „für den Hochwasserschutz“ ergeben sich daher aus unterschiedlichen Rechtsbereichen. Gemäß § 2 Abs. 2 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) sind die Gemeinden in ihrem Gebiet die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Aufgaben, soweit Rechtsvorschriften nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. Zum eigenen Wirkungskreis gehören nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 NKomVG bei den Gemeinden alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Hierzu gehört auch der Hochwasserschutz als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises einschließlich der Pflege, der Erhaltung, der Ertüchtigung und des Neubaus von Hochwasserschutzanlagen , soweit die Zuständigkeit für bereits bestehende Anlagen des technischen Hochwasserschutzes nicht bei Dritten liegt. Dies können z. B. Wasser- und Bodenverbände sein, soweit der Hochwasserschutz zu ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich gehört. Träger der Deicherhaltung für nach dem Niedersächsischen Deichgesetz (NDG) gewidmete Deiche sind in der Regel die Deichverbände oder sonstige Wasser- und Bodenverbände bzw. das Land für landeseigene Deiche (insbesondere auf den Ostfriesischen Inseln) und die Sperrwerke. Eine Zuständigkeit der Gemeinden besteht außerdem für die örtliche Gefahrenabwehr (also auch gegen Hochwasser). Sie ergibt sich aus dem Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und dem NKomVG. Für den Hochwasserschutz ist weiter die Flächen- und Bauvorsorge relevant. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Bauleitplanung. Nach § 1 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen und dabei nach § 1 Abs. 6 BauGB auch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung und Belange des Hochwasserschutzes zu berücksichtigen. Einen wesentlichen Beitrag zur Flächenvorsorge leistet außerdem die Regionalplanung. Gemäß § 20 Niedersächsisches Raumordnungsgesetz (NROG) sind die Landkreise und kreisfreien Städte Träger der Regionalplanung für ihr Gebiet. Weitere Zuständigkeiten für den Hochwasserschutz obliegen den Kommunen im übertragenen Wirkungskreis . So haben die unteren Wasserbehörden (d. h. die Landkreise, die kreisfreien und gro- 12 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 ßen selbstständigen Städte) für die Sicherung von Überschwemmungsgebieten Sorge zu tragen. Gemäß § 115 Abs. 2 NWG setzen die unteren Wasserbehörden auf der Grundlage der vom gewässerkundlichen Landesdienst (GLD) im NLWKN erstellten Arbeitskarten für die Gebiete nach § 76 Abs. 2 WHG und in der Verordnung nach § 115 Abs. 1 NWG bestimmten Gewässer oder Gewässerabschnitte die Gebiete per Verordnung als Überschwemmungsgebiete fest, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist. In den Überschwemmungsgebieten gelten die Schutzvorschriften nach § 78 WHG, wie Bauverbote und weitere Nutzungsbeschränkungen . Die unteren Wasserbehörden sind zuständig für deren Vollzug. Daneben obliegen den unteren Wasserbehörden weitere Aufgaben wie die Zulassung von Hochwasserschutzmaßnahmen soweit nicht das Land - hier der NLWKN - zuständig ist. Außerdem nehmen die genannten Kommunen die Aufgaben der unteren Deichbehörden wahr. Zuständigkeiten des Landes für den Hochwasserschutz bestehen – bei der Ermittlung und vorläufigen Sicherung der Überschwemmungsgebiete (s. o.), – bei der Bewertung von Hochwasserrisiken sowie der Aufstellung von Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten und Hochwasserrisikomanagementplänen, – bei der Hochwasservorhersage, – bei der Förderung von Hochwasserschutzmaßnahmen, – bei der wasser- bzw. deichrechtlichen Zulassung von Hochwasserschutzanlagen, – bei der Wahrnehmung deichbehördlicher Aufgaben (z. B. Widmung oder Bestickfestsetzung von Deichen) – sowie bei der Erhaltung von Hochwasserschutzanlagen (s. o.). Sofern es bei Hochwasserereignissen zum Katastrophenfall kommt, sind die Katastrophenschutzbehörden zuständig. Dies sind nach § 2 Abs. 1 Niedersächsisches Katastrophenschutzgesetz (NKatSG) die Landkreise und kreisfreien Städten sowie die Städte Cuxhaven und Hildesheim, die die Aufgabe im Rahmen des übertragenen Wirkungskreises wahrnehmen. Zu 11: Auf die Antwort zu 10 wird verwiesen. Zu 12: Die rechtlichen Vorgaben für „den Hochwasserschutz“ in Niedersachsen ergeben sich aus einer Vielzahl von bundes- und landesrechtlichen Vorschriften. Insbesondere sind zu nennen das WHG und das NWG sowie das NDG. Außerdem sind für die Zulassung von Maßnahmen des baulichen Hochwasserschutzes das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und das Gesetz über die Umweltweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) relevant, für den Bereich des vorbeugenden Hochwasserschutzes auch bau- und raumordnungsrechtliche Vorschriften. Besondere Bedeutung kommt außerdem naturschutzrechtlichen Regelungen, insbesondere dem BNatSchG und Schutzgebietsfestsetzungen zu. Zu diesen Regelungen zählt auch § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG. Danach hat Hochwasserschutz auch durch natürliche oder naturnahe Maßnahmen zu erfolgen; für einen ausgeglichenen Niederschlags-Abflusshaushalt ist desgleichen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege Sorge zu tragen. Das LROP trifft in Abschnitt 3.2.4 Ziffern 10 bis 12 Festlegungen zum Hochwasserschutz. Diese haben Verordnungscharakter und sind für Träger öffentlicher Belange verbindlich, nicht aber für Privatpersonen . Im Übrigen wird auf die Antwort zu 10 verwiesen. Zu 13: Nein. Die bisherige Organisation des Hochwasserschutzes hat sich bewährt. Insbesondere die Aufgabenwahrnehmung durch die ehrenamtlich organisierten Deichverbände hat sich für Niedersachsen 13 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 im Vergleich zu anderen Bundesländern, in denen die Erhaltungs- und Unterhaltungspflichten für die gewidmeten Deiche beim Land liegen, als vorteilhaft erwiesen. So ist die örtliche Bevölkerung über die Verbandsstrukturen eingebunden. Projekte sind leichter umzusetzen, wenn diese in einem demokratisch legitimierten Prozess vor Ort entwickelt werden als wenn sie von staatlichen Stellen „diktiert“ werden. Eine effektive Deichsicherung und -verteidigung bedarf zudem klarer und eindeutiger rechtlicher sowie organisatorischer Regelungen. Diese sind vom Gesetzgeber mit dem NDG erlassen worden. Im Mittelpunkt stehen die Deichverbände. Sie tragen die Verantwortung. Die in der Vergangenheit erfolgreiche Deichverteidigung zeigt, dass sie dieser Verantwortung gerecht geworden sind. Auch die Rolle der Kommunen beim örtlichen Hochwasserschutz hat sich bewährt. In den vergangenen Jahren ist es bei den Kommunen zu einer Schärfung des Hochwasserbewusstseins gekommen . Hier zeigen sich die Erfolge der vom Land bei der Hochwasservorsorge eingesetzten Instrumente : – Ausweisung von Überschwemmungsgebieten, – Erarbeitung von Hochwasserschutzplänen und Unterstützung der Kommunen bei der Aufstellung von Hochwasserschutzkonzeptionen an kleinen Gewässern, – Bereitstellung von Informationen in Form von Gefahren- und Risikokarten und Stellungnahmen des GLD nach § 29 NWG. Diese Instrumente versetzen die Kommunen auch in der Zukunft in die Lage, konkrete Maßnahmen in den verschiedenen Handlungsfeldern zu entwickeln, um die bestehenden Hochwasserrisiken zu mindern. Im Zuge der bis Ende 2015 zu erarbeitenden Hochwasserrisikomanagementpläne werden sich die Kommunen überdies weiter mit dem Thema Hochwasserschutz befassen, wobei es dabei ausdrücklich nicht nur um den technischen Hochwasserschutz geht. Vielmehr stehen den Kommunen hierzu vor allem gerade auch die Instrumente des vorsorgenden Hochwasserschutzes - wie die Berücksichtigung der Belange des Hochwasserschutzes bei der Bauleitplanung - zur Verfügung. Das Land wird sich künftig noch stärker als bisher darauf konzentrieren, die Kommunen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Neben der Fortsetzung der im Ermessen des Landes Niedersachsen liegenden Förderung von kommunalen Hochwasserschutzmaßnahmen ist u. a. beabsichtigt, neue Schwerpunkte in der ELER-Förderperiode 2014 bis 2020 zu setzen sowie die Zusammenarbeit mit der Kommunalen Umwelt-Aktion (U.A.N.) beim Niedersächsischen Städteund Gemeindebund zu stärken. Zu 14: Grundlegender Änderungsbedarf wird nicht gesehen. Die Landesregierung wird jedoch insbesondere vor dem Hintergrund der Hochwasserereignisse des Jahres 2013 prüfen, ob im Rahmen einer Novellierung des NWG Anpassungen in Detailfragen erforderlich sind. Im Übrigen bleibt abzuwarten , ob sich aus den von der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) derzeit erarbeiteten „Empfehlungen für eine Optimierung von Genehmigungsverfahren und Baumaßnahmen für die Hochwasservorsorge“ ein Bedarf von Rechtsänderungen auf Bundes- oder Landesebene ergibt. Zu 15: Eine Beschleunigung und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für Hochwasserschutzmaßnahmen ist bereits in der Vergangenheit Gegenstand u. a. der Gesetzgebung gewesen. Ansatzpunkte finden sich im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht, z. B. im Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren vom 31.05.2013, aber auch im Fachrecht. So hat der Gesetzgeber in Niedersachsen mit der Änderung des NWG vom 26.04.2007 beispielsweise geregelt, dass Widerspruch und Anfechtungsklage bei Planfeststellungen bzw. Plangenehmigungen für Vorhaben, die dem Hochwasserschutz dienen, keine aufschiebende Wirkung zukommt. Im Übrigen sind Beschleunigungs- und Vereinfachungseffekte auf der Ebene des einzelnen Verfahrens z. B. durch intelligentes Projektmanagement zu erzielen. 14 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Die Hochwasserereignisse des Jahres 2013 haben eine neue Dynamik in diese Bemühungen gebracht . So hat die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am 13.06.2013 anlässlich der Hochwasserereignisse von Juni 2013 beschlossen, dass Bund und Länder die Änderung relevanter Vorschriften mit dem Ziel einer Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung für Maßnahmen des vorbeugenden Hochwasserschutzes anstreben. Die MPK vom 23. bis 25.10.2013 hat, unter Bezugnahme auf die MPK vom 13.06.2013, die Umweltministerkonferenz (UMK) um Empfehlungen für eine Optimierung von Genehmigungsverfahren für den Hochwasserschutz bis Dezember 2014 gebeten. Gleichzeitig hat die MPK die Bauministerkonferenz um Empfehlungen bis spätestens Dezember 2014 gebeten, wie wasser- und baurechtliche Regelungen zum vorbeugenden Hochwasserschutz beschleunigt und effizienter gestaltet werden können. Unabhängig hiervon hat die Sonderumweltministerkonferenz zum Hochwasser in ihrem Beschluss vom 02.09.2013 die Auffassung vertreten, dass die Hochwasserereignisse vom Juni 2013 auch Anlass geben, die für den Hochwasserschutz maßgeblichen Regelungen zu überprüfen. Dabei sollen nicht nur die verfahrens- und prozessrechtlichen Möglichkeiten der Straffung von Genehmigungsverfahren geprüft werden, sondern auch der Frage nachgegangen werden, ob das bestehende wasser-, bau- und raumordnungsrechtliche Instrumentarium des vorsorgenden Hochwasserschutzes ausreicht, um den Zielsetzungen des Nationalen Hochwasserschutzprogramms Rechnung zu tragen. Die UMK hat die LAWA mit dieser Überprüfung beauftragt und gleichzeitig gebeten, unter Beteiligung der Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz (LANA) und der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Nachhaltige Landentwicklung einen länderübergreifenden Erfahrungsaustausch zu den Genehmigungsverfahren und Baumaßnahmen für den Hochwasserschutz durchzuführen. Auf dieser Grundlage sollen Empfehlungen für eine Optimierung von Genehmigungsverfahren und Baumaßnahmen für die Hochwasservorsorge erarbeitet werden. Geprüft werden soll dabei auch – eine Optimierung und Beschleunigung des Vollzugs für naturschutzrechtliche Kompensationen (insbesondere bei Kohärenzmaßnahmen im Vorlauf); hierbei ist auch zu prüfen, in welchem Umfang Flächen für den Hochwasserrückhalt unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 3 BNatSchG gleichzeitig als naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen anerkannt werden können, – die Ausnutzung bestehender Möglichkeiten einer vereinfachten Vergabe von Planungs- und Bauleistungen bzw. Vorschläge für eine Vereinfachung und Beschleunigung von Vergabeentscheidungen . Auch die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Formen der Bürgerbeteiligung werden in die Beratungen einbezogen. Zudem hat die LAWA einen Erfahrungsaustausch der Länder zur effizienten Durchführung von Zulassungsverfahren für Hochwasserschutzmaßnahmen durchgeführt. Auf der 147. LAWA-Vollversammlung am 27./28.03.2014 in Kiel wurde seitens des federführenden LAWAAusschusses Wasserrecht über die Ergebnisse des durchgeführten länderübergreifenden Erfahrungsaustausch zu Genehmigungsverfahren und Baumaßnahmen für den Hochwasserschutz berichtet . Die LAWA-Vollversammlung hat den Sachstandsbericht zur Kenntnis genommen und einer Fristverlängerung für die Vorlage der mit der LANA abzustimmenden „Empfehlungen für eine Optimierung von Genehmigungsverfahren und Baumaßnahmen für die Hochwasservorsorge“ bis zur 148. LAWA-Vollversammlung im September 2014 zugestimmt. Die Vorlage dieser Empfehlungen bleibt abzuwarten, bevor seitens des Bundes und der Länder entschieden werden kann, welche weiteren Konsequenzen gegebenenfalls zu ziehen sind. Weiterhin ist auch der von Sachsen und Bayern am 02.07.2013 in den Bundesrat eingebrachte Gesetzesantrag zur „Beschleunigung von Hochwasserschutzmaßnahmen (Hochwasserschutzbeschleunigungsgesetz - HWSBG)“, BR-Drucksache 568/13, zu nennen. Der Gesetzesantrag wurde in den Bundesrats-Umweltausschuss überwiesen und dort in der Sitzung am 05.09.2013 auf Antrag von Nordrhein-Westfalen mit dem Hinweis auf den UMK-Prüfauftrag bis zum Wiederaufruf durch ein antragstellendes Land vertagt. 15 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Ob ein Wiederaufruf erfolgt, wird sicherlich auch von den oben angesprochenen „Empfehlungen für eine Optimierung von Genehmigungsverfahren und Baumaßnahmen für die Hochwasservorsorge“ abhängen. Niedersachsen begleitet die vorgenannten Prozesse in den jeweiligen Gremien aktiv. IV. Bemessungshochwasser Zu 16: Als Bemessungshochwasser wird ein Hochwasserereignis bezeichnet, welches zur bautechnischen Dimensionierung von Hochwasserschutzanlagen (z. B. Deiche, Hochwasserentlastungsanlagen) oder anderen wasserbaulichen Anlagen sowie sonstigen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen dient. Zu 17: In Niedersachsen wird als Bemessungshochwasser i. d. R. das HQ100, also ein Hochwasser, welches statistisch einmal in 100 Jahren auftritt, angenommen (Niedersächsisches Landesamt für Ökologie [NLÖ 2003] Hochwasserbemessungswerte für die Fließgewässer in Niedersachsen. Abflüsse in Hydrologischen Landschaften über Regionalisierungsansätze. In: Oberirdische Gewässer Bd. 18/2003, Hildesheim.). In der Anlage 2 sind die niedersächsischen Internetpegel (www.pegelonline.nlwkn.niedersach sen.de) nach Gewässern sortiert aufgelistet. Dazu wird der jeweilige Abfluss des Bemessungshochwassers in m³/s angegeben. Des Weiteren wird die Quelle für die Berechnung des Bemessungshochwassers angegeben. Es gibt drei Möglichkeiten, das HQ100 zu ermitteln. Entweder werden die Angaben der Veröffentlichung des NLÖ (s. o.) entnommen oder die Berechnung erfolgt mithilfe eines Niederschlag-AbflussModells . Die dritte Möglichkeit ist die Berechnung der Abflüsse mit dem Programm HQ-EX Wahrscheinlichkeitsanalyse von Jahreshöchstabflüssen der Firma WASY-GmbH, Berlin. In diesem Fall sind in der Spalte der Quellenangaben die für die Berechnung verwendeten Jahresreihen angegeben . Anlage 2 Höhe des Bemessungshochwassers an den Flüssen in Niedersachsen Gewässer Internetpegel Bemessungshochwasser (HQ100) (m³/s) Jahresreihe/Quelle Aller Brenneckenbrück 73,6 1946-2012 Aller Grafhorst 1 40,4 1967-2012 Aller Langlingen 272 NLÖ (2003) Böhme Brock 36 NLÖ (2003) Delme Holzkamp 25 1967-2013 Dinkel/Umflut Lage I 58 1964-2012 Düte Wersen 54,62 Verordnung vom 11.01.2004 Emmer Bad Pyrmont 220,3 NA-Modell Este Emmen 20 1957-2011 Fuhse Peine 38,5 1965-2012 Fuhse Wathlingen 57 NLÖ (2003) Gande Gandersheim 45,5 1961-2012 Gerdau Hansen 48,3 1973-2011 Große Aa Beesten 45 2002-2012 Große Aue Heide 132 NLÖ (2003) Große Aue Steyerberg 174 NLÖ (2003) Große Hase Bunnen 21,61 Verordnung vom 27.11.2013 Hase Bersenbrück 31,38 Verordnung vom 14.12.2004 Hase Bokeloh 188 1957-2012 16 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Hase Bramsche 45,62 Verordnung vom 14.12.2004 Hase Haselünne 186 1969-2012 Hase Herzlake 160 1938-2012 Hase Lüstringen 67,17 Verordnung vom 18.11.2004 Hunte Colnrade 96,1 1958-2013 Hunte Huntlosen 104 1963-2013 Hunte Schäferhof 56 NLÖ (2003) Ilme Oldendorf 48,3 1962-2012 Ilmenau Bienenbüttel 165 1954-2011 Innerste Bredelem 57,7 1985-2012 Innerste Heinde 231 NA-Modell Ise Neudorf-Platendorf 30,8 1967-2012 Lachte Lachendorf 35,3 NLÖ (2003) Lager Hase Uptloh 24,1 Verordnung vom 17.11.2011 Leine Göttingen 208 1959-2012 Leine Greene 565 1941-2012 Leine Koldingen 855 NA-Modell Leine Leineturm 283 1981-2012 Leine Poppenburg 765,34 NA-Modell Leine Reckershausen 103 1964-2012 Lune Delbrügge 22,7 1979-2013 Nette Groß Rhüden 61,8 1962-2012 Oker Groß Schwülper 243 1926-2012 Oker Ohrum 147 1926-2012 Oker Schladen 97,9 1951-2012 Oste Rockstedt 123 1961-2008 Rhume Berka/R 274 1955-2012 Rhume Elvershausen 277 1963-2012 Rhume Northeim 197 1994-2012 Schunter Glentorf 34,3 1966-2012 Schunter Harxbüttel 82,4 1961-2012 Sieber Hattorf 98,2 1951-2012 Stederau Niendorf S II 29,4 1973-2011 Vechte Emlichheim 258 1950-2012 Vechte Neuenhaus 106 1941-2012 Vechte Ohne 91 1969-2012 Wagenfelder Aue Düste 34 NLÖ (2003) Westaue Wunstorf 150 NA-Modell Wümme Hellwege 117 NLÖ (2003) Zu 18: Die folgende Tabelle zeigt die Gewässer und Internetpegel, an denen das Bemessungshochwasser seit 1998 erreicht bzw. überschritten wurde. Des Weiteren wird angegeben, in welchen Jahren diese Überschreitung stattfand. Gewässer Internetpegel Bemessungshochwasser HQ100 (³/s) HQ100 erreicht/überschritten (Jahr) Aller Grafhorst 1 40,4 2003 Böhme Brock 36 2002 Delme Holzkamp 25 1998 Dinkel/Umflut Lage I 58 2010 Hase Bokeloh 188 1998 Ilme Oldendorf 48,3 1998 Lachte Lachendorf 35,3 2013 Vechte Ohne 91 2010 Wümme Hellwege 117 2002 17 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Für die Untere Mittelelbe wurden im Jahr 2013 die Bemessungswasserstände erreicht oder überschritten . Der gemessene Abflusswert des Hochwassers 2013 an dem für Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern maßgebenden Pegel Neu-Darchau lag hingegen nur bei 4 190 m3/s (vgl. Bericht BfG-1797). Gemäß Berechnung der BfG entspricht für diesen Pegel ein Wert von 4 450 m3/s einem HQ100 (vgl. Bericht BfG-1650). Eine endgültige und länderübergreifende Abstimmung zur statistischen Einordnung des Elbehochwassers 2013 liegt noch nicht vor. Auch wenn der berechnete Abflusswert nicht erreicht wurde, wurden doch an vielen Pegeln entlang der Elbe neue Höchstwasserstände gemessen. In der Flussgebietsgemeinschaft (FGG) Elbe wird daher daran gearbeitet, die Konsequenzen dieses Ereignisses für den Bemessungshochwasserabfluss zu ermitteln (vgl. auch Antwort zu 19.). Zu 19: Im November 2008 wurde von den Staatssekretären der Elbeanrainerländer ein maßgebender Bemessungsabfluss für ein 100-jährliches Hochwasser von 4 545 m3/s am Pegel Wittenberge festgelegt . Auf dieser Basis hat die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) 2009 (Bericht BfG-1650) auf Basis einer eindimensionalen Berechnung eine neue Bemessungswasserspiegellage für Niedersachsen mit dem Bericht Nr. 1650 ermittelt, die im Mittel um 50 cm höher als die bisherige Wasserspiegellinie für den niedersächsischen Bereich der Unteren Mittelelbe liegt. Mit dem inzwischen vorliegenden länderübergreifenden zweidimensionalen Modell für die Untere Mittelelbe wurde diese Wasserspiegellinie aktualisiert. Weitere Veränderungen werden sich durch die geplanten abflussverbessernden Maßnahmen im Elbevorland, mögliche Deichrückverlegungen sowie die Schaffung von gesteuerten Hochwasserrückhalthaltungen im Oberlauf ergeben. Aufgrund des Hochwassers 2013 mit bisher noch nie dagewesenen Wasserständen sind die bisherigen Bemessungsansätze zu überprüfen. Insofern begrüßt die Landesregierung den in der FGG Elbe gefassten Beschluss vom 05.12.2013 wonach die Elbe-Ministerkonferenz die Überprüfung und gegebenenfalls Fortschreibung der Bemessungsgrundlagen in Anbetracht der beim Hochwasser 2013 eingetretenen Schäden und Wasserstände für geboten hält. Zu 20: Bis die von den Elbeministern geforderte Überprüfung der Bemessungsgrundlagen an der Elbe abgeschlossen ist (vgl. Antwort zu 19), wird Niedersachsen bei der Bemessung der Hochwasserdeiche an der unteren Mittelelbe wie folgt vorgehen: – Grundlage sind die aktuellen zweidimensionalen Berechnungen der BfG für einen Bemessungsabfluss von 4 545 m3/s, die u. a. den Einfluss des Polders Lenzen enthalten. – Auch die geplanten Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserabflusses im Deichvorland sowie mögliche Deichrückverlegungen sowie die Schaffung von gesteuerten Hochwasserrückhalthaltungen im Oberlauf werden zu Veränderungen in der Wasserspiegellage der Elbe führen und sollen künftig berücksichtigt werden. – Sofern Baumaßnahmen an der Elbe anstehen, ist deshalb im Einzelfall auf Antrag des Maßnahmenträgers sowie der dann aktuellen Wasserspiegellagenberechung durch den NLWKN (Geschäftsbereich VI) unter Beteiligung des GLD der maßgebende Bemessungswasserstand festzulegen. V. Finanzierung des Hochwasserschutzes in Niedersachsen Zu 21: Die Haushaltsmittelveranschlagungen in den Haushaltsplänen seit dem Jahr 1990 sind in der als Anlage 3 beigefügten Übersicht dargestellt. Dort sind des Weiteren die entsprechenden IstAusgaben , jeweils differenziert nach den wesentlichen Finanzierungsquellen, aufgeführt. Im Haushaltsplan 2014 sind neben den Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe in Höhe von 7,055 Mio. Euro zusätzliche Landesmittel in Höhe von 1,1 Mio. Euro veranschlagt worden, um Kürzungen von Bundesmitteln bei der Gemeinschaftsaufgabe zu kompensieren. Darüber hinaus stehen für 2014 18 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 EU-Mittel aus der vorangegangenen Förderperiode in Höhe von 8,208 Mio. Euro zur Verfügung. Eine weitere Aufstockung der Hochwasserschutzmittel ab 2015 ist zu erwarten, wenn auf Initiative der Bundesländer eine Erhöhung der Finanzausstattung über einen Sonderrahmenplan „Präventiver Hochwasserschutz“ erfolgt. Zur Verstärkung des Hochwasserschutzes ist vorgesehen die Haushaltsmittel der Gemeinschaftsaufgabe (jährlich 7,055 Mio. Euro) in der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 aus dem ELER-Fonds in Höhe von insgesamt rund 45 Mio. Euro zu ergänzen. Darüber hinaus werden seit diesem Jahr Haushaltsmittel aus dem Fonds „Aufbauhilfe“ nach dem Aufbauhilfefonds-Errichtungsgesetz bewilligt, um die durch das Hochwasser 2013 entstandenen Schäden an der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur zu beseitigen. Die Höhe der aus dem Fonds „Aufbauhilfe“ zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel lässt sich zurzeit nicht abschließend beziffern . Derzeit ist davon auszugehen, dass die verfügbaren Haushaltsmittel ausreichen, um die vorliegenden Anträge bewilligen zu können. Ich verweise hierzu auf die Antwort zu 66. Zu 22: Die Landesregierung strebt eine bedarfsgerechte Haushaltsmittelausstattung für den Hochwasserschutz im Binnenland an (vgl. auch Antwort zu 21). Darüber hinaus setzt sich Niedersachsen zusammen mit den anderen Bundesländern gegenüber dem Bund dafür ein, dass die Ausstattung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) für den Hochwasserschutz durch den Bund erhöht wird und dass das geplante Nationale Hochwasserschutzprogramm über einen Sonderrahmenplan mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet wird. Zu 23: Die Gewährung von Zuwendungen für die Maßnahmen des Hochwasserschutzes im Binnenland basiert im Wesentlichen auf den im Rahmenplan der GAK genannten Fördertatbeständen. Daher wurden die für den Hochwasserschutz zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel (vgl. auch Antwort zu 21) in den letzten Jahrzehnten schwerpunktmäßig für die Instandsetzung bzw. Verstärkung sowie den Neubau von Hochwasserschutzanlagen wie Deichen verwendet. Daneben ist mehrfach in die Errichtung und Instandsetzung von Hochwasserrückhaltebecken investiert worden. Im Einzelfall wurden auch andere Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes realisiert, z. B. der Bau von Hochwasserschutzwänden sowie die Instandsetzung bzw. der Bau von Schöpfwerken zum Schutz der hinter dem Deich liegenden Flächen. Flächenankäufe erfolgten in der Regel lediglich im Zusammenhang mit einer Vergrößerung der Deichaufstandsfläche im Rahmen einer Deichverstärkung . Rückdeichungen sind zwar stets angestrebt worden, konnten aber aufgrund verschiedener Nutzungsinteressen nur in geringem Umfang vorgenommen werden. VI. Geplante Maßnahmen zum Hochwasserschutz in Niedersachsen Zu 24: Das Land wird auch in den nächsten Jahren landeseigene Maßnahmen des Hochwasserschutzes finanzieren und auch die Kommunen und Verbände entsprechend der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. Antwort zu Frage 21) bei der Finanzierung von Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes unterstützen. Welche konkreten Vorhaben das Land als Maßnahmenträger an den landeseigenen Gewässern und Anlagen plant, ist im ersten Abschnitt der Anlage 4 aufgelistet. Darüber hinaus wird die Beseitigung der Schäden an der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur durch das Hochwasser 2013 mit Mitteln des Fonds „Aufbauhilfe“ gefördert. Des Weiteren beabsichtigt das Land Niedersachsen neben der Fortsetzung der Berechnungen und Sicherung von Überschwemmungsgebieten auch die sukzessive Ausweitung der seit 2009 bestehenden Hochwasservorhersagezentrale (HWVZ) auf weitere Einzugsgebiete (vgl. Antwort zu 44). Darüber hinaus sollen u. a. die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern wie der Kommunalen Umweltaktion (U.A.N.) verstärkt und die Untersuchungen möglicher Auswirkungen des Klimawandels auf das Hochwassergeschehen in Niedersachsen im Forschungsprojekt fortgeführt werden. 19 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Zu 25: Maßnahmenträger für Hochwasserschutzmaßnahmen sind neben dem Land selbst (vgl. Antwort zu 24) in der Regel die Kommunen (Städte, Gemeinden und Landkreise) und Verbände (Deich- und sonstige Wasser- und Bodenverbände). Sämtliche Maßnahmenträger, die Fördermittel aus dem Bau- und Finanzierungsprogramm Hochwasserschutz im Binnenland beantragen möchten, wenden sich an den NLWKN und reichen dort zunächst ein sogenanntes Maßnahmenblatt ein. Die beim NLWKN zum Stand 28.02.2014 vorliegenden Maßnahmenblätter sind in der Anlage 4 zusammengestellt . Im 2. Abschnitt sind die kommunalen Maßnahmen aufgeführt und im 3. Abschnitt finden sich nachrichtlich auch die Verbandsmaßnahmen. Aufgrund der begrenzt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel können von den in der Anlage 4 aufgelisteten Projekten zunächst nur die als besonders prioritär eingestuften Maßnahmen finanziert werden. Insgesamt liegen dem NLWKN aktuell für den Zeitraum 2014 bis 2017 Maßnahmen mit einem Mittelbedarf in Höhe von insgesamt rund 95 Mio. Euro vor, die zur Einplanung in das Bau- und Finanzierungsprogramm Hochwasserschutz im Binnenland angemeldet worden sind. Anlage 4 Bau- und Finanzierungsprogramm Hochwasserschutz (Haushaltsjahre 2014 ff.) Stand 28.02.2014 Träger der Maßnahme Maßnahme im BuFP 2014 einge- plant 1 2 3 1. Landeseigene Projekte NLWKN; Bst. LG Rahmenplan HWS Elbe X NLWKN; Bst. CLP Erneuerung der Dämme der Gehobenen Hase X NLWKN; Bst. Aurich Verstärkung der Uferwände Wolthusen (Ems-Jade-Kanal) X NLWKN; Bst. Brake/Oldenburg (ELER) HWS rechtss. d. Hunte zw. Wardenburg u. WKW Oldenburg, Umsetzung BA 2013/14 X NLWKN; Bst. Brake/Oldenburg (GA) HWS rechtss. d. Hunte zw. Wardenburg u. WKW Oldenburg, Umsetzung BA 2013 X NLWKN; Bst. Aurich Verbesserung des HWS BurlageLangholter Tief X NLWKN; Bst. Aurich HWS am Ringkanal X NLWKN; Direktion (GB I) Vorplanung für den HW-Retentionsraum Allerknie bei Wolfsburg X NLWKN; Direktion (GB I) Düker Vorflutkanal Fehntjer Tief X NLWKN; Bst. LG (GB I) Erhöhung und Erweiterung der Wehranla- ge Wehningen in der Löcknitz NLWKN; Bst. Brake/Oldenburg Grundinstandsetzung HWEntlastungsläufe und Flügelwände am WKW Oldenburg 2. Kommunale Projekte Gemeinde Großefehn Bau des Flutpolders Großefehn X Stadt Lingen HWS Lingen, Abschnitt D, Schöpfwerk Lingener Mühlenbach X Gemeinde Bissendorf HW-Abschlag Linner See, HHWS-Mauer an der Wierau, Aufhöhung Linner Weg/ Bröcker Weg X Stadt Duderstadt Hochwasserschutzkonzept Stadt Duderstadt X 20 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Träger der Maßnahme Maßnahme im BuFP 2014 einge- plant 1 2 3 Gemeinde Friedland Hochwasserschutz Niedernjesa X Landkreis Hameln-Pyrmont Überregionaler HWS-Maßnahmenplan Oberweser (Teil 2) X Stadt Hoya Hochwasserschutz Hoya-Ost X Gemeinde Gilten Deichneubau X Stadt Celle HWS Stadtgebiet Celle X Samtgemeinde Elbtalaue HWS Neu Darchau und Kateminer Müh- lenbach: Variantenuntersuchung X Gemeinde Höhbeck Herstellung des Hochwasserschutzes in der Ortslage Vietze X Stadt Georgsmarienhütte Hochwasserpolder Wiemann Stadt Georgsmarienhütte Schutzwände im Stadtzentrum von Ge- orgsmarienhütte SG Spelle Hochwasserschutzmaßnahmen für Wohn- und Gewerbegebiete in Spelle Stadt Vechta Hochwasserschutz Stadt Vechta Stadt Westerstede Planung eines Hochwasserpolders (HWS Ocholt) Gemeinde Großefehn Bau des Flutpolders Spetzerfehn Gemeinde Bissendorf Gewässerverlegung Holter Bach in Bis- sendorf, Umfluter Siedlungsbereich Bissendorf -Sonnensee Gemeinde Bissendorf Bau eines Umfluters um den Siedlungsbereich Bissendorf-Sonnensee Gemeinde Bissendorf HWS Retentionsfläche Quellenweg Stadt Georgsmarienhütte Verwallung namenloses Gewässer in Su- tarb Stadt Georgsmarienhütte Aufweitung Grabenprofil und Ertüchtigung der Gewässerveröhrung in Sutarb Stadt Georgsmarienhütte Retentionsraum „Glückaufstraße“ Stadt Georgsmarienhütte HWS Oeseder Straße Stadt Georgsmarienhütte HWS Wellendorfer Straße Stadt Meppen Hochwasserschutz an Ems und Nordrad- de in der Stadt Meppen Stadt Georgsmarienhütte Retentionsraum „Am Breenbach“ Stadt Georgsmarienhütte Retentionsraum Osterdamm Stadt Georgsmarienhütte Abgrabung HRB „Siebenbachstraße“ Stadt Georgsmarienhütte HRB „Sieben Quellen“ Stadt Georgsmarienhütte HRB „Rehteich“ Stadt Georgsmarienhütte HRB „Piepenbrink“ Flecken Bovenden Ertüchtigung Verwallung an der Weende, Bovenden Nordwest (BA D, E) Stadt Osterode am Harz Hochwasserschutz für die Ortschaft Dorste Stadt Duderstadt Hochwasserrückhaltebecken Hahle bei Gerblingerode Landkreis Hildesheim Deicherneuerung zwischen Astenbeck und Heersum Samtgemeinde Mittelweser Instandsetzung des Weserdeiches in Müsleringen Stadt Laatzen Hochwasserschutz Gleidingen Landkreis Hildesheim HWS-Konzept Bruchgraben und Neben- gewässer Stadt Neustadt HWS Untere Leine bei Neustadt a. Rbge., BA Silbernkamp 21 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Träger der Maßnahme Maßnahme im BuFP 2014 einge- plant 1 2 3 Stadt Fürstenau HWS Fürstenau/Fürstenauer Graben Samtgemeinde Flotwedel HWS für das Gebiet der SG Flotwedel Stadt Celle HWS Stadt Celle, Umsetzung 3. PF-Ab- schnitt Gemeinde Winsen (Aller) u. Hambühren HWS der Gemeinde Winsen (Aller) (Entwurfsaufstellung ) Gemeinde Otter HWS Otter/Hollstegegraben Stadt Bleckede HWS Alt Garge 2. BA Stat. 0,000 bis 0+593 3. Maßnahmen der Wasser- und Bodenverbände bzw. Deichverbände Ochtumverband Errichtung des HWRB „Delmenhorst/A28“ (EU-fähiger Anteil) X Ochtumverband Errichtung des HWRB „Delmenhorst/A28“ (GA-fähiger Anteil) X SA Wittmund Erstellung eines HWS-Konzeptes u. Neuplanung Entwässerung in d. SA Wittmund X SA Wittmund Hochwasserschutz-Polder der Sielacht Wittmund X DV H-A-P Umplanung der HW-Deiche im DV H-A-P unter Berücksicht. des Emssperrwerkes X Sielacht Esens Ausbau des Entwässerungsnetzes am westlichen Ringschloot in Holtgast X Sielacht Esens Umbau des Siels in Bensersiel in ein Schöpfwerk/Herstellung der Verwallung am Benser Tief, Reiher Tief und Hünenschloot Muhder Sielacht Instandsetzung einer Stahlspundwand am Schöpfwerk Klostermuhde X Wasserverband Peine HWS Nördliches Harzvorland X Aller-Ohre-Verband HWS Vorsfelde X Leineverband HWS Einbeck-Dassel Feinplanung (kein MBl.vorliegend!) X Wolfsburger Entwässerungsbetriebe Bau eines HRB Bahndamm Ehmen X Stedorfer Deichverband Deichverstärkung Allerdeiche: BA Nord- brücke - Klein Hutbergen X Mittelweserverband Deichverstärkung Amedorf - Oiste X Stedorfer Deichverband Deichverstärkung Weserdeiche BA Groß Hutbergen-Rieda X Westener Deichverband Deichverstärkung OT Barnstedt - Wahnebergen X Deichverband Bosse Verstärkung des HW-Deiches Bosse X Artlenburger Deichverband Herstellung der Deichsicherheit am Elbe- deich in Hohnstorf Planung 2014 X Gartower Deich- und Wasserverband Deichverstärkung am links- und rechtsseitigen Seegedeich X Neuhauser Deich- und Unterhaltungsverband HWS Sude und Krainke X Jeetzeldeichverband Wiederherstellung der Deichsicherheit und Ausbau von Deichverteidigungswegen X SA Wittmund Rückbau einer Verrohrung im Gewässer „Zuggraben Hohebier“ I. EV Emden Verstärkung des Unterschöpfwerkes Victorburer Meede o. Neubau 22 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Träger der Maßnahme Maßnahme im BuFP 2014 einge- plant 1 2 3 I. EV Emden Ersatz bzw. Neubau Rechenreinigungsanlagen an div. Schöpfwerken I. EV Emden Umstrukturierung der Oberflächenentwässerung Marienhafe/Osterupgant Ochtumverband Hochwasserschutz am Klosterbach/ Varreler Bäke Sielacht Esens Umgestaltung der Lehmkuhlenheide Muhder Sielacht Rennschloot: Laufverlängerung und Rückhaltung EV Norden Sicherung der Entwässerung im Bereich Rickerstog Leda-Jümme-Verband Hochwasserrückhaltebecken Jübberde EV Oldersum Entwässerung im Bereich Hüllenerfehn EV Stedingen Sanierung Schöpfwerk Neuenhuntorf Wasserverband Mittlere Oker Hochwasserkonzept für die Stadt Braun- schweig Wolfsburger Entwässerungsbetriebe HRB Wipperaller Wolfsburger Entwässerungsbetriebe HRB Großer Schillerteich Wolfsburger Entwässerungsbetriebe HRB Neuer Teich Leineverband Erstellung eines Hochwasserschutzkon- zeptes für die Stadt Gronau, Bereich Gronau -Stadt Ausbauverband Nette HRB östlich Bornhausen; Bau BA 1 Wasserverband Peine HWS Nördliches Harzvorland; HWS- Damm Schladen Wasserverband Peine Untersuchung zum HWS von Baddeckenstedt unter Berücksichtigung des Hengstebaches Wasserverband Peine HWS Nördliches Harzvorland; HRB Börßum Wasserverband Peine HWS Nördliches Harzvorland; HRB Immenrode Wasserverband Peine HWS Nördliches Harzvorland; Retentionsmaßnahmen im Einzugsgebiet der Neile Wasserverband Peine HWS Nördliches Harzvorland; HWSDamm Wendessen Stedorfer Deichverband Deichverstärkung Allerdeiche: BA Wahnebergen -Hönisch DV Hülsen Deichverstärkung Ortslage Hülsen Deichverband Bierde Verstärkung des Hochwasserdeiches Bierde DV Kirchwahlingen-Rethem Deichverstärkung Ringdeich Kirchwahlingen DV Kirchwahlingen-Rethem Verstärkung des Leitdeiches von Rethem bis Kl. Häuslingen DV Kirchwahlingen-Rethem Verstärkung des Sommerdeiches K 113 Kirchwahlingen-Rethem DV Kirchwahlingen-Rethem Verstärkung des Sommerdeiches Klein Häuslingen/Ludwigslust inkl. SW Kirchwahlingen Otersener Deichverband Verstärkung der Sommerdeiche Otersen Deichverband Rethem-Wohlendorf Hochwasserschutz Rethem (Aller) DV Hodenhagen Verstärkung der Meißedeiche 23 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Träger der Maßnahme Maßnahme im BuFP 2014 einge- plant 1 2 3 UHV Nr. 83 Land Wursten Rückbau des alten Grauwallsiels in Weddewarden DV Bierden-Bollen-Uphusen HWS Weserdeiche BA Achim-Bierden-Bollen Neuhauser Deich- und Unterhaltungsverband Schöpfwerksabriss Sückau und Neubau Rosien/Preten Gartower Deich- und Wasserverband Höherlegung Berme und Deichverteidigungsweg am linken Elbedeich bei Holtorf -Pevestorf Jeetzeldeichverband Beseitigung von Minderhöhen im Bereich der Ortslage Hitzacker Dannenberger Deich- und Wasserverband Wiederherstellung Deichsicherheit Flügeldeich Wussegel Dannenberger Deich- und Wasserverband Wiederherstellung Deichsicherheit Elbedeich zw. Damnatz u. Wussegel Dannenberger Deich- und Wasserverband Wiederherstellung Deichsicherheit an der HWS- Wand Wussegel Dannenberger Deich- und Wasserverband Grunderwerb am Elbedeich zwischen Damnatz und Wussegel Zu 26: Die Vorschriften zum allgemeinen Artenschutz gemäß § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG verbieten grundsätzlich den Rückschnitt von Gehölzen in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September. Gehölzrückschnitte sind demnach in einem Zeitraum von Anfang Oktober bis Ende Februar möglich. In den Jahren 2010/2011 und 2011/2012 konnte in diesem Zeitraum hochwasserbedingt jeweils nur für eine kurze Zeitspanne im Deichvorland gearbeitet werden. Die Biosphärenreservatsverwaltung Niedersächsische Elbtalaue hat deshalb in Abstimmung mit dem MU in den Jahren 2012 und 2013 ausnahmsweise einem vorgezogenen Beginn des Rückschnitts (für 2012 ab September, für 2013 bereits ab August) zugestimmt. Im Winterhalbjahr 2013/2014 waren durchgehend Schnittarbeiten im Deichvorland möglich und es wurden umfangreiche Rückschnitte durchgeführt. Eine neuerliche Ausnahme vom gesetzlich vorgegebenen Schnittzeitraum ist deshalb 2014 nicht erforderlich. Die Landesregierung strebt für den Gehölzrückschnitt an der Elbe dauerhafte Lösungen auf der Grundlage eines länderübergreifenden Rahmenplans an, der zurzeit vom NLWKN erarbeitet wird (vgl. auch Antwort zu 28). Gehölze sollen an Stellen, wo sie aus hydraulischer Sicht den Wasserabfluss besonders stark bremsen, dauerhaft beseitigt werden. Zugleich sollen wertvolle Auwaldbestände , die als FFH-Lebensraumtyp besonders strengem EU-rechtlichem Schutz unterliegen, dort wo es hydraulisch vertretbar ist, dauerhaft erhalten werden. Die dauerhafte Freihaltung von Flächen kann nur durch Mahd oder Beweidung geschehen. Zu diesem Zweck soll im Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue ein Auenmanagement eingerichtet werden. Zu 27: Nein. Die Zeitvorgaben sind bundesrechtlich durch den allgemeinen Artenschutz begründet und der Zeitraum Oktober bis Februar reicht in der Regel für erforderliche Gehölzrückschnitte aus. Die Situation an der Mittelelbe in den Jahren 2012 und 2013 war ein Sonderfall (vgl. Antwort zu Frage 26). 24 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Zu 28: Zur Verbesserung des Abflussverhaltens bei Hochwasser kommen insbesondere Maßnahmen im Vorland eines Flusses in Betracht wie: – Reduzierung des Bewuchses, – Abgrabung von Sedimenten, – Anlage von Flutrinnen, – Anschluss von Altarmen sowie auch – Deichrückverlegungen, Deichneubauten und die Anlage von (steuerbaren) Flutpoldern. Im August 2012 haben die Länder Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit Schleswig-Holstein eine Kooperationsvereinbarung mit der BfG zur Erstellung des 2D-Modells zwischen Schnackenburg und Geesthacht geschlossen. Ziel ist es, mit dem Modell in einem iterativen Prozess diejenigen Maßnahmen konkret festzustellen, deren Umsetzung in der Summe den größtmöglichen hydraulischen Effekt versprechen und zugleich eine Erhaltung und Entwicklung ökologisch besonders wertvoller Bereiche ermöglichen. Da die Elbtalaue naturschutzrechtlich geschützt und Bestandteil des Europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 ist, kommen nur Maßnahmen in Betracht, die unter Berücksichtigung von Schutzzweck und Entwicklungszielen des Biosphärenreservats und mit größtmöglicher Schonung der durch die Richtlinien 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-RL) und 2009/147/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (VS-RL) geschützten Rechtsgüter vereinbar sind. Das hydraulische Modell ist 2013 eingerichtet worden. Auf der Grundlage der Ergebnisse des hydraulischen Modells wollen die Länder Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern bis Ende 2015 einen länderübergreifenden Rahmenplan erarbeiten. In diesem Zusammenhang wird auch geprüft, ob vorhandene abflussmindernde „Querriegel“ z. B. in Form von Gehölzen oder baulichen Anlagen beseitigt werden können. Der Rahmenplan soll als fachliche Grundlage für alle erforderlichen Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben nach Wasser- und Naturschutzrecht sowie weiteren rechtlichen Verfahren dienen. Dazu wird auf der Grundlage des Rahmenplans nach Festlegung des Untersuchungsrahmens ein gemeinsamer Umweltbericht erstellt und eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt. Ergänzend zu den Planungen für bauliche bzw. einmalige Veränderungen soll der Rahmenplan auch die dauerhaft erforderlichen Unterhaltungsmaßnahmen wie z. B. wiederkehrender Gehölzrückschnitt oder Sedimententnahmen im Deichvorland enthalten. Am 28.04.2014 stellte Frau Staatssekretärin Kottwitz in Begleitung regionaler Akteure sowie Vertretern des Landes Mecklenburg-Vorpommern der EU-Kommission in Brüssel die Kernpunkte des gemeinsamen Rahmenplans vor. Gleichzeitig hat sie dargelegt, welche Maßnahmen aus dem Rahmenplan bereits in 2014 vorgezogen werden sollen. Dabei handelt es sich um besonders dringliche Gehölzrückschnittsmaßahmen. Nach zustimmender Kenntnisnahme durch die Vertreter der EU-Kommission ist geplant, mit den vorgezogenen Rückschnittsmaßnahmen im Oktober 2014 zu beginnen. Die dafür notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zur Kohärenzsicherung für das Netz Natura 2000 (Neuanlage von Weiden-Auwald an anderer Stelle und andere Maßnahmen, um die verlorengehenden Funktionen zu ersetzen) sollen bis dahin möglichst schon geplant sein und zeitnah umgesetzt werden. Zu 29: Für sämtliche bisher durchgeführten Gehölzrückschnitte in der Elbtalaue wurden keine Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen durchgeführt. Entweder wurde die Erheblichkeitsschwelle unterschritten oder es handelte sich um einen Rückschnitt außerhalb von prioritären Lebensräumen. Mit der Aufstellung des Rahmenplans beginnt nun ein geordnetes Verfahren, in dem auch die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung anzuwenden ist. Beim Rückschnitt von Gehölzbeständen, die zum FFH-Lebensraumtyp Weiden-Auwald gehören, sind Ausgleichsmaßnahmen nach § 34 Abs. 5 BNatSchG zwingend vorgeschrieben, um den Zusammenhang (die Kohärenz) des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 zu sichern (vgl. Antwort zu 28). 25 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Zu 30: Die Zuständigkeiten im Bereich des Hochwasserschutzes in Niedersachsen sind aufgrund der dezentralen Struktur sehr vielschichtig (vgl. Antwort zu Frage 10). Der Landesregierung liegt daher keine Übersicht vor, aus der hervorgeht, welche Hochwasserschutzanlagen in Niedersachsen nicht dem Stand der Technik entsprechen. Grundsätzlich bedürfen alle Anlagen des Hochwasserschutzes einer rechtlichen Genehmigung. Diese sieht in der Regel die Errichtung der Anlagen nach dem jeweiligen Stand der Technik unter Berücksichtigung der geltenden technischen Normen vor. Die Hochwasserschutzanlagen sind grundsätzlich von dem jeweils Unterhaltungspflichtigen so zu betreiben und zu unterhalten, dass die Funktionsfähigkeit der Anlagen gewährleistet ist. Sofern eine Anlage ihre Funktion nicht mehr erfüllen kann, ist es die Aufgabe des Unterhaltungspflichtigen, die Anlage nach den aktuell geltenden technischen Normen instand zu setzen. Um dies sicherzustellen, sind gemäß § 18 NDG die gewidmeten Deiche mit den Anlagen zweimal jährlich durch die untere Deichbehörde zu schauen. Wird der Deich im Schauprotokoll für schaufrei erklärt, befindet er sich in einem ordnungsgemäßen Zustand und ist jederzeit voll abwehrfähig. Sollten Schäden am Deich festgestellt werden, so sind diese zeitnah zu beseitigen. Zu 31: Das Land Niedersachsen setzt sich seit Langem für einheitliche Bemessungsgrundlagen in den jeweiligen Flussgebietseinheiten ein. Infolge der Hochwasser im Mai und Juni 2013 hat die Sonderumweltministerkonferenz zum Hochwasser in ihrem Beschluss am 02.09.2014 die Erarbeitung eines nationalen Hochwasserschutzprogramms beschlossen. In Vorbereitung des Programms wurde die LAWA in Zusammenarbeit mit den Flussgebietsgemeinschaften beauftragt, eine flussgebietsbezogene Überprüfung und eventuelle Weiterentwicklung der Bemessungsgrundlagen vorzulegen. Solange die bisherigen Bemessungsgrundlagen noch nicht angepasst sind, erfolgt bei länderübergreifenden Deichen die Festlegung und damit Anpassung der Deichhöhe landesübergreifend abgestimmt im Rahmen des Genehmigungsverfahrens. Zu 32: Während des Hochwassers 2013 an der Elbe sind Schäden an den Hochwasserschutzanlagen insbesondere an Deichkronen, Deichverteidigungswegen und den sonstigen Anlagen an den Deichen sowie an Schöpfwerken und Sielen entstanden. Diese hochwasserbedingten Schäden sollen nach den Voraussetzungen der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Behebung der vom Hochwasser 2013 verursachten Schäden an der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur“ mit Mitteln des Fonds „Aufbauhilfe“ nach dem Aufbauhilfefonds-Errichtungsgesetz beseitigt werden. Seit Inkrafttreten der Richtlinie am 01.02.2014 haben die betroffenen Kommunen und Verbände bis zum 30.06.2015 die Möglichkeit, Anträge bei der NBank zu stellen. Daher kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Übersicht über alle Sanierungsmaßnahmen erstellt werden. Im Besonderen soll jedoch der Hochwasserschutz zwischen Damnatz und Hitzacker neu gestaltet werden. Über den reinen Sanierungsbedarf hinaus planen die Gemeinde Vietze und die Samtgemeinde Elbtalaue im Rahmen ihrer Zuständigkeit die erstmalige Errichtung eines Hochwasserschutzes für die Ortschaften Vietze und Neu Darchau. Die Finanzierung dieser beiden Maßnahmen erfolgt im Rahmen des Bau- und Finanzierungsprogramms Hochwasserschutz im Binnenland (vgl. Antwort zu 25). Zu 33: Eine generelle Zuständigkeit des Landes für die Planung von Rückhalteflächen besteht nicht (vgl. Antwort zu 10). Es ist nicht Aufgabe des Landes Niedersachsen, wasserwirtschaftliche Rahmenpläne aufzustellen und darin die Schaffung zusätzlicher Retentionsflächen z. B. in Form von Poldern zu planen. Das früher im Wasserrecht sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene geregelte Instrument der wasserwirtschaftlichen Rahmenpläne zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Wassermenge, u. a. unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Hochwasserschutzes, ist entfallen . Um dennoch eine Verbesserung des Hochwasserschutzes durch die Verbesserung der natürlichen Wasserrückhaltung, die Hochwasserrückhaltung durch Rückhaltebecken und die Erschließung weiterer Retentionsräume auch an kleineren niedersächsischen Gewässern zu erreichen, er- 26 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 wägt die Landesregierung in Abhängigkeit von den verfügbaren Haushaltsmitteln die Erarbeitung eines landesweiten Retentionskatasters, das potenziellen Maßnahmenträgern, insbesondere auch den Kommunen, als Planungsgrundlage dienen soll. Zu 34: Über ein landesweites Retentionskataster könnten die für Retentionsflächen potenziell geeigneten Standorte ermittelt werden (vgl. Antwort zu 33). Die konkrete Planung erfolgt dann von den jeweils vor Ort zuständigen Kommunen und Verbänden. Zu 35: Niedersachsen unterstützt den von der Sonderumweltministerkonferenz zum Hochwasser am 02.09.2013 gefassten Beschluss zur Aufstellung eines Nationalen Hochwasserschutzprogramms, das insbesondere Maßnahmen zur Gewinnung von Rückhalteräumen mit signifikanter Wirkung auf die Hochwasserscheitel beinhalten soll. Aktuell wurden die potenziellen Maßnahmen für das Nationale Hochwasserschutzprogramm von den Bundesländern erarbeitet und in den Flussgebietsgemeinschaften (FGGen) abgestimmt. Die FGGen haben diese Maßnahmenlisten an die LAWA gemeldet , die daraus bis zur Umweltministerkonferenz im September 2014 einen Vorschlag für das Nationale Hochwasserschutzprogramm, das die prioritären und überregionalen Maßnahmen zur Verbesserung des präventiven Hochwasserschutzes enthalten wird, erarbeitet. Niedersachsen hat die Aufnahme von Maßnahmen der anderen Bundesländer zur Gewinnung von Rückhalteräumen, insbesondere im Oberlauf der Elbe, aktiv unterstützt und wird dies auch auf der Ebene der LAWA tun. Gleichzeitig setzt sich Niedersachsen zusammen mit den anderen Bundesländern für eine ausreichende Mittelausstattung für die Umsetzung des Nationalen Hochwasserschutzprogramms ein (vgl. auch Antwort zu 22). Zu 36: Die Wirkung von Deichrückverlegungen insbesondere die positiven Synergieeffekte für Hochwasser - und Naturschutz sind der Landesregierung bekannt (vgl. Antwort zu 49). Niedersachsen wird daher auch in der neuen EU-Förderperiode von 2014 bis 2020 Deichrückverlegungen explizit fördern . Sofern das Land durch Dritte mit der Planung von Hochwasserschutzanlagen beauftragt ist oder eigene Planungen aufstellt, z. B. für den länderübergreifenden Rahmenplan zur Elbe (vgl. Antworten zu 28, 47 und 48) werden Deichrückverlegungen als Alternative mitbetrachtet. Auch unterstützt das Land diesbezügliche Planungen insoweit als das gemäß dem LROP in den Regionalen Raumordnungsprogrammen (RROP) für die Anlage von Rückhalteräumen Flächen als Vorbehaltsgebiete Hochwasserschutz festzulegen sind. Zu 37: Auf die Antwort zu 36 wird verwiesen. Zu 38: Auf die Antworten zu 35 und 36 wird verwiesen. VII. Hochwasservorhersage in Niedersachsen Zu 39: In Niedersachsen kommt als Hochwasservorhersagemodell das Modell „PANTA RHEI“ zum Einsatz . „PANTA RHEI“ ist ein komplexes Wasserhaushaltsmodell und wurde für den operationellen Einsatz als Vorhersagemodell optimiert. Mit dem Modell werden auf der Basis von gefallenen Niederschlägen und der von Wetterdiensten prognostizierten Niederschläge für die jeweils kommenden Stunden bzw. Tage (in Abhängigkeit vom betrachteten Flussgebiet) die Hochwasserstände im Voraus berechnet. Für die Elbe wird das Wasserstandsvorhersagesystem „WAVOS“ der BfG verwendet. Das Vorhersagesystem wurde von der BfG an verschiedene Flusssysteme angepasst und befindet sich in unterschiedlichen deutschen Vorhersagezentralen im operationellen Einsatz. Die Wasserstandsvor- 27 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 hersagen werden in diesem modularen System mit einem eindimensionalen hydrodynamischen Modell berechnet. Zu 40: Das Hochwasservorhersagemodell „PANTA RHEI“ wird von der HWVZ des NLWKN betrieben. Die HWVZ wurde im Oktober 2009 in der Betriebsstelle Hannover-Hildesheim des NLWKN eingerichtet. Die HWVZ ist mit dem Modell „PANTA RHEI“ für die Einzugsgebiete der Aller, Leine, Oker sowie der Hase und Hunte im operationellen Echtzeitbetrieb. Es sind bereits rund 50 % der Landesfläche (bei Nichtberücksichtigung der tidebeeinflussten Küstenregionen) durch die Hochwasservorhersage abgedeckt. Es ist vorgesehen, sukzessive weitere Gebiete in die Hochwasservorhersage mit aufzunehmen (vgl. auch Antwort zu 44). Die HWVZ wertet täglich zahlreiche Daten über das Hochwassergeschehen und die Wettersituation aus. Im Hochwasserfall bewertet die HWVZ die Wettervorhersagen nach Rücksprache mit den Meteorologen des DWD. Mit dem eingesetzten Wasserhaushaltsmodell werden Vorhersagen über die weitere Abflussentwicklung der Fließgewässer berechnet. Eine Aktualisierung der Vorhersageberechnungen von Abflüssen und Wasserständen erfolgt im Hochwasserfall i. d. R. im dreistündigen Zyklus. Anschließend veröffentlicht die HWVZ Hochwasserlageberichte und Vorhersagen an ausgewählten Hochwassermeldepegeln, die mehrmals täglich auf Grundlage der berechneten Abflussund Wasserstandsvorhersagen für die einzelnen Flusseinzugsgebiete aktualisiert werden. Die Informationen sind der Öffentlichkeit unter www.pegelonline.nlwkn.niedersachsen.de zugänglich . Im Hochwasserfall erfolgt eine enge Zusammenarbeit der Vorhersagezentrale mit dem Überregionalen Hochwasserdienst (ÜHWD), den regionalen Hochwasserdiensten (RHWD) und Talsperrenbetreibern (u. a. NLWKN, Harzwasserwerke); vgl. auch Antwort zu 41. Die Hochwasservorhersage für die oben genannten Gebiete verlängert den nutzbaren Zeitraum für eine Schadensvorbeugung und -minimierung und ist somit eine effektive und notwendige Ergänzung zu den Hochwassermeldediensten . Zusätzlich zu den täglichen Abflussvorhersagen erfolgen in der HWVZ umfangreiche hydrologische Evaluierungen der getätigten Vorhersagen, um die Qualität der Vorhersagen kontinuierlich zu verbessern. Die Weiterentwicklung des Modells und Anpassung an neue Vorhersageprodukte des DWD ist ein weiterer notwendiger Schwerpunkt. An der Elbe werden die Hochwasservorhersagen in der Hochwasservorhersagezentrale beim Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (LHW) mit Unterstützung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) mit dem Modell „WAVOS“ erstellt. Grundlage für die Durchführung und Bereitstellung der Wasserstands- und Hochwasservorhersage an der Elbe ist eine Verwaltungsvereinbarung zwischen den beteiligten Bundesländern und dem Bund. Die Durchführung des Vorhersagedienstes im Normal- und im Hochwasserfall erfolgt gemäß einer Durchführungsanweisung. Diese Anweisung wird durch Sachsen-Anhalt und die WSV in Zusammenarbeit mit der BfG entsprechend der notwendigen Weiterentwicklungen im Einvernehmen mit den weiteren beteiligten Ländern fortgeschrieben. Zu 41: Zur möglichst frühzeitigen Warnung der Bevölkerung in hochwassergefährdeten Gebieten und gegebenenfalls der Schifffahrt werden in Niedersachsen Hochwassermeldedienste vorgehalten und eine HWVZ betrieben. Während Hochwassermeldedienste auf eingetretene Hochwasserstände reagieren , prognostiziert die HWVZ zu erwartende Hochwasserereignisse. An rund 50 mittelgroßen Binnengewässern Niedersachsens wird von den Dienststellen des NLWKN ein RHWD durchgeführt. Der Meldedienst beginnt i. d. R., sobald an Hochwassermeldepegeln der Wasserstand die Meldestufe 1 (bordvoller Abfluss, erste leichte Ausuferungen, Vorwarnstufe ) überschritten wird. Insbesondere die Katastrophenschutzbehörden werden regelmäßig über die aktuellen Wasserstände informiert. Den Hochwasserdienst nimmt der GLD im NLWKN nach § 29 NWG wahr. 28 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Sofern im Einzugsgebiet der Weser mit den Hauptnebengewässern Aller und Leine ein Wasserstand der Meldestufe 2 (Ausuferungen in überwiegend land- und forstwirtschaftlichen Flächen) überschritten wird, ist der ÜHWD einzuberufen. Der ÜHWD besteht aus Mitarbeitern des NLWKN und der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt - Außenstelle Mitte. Grundlage für die Zusammenarbeit ist die gemeinsame HWMO des Landes Niedersachsen (MU) und des Bundes (Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt - Außenstelle Mitte) für die Weser. Die Hochwassermeldungen werden vom ÜHWD herausgegeben. Die vom NLWKN betriebene HWVZ erstellt Vorhersagen für die Einzugsgebiete der Aller, inklusive Leine, Oker und Zuläufe sowie der Hase und der Hunte. Die Elbeländer und der Bund haben zur Durchführung der Wasserstands- und Hochwasservorhersage an den Bundeswasserstraßen Elbe, Saale und Untere Havel-Wasserstraße eine „Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung der Wasserstands- und Hochwasservorhersage an den Bundeswasserstraßen Elbe, Saale und Untere Havel-Wasserstraße (Havelberg Stadt)“ geschlossen, die am 01.07.2013 in Kraft getreten ist. Die Verwaltungsvereinbarung verfestigt und definiert die bereits seit längerem von allen beteiligten Verwaltungsstellen durchgeführte Praxis bei der Wasserstands - und Hochwasservorhersage an der Elbe. Die Elbanliegerländer haben ihr Hochwasserinformationssystem ständig erweitert und optimiert. Die gemeinsame HVZ (angesiedelt in Magdeburg) arbeitet dabei insbesondere mit den Fachbehörden der Oberlieger in Sachsen und Tschechien eng zusammen. Zu 42: Das jährliche Budget für die HWVZ beim NLWKN in Hildesheim beträgt zurzeit rund 0,8 Mio. Euro. Mit dem Budget werden vier Personalkapazitäten und die mit dem Betrieb zusammenhängenden sächlichen Verwaltungsausgaben finanziert. Die finanziellen Möglichkeiten für eine personelle Verstärkung der HWVZ werden gegenwärtig geprüft. Zu 43: Der Erfolg der HWVZ zeigte sich u. a. beim Hochwasser Ende Mai 2013 im südöstlichen Niedersachsen , das seit dem Hochwasser 2007 und seit Einrichtung der HWVZ das größte Hochwasser im Einzugsgebiet der Aller, Leine, Innerste und Oker war. Die gewonnenen Erfahrungen im Vorhersagebetrieb und die Zusammenarbeit zwischen HWVZ und den Meldediensten sowie den Talsperrenbetreibern während dieses Hochwassers waren insgesamt sehr positiv. Der NLWKN konnte die lokalen Entscheidungsträger und Katastrophenstäbe, aber auch die breite Öffentlichkeit zielgerichtet informieren und beraten. Im Zuge der Einrichtung der HWVZ wurde auch der Internetauftritt der Pegelseite des NLWKN optimiert . Unter www.pegelonline.nlwkn.niedersachsen.de wird der Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben , sich über eine akute Hochwassergefahr zu informieren. Neben den aktuellen Wasserständen werden auf dieser Internetseite auch Hochwasserinformationen (Hochwasservorhersagen und Lageberichte mit Angaben zur aktuellen und erwarteten Situation) der HWVZ bereitgestellt. Um die im Internet bereit gestellten Informationen zudem mobil erreichbar zu machen, wurde eine mobile Hochwasser-App eingerichtet. Seit 2011 sind von insgesamt 102 Hochwasserberichten (interne Berichte an Meldedienste, Pressestelle, u. a.) 87 Berichte von der Vorhersagezentrale im Internet veröffentlicht worden. Für einzelne Pegel werden in diesen Berichten Vorhersageganglinien veröffentlicht . Beim Hochwasserereignis im Mai/Juni 2013 wurden insgesamt 30 Berichte (vom 25.05. bis 15.06.2013) veröffentlicht. Ein redundanter Bereitstellungsweg ist das von den Bundesländern gemeinsam betriebene Hochwasserportal www.hochwasserzentralen.de. Die Hochwasservorhersageberechnungen der HWVZ verlängern den nutzbaren Zeitraum für eine Schadensvorbeugung und -minimierung und sind somit eine effektive und notwendige Ergänzung zu den Meldungen der Hochwassermeldedienste und eine notwendige Informationsquelle für die Öffentlichkeit. Zu 44: Neben den Gebieten, für die bereits Hochwasservorhersagen berechnet werden, ist eine sukzessive Ausweitung auf weitere hochwassergefährdete Flussgebiete vorgesehen, um möglichst für ganz 29 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Niedersachsen flächendeckend Vorhersagen erstellen zu können. Zur Verbesserung der Vorhersagequalität mit Fokus auf die Genauigkeit des vorhergesagten Wasserstandes und des möglichen Vorhersagezeitraums werden entsprechende Arbeiten konsequent weitergeführt. Auch neue Entwicklungen des DWD werden aufgegriffen und in den Hochwasservorhersagebetrieb integriert. Für eine zuverlässige Hochwasservorhersage wird das eingesetzte Hochwasservorhersagemodell „PANTA RHEI“ stetig weiterentwickelt und auch benötigten Modelleingangsdaten (u. a. Wasserstände , Abflüsse, Niederschlagsdaten) werden stetig verbessert. Genauso müssen die Informationswege und -möglichkeiten konsequent weiterentwickelt werden und an den technischen Stand der Zeit angepasst, um weiterhin zielgerichtet, effektiv und aktuell über Hochwassergefahren informieren zu können (mobile Anwendungen, etc.). Zu 45: Das in der HWVZ eingesetzte Vorhersagemodell „PANTA RHEI“ ist eine Entwicklung des Instituts für Wassermanagement IfW GmbH (ein Zusammenschluss des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau der Technischen Universität Braunschweig und des Ingenieurbüros Prof. Dr.-Ing. W. Hartung und Partner). Es wird in zahlreichen Projekten und wissenschaftlichen Arbeiten in der Abteilung Hydrologie , Wasserwirtschaft und Gewässerschutz des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau der Technischen Universität Braunschweig eingesetzt. Im Rahmen dieser universitären Forschung findet in der genannten Abteilung des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Prozessgleichungen statt. Diese Weiterentwicklungen fließen in Modell-Versionen ein, die in der HWVZ zum Einsatz kommen. Im Themenfeld der Klimafolgenforschung werden in Kooperationen zwischen NLWKN und der Technischen Universität Braunschweig sowie der Leibnitz-Universität Hannover mit dem Wasserhaushaltsmodell wasserwirtschaftliche Untersuchungen zu potenziellen Auswirkungen des Klimawandels in Bezug auf Hoch- und Niedrigwasser durchgeführt. Hier ergeben sich enge Synergien, die direkt bei der Anwendung und Weiterentwicklung des Hochwasservorhersagemodells Berücksichtigung finden. VIII. Modellprojekte zum Hochwasserschutz in Niedersachsen Zu 46: Es wurden bislang keine expliziten Modellprojekte zum grenzübergreifenden Hochwasserschutz durchgeführt. Gleichwohl gibt es unterschiedlichste Formen der grenzübergreifenden Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern (vgl. Antworten zu 47 und 48). Zu 47 und 48: Es bestehen zum grenzüberschreitenden Hochwasserschutz u. a. folgende Projekte und Abstimmungen mit Nachbarländern, aufgeteilt nach Flussgebietseinheiten (FGE): – FGE Ems: – Grenzvertrag/Abkommen vom 04.04.1974 zwischen dem Königreich der Niederlande und dem Land Niedersachsen, das auf dem Grenzvertrag von 1960 fußt. Die Randbedingungen des Grenzvertrages dienen als Grundlage für die planfestgestellten Wasserstände der Vechte. Mit dem Vertrag wird geregelt, wie die Abflüsse über die Grenze gesteuert bzw. begrenzt werden sollen, um die definierten Wasserstände im Hochwasserfall nicht zu überschreiten . – Es findet eine Zusammenarbeit zwischen dem Königreich der Niederlande, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen im Bereich der Hochwassermeldedienste statt. Im Hochwasserfall werden im Rahmen der regionalen Hochwasservorhersage entsprechende Informationen kommuniziert. – Aktuell wird von den Niederlanden ein Hochwasservorhersagemodell für die Vechte und Dinkel erstellt. Niedersachsen liefert hierfür aktuelle Pegeldaten und kann die Ergebnisse einsehen und nutzen. 30 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 – Niedersachsen wird von der Bundeswasserstraßenverwaltung über Hochwassersituationen in der Ems informiert. – FGE Weser: – Für das Einzugsgebiet der Weser wird zusammen mit der Bundeswasserstraßenverwaltung der ÜHWD betrieben. Mit der Meldung wird auch das Land Bremen informiert. – Der gemeinsame Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung der Unterwesersperrwerke Lesum, Hunte und Ochtum vom 08.01.1971 verpflichtet die Bundesländer Niedersachsen und Bremen zum gemeinsamen und aufeinander abgestimmten Betrieb der Sperrwerke. – Über eine Verwaltungsvereinbarung vom 17.03.2011 wird die Zusammenarbeit der beiden Länder Bremen und Niedersachen zur gemeinsamen Umsetzung der HWRM-RL vereinbart. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit finden Fachgruppensitzungen statt, bei denen die strategische Vorgehensweise bei der gemeinsamen Umsetzung festgelegt wird. – Zusammen mit Bremen wurde für die komplette niedersächsische sowie bremische Küste der Generalplan Küstenschutz aufgestellt (März 2007). – Über den von Niedersachsen betriebenen Sturmflutwarndienst wird Bremen über bevorstehende Sturmfluten informiert. – FGE Elbe: – „Projekt W-Q-Elbe 1890“, November 2007 zur Überarbeitung der HQ(a)-Reihen und Abflusstafeln der Elbepegel und Herstellung von konsistenten Zeitreihen unter Beteiligung der BfG und des Instituts für Wasser und Gewässerentwicklung der Universität Karlsruhe sowie von Fachexperten der Elbeanrainerländer. – Staatsvertrag zwischen den Ländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern , Niedersachsen und dem Bund (Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt ) über die Flutung der Havelpolder sowie die Einrichtung einer gemeinsamen Schiedsstelle , Juli 2008. Der Staatsvertrag trifft Regelungen zur Kappung des Elbescheitels durch Flutung der Havelpolder bei gefahrbringendem Hochwasser in der Elbe. – Kooperationsvertrag zwischen den Ländern Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern , Niedersachsen und dem Bund (BfG) zur 2D-Modellierung der Unteren Mittelelbe von Wittenberge bis Geesthacht, August 2012. Hierbei geht es um die Erstellung eines 2D-Modells und Berechnung von verschiedenen Lastfällen zur Beurteilung der Wasserstands - und Strömungsverhältnisse mit unterschiedlichen Vorlandverhältnissen und Vorlandtopographien . – Kooperationsvertrag zum Projekt „Homogenisierung von HQ-Reihen für deutsche Elbepegel “. Projekt zur Homogenisierung der HQ-Reihen der deutschen Elbepegel unter Berücksichtigung wichtiger Hochwasserrückhaltemaßnahmen in Tschechien und an der Saale zwischen dem Bund (BfG) und der Flussgebietsgemeinschaft Elbe unter Beteiligung von Fachexperten der Elbeanrainerländer. – „Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung und Bereitstellung von Wasserstands- und Hochwasservorhersagen für die Bundeswasserstraßen Elbe, Saale und Untere HavelWasserstraße “, Juli 2013. – Tägliche Erstellung von Wasserstandsvorhersagen durch das Wasser- und Schifffahrtsamt Magdeburg und im Hochwasserfall Erstellung von Hochwasservorhersagen durch die Hochwasservorhersagezentrale Sachsen-Anhalt für den Bund (Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt) und die Länder Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern , Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. – „Verwaltungsvereinbarung zur Zusammenarbeit beim Hochwasserschutz an der unteren Mittelelbe zwischen Schnackenburg und Geesthacht“, März 2014. In einem länderübergreifenden Rahmenplan von Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen sollen identifizierte und effiziente Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserabflusses zusam- 31 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 mengefasst werden. Im Ergebnis sollen gemeinsam zusätzliche Maßnahmen wie Reduzierung des Bewuchses im Abflussquerschnitt, Abgrabung von Sedimenten, das Anlegen von Flutrinnen, der Anschluss von Altarmen, Deichrückverlegungen, Deichneubauten sowie die Anlage von Flutpoldern an der Elbe konzeptionell beplant werden. IX. Interessenkonflikte beim Hochwasserschutz Zu 49: Zwischen dem Hochwasserschutz und dem Naturschutz gibt es insbesondere Synergien, wobei es durchaus auch unterschiedliche Interessenslagen geben kann. Ziel des Naturschutzes im Hinblick auf Bäche und Flüsse ist eine möglichst naturnahe Gewässeraue , sowohl hinsichtlich einer Ausdehnung der Überschwemmungsflächen als auch für den Auenzustand (Auwald und naturnahes Grünland). Eine solche Aue ist grundsätzlich auch ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Ziele des Hochwasserschutzes (Hochwasserrückhalt in den Auen der Gewässeroberläufe, Verlangsamung des Abflusses, ausreichend breite Abflussprofile). Die Synergien zwischen Natur- und Hochwasserschutz sind offensichtlich. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG hat der Hochwasserschutz auch durch natürliche oder naturnahe Maßnahmen zu erfolgen. Unterschiedliche Interessenslagen kann es in baulich stark eingeengten Flussauen geben, wenn die Deichhöhen auf ein gehölzfreies Abflussprofil ausgelegt sind. Hier ist es die gemeinsame Aufgabe von Wasserwirtschaft und Naturschutz, abgestimmte Lösungen zu entwickeln. Ein gutes Beispiel hierfür ist das aktuelle Vorgehen an der Unteren Mittelelbe (vgl. Antworten zu 26 bis 29). Die Suche nach gemeinsamen Lösungen kann sich aber auch sehr aufwändig gestalten, wie der geplante Deichbau an Sude und Krainke in der Gemeinde Amt Neuhaus zeigt. Dort sollen die Deiche im Bereich der Ortsteile Preten, Niendorf und Dellien auf einen aktuellen Ausbaustandard gebracht werden, um den Hochwasserschutz zu verbessern. Zugleich sollen aus Naturschutzgründen wegen des dortigen Biosphärenreservats Niedersächsische Elbtalaue Flächen der Flurstücksbezeichnung „Rade/Karchau“ außerhalb der Deichlinie bleiben, um der Sude als Überschwemmungsfläche zu dienen sowie eine naturdynamische Entwicklung der Flächen zu ermöglichen. Aus diesen unterschiedlichen Zielsetzungen ergeben sich verschiedene Interessenlagen, die durch einen von MU und dem Landkreis Lüneburg eingesetzten „Runden Tisch“ einer Gesamtlösung zugeführt werden sollen. Ein abschließendes weitgehend einvernehmliches Ergebnis steht nach rund dreijähriger intensiver Arbeit unmittelbar bevor. Bewirtschaftungsziele nach der EG-WRRL sind u. a. der gute ökologische Zustand bzw. das gute ökologische Potenzial sowie der gute chemische Zustand der Gewässer. Auch diese Ziele stimmen grundsätzlich mit den Zielen des Naturschutzes und des vorsorgenden Hochwasserschutzes überein . Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG sind zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts die Binnengewässer von Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten; dies gilt insbesondere für natürliche und naturnahe Gewässer einschließlich ihrer Ufer, Auen und sonstigen Rückhalteflächen. Ziel der Gewässerrandstreifen ist - neben der Schaffung von Lebensräumen der Gewässerufer - die Verlangsamung bzw. Rückhaltung des Oberflächenabflusses und der damit verbundenen Einträge von Sedimenten oder Schadstoffen von angrenzenden Nutzflächen in die Gewässer. Gewässerrandstreifen dienen also gleichzeitig dem Natur- und Hochwasserschutz sowie der EG-WRRL. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG ist für einen ausgeglichenen Niederschlags-Abflusshaushalt auch durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege Sorge zu tragen. Mögliche Konflikte zwischen Hochwasser- und Naturschutz sowie EG-WRRL und Gewässerrandstreifen können bau- und anlagebedingt durch technische Hochwasserschutzmaßnahmen entstehen . Es ist Ziel der Landesregierung, diese Konflikte zu vermindern und die o. g. Synergien zu fördern, indem den Flüssen wieder mehr Raum gegeben wird (vgl. Antworten zu 35 und 36). Die Maßnahmen zum Hochwasserschutz wie auch zum Fließgewässerschutz werden verstärkt auf die Ökosystemdienstleistungen der Auenlandschaft ausgerichtet. Das Beispiel einer Rückdeichung in Lenzen im Land Brandenburg zeigt, dass eine hauptsächlich für den Naturschutz durchgeführte Maßnahme 32 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 zugleich sehr vorteilhaft für den Hochwasserschutz sein kann. Eine aktuelle Untersuchung der BfG belegt hier eine Absenkung des Wasserspiegels um bis zu 50 cm beim Elbhochwasser 2013 auf einer Länge von etwa 35 km oberhalb der Deichrückverlegung. Zu 50: Schwerwiegende Interessenkonflikte zwischen dem Hochwasserschutz und der Fischerei sind auch bei einer Verstärkung des Hochwasserschutzes nicht zu erwarten. Der Hochwasserschutz umfasst verschiedene technische sowie betriebliche Maßnahmen, die Konflikte mit den Belangen der Fischerei mit sich bringen können. Dazu gehören z. B. der Betrieb von Schöpfwerken mit fischschädigenden Auswirkungen und die Schaffung von Retentionsräumen, in denen es zu Sauerstoffmangelsituationen und in der Folge zu Fischsterben kommen kann. Es gilt daher im Zuge von Hochwasserschutzmaßnahmen, die Möglichkeiten des Fischschutzes in vollem Umfang auszuschöpfen. Hochwasserschutzmaßnahmen bieten aber auch Potenziale, die dem Fischartenschutz und damit der Fischerei dienen können. Hierzu zählt beispielsweise die Gewässerentwicklung im Zuge von Deichrückverlegungen. Zu 51: Zwischen dem Hochwasserschutz und der Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit zur Erreichung des guten ökologischen Zustands nach der EG-WRRL bestehen im Regelfall keine Interessenkonflikte . Die Maßnahmen zur ökologischen Durchgängigkeit werden grundsätzlich so konzipiert , dass sie hochwasserneutral sind. Beim vollständigen Rückbau nicht mehr benötigter Staustufen bzw. Querbauwerke treten typischerweise keine Beeinträchtigungen auf den Hochwasserabfluss ein. Diese können gegebenenfalls dann eintreten, wenn eine bisher regelbare Wehranlage in ein nicht regelbares Bauwerk, z. B. eine Sohlgleite umgestaltet wird. In diesen Fällen wird durch geeignete Maßnahmen wie einen hinreichend dimensionierten Umfluter als Hochwasserentlastung sichergestellt, dass keine Verschlechterung der Abflusssituation eintritt. Sofern Anlagen als Fischwanderhilfe für den Auf- bzw. Abstieg wandernder Arten an Standorten mit begrenzten hydraulischen Spielräumen geplant werden , werden sie grundsätzlich so gestaltet bzw. bemessen, dass negative Einflüsse nicht eintreten oder auf ein unbeachtliches Maß reduziert werden. In den regelmäßig erforderlichen wasserrechtlichen Verfahren wird dieser Sachverhalt umfänglich geprüft und verbindlich geregelt, nachteilige Auswirkungen sind daher ausgeschlossen. Im Fall von Auenentwicklung, Altarmanbindung und ähnlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Auenökologie kann durch Schaffung von Rückhaltevolumen und/oder erweiterten Abflussmöglichkeiten sogar ein positiver Effekt auf den Hochwasserabfluss ausgeübt werden. Zu 52: Zwischen dem Hochwasser- und dem Trinkwasserschutz bestehen keine grundsätzlichen Interessenskonflikte . Allerdings kann aufgrund einer im Interesse des Hochwasserschutzes angelegten Retentionsfläche bei Überflutung eine Grundwasserbelastung eintreten. Ein Beispiel für die Entschärfung eines solchen Konfliktes ist das Einzugsgebiet bzw. das Wasserschutzgebiet Seboldshausen im Landkreis Northeim, wo die drei Entnahmebrunnen im Hochwasserrückhaltebecken der Eterna liegen. Das als Talsperre einzustufende Becken wurde später errichtet und die Brunnen überflutungssicher ausgerüstet. Unabhängig von gezielten Maßnahmen besteht naturgemäß ein potenzielles Risiko einer möglichen Grundwasserbelastung innerhalb von Retentionsflächen in einem Wasserschutzgebiet, insbesondere bei größeren Gewässern. Vorsorglich werden daher oberflächennahe Grundwasserentnahmen im Allgemeinen aus Gründen möglicher Verkeimungen außer Betrieb genommen. Ein Beispiel dafür sind Hochwasserereignisse im Bereich des Wasserwerkes Grasdorf der Stadtwerke Hannover und des Wasserwerkes „An den Graften“ der Stadtwerke Delmenhorst, wo in der zurückliegenden Betriebsphase hygienische Probleme mit Verkeimungen im Rohwasser als Folgen von Überflutungen der Delme (beispielsweise Hochwasser 1998), auftraten. 33 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Zu 53: Konfliktsituationen können grundsätzlich bei der Bewirtschaftung von Talsperren mit unterschiedlichen Nutzungszielen auftreten, etwa bei den sechs großen Westharztalsperren Ecker-, Grane-, Innerste -, Oder-, Oker- und Sösetalsperre, die Multifunktionsanlagen sind. Neben dem Hochwasserschutz dienen sie der Trinkwassergewinnung (außer Odertalsperre), der Energieerzeugung durch Wasserkraft, der Niedrigwasseraufhöhung zugunsten der wirtschaftlichen Entwicklung im Vorharz sowie der Freizeitnutzung. Alle diese Nutzungszwecke sind von besonderem öffentlichem Interesse . Den unterschiedlichen Nutzungszwecken wird durch den Betriebsplan, der für jede Talsperre existiert, Rechnung getragen. Durch die Regelungen des Betriebsplans wird die Bewirtschaftung auch im Sinne eines Ausgleichs der unterschiedlichen Nutzungsziele gesteuert. Insbesondere legt der Betriebsplan fest, wie viel Wasser an den Unterlauf der Talsperre in Abhängigkeit vom Füllgrad und von der Jahreszeit abzugeben ist. Der oberste Staubereich der Talsperren, der Hochwasserrückhalteraum , ist ausnahmslos zum Zwecke des Hochwasserschutzes zu bewirtschaften. Ziel der Talsperrensteuerung im Hochwasserfall ist es immer, die zufließenden Hochwasserspitzen zu dämpfen, das Hochwasservolumen ganz oder teilweise zurückzuhalten und zeitlich soweit zu verzögern, dass sich die Abgaben aus den Talsperren nicht unerwünscht mit den Hochwasserspitzen der Gewässer im Harzvorland überlagern. Durch die Steuerung der Talsperren kann allerdings ein Hochwasser, das unterhalb der Talsperren entsteht, nicht beeinflusst werden. Die Talsperrenaufsicht im NLWKN überwacht die Einhaltung der Betriebspläne gerade auch hinsichtlich der Hochwasserschutzfunktion der Talsperren. Ist im Hochwasserfall ausnahmsweise ein Abweichen vom Betriebsplan erforderlich, so geschieht dies ausschließlich auf Anordnung oder mit Zustimmung der Talsperrenaufsicht. Konflikte zwischen der Vorhaltung von Hochwasserreserven und den anderen Nutzungszwecken der Talsperren sind in diesem Zusammenhang nicht bekanntgeworden . Zu 54: Überlagerungen von Überschwemmungsgebieten mit Wasserschutzgebieten bestehen in Niedersachsen vor allem in den Talbereichen größerer Flüsse, wo meist gute Grundwasserentnahmebedingungen und hohe Durchlässigkeiten oberflächennaher Gesteine bestehen. Das ist z. B. der Fall an der Oker mit dem Wasserschutzgebiet Börßum und an der Weser mit den Wasserschutzgebieten bei Nienburg sowie bei Rinteln. In der niedersächsischen Handlungshilfe zu Wasserschutzgebietsverordnungen (http://www.umwelt.niedersachsen.de/trinkwasser/schutzgebiete/leitfaden-wasserschutzgebiete -niedersachsen-117530.html) wird in Bezug auf bei Hochwasser bestehenden Konflikten beschrieben, dass Flüsse bei Hochwasserereignissen infolge von Abschwemmungen, ausgefallenen Kläranlagen und ausgetretenen Schadstoffen erhöhte Stofffrachten führen, die bei Überschwemmung nicht befestigter Flächen in das Grundwasser gelangen können. Eine Remobilisierung von Schwermetallen bei wiederkehrendem Einstau ist nicht auszuschließen. Bei der Anlegung von Hochwasserretentionsflächen erfolgen unter Umständen durch Abgrabung eine Verminderung der schützenden Deckschichten und damit eine Verminderung der Filterleistung des Bodens . Unter bestimmten Randbedingungen besteht das Risiko, dass durch einen Retentionsraum Schadstoffe in die Grundwasserentnahmebrunnen eines nahen Wasserwerkes gelangen. Ein hohes Risiko besteht im Allgemeinen dann, wenn im Hochwasserretentionsraum Bereiche auftreten, in denen die Deckschichten gut hydraulisch durchlässig oder nur gering mächtig sind. Ein Beispiel hierfür ist die Erweiterung eines Firmengeländes im Landkreis Osnabrück, wo zur Kompensation eines Retentionsraums beabsichtigt war, innerhalb der im Oberlauf gelegenen geplanten Schutzzone II eines beantragten Wasserschutzgebietes Abgrabungen entlang des Gewässers durchzuführen . Die genannten, der Handlungshilfe entsprechenden, Argumente führten zu einer Umplanung und Verlagerung der neuen Retentionsflächen auf Flächen außerhalb des Wasserschutzgebietes . Zu 55: Bei der Überflutung von landwirtschaftlichen Nutzflächen sind Grünfutterbestände, Feldfrüchte und auch Futtervorräte betroffen. Gerade bei hofeigenen Brunnen kann auch die Wasserversorgung der Viehbestände beeinträchtigt werden. Futterbestände und Futtervorräte können durch Überflutungen für Futterzwecke unbrauchbar werden. Je nach der überfluteten Fläche, dem Zeitpunkt, der Dauer 34 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 und der Verschmutzung des Hochwassers kann es zu hohen Schäden in der Landwirtschaft kommen . Von allen Landnutzungsformen haben Wälder den günstigsten Einfluss auf die Abflussverzögerung und können die maximalen Scheitelabflüsse vermindern. Als natürliche Retentionsräume sind vorrangig Wälder auf Bruchstandorten, in Feuchtbiotopen und in Fluss- und Bachauen oder auf Moorstandorten geeignet. Sofern sie mit standortgemäßen Baumarten oder naturnah bestockt sind, ertragen sie Wasserüberfluss oder temporäre Überflutungen, da periodische Vernässungen der Böden Teil des natürlichen Lebenszyklus dieser Wälder sind. Zu den Nässe ertragenden Baumarten gehören z. B. Erle, Eiche, Esche und Pappel. Sollen Wälder, z. B. durch Rückverlegung von Deichen , neu als Polder oder Retentionsflächen ausgewiesen werden, sollten vorrangig diese natürlichen Standorte in den Suchraum einbezogen werden. Hier können sich im günstigsten Fall Synergieeffekte mit Zielen des Hochwasserschutzes ergeben. Interessenkonflikte durch Risiken für die Forstwirtschaft sind absehbar, wenn Wälder mit Baumarten überflutet werden, die aufgrund verminderter Durchwurzelungsintensität und -fähigkeit eine Vernässung des Bodens schlecht vertragen, wie dies z. B. bei Fichte und Buche der Fall ist. Hier können Beeinträchtigungen der Pflanzengesundheit, Minderzuwächse und das Absterben einzelner Bäume oder Bestände die Folge sein. Mögliche Behinderungen der forstlichen Bewirtschaftung, Schäden am Ökosystem und an der forstlichen Infrastruktur sowie Einkommenseinbußen für die Waldbesitzenden stellen sehr schnell die Frage nach den Grenzen der Sozialpflichtigkeit und nach erforderlichen Ausgleichszahlungen. Hochwasserschutzmaßnahmen müssen daher so ausgerichtet sein, dass nässegefährdete Wälder nicht betroffen sind. Allen Hochwasserschutzmaßnahmen, bei denen Wälder berührt werden, muss eine intensive Risikoanalyse voraus gehen. Zu 56: Das LROP legt in Abschnitt 3.2.4 Ziffer 12 Satz 4 als Ziel der Raumordnung fest, dass in den RROP für den Bau von Rückhalteräumen Flächen als Vorbehaltsgebiete Hochwasserschutz festzulegen sind. Die Gewinnung von Flächen für die Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen erfolgt durch Grunderwerb oder, soweit dies ausreichend ist, durch vertragliche Vereinbarungen mit den Grundstückseigentümern . Sind weder der Erwerb noch der Abschluss von Vereinbarungen in dem benötigten Umfang möglich , so bietet sich das Instrument der Bodenordnung nach dem Flurbereinigungsgesetz zur agrarstrukturverträglichen Unterstützung und Umsetzung an, soweit land- oder forstwirtschaftlich genutzte Flächen von der Maßnahme betroffen sind. Mit der Bodenordnung hat der Gesetzgeber ein Instrument geschaffen, das verschiedene Möglichkeiten zur schnellen, wirksamen und für die betroffenen Grundstückeigentümer verträglichen Aufbringung und Bereitstellung der Bedarfsflächen bietet. Über den Erwerb von Flächen hinaus ist die Abwicklung sämtlicher durch die Maßnahme verursachten flächenbezogenen Entschädigungen sowie die abschließende Regelung aller grundstücksbezogenen Rechte und Belastungen integraler Bestandteil dieses Verfahrens. In der Amtschefkonferenz am 04.04.2014 in Cottbus haben die Ministerinnen, Minister und Senatoren der Agrarressorts der Länder einen Bericht zur „Hochwasservorsorge - Strategische Lösungsansätze und Best-Practice-Beispiele“ der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Nachhaltige Landentwicklung (ArgeLandentwicklung) zur Kenntnis genommen. Sie haben festgestellt, dass im Zusammenhang mit der notwendigen Erweiterung der Hochwasserschutzprogramme der Länder, insbesondere durch das Nationale Hochwasserschutzprogramm (vgl. Antwort zu 35), die Instrumente der Landentwicklung - insbesondere die Flurbereinigung - bei der Flächenbereitstellung umfassend genutzt werden sollen. Neben der Möglichkeit, dieses Instrument einzusetzen, um Maßnahmen zur Hochwasservorsorge möglichst agrarstrukturverträglich umzusetzen, besteht auch die Möglichkeit des zielgerichteten Flächenerwerbs. 35 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Zu 57: Die konkrete Prüfung einer Umsiedlung von besiedelten Flächen für die Nutzung als Flutpolder ist der Landesregierung nicht bekannt. Zu 58: Ein aktuelles Beispiel für die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Verbesserung des Hochwasserschutzes ist der Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens an der Delme. Auf der Grundlage eines Raumordnungsverfahrens zur Standortsuche erging im Jahr 2005 der Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung des Hochwasserrückhaltebeckens Delmenhorst in Adelheide/Schlutter (südlich der Autobahn A 28). Mit dem Grunderwerb für die Dämme mit Nebenanlagen und Auslaufbauwerken (rund 35 ha) sowie für die Ausgleichs- und Ersatzflächen (rund 22 ha) wurde zeitgleich begonnen. Den Grunderwerb hat im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages die Niedersächsische Landgesellschaft mbH (NLG) in Oldenburg für den Ochtumverband durchgeführt. Ein Kaufpreisrahmen für Grünland und Ackerland wurde gutachterlich ermittelt. Entgegen der direkt mit dem Bau in Verbindung stehenden Ausgleichs- und Ersatzflächen eröffneten die GAK-Fördergrundsätze hingegen nicht die Möglichkeit des Erwerbs der für die Umsetzung zwingend benötigten Stauflächen (rund 70 ha). Den Erwerb dieser Flächen führte die Stadt Delmenhorst in eigener Regie und auf eigene Kosten durch. Die betroffenen Flächen nutzt die Stadt seitdem für Ausgleich und Ersatz bei eigenen Baumaßnahmen im Stadtgebiet. In diesem Zusammenhang wurde ein umfangreiches extensives Flächenbewirtschaftungskonzept (Grünland) mit den Landwirten bzw. mit dem Landvolk ausgearbeitet. Ohne die gute Kooperation mit dem Landvolk wäre die Realisierung der Maßnahme „Hochwasserrückhaltebecken Delmenhorst“ nicht möglich gewesen. Ankäufe landwirtschaftlicher Flächen sind in der Regel auch als Folge einer Vergrößerung der Deichaufstandsfläche im Rahmen einer Deichverstärkung notwendig. Der Umfang der Flächeninanspruchnahme ist dabei eher gering und auf das absolut notwendige Maß beschränkt. Die Höhe des Kaufpreises wird dabei ebenfalls gutachterlich ermittelt. Zu 59: Die GAK-Fördergrundsätze eröffnen grundsätzlich die Möglichkeit einer angemessenen Entschädigung für den notwendigen Erwerb einer Immobilie. Zum Beispiel fand im Stedorfer Deichverband eine Umsiedlung statt, bei der ein Grundstück mit Wohngebäude von einer Verstärkung des Deichkörpers betroffen war. Der Kaufpreis wurde gutachterlich ermittelt und die Eigentümerin entsprechend entschädigt. Neben dem Erwerb für die Deichverstärkung benötigter Flächen wird auch die grundbuchliche Sicherung von Grundstücken für den Hochwasserschutz praktiziert. Dieses Verfahren kommt dann zum Zuge, wenn Grundstückseigentümer nicht zum Verkauf der benötigten Flächen bereit sind. Im Grundbuch wird die Zweckbindung der benötigten Fläche festgeschrieben. Der Eigentümer erhält hierfür eine einmalige Entschädigung, deren Höhe ebenfalls gutachterlich ermittelt wird. Zu 60: Seitens des Landes besteht keine Verpflichtung, nach einem Hochwasserereignis Entschädigungen an Landwirte zu zahlen. Bei den Hochwasserereignissen 2006 und 2013 wurden beispielsweise die bereitgestellten Soforthilfen als Billigkeitsleistung nach § 53 Landeshaushaltsordnung zur Überbrückung einer akuten Notlage gewährt. Auch für landwirtschaftliche Flächen, die infolge von Überschwemmungen kontaminiert wurden, gibt es keine gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung. Um jedoch das Risiko von Schadstoffbelastungen in Lebens- und Futtermitteln erheblich zu minimieren, bietet die Landwirtschaftskammer eine kostenlose „Spezialberatung für schadstoffbelastete Standorte“ an. Zu 61: Für das Hochwasserereignis 2013 ist im Bereich der Landwirtschaft mit der „Soforthilfe Landwirtschaft “ ein wirksames und schnelles Instrument zur Verfügung gestellt worden. Die Soforthilfe ist 36 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 bereits zu 100 % umgesetzt worden. Insgesamt sind 660 Anträge bewilligt worden. Ausgezahlt wurden 8 442 037,33 Euro. Die Mittel sind überwiegend in 2013 ausgezahlt worden. Ab Mai 2014 wird der Landwirtschaft die sogenannte Aufbauhilfe angeboten. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Bewilligung und Auszahlung der Aufbauhilfe noch 2014 abgewickelt werden kann. Derzeit wird zwischen dem Bund und den Ländern intensiv über die Erstellung von dauerhaften Richtlinien (Aufbauhilfe/Soforthilfe) diskutiert. Zu 62: Der Hochwasserschutz kann auch, vor allem wenn sich Einschränkungen für die bauliche und sonstige Nutzung der betroffenen Flächen ergeben, in ein Spannungsverhältnis zu anderen öffentlichen und privaten Belangen treten. So waren in den vergangenen Jahrzehnten bundesweit betrachtet siedlungsstrukturelle Fehlentwicklungen, z. B. das Entstehen flussnaher Siedlungs- und Gewerbegebiete und ein damit einhergehender stetiger Verlust von Retentionsflächen zu verzeichnen . Bekanntermaßen zählen Schäden in bebauten Gebieten zu den schwerwiegendsten Folgen von Überschwemmungen. Bereits 2002 hat die Bundesregierung daher festgestellt, dass den Flüssen mehr Raum zu geben auch heiße, dass eine Überprüfung der Entwicklungsbereiche für Siedlungszwecke und gewerbliche Nutzung auf ihre Hochwasserkompatibilität stattfinden müsse. In Überschwemmungsgebieten dürften in Zukunft keine neuen Wohn- und Gewerbegebiete mehr ausgewiesen werden. Daher zielen das am 01.03.2010 in Kraft getretene WHG wie auch bereits die mit dem Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes im Jahr 2007 in das WHG aufgenommenen Regelungen u. a. darauf ab, die Siedlungsentwicklung besser zu steuern. Nach § 78 Abs. 1 und 6 WHG ist die Ausweisung neuer Baugebiete in Bauleitplänen oder sonstigen Satzungen des BauGB in festgesetzten und vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten untersagt. Ausnahmen von diesem Verbot können von der zuständigen unteren Wasserbehörde zugelassen werden, sofern die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 Nrn. 1 bis 9 WHG kumulativ erfüllt sind. Bauvorhaben innerhalb von festgesetzten Überschwemmungsgebieten sind verboten, Vorhaben nach § 30 BauGB - im Innenbereich nach § 34, im Außenbereich nach § 35 - können im Einzelfall zugelassen werden, wenn die in § 78 Abs. 3 WHG genannten Voraussetzungen vorliegen. Auch außerhalb von festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist das Erhaltungsgebot nach § 77 WHG zu beachten, d. h. Überschwemmungsgebiete sind in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten, soweit dem nicht überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen. In diesem Fall sind rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Im Übrigen sind in der Planungspraxis der Kommunen bei der Aufstellung von Bauleitplänen nach § 1 Abs. 6 BauGB insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung (Nr. 1) und die Belange des Hochwasserschutzes (Nr. 12) zu berücksichtigen. Die Belange des Hochwasserschutzes sind mit entsprechendem Gewicht in die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB einzustellen und gegebenenfalls Maßnahmen oder Instrumente zum Schutz gegen Überschwemmungen planerisch einzubeziehen. Die genannten Regelungen können ihrerseits im Einzelfall zu Konflikten mit der kommunalen Planungshoheit und dem grundrechtlichen gewährleisteten Eigentumsschutz führen. Die Landesregierung hat allerdings nur begrenzte Kenntnis vom Bau- und Planungsgeschehen sowie vom Vollzug der genannten wasserrechtlichen Vorschriften im Land. Gleichwohl finden sich in der Presse derzeit immer wieder Beispiele, die die Hochwasserproblematik im Zusammenhang mit Siedlungsentwicklungen, u. a. in den Landkreisen Cuxhaven, Stade, Uelzen oder Celle, thematisieren . Soweit das Land allerdings als Genehmigungsbehörde für Flächennutzungs- und Bebauungspläne zuständig ist, sind derartige Interessenkonflikte nicht bekannt geworden; dies gilt ebenso für fachaufsichtliches Einschreiten im Zusammenhang mit bauleitplanerischen Entscheidungen der Landkreise . 37 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Lediglich im Zusammenhang mit Eingaben, Anfragen von nachgeordneten Behörden oder parlamentarischen Anfragen sind gelegentlich konkrete Konflikte zwischen städtebaulicher Entwicklung und Hochwasserschutz an die Ministerien für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung sowie für Umwelt, Energie und Klimaschutz herangetragen worden. Als Beispiele wird auf den Bebauungsplan Nr. 124, „Einzelhandelsgroßprojekt Carré Cloppenburg“, der Gegenstand eines Normenkontrollverfahren war (Beschluss des OVG Lüneburg vom 20.03.2014) bzw. die Änderung des Bebauungsplanes Nr. 32 in Celle, „Neubau einer Feuerwehrzentrale“, verwiesen (vgl. hierzu auch die Antwort der Landesregierung auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Twesten als Anlage 10 zum Protokoll der 88. Plenarsitzung am 11.11.2010, S. 11194 ff.). Im Übrigen ist die Bauministerkonferenz aufgrund des Beschlusses der Ministerpräsidenten auf der Jahreskonferenz vom 23. bis 25.10.2013 um Empfehlungen bis spätestens Dezember 2014 gebeten worden, wie wasser- und baurechtliche Regelungen zum vorbeugenden Hochwasserschutz beschleunigt und effizienter gestaltet werden können. Auf Länderebene werden die Gremien der ARGEBAU im Laufe des Jahres zu diesem Thema beraten. Hierbei wird in Abstimmung mit den zuständigen Gremien der LAWA zu prüfen sein, ob und inwieweit die gemeinsame Handlungsanleitung für den Einsatz rechtlicher und technischer Instrumente zum Hochwasserschutz in der Raumordnung , in der Bauleitplanung und bei der Zulassung von Einzelbauvorhaben aus dem Jahre 2010 fortzuentwickeln ist. Zu 63: Das niedersächsische Gewässernetz ist in der Vergangenheit zum Teil erheblich verändert und ausgebaut worden, um z. B. die Hochwassersicherheit für bebaute Gebiete zu verbessern bzw. um die Voraussetzungen für eine intensive landwirtschaftliche Nutzung zu schaffen. Die Gewässerunterhaltung ist durch abflusssichernde Maßnahmen an diese Zielsetzung ständig anzupassen. Insbesondere bei solchen erheblich veränderten Gewässern ist Hochwasserschutz - wenn darunter im Sinne von § 72 WHG der Schutz vor jeglicher Überschwemmung von normalerweise nicht mit Wasser bedecktem Land verstanden wird - Bestandteil der Gewässerunterhaltung. Solange der Schutz vor Überschwemmungen durch die Gewässerunterhaltung (Reinigung, Räumung , Freihaltung des Gewässerbetts und seiner Ufer) gewährleistet werden kann, sind besondere Investitionen in den vorsorgenden Hochwasserschutz (Hochwasserschutzdeiche oder -dämme, Hochwasserrückhaltebecken) nicht erforderlich. Je nach Art und Umfang der Maßnahmen der Gewässerunterhaltung , die bis hin zur Grundräumung, Eingriffe in die Struktur von Böschung und Sohle , Beseitigung der Vegetation, Entnahme von Totholz, Kies etc. reichen können, wird jedoch die empfindliche Flora und Fauna in und am Gewässer gestört. Dies kann den Zielen des Arten- und Biotopschutzes sowie der Entwicklung eines guten ökologischen Zustands bzw. der Erreichung eines guten Potenzials im Sinne der EG-WRRL zuwiderlaufen. Ziel muss deshalb eine Gewässerunterhaltung sein, die neben dem Schutz vor Überschwemmungen auch den Biotop- und Artenschutz sowie eine Entwicklung hin zu einem möglichst natürlichen Gewässer im Blick hat und dort, wo es ohne unvertretbare Nachteile für angrenzende Nutzungen möglich ist, auf intensive Unterhaltungsmaßnahmen verzichtet. Es ist davon auszugehen, dass eine angepasste Gewässerunterhaltung, bei der eine positive Entwicklung als Leitbild verfolgt wird, zur Erreichung der Ziele der EG-WRRL beitragen kann. X. Hochwasserrisikomanagementrichtlinie Zu 64: Die Landesregierung hat die Hochwassergefahren- und -risikokarten im Dezember 2013 fertig gestellt . Die niedersächsischen Karten sind über den Kartenserver des MU für die Öffentlichkeit zugänglich und können sowohl über die interaktive Karte des Umweltkartenservers als auch über eine Linkliste aufgerufen werden (www.hwrm-rl.niedersachsen.de). Der Zugang erfolgt auch über die Bund-Länder-Informations- und Kommunikationsplattform „WasserBLIcK“ (www.wasserblick.net). 38 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Zu 65: Die Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie der EG (HWRM-RL) sieht vor, dass die Hochwasserrisikomanagementpläne bis Ende 2015 fertig gestellt sind (WHG § 75 Abs. 6). Wichtige Bestandteile der auf Basis der Erkenntnisse aus den Gefahren- und Risikokarten (vgl. Antwort zu 64) aufzustellenden Hochwasserrisikomanagementpläne sind Maßnahmen zur Verringerung nachteiliger hochwasserbedingter Folgen in den Risikogebieten. Der örtliche und regionale Hochwasserschutz bzw. die Gefahrenabwehr ist Aufgabe der Kommunen und Verbände (vgl. Antwort zu 10). Daher hat der NLWKN die örtlichen Akteure angeschrieben und sie aufgefordert, sich an dem Aufstellungsprozess der Hochwasserrisikomanagementpläne zu beteiligen und jeweils Maßnahmen ihres eigenen sachlichen und räumlichen Zuständigkeitsbereichs, die sie aus eigenen finanziellen Mitteln beginnen oder umsetzen möchten, an den NLWKN zu melden. Die Maßnahmen werden anschließend in die Hochwasserrisikomanagementpläne, die jeweils für die FGGen Ems, Elbe, Rhein und Weser erarbeitet werden, einfließen. Für die Maßnahmenerfassung hat der NLWKN eine Internet-Plattform eingerichtet, über die Maßnahmen aus einem Katalog ausgewählt und in einer Karte verortet XI. Kosten und Entschädigungen Zu 66: Im Juli 2013 wurden in einer ersten Schätzung die Schäden aus dem Hochwasser der Elbe an den Hochwasserschutzanlagen auf rund 24 Mio. Euro beziffert. Seit Inkrafttreten der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Behebung der vom Hochwasser 2013 verursachten Schäden an der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur“ am 01.02.2014 haben die betroffenen Kommunen und Verbände die Möglichkeit Anträge bei der NBank zu stellen. Bis zum 30.05.2014 sind 30 Anträge mit einem Antragsvolumen von 18,875 Mio. Euro eingegangen. Derzeit ist davon auszugehen, dass die verfügbaren Haushaltsmittel ausreichen, um die vorliegenden Anträge bewilligen zu können. Ich verweise hierzu auf die Antwort zu 21. Eine genaue Bezifferung der Schäden ist jedoch erst möglich , wenn alle Anträge eingegangen sind. Anträge können noch bis zum 30.06.2015 gestellt werden . Der Landtag wird danach abschließend unterrichtet. Zu 67: Eine finanzielle Förderung zur Beseitigung der Schäden kommt unter den Voraussetzungen des Fonds „Aufbauhilfe“ nach dem Aufbauhilfefonds-Errichtungsgesetz in Betracht. Die näheren Bedingungen auf Landesebene sind in der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Behebung der vom Hochwasser 2013 verursachten Schäden an der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur“ festgelegt. Liegen die Fördervoraussetzungen vor, so wird die Schadensbeseitigung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel des Fonds mit einer Förderquote bis zu 100 % gefördert. Zu 68: Die Kostentragungspflicht für Katastrophenfälle ergibt sich aus dem Niedersächsischen Katastrophenschutzgesetz (NKatSG). Die Einsatzkosten werden gemäß § 31 Abs. 1 NKatSG von den Katastrophenschutzbehörden getragen , soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Sie werden im Rahmen des Finanzausgleichs abgedeckt. Dazu gehören auch die im Falle einer Katastrophe anfallenden Einsatzkosten, die im Zusammenhang mit den Bekämpfungsmaßnahmen entstanden sind. Dies sind im Wesentlichen Kosten der Lohnfortzahlung für die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer an die Arbeitgeber, Materialkosten sowie Verbrauchsmittel. Die Kosten der durch Einheiten und Einrichtungen anderer Katastrophenschutzbehörden geleisteten Nachbarschaftshilfe und der überörtlichen Hilfe werden gemäß § 32 Abs. 2 NKatSG vom Land getragen, ebenso die Kosten der Hilfeleistung durch Kräfte aus anderen Bundesländern. Von der Möglichkeit einer Zuwendung nach § 31 Abs. 3 Satz 2 NKatSG zu den eigenen Einsatzkosten gegenüber den seinerzeit betroffenen Landkreisen hat das Land Niedersachsen bereits aus 39 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Anlass des Elbehochwassers in den Jahren 2002 und 2006 Gebrauch gemacht. In beiden Jahren wurde jeweils eine Zuwendung in Höhe von 75 % der Einsatzkosten gewährt. Es ist beabsichtigt, auch im Zusammenhang mit dem Hochwasser 2013 Zuwendungen nach § 31 Abs. 3 Satz 2 NKatSG an die Katastrophenschutzbehörden, die den Katastrophenfall festgestellt haben zu gewähren und 75 % der eigenen Kosten zu erstatten. Im Jahr 2002 wurden diese Kosten überwiegend aus Landesmitteln mit einem Anteil von rund 1,0 Mio. Euro aus dem EU-Solidaritätsfonds getragen. Im Jahr 2006 erfolgten Zuwendungen ausschließlich aus Landesmitteln. In 2013 werden die Zuwendungen in voller Höhe aus dem EU-Solidaritätsfonds (rund 6,3 Mio. Euro) getragen . Zu 69: Nach der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Behebung der vom Hochwasser 2013 verursachten Schäden an überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und an Hausrat “ ist die Kumulierung von Mitteln aus der Verwaltungsvereinbarung „Aufbauhilfe“ mit Mitteln aus anderen Förderprogrammen zulässig. Eine mehrfache Geltendmachung desselben Schadens in verschiedenen Programmen, die mit Mitteln des Aufbauhilfefonds-Errichtungsgesetzes finanziert werden, sowie eine Überkompensation sind dagegen unzulässig. Gegebenenfalls ist eine entsprechende Kürzung der Zuwendung vorzunehmen. Die Rückforderung für den Fall einer Überkompensation wird vorbehalten. Für denselben Schaden gewährte Soforthilfen sind anzurechnen. Der Kumulierungsausschluss nach der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15.12.2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen bleibt unberührt. Zu 70: Die Mittel stehen haushaltsrechtlich zur Verfügung. Die beantragten Zuwendungen werden nach Antragseingang geprüft und bei Vorliegen der Voraussetzungen von der NBank an die Antragsteller ausgezahlt. Bis einschließlich 03.04.2014 wurden von der NBank 556 064,28 Euro an 53 Antragsteller ausgezahlt. Weitere Anträge können bis zum 30.06.2015 gestellt werden. Zu 71: Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V (GdV) hat für seine Mitglieder schon vor mehr als zehn Jahren ein Zonierungssystem für überschwemmungsgefährdete Gebiete (ZÜRS) entwickelt und sich dabei auch auf Daten der Wasserwirtschaftsverwaltungen der Länder gestützt. Nach Auskunft des GdV sind 98 % aller Einwohner in der Bundesrepublik bereits heute gegen Elementarschäden versicherbar. ZÜRS teilt die Flussgebietskulissen in Deutschland in vier abgestufte Gefährdungsklassen (GK 1 bis 4) ein. Die grundsätzliche Möglichkeit für den Abschluss einer Elementarschadensversicherung auch in Überschwemmungsgefährdeten Gebieten besteht daher. Die Regierungskommission Klimaschutz hatte im Rahmen ihrer „Empfehlung für eine niedersächsische Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ der Landesregierung bereits im Sommer 2010 empfohlen, in Zusammenarbeit mit der Versicherungswirtschaft und den kommunalen Spitzenverbänden eine Informationskampagne mit dem Titel „KlimaRisiko sehen - Elementar versichern“ zu den Möglichkeiten einer Elementarschadenversicherung in Niedersachsen zu entwerfen und umzusetzen. Die Empfehlung der Regierungskommission setzte die Landesregierung mit Kabinettsbeschluss im Januar 2012 um. Bestandteil der Informationskampagne war die Verbreitung eines Kampagnenflyers mit dem Slogan „Niedersachen verlassen sich nicht auf Vater Staat, Sie versichern sich gegen Mutter Natur“ mit einer Auflage von 200 000 Exemplaren, die der GDV finanziert hat. Parallel wurde zum Start der Kampagne die Internetseite www.elementar-versichern.niedersachsen.de freigeschaltet , die alle notwendigen Hintergrundinformationen und Tipps beinhaltet. In Ergänzung zur Informationskampagne wurde nach Sachsen auch Niedersachsen im November 2012 in das Internetportal ZÜRS public des GDV integriert. 40 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Im Nachgang des Hochwasserereignisses im Juni 2013 hat die Sonder-UMK zum Hochwasser in ihrem Beschluss vom 02.09.2013 u. a. festgestellt, dass Betroffenen in hochwassergefährdeten Gebieten oft die finanziellen Möglichkeiten für eine geeignete Eigenvorsorge fehlen. Auch fehlen in von Hochwasser gefährdeten Gebieten häufig die Voraussetzungen für den Abschluss einer geeigneten Elementarschadensversicherung. Die Sonder-UMK hält es daher für erforderlich, dass Instrumentarien entwickelt werden, die Maßnahmen der Eigenvorsorge stärker als bislang unterstützen . Die Sonder-UMK zum Hochwasser hatte in ihrem Beschluss überdies die LAWA gebeten, ausgehend von den Erfahrungen einzelner Länder aus der Zusammenarbeit mit dem GDV, Vorschläge für eine größere Verbreitung von Elementarschadenversicherungen zu prüfen und zur 83. UMK im September 2014 zu berichten. Darüber hinaus hat die UMK die Justizministerkonferenz (JMK) um Prüfung der rechtlichen Möglichkeiten einschließlich einer Versicherungspflicht gebeten. Niedersachsen begleitet die Umsetzung der Beschlüsse der Sonder-UMK zum Hochwasser in den verschiedenen Gremien aktiv. XII. Konsequenzen für den Katastrophenschutz in Niedersachsen Zu 72: Sobald die Bekämpfung eines Hochwasserereignisses durch die zuständigen Behörden und die notwendigen Einsatz- und Hilfskräfte eine zentrale Leitung erfordern, wird der Katastrophenfall von der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten der zuständigen Katastrophenschutzbehörde festgestellt (§ 20 NKatSG). Ihr oder ihm obliegt auch die zentrale Leitung der Katastrophenbekämpfung (§ 21 NKatSG). Bei Feststellung des Katastrophenfalles ist der Katastrophenschutzstab in der durch Art und Ausmaß der Katastrophe gebotenen Stärke und Besetzung einzuberufen (§ 6 NKatSG). In diesem Stab sollen die in Katastrophenfällen mitwirkenden Behörden , Dienststellen und Einsatzkräfte vertreten sein. Die Polizeidirektionen unterstützen nach § 27 Abs. 1 NKatSG die Katastrophenschutzbehörden bei der Katastrophenbekämpfung. Über das NDG ist geregelt, dass der Träger der Deichunterhaltung auch für die Deichverteidigung vorzusorgen hat. Entsprechende Deichverteidigungsordnungen der an der Elbe tätigen Deichverbände sind hierfür von den zuständigen Deichbehörden erlassen worden. Zu 73: Nach den der Landesregierung vorliegenden Erkenntnissen haben die vom Hochwasser an der Elbe im Jahr 2013 betroffenen Landkreise Lüneburg und Lüchow-Dannenberg sowie die Polizeidirektion Lüneburg die Katastrophenbekämpfung nach den gesetzlichen Vorgaben organisiert und durchgeführt. Zu 74: Nach den der Landesregierung vorliegenden Erkenntnissen waren alle Katastrophenabwehrmaßnahmen , insbesondere die Sicherstellung der Deichstabilität, erfolgreich. Die Auswertung der Berichte der Polizeidirektion Lüneburg und der Landkreise Lüneburg und Lüchow-Dannenberg ist noch nicht abgeschlossen. Soweit Optimierungsbedarf erkannt werden sollte, wird dieser in die Fortschreibung und Weiterentwicklung der Vorbereitungs- und Katastrophenabwehrmaßnahmen einfließen. Zu 75: Nein. Niedersachsen verfügt über mehrere zentrale Sandsacklager in denen die sogenannte Landessandsackreserve mit insgesamt über rund 1,7 Mio. Sandsäcken an verschiedenen Stellen in Niedersachsen gelagert wird. Die Sandsackreserve des Landes dient der Deichverteidigung der landeseigenen Anlagen im Falle eines Hochwassers oder Sturmflut und im Katastrophenfall zur Verstärkung der örtlichen Hilfsmittel. Die für die Deichverteidigung zuständigen Stellen sowie die 41 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Kommunen als örtlich zuständige Stellen für den Hochwasserschutz sind dadurch nicht von ihrer Verpflichtung entbunden, selbst ausreichende Vorräte anzulegen und vorrangig einzusetzen. Für die Finanzierung der Landessandsackreserve gibt es im Landeshaushalt keinen Haushaltstitel. Die Landessandsackreserve ist Teil des beweglichen Anlagevermögens des NLWKN und wird für den Einsatzfall nur gegen Kostenerstattung zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus verfügen weitere Institutionen im Land wie z. B. die Kommunen über weitere Reserven, sodass in Niedersachsen auf einen Bestand von mehr als 5 Mio. Sandsäcken zugegriffen werden kann. Beim Elbehochwasser in Niedersachsen konnten innerhalb weniger Stunden 1,25 Mio. zusätzliche Sandsäcke aus Dänemark, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden (inklusive Helfern mit Sandsackfüllmaschine ) zur Verfügung gestellt werden, da die bundesweiten Sandsackreserven bereits in anderen Bundesländern eingesetzt waren. Vor dem Hintergrund der vorgenannten Reserven sowie der Tatsache, dass es sehr selten zu zeitgleichen schweren Hochwasserereignissen an mehreren Flussgebieten der großen Flüsse Deutschlands kommt und deshalb nicht auch auf Reserven anderer Bundesländer zurück gegriffen werden kann, ist eine Erhöhung der Landessandsackreserve nicht geplant. Auch die Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit anderen Ländern, die beim Elbehochwasser eine schnelle Hilfe gezeigt hat, unterstreichen dies. Zu 76: Nein. Die Katastrophenschutzbehörden (Landkreise, kreisfreie Städte sowie die Städte Cuxhaven und Hildesheim) tragen die Kosten des Katastrophenschutzes, soweit sich aus dem NKatSG nicht anderes ergibt. Die Kosten werden im Rahmen des Finanzausgleichs abgedeckt (§ 31 Abs. 1 NKatSG). Zu 77: Nein. Zur Gewährleistung eines ausreichenden Hochwasserschutzes haben die Gemeinden geeignete Strategien zur Abwehr von Hochwassergefahren zu entwickeln. Dazu besteht die Möglichkeit, einen genau definierten Objektschutz planmäßig mit mobilem Hochwasserschutz zu gewährleisten. Davon zu unterscheiden ist der im Juni 2013 an der Elbe eingesetzte notfallmäßige mobile Hochwasserschutz . Dieser bleibt lediglich auf bestimmte Randbedingungen beschränkt, insbesondere ist der Einsatz am und auf dem Deich wegen der fehlenden Standsicherheit ausgeschlossen. Die Finanzierung eines mobilen Hochwasserschutzes aus Mitteln der GAK ist zudem nicht möglich. Auch aus dem NKatSG ergibt sich für das Land keine gesetzliche Verpflichtung für die Beschaffung von besonderen Ausstattungen im Katastrophenschutz wie z. B. mobilen Hochwasserschutzsystemen . Der Einzelplan 03 - Ministerium für Inneres und Sport - sieht in der Titelgruppe 64 - Katastrophenschutz und zivile Verteidigung - zum einen Zuweisungen für Investitionen in Höhe von 0,4 Mio. Euro an Gemeinden und Gemeindeverbände, die Fahrzeuge für den Fachdienst Brandschutz im Katastrophenschutz (dies sind die Kreisfeuerwehrbereitschaften) zur Verfügung stellen, sowie zum anderen Zuschüsse für Investitionen an die im Katastrophenschutz mitwirkenden Hilfsorganisationen in Höhe von 1,687 Mio. Euro vor. Mit diesen Mitteln wird die Anschaffung von Einsatzfahrzeugen für den Katastrophenschutz gefördert. Vor dem Hintergrund der Konsolidierung des Landeshaushaltes sind über diese Ansätze hinausgehende weitere freiwillige Leistungen nicht vorgesehen. Zu 78: Beim Elbehochwasser 2013 wurde im Bereich Gartow (Landkreis Lüchow-Dannenberg) das mobile Hochwasserschutzsystem Aquariwa auf einer Länge von 1 600 m eingesetzt. Es besteht aus vor Ort zusammenzusetzenden GFK-Fässern (Glasfaserverstärkter Kunststoff - genannt GFK), die innen mit Foliensäcken ausgekleidet werden. Zur Sicherung der Stabilität werden sie ganz oder teilweise mit Wasser gefüllt. Die aneinandergereihten Fässer bilden eine „Schutzwand“ mit einer Höhe von 100 cm bis 150 cm. Allerdings bleibt der Einsatz dieses Systems lediglich auf bestimmte 42 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Randbedingungen beschränkt, insbesondere ist der Einsatz am und auf dem Deich wegen der fehlenden Standsicherheit ausgeschlossen. Ebenfalls wurde auf einer Länge von 400 m das mobile Dammelementsystem Quick Damm eingesetzt . Es besteht aus einer vormontierten und mit wenigen Handgriffen aufklappbaren Stahlrahmenkonstruktion . Der offene 200 cm x 100 cm x 80 cm (LxBxH) große Behälter wird mit üblichen Erdbaugeräten (Radlader) mit Sand gefüllt. Die Füllung der Behälter kann vor Ort an der zu schützenden Stelle erfolgen, sie können ebenso gefüllt verladen und zur Einsatzstelle transportiert werden . Der Einsatz des Quick-Damm-Systems eignet sich zur Errichtung eines anlassbedingten Hochwasserschutzes insbesondere an Stellen, die mit Erdbaugerät gut erreichbar sind. Als mobile Hochwasserschutzsysteme bietet der Markt verschiedene linienförmige senkrechte oder geneigte Stellwandsysteme an, die bis zu einer bestimmten Schutzhöhe keine vorbereitenden baulichen Maßnahmen, insbesondere gegen das Wegrutschen erfordern. Schlauchsysteme bestehen in der Regel aus zwei oder drei Schlauchlagen mit 45 cm bis 150 cm Durchmesser und 10 m bis 50 m Länge. Sie werden über Schlauchhaspeln ausgerollt. Die Schläuche werden mit Wasser befüllt. Die Höhe kann je nach Systemanbieter bis zu 260 cm betragen. Der Vorteil mobiler Systeme ist, dass sie - im Vergleich zur Verlegung von Sandsäcken - mit geringerem Personaleinsatz leichter und schneller auf- und abgebaut werden können. Insoweit sind sie auch flexibel einsetzbar. Ein weiterer Vorteil dürfte sein, dass keine oder nur geringe Entsorgungskosten nach einem Einsatz entstehen. Nachteilig dürfte sich der gegenüber Sandsäcken höhere Investitionsbedarf auswirken. Auf die Vielzahl der möglichen Schadensbilder bei Deichen kann man mit Sandsäcken zu jeder Zeit und an jedem Ort flexibel reagieren. Sandsäcke werden ebenso bei dem örtlichen Objektschutz in kleinen Ausmaßen wie Toreinfahrten, Kellerfenster, Türöffnungen, aber auch als beliebig langer Schutzdamm zum Schutz größerer Bereiche, wie bei einem Gebäudekomplex oder ganzen Straßenzügen eingesetzt. Zusätzlich kann ein stationärer Hochwasserschutz wie Deiche, Dämme und Mauern durch Aufstockung mit Sandsäcken erhöht werden. Hier ist jedoch auf die Standsicherheit des stationären Schutzsystems zu achten. Zudem können Sandsäcke auch verwendet werden, um das Versagen eines bestehenden Hochwasserschutzsystems zu vermeiden: – zur Sicherung durchweichter Dämme und Deiche, – Aufschichten von Sandsäcken auf der luftseitigen Böschung, um Damm- bzw. Deichbruch zu verhindern, – Schließen von Damm- und Deichbrüchen nach Systemversagen. Allerdings erfordert der Einsatz von Sandsäcken, jedenfalls bei der Sicherung größerer Bereiche, eine hohe Anzahl von Einsatzpersonal. Zu 79: Die Katastrophenschutzbehörde stellt für ihren Bezirk einen Katastrophenschutzplan auf, in dem auch die im Katastrophenfall zu treffenden Sofortmaßnahmen sowie die Einsatzkräfte- und Mittel auszuweisen sind (§ 10 NKatSG). Für die Katastrophenbekämpfung stehen Einheiten und Einrichtungen öffentlicher und privater Träger zur Verfügung. Diese bestehen insbesondere aus Fachdiensten für den Brandschutz, das Sanitäts - und Betreuungswesen, die Wasserrettung und die technische Hilfeleistung. Die Einheiten und Einrichtungen werden von den überwiegend Freiwilligen Feuerwehren in Form der Kreisfeuerwehrbereitschaften , den Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund e. V. (ASB), Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK), Deutsche Lebensrettungsgesellschaft e. V. (DLRG), Malteser Hilfsdienst e. V. (MHD), Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. (JUH) sowie der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) gestellt. Auch die Hilfe der Bundeswehr kann direkt von der Katastrophenschutzbehörde angefordert werden. Ist die Hilfeleistung durch eigene Kräfte nicht mehr zu gewährleisten, können im Rahmen der Nachbarschaftshilfe direkt weitere Einheiten und Einrichtungen angefordert werden. In der nächs- 43 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 ten Stufe können überörtliche Kräfte angefordert werden, deren Einsatz durch die zuständige Polizeidirektion angeordnet wird. Bei Bedarf kann über das MI auch die Hilfeleistung aus anderen Bundesländern angefordert werden. Andere Behörden, Dienststellen und sonstige Träger öffentlicher Aufgaben wirken im Rahmen ihrer Zuständigkeiten oder im Wege der Amtshilfe im Katastrophenschutz mit. Darüber hinaus ist jede Person verpflichtet, bei der Katastrophenbekämpfung Hilfe zu leisten, wenn die vorhandenen Einsatzkräfte nicht ausreichen und sie von der Katastrophenschutzbehörde dazu aufgefordert wird (§ 28 NKatSG). Zu 80: Nach § 19 Abs. 4 Niedersächsisches Brandschutzgesetz (NBrandSchG) stellt jeder Landkreis aus der Kreisfeuerwehr mindestens eine Kreisfeuerwehrbereitschaft (KFB) auf. Kreisfreie Städte können Kreisfeuerwehrbereitschaften aufstellen (§ 19 Abs. 5 NBrandSchG). In Niedersachsen sind insgesamt 84 Kreisfeuerwehrbereitschaften aufgestellt. Die Hinweise über „Aufstellung, Anforderung, Aufgaben und Gliederung von Kreisfeuerwehrbereitschaften und deren Zügen“ (Rd. Erl. d. MI v. 1. März 2004, Az.: 52.1 - 13202/24) sehen die Gliederung der Kreisfeuerwehrbereitschaften in drei bis fünf erweiterte Züge nach der Feuerwehrdienstvorschrift 3 (FwDV 3) vor. Die Landkreise und kreisfreien Städte stellen ihre Züge als sogenannte Fachzüge mit konkret zugewiesenen Aufgaben auf. Je nach Anzahl der aufgestellten Züge und den zugewiesenen Aufgaben variiert die Personalstärke zwischen 80 und 120 Einsatzkräften. Im Landesmittel kann von 100 Einsatzkräften je KFB ausgegangen werden. Dies bedeutet, dass in der Summe über alle niedersächsischen Kreisfeuerwehrbereitschaften kurzfristig 8 400 Helferinnen und Helfer einsetzbar wären. Zu 81: Grundsätzlich können Kreisfeuerwehrbereitschaften solange eingesetzt werden, wie es der Einsatz erfordert. Das hohe Helferpotenzial im Bereich der Feuerwehren ermöglicht den erforderlichen Personalaustausch . Zu 82: Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NBrandSchG haben die Gemeinden eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende leistungsfähige Feuerwehr aufzustellen, auszurüsten, zu unterhalten und auszubilden. Sie haben für die Aus- und Fortbildung der Angehörigen der Feuerwehr zu sorgen und Alarm- und Einsatzpläne aufzustellen und fortzuschreiben sowie Alarmübungen durchzuführen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3. und 4. NBrandSchG). Zur Vorbereitung auf Hochwasserereignisse gehört - unabhängig von den Vorbereitungen die die Katastrophenschutzbehörden zu treffen haben - somit die Aufstellung von Alarm- und Einsatzplänen für Hochwasserlagen als auch eine darauf ausgerichtete Aus- und Fortbildung. Feuerwehren, zu deren Einsatzbereich hochwassergefährdete Gebiete gehören, entwickeln aufgrund ihrer gewonnenen Einsatzerfahrungen ihre Kenntnisse und Fähigkeiten regelmäßig weiter. Gleichermaßen gilt dies für die Kreisfeuerwehrbereitschaften, die übergemeindliche Einsätze (§ 19 Abs. 2 NBrandSchG) sowie Einsätze bei Katastrophen leisten. Die Führungskräfte der Feuerwehren werden an der Niedersächsischen Akademie für Brand- und Katastrophenschutz (NABK) geschult, um mit ihren taktischen Einheiten Großschadenlagen und Katastrophen bewältigen zu können. Über die allgemeine Führungsausbildung hinausgehend bietet die NABK vorrangig am Standort Loy seit 2010 die zweitägige Fortbildung „Hochwasserschutz“ an. Der Lehrgang vermittelt Kenntnisse über die Ursachen einer Sturmflut oder einer Binnenhochwasserlage , den Aufbau von Deichen, die Entstehung von Deichbrüchen, die Zuständigkeiten von Behörden und Verbänden sowie Methoden und Möglichkeiten der Sandsackbefüllung. Sandsackverlegetechniken bei der Deichsicherung werden zudem am vorhandenen Übungsdeich praktisch geübt . Als Ausbilder werden neben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der NABK auch erfahrene Gastdozenten eingesetzt. Die Fortbildung dient auch dem Erfahrungsaustausch. 44 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Zu 83: In Niedersachsen verfügen die Städte Braunschweig, Osnabrück und Emden über je ein Hochleistungspumpensystem , die Landeshauptstadt Hannover verfügt über zwei Systeme. Somit stehen in kommunalem Eigentum fünf Hochleistungspumpensysteme mit einer Leistung von jeweils 8 000 l/min zur Verfügung. Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) verfügt im Landesverband Bremen, Niedersachsen an niedersächsischen Standorten über neun Pumpensysteme mit einer Leistung von jeweils 5 000 l/min und ein System mit einer Leistung von 15 000 l/min. In Bremen ist jeweils ein System mit 5 000 l/min und 15 000 l/min stationiert. Die Ausrückezeit von Gerät und Bedienpersonal liegt, nach Auskunft der genannten Städte und des THW, zwischen 60 und 90 Minuten nach Alarmierung. Zu 84: Nein, vergleiche auch Antwort zu 77. XIII. Talsperren in Niedersachsen Zu 85: Die Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken im Land Niedersachsen sind der Anlage 5 zu entnehmen . Talsperren im Sinne des NWG sind die Stauanlagen, deren Stauwerk von der Sohle des Gewässers oder vom tiefsten Geländepunkt bis zur Krone höher als 5 m ist und deren Sammelbeckenvolumen mehr als 100 000 m3 fasst (§ 52 NWG). Darüber hinaus sind die Anlagen genannt, bei deren Bruch erhebliche Gefahren drohen (§ 56 NWG). Zu 86: Die Betreiber der Talsperren sind der Anlage 5 zu entnehmen. Betreiber sind demnach insbesondere die Harzwasserwerke GmbH, das Land Niedersachsen (NLWKN), Verbände (Aller-Ohre-Verband , Netteverband, Ochtumverband) sowie Städte und Gemeinden. Historisch erfolgte die Inbetriebnahme der Großen Harztalsperren zwischen 1931 und 1969. Die ersten Anlagen wurden betrieben durch die „Harzwasserwerke der Provinz Hannover“, die eigens gegründet wurden, um die Hochwasserprobleme und die zunehmende Trinkwasserknappheit in der Region zu lösen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden sie umgewandelt in die „Harzwasserwerke des Landes Niedersachsen“. Die Anlagen des Oberharzer Wasserregals, die zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert entstanden, wurden nach dem zweiten Weltkrieg zunächst von der Preussag übernommen. In den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts sind die Anlagen dann dem Land Niedersachsen übertragen worden, welches zunächst die Landesforstverwaltung mit der Betreuung beauftragte. Im Jahr 1991 hat das Land Niedersachsen die Betreuung des Oberharzer Wasserregals zur Entlastung des Landeshaushalts dann an die „Harzwasserwerke des Landes Niedersachsen“ übertragen. Die „Harzwasserwerke des Landes Niedersachsen“ sind im Jahr 1996 in die Harzwasserwerke GmbH umgewandelt worden. Weitere Informationen zu den Anlagen sind der Anlage 5 zu entnehmen. Zu 87: Die Entstehung von Talsperren beruht historisch gesehen auf den sich verändernden Lebensumständen und -bedürfnissen einer wachsenden Bevölkerung, der Entwicklung der Siedlungsräume sowie der Industrialisierung und dem damit einhergehenden wachsenden Bedarf an Wasser zu unterschiedlichen Nutzungszwecken. Die Anlagen des Oberharzer Wasserregals, die ursprünglich zu Zwecken des Bergbaus errichtet worden sind, dienten von Anfang an neben der Energiegewinnung auch der Wasserversorgung. Die Talsperren in Niedersachsen dienen unterschiedlichen Nutzungszwecken , die der Anlage 5 entnommen werden können. Neben dem Hochwasserschutz sind dies 45 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 insbesondere Trinkwassergewinnung, Energieerzeugung durch Wasserkraft, Niedrigwasseraufhöhung und Naherholung. Das Oberharzer Wasserregal wurde im Jahr 2010 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt, die Anlagen sind also auch von besonderem touristischem Interesse. Zu 88: Das Hochwasserspeichervermögen der hier relevanten sechs Westharztalsperren unterscheidet sich - abhängig vom Verhältnis zwischen Speichervolumen und mittlerem Talsperrenzufluss - erheblich voneinander. Dies liegt im Wesentlichen an dem unterschiedlichen Ausbaugrad der einzelnen Stauanlagen. Die Betriebspläne legen für die Westharztalsperren fest, wie viel Wasser in Abhängigkeit vom Füllgrad und von der Jahreszeit an den Unterlauf einer Talsperre abzugeben ist. Der oberste Staubereich einer Talsperre, der Hochwasserschutzraum, ist ausnahmslos zum Zwecke des Hochwasserschutzes zu bewirtschaften. An Innerste- bzw. Granetalsperre wird dem Hochwasserschutz durch die jeweiligen Betriebspläne Rechnung getragen. Höhere Wasserstände in der Talsperre werden durch höhere Unterwasserabgaben berücksichtigt. Der Betriebsplan der Innerstetalsperre verfügt anstelle von Sommer- und Winterhochwasserschutzräumen über eine fortlaufende Differenzierung über das gesamte Jahr. Der Betriebsplan der Granetalsperre ist über das gesamte Jahr gleichbleibend. Dies liegt im hohen Ausbaugrad und der relativ geringen Bedeutung der Talsperre für den Hochwasserschutz begründet . Die Oder-, Oker- und Sösetalsperre besitzen hingegen unterschiedliche Sommer- und Winterhochwasserschutzräume (vgl. Anlage 5). Die Eckertalsperre verfügt im Sommer über keinen Hochwasserschutzraum. Gründe hierfür sind zum einen, dass der Trinkwassernutzung an der Eckertalsperre Vorrang eingeräumt wird. Zum anderen verfügt die Eckertalsperre nur über ein sehr kleines Einzugsgebiet, sodass auch im Hochwasserfall keine sehr hohen Zuflüsse in der Talsperre zurückgehalten werden müssen. Die tatsächliche Betriebsweise erfolgt in Abstimmung zwischen der Talsperrenaufsicht und dem Talsperrenbetreiber freiwillig in der Form, dass ein verfügbarer Hochwasserschutzraum von 1 Mio. m³3 freigehalten wird. Die Hochwasserrückhaltebecken sind, wenn sie als Trockenbecken ausgelegt sind, in der hochwasserfreien Zeit leer. Das zur Verfügung stehende Volumen dient dann ausschließlich dem Hochwasserschutz. Im Einstaufall sind jedoch auch diese Anlagen nach einem entsprechend aufgestellten Betriebsplan zu betreiben. Weitere Informationen zu den Anlagen sind der Anlage 5 zu entnehmen. Zu 89: Im Zusammenhang mit dem für die Jahre 2013 bis 2017 anstehenden Neubewilligungsverfahren für das Westharztalsperrenverbundsystem, das die Bewilligungen für Innerste-, Granetal- und Okertalsperre umfasst, kann es zu Änderungen von Betriebsplänen kommen; konkrete Änderungen sind insoweit aber zurzeit nicht absehbar. Für die übrigen Talsperren wird derzeit kein Anlass für Betriebsplanänderungen gesehen. Stefan Wenzel 46 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 47 Anlage 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 Anlage 5 48 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730 49 (Ausgegeben am 15.07.2014) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1730e Berichtigung Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Hannover, den 29.08.2014 – Ref17-01425/17/5/02-0001 – Herrn Präsidenten des Niedersächsischen Landtages Hannover Hochwasserschutz in Niedersachsen Große Anfrage der Fraktion der CDU - Antwort der Landesregierung vom 15.07.2014 - Drs. 17/1730 hier: Berichtigung Sehr geehrter Herr Landtagspräsident Busemann, aufgrund eines Übertragungsfehlers ist in der Tabelle zur Antwort zu Frage Nr. 17 ein unzutreffen- der Wert für das Bemessungshochwasser für die Este angegeben worden (Drs. 17/1730, Seite 16, Anlage 2 Tabelle „Höhe des Bemessungshochwassers an den Flüssen in Niedersachsen“, hier 3. Spalte der 10. Zeile). Statt des angegebenen Wertes für das Bemessungshochwasser von 20 m 3 /s muss der Wert mit 33,9 m 3 /s angegeben werden. Ich bitte Sie um Berichtigung und Veröffentlichung in geeigneter Weise. Hierfür bedanke ich mich. Mit freundlichen Grüßen Stefan Wenzel (Ausgegeben am 04.09.2014) Drucksache 17/1730 Antwort auf eine Große Anfrage - Drucksache 17/1307 - Wortlaut der Großen Anfrage der Fraktion der CDU vom 10.03.2014 Hochwasserschutz in Niedersachsen Antwort der Landesregierung Drucksache 17/1730e Berichtigung Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Hochwasserschutz in Niedersachsen hier: Berichtigung