Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1771 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 30.04.2014 Kombiticket - Sicherheit statt Freiheit Das Bundesligaspiel zwischen Eintracht Braunschweig und Hannover 96 am 06.04.2014 stand rechtlich unter dem Eindruck einer neuartigen Maßnahme zur Gefahrenabwehr. In Niedersachsen wurde zum ersten Mal ein sogenanntes Kombiticket eingeführt. Das bedeutete für die Auswärtsfans von Hannover 96 bzw. Käufer von Karten aus dem Auswärtskontingent eine verpflichtende Anreise mit bereitgestellten Bussen. Die Verpflichtung, an der Busreise teilzunehmen, ergab sich aus der Ausgabe der Karten am Ende der Hinfahrt, die nur an Teilnehmer der Busreise erfolgte. Kritisiert wurde diese Praxis vor allem wegen der Verpflichtung, aus Hannover anzureisen. Dies bedeutete für die Auswärtskartenkäufer eine Einschränkung in ihrer Reisefreiheit und gleichzeitig für nicht aus Hannover stammende Auswärtskartenbesitzer einen möglichen Umweg über Hannover , um von dort mit den Bussen nach Braunschweig zu fahren. Begleitet wurde die Praxis des Kombitickets außerdem von einer einstweiligen Verfügung des Amtsgerichts Hannover, welches im Falle eines Klägers mit Auswärtsdauerkarte die Rechtsmäßigkeit der kombinierten Anreise verneinte. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Hat das Modell des Kombitickets bei dem Fußballspiel Eintracht Braunschweig gegen Hannover 96 vom 06.04.2014 zu einem gewaltfreieren Ablauf des Fußballspiels beigetragen, und, falls ja, lässt sich dieser Beitrag quantitativ wie qualitativ darstellen? 2. Wie viele Straftaten sind im Rahmen dieses Fußballspiels erfasst worden, wie sind diese aufgeschlüsselt ? Wie viele Einsatzstunden der Polizei fielen für die Begleitung der Demonstration gegen das Kombiticket in Braunschweig sowie auf der An- und Abreise von und nach Hannover an? 3. Wie bewertet die Landesregierung die Einschränkung der Reisefreiheit im Zusammenhang mit dem Kombiticket? 4. Inwieweit sind Einschränkungen der Reisefreiheit aus Sicht der Landesregierung verhältnismäßig und rechtlich zulässig? 5. Ist es richtig, dass der Wohnort der Kombiticketkäufer für die verpflichtende Anreise ab Hannover keine Rolle gespielt hat? 6. In der Antwort der Landesregierung vom 12.03.2014 auf die Anfrage der FDP-Fraktion wurde betont, dass bei der Umsetzung des Kombitickets auf eine „deutliche Differenzierung zwischen Fans und Gewalttätern“ gesetzt werde. Wie wurde dieser Vorsatz im Detail beim Kombiticket berücksichtigt? Der Innenminister hat Kombitickets wiederholt in die öffentliche Diskussion eingebracht und deren Umsetzung in Aussicht gestellt. Hat es eine konkrete Aufforderung der Landesregierung gegenüber dem Verein Hannover 96 gegeben, das Modell der Kombitickets vor dem Niedersachsenderby einzuführen? Wenn ja, wie war der Ablauf der Gespräche bis zur Umsetzung des Kombitickets? 7. Wie beurteilt die Landesregierung die einstweiligen Verfügungen des Amtsgerichts Hannover zu der Vergabepraxis an Inhaber der Auswärtsdauerkarte? 8. Welche Auswirkungen haben die gerichtlichen Verfügungen auf die Haltung der Landesregierung zum Kombiticket? 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1771 9. Wie beurteilt die Landesregierung die Handlungen des Vereins Hannover 96, durch das Einlegen eines Befangenheitsantrags die Bearbeitung weiterer einstweiliger Verfügungen vor dem Spiel bei Eintracht Braunschweig zu verhindern? 10. Die Landesregierung hat wiederholt betont, dass ihr der Fandialog besonders wichtig sei. Welchen konkreten Dialog mit Fanorganisationen, Fanprojekten, Fanbeauftragten und Fanvertretern gab es vor der und über die Einführung von Kombitickets? 11. Wurde die individuelle Sanktionierung vorbestrafter Fans durch Meldeauflagen vor dem Niedersachsenderby geprüft und durchgeführt? Falls ja, warum wurde dann dennoch das Kombiticket favorisiert und durchgesetzt? Falls nein, warum nicht? 12. Wie bewertet die Landesregierung die rechtliche Auslegung des Kopplungsverbots von Verträgen gemäß UWG? 13. Welche Konsequenzen hat diese rechtliche Auslegung des Kopplungsverbots von Verträgen gemäß UWG auf die Umsetzung des Kombiticketverfahrens? (An die Staatskanzlei übersandt am 08.05.2014 - II/725 - 707) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 09.07.2014 für Inneres und Sport - 24.16-12310/5-11250/14 - Bundesweit kommt es an nahezu jedem Wochenende im Zusammenhang mit Fußballspielen zu Reisebewegungen der Fanszenen. Hierbei werden unterschiedlichste Reisemittel genutzt. Auf diesen Reisewegen kommt es immer wieder zu Störungen und Ausschreitungen zwischen Gewalttätern rivalisierender Lager, Angriffen auf eingesetzte Polizeibeamtinnen und -beamte sowie Unbeteiligte . Die gezielte und organisierte Suche der Auseinandersetzungen erfolgt durch eher kleine Gruppierungen und Rädelsführer einer Gewaltszene. Diese haben in der Folge nicht selten auch solidarisierende Wirkungen in die Fanszene. Um derartigen Gewalthandlungen, die zur Bewältigung einen konsequenten, aber auch kräfteintensiven Polizeieinsatz erfordern, begegnen zu können, sind unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten geeignete Maßnahmen zur Verhinderung der Anreise von Störern und Gewalttätern zu entwickeln. Nach mehr als 30 Jahren fand am 8. November 2013 in Hannover wieder eine Begegnung der Vereine Eintracht Braunschweig und Hannover 96 in der Fußballbundesliga statt. Teile der Anhängerschaften beider Vereine stehen sich seit Jahren rivalisierend bis zum Teil feindselig gegenüber. Aufgrund dieser Rivalität kam es in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Begegnungen dieser Vereine, aber auch abgesetzt von den Spielterminen, immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen gewaltbereiten Gruppierungen beider Lager. Bereits im Vorfeld des Spieles am 8. November 2013 kam es zu Sachbeschädigungen, zu Körperverletzungsdelikten und Schmähungen des jeweiligen Gegenübers. Am Spieltag selbst formierten sich ca. 1 200 gewaltbereite Personen der Hooligan-, Ultra-, aber auch einer sich mit diesen solidarisierenden Fanszene aus Hannover und auf der Gegenseite ca. 1 000 gewaltbereite Personen der gleichen Szenen aus Braunschweig. Auf beiden Seiten war ein extrem hohes Aggressionspotenzial gegenüber den Einsatzkräften festzustellen. Es kam sowohl zu Angriffen gegenüber den eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten als auch zu zahlreichen Sachbeschädigungen an Einsatzfahrzeugen . 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1771 Im gesamten Verlauf war die Lage von einem massiven Abbrennen von Pyrotechnik geprägt. Das Tragen von Masken zum Zwecke der Vermummung und damit einer „unerkannten“ Gewaltbegehung war nahezu obligatorisch. Das Gewaltverhalten unter Bildung und Nutzung von großen Personengruppen bis hin zu Menschenmassen hat die polizeiliche Lage deutlich verschärft. Dabei war dieses Verhalten offensichtlich immer darauf angelegt, ein Aufeinandertreffen mit dem gewaltbereiten Lager der gegnerischen Seite zu erzwingen. Es wurden 21 Polizeibeamtinnen und -beamte und zwei Ordner verletzt. Die Ermittlungen der Ermittlungsgruppe bei der Polizeidirektion Hannover dauern an. Die Kartenvergabe für diese Begegnung erfolgte auf Seiten des Gastvereines überwiegend über das Internet bzw. für Vereinsmitglieder und Bestandskunden über die Geschäftsstelle. Neben einem Reisebus für „VIP-Gäste“ organisierte der Verein einen Sonderzug, der überwiegend mit Personen der Problemszene besetzt war. Daneben wurde seitens der Bahn ein Entlastungszug eingesetzt . Die Ticketinhaber hatten die freie Wahl des Reisemittels, somit gab es keine Kopplung von personalisierter Eintrittskarte und einem bestimmten Transportmittel. Das Rückspiel in Braunschweig wurde in Abstimmung mit der DFL Deutschen Fußball Liga GmbH auf Sonntag, den 6. April 2014, festgelegt. Gemäß den Richtlinien des Deutschen Fußball-Bundes zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen wurde die Begegnung in Braunschweig als Spiel mit erhöhtem Risiko eingestuft. In der Gefahrenprognose ging die Polizeidirektion Braunschweig von insgesamt 2 000 bis 2 200 gewaltbereiten Anhängern auf beiden Seiten aus. Neben dem in diesem Fall szenetypischen (Gewalt -)Verhalten wurde nachdrücklich prognostiziert, dass verfeindete Gewalttäter in großen Personengruppen versuchen würden, aufeinanderzutreffen. Mögliche Aufeinandertreffen waren insbesondere auf den verhältnismäßig kurzen Reisewegen zu prognostizieren. Diese Umstände und die Berücksichtigung der Faktoren – der Entfernung zwischen Braunschweig und Hannover, – der Erreichbarkeit der Spielstätte mit Abfahrts- und Ankunftsorten, – der Wahl des Beförderungsmittels und dem Umfang der Begleitung durch die Polizei, – einem Alkohol- und Glasverbot während der Reise führten zur Entwicklung des „Niedersächsischen Modells“, dem Verfahren der Kombination von Reisemittel und personalisierter Ticketabgabe. Mit dem „Niedersächsischen Modell“ wurde das Ziel, die Anwesenheit von potenziellen Störern bzw. Gewalttätern in den Stadien und ihrem Umfeld wesentlich zu erschweren bzw. auszuschließen sowie die Gelegenheit von Störungen auf Reisewegen wirkungsvoll zu begrenzen und damit zu einem sicheren Fanreiseverkehr beizutragen, eindrucksvoll erreicht. Zwar bleibt festzustellen, dass das „Niedersächsischen Modell“ zu Beschränkungen und mehr Zeitaufwänden für Gästefans führen kann und auch nicht auszuschließen ist, dass friedliche Fans im Einzelfall aufgrund des damit verbundenen umständlichen und zeitintensiven Reisens Auswärtsbegegnungen unter Umständen meiden. Allerdings sind diese Einschränkungen immer in Abhängigkeit der tatsächlich gewählten Kombination zu betrachten. Dazu zählt nicht zuletzt die Abwägung zwischen einer verlässlichen Reise- und Stadionsicherheit und persönlichen Unannehmlichkeiten oder individuell empfundenen Beschränkungen. Die Erfahrungen aus der Anwendung des „Niedersächsischen Modells“ wurden jüngst im Rahmen der 199. Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder in Bonn erörtert. In dem Beschluss wird festgestellt, dass dieses Modell anlässlich der Bewältigung von sogenannten Hochrisikospielen auch in unteren Ligen ein geeignetes Instrument darstellen könnte, um insbesondere die Anwesenheit von potenziellen Störern bzw. Gewalttätern in den Stadien und ihrem Umfeld wesentlich zu erschweren sowie die Gelegenheiten von Störungen auf Reisewegen wirkungsvoll zu begrenzen und damit zu einem sicheren Fanreiseverkehr beizutragen. 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1771 Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die erfolgreiche polizeiliche Einsatzbewältigung dieses Fußballspiels erforderte vor dem Hintergrund der Mehrzahl friedlicher, sportbegeisterter Zuschauer und Fans auf der einen, aber gerade auch der zu erwartenden Gewalttätigkeiten rivalisierender gewaltorientierter Gruppen und Einzelpersonen auf der anderen Seite ein differenziertes Vorgehen im Einsatzkonzept der Polizei. Ein wichtiger Erfolgsfaktor zur Erreichung der taktischen Zielsetzung einer konsequenten Herbeiführung der Fantrennung war die Vereinbarung und Umsetzung des „Niedersächsischen Modells“. Daraus folgte für den polizeilichen Einsatz die Gewährleistung einer reibungslosen Durchführung und Begleitung des im Rahmen dieses Verfahrens von Hannover 96 organisierten Bustransfers. Durch die konsequente Umsetzung dieser mit allen beteiligten Organisationen und Institutionen abgestimmten Zielsetzung hat das Verfahren nach hiesiger Bewertung entscheidend zu einem gewaltfreien Verlauf der Fußballbundesligabegegnung Eintracht Braunschweig gegen Hannover 96 beigetragen. Insgesamt konnten 23 150 Zuschauer eine friedliche und begeisternde Sportveranstaltung im Braunschweiger Eintrachtstadion besuchen. Im Rahmen des Verfahrens der personalisierten Kartenvergabe durch Hannover 96 konnten bereits im Vorfeld durch verhängte Stadionverbote und einer Vielzahl präventivpolizeilicher Maßnahmen erkannte Gewalttäter und Gefährder von der Kartenvergabe ausgeschlossen werden. Nicht zuletzt auch im Vergleich zu Fußballbegegnungen mit vergleichbarer kritischer Einstufung belegen die nachfolgenden Zahlen eindrucksvoll, dass über die personalisierte Kartenvergabe mit Bindung an einen Bustransfer keine Problemklientel der Spielbegegnung am 6. April 2014 im Gästeblock beiwohnte. So waren im Stadion keine Personen der Kategorie B und C aus Hannover anwesend , lediglich außerhalb des Stadions wurden im Rahmen einer versammlungsrechtlichen Kundgebung ca. 800 Personen dieser Kategorien festgestellt. Auf Seiten der heimischen Anhänger waren ca. 620 Personen der Kategorie B und C im Stadion und ca. 50 außerhalb des Stadions festgestellt worden. Im Vergleich reiste anlässlich der Begegnung zwischen Hannover 96 gegen Eintracht Braunschweig am 8. November 2013 nur ein geringer Anteil unproblematischer Fans mit organisierten Busanreisen oder individuell an. Nicht zuletzt die unkontrollierte Anreise der gesamten Problemszene aus Braunschweig mit Zügen der DB führte insbesondere in der Vorspielphase zu einer Massierung dieser Gruppen am Zielbahnhof mit dem geschlossenen gewalttätigen Marsch zum Stadion und den bekannten Übergriffen und Ausschreitungen. Zu 2: Im Zusammenhang mit dem Fußballspiel wurden insgesamt zehn Strafverfahren eingeleitet, davon eines wegen gefährlicher Körperverletzung, vier wegen Beleidigung, drei wegen Verstößen gegen das SprengG, eines wegen Betruges und eines wegen Verstoßes gegen das BtMG. Anlässlich der Versammlung in Braunschweig wurden im Zeitraum 14.00 Uhr bis 15.10 Uhr 393 Personalstunden geleistet. Anlässlich des Fantransfers (An- und Abreise der Gästefans) wurden im Zeitraum von 11.30 Uhr bis 18.15 Uhr 2 509,5 Personalstunden geleistet (ausgenommen die Spielphase mit temporärer Unterstellung von Kräften aus anderen Einsatzabschnitten). Zu 3 und 4: Das Recht auf Freizügigkeit ist ein Freiheitsrecht, das dem Einzelnen gegenüber dem Hoheitsträger zusteht. Bei dem kombinierten Verfahren Reisemittel und personalisierte Ticketabgabe geht es jedoch nicht um staatliche Maßnahmen, die die Freizügigkeit des Einzelnen beschränken. Vielmehr haben die Bundesligavereine als private Veranstalter den Anhängerinnen und Anhänger des Gästevereins angeboten, im Stadion an einem privaten Sportereignis unter der Voraussetzung der Einhaltung bestimmter Vertragsbedingungen teilzunehmen. 4 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1771 Niemand war verpflichtet, diese Sportveranstaltung zu besuchen und die damit verbundenen Bedingungen des „Niedersächsischen Modells“ zu akzeptieren. Es ist die freie Entscheidung mündiger Bürgerinnen und Bürger gewesen, sich unter diesen Bedingungen auf das Angebot einzulassen oder darauf zu verzichten. Eine Einschränkung der Reisefreiheit liegt damit nicht vor. Zu 5: Dem Wohnort wurde im Rahmen der Planung und Durchführung dieser erstmalig zur Anwendung gebrachten personalisierten Ticketvergabe mit Bindung an einen Bustransfer keine Bedeutung beigemessen . Ziel des Verfahrens auf Grundlage einer detaillierten Gefahrenprognose war der Ausschluss von Gewalttätern und die Gewährleistung einer sicheren Anreise zum Spielort. Zu 6: Das Verfahren wurde erstmals in einem Ministergespräch am 29. Januar 2014 in Braunschweig mit Vertretern von Hannover 96 und Eintracht Braunschweig sowie der Polizeidirektionen Braunschweig und Hannover erörtert. Angesichts der Vorfälle im Zusammenhang mit dem Hinspiel am 8. November 2013 in Hannover und einer nicht zuletzt daraus begründeten Gefahrenprognose bestand bei allen an der Planung des Rückspiels beteiligten Akteuren Einigkeit, die personalisierte Kartenvergabe einschließlich eines Bustransfers durchzuführen. Die Konkretisierung bis zum Spieltag erfolgte im Rahmen eines fortlaufenden zielorientierten und konstruktiven Austausches in Form von bilateralen Gesprächen und Besprechungen mit allen beteiligten Netzwerkpartnern. Zudem wurde das Verfahren zeitnah vor der Spielbegegnung durch den Verein Hannover 96 über eine insbesondere mit der Polizei abgestimmte Kommunikationsstrategie erläutert und transparent gemacht. Im Übrigen siehe Beantwortung zu Frage 1. Zu 7 und 8: Die vom Amtsgericht Hannover ausgesprochenen einstweiligen Verfügungen regeln die konkreten Rechtsbeziehungen der jeweiligen Prozessparteien. Auswirkungen auf die Haltung der Landesregierung ergeben sich daraus nicht. Zu 9: Die Landesregierung enthält sich einer Beurteilung der laut Zivilprozessordnung zulässigen prozessualen Handlungen der Verfahrensbeteiligten in einem gerichtlichen Verfahren. Zu 10: Die Planung und Umsetzung des Verfahrens hat einen intensiven, kooperativen Austausch in allen Phasen und auf allen Ebenen vorausgesetzt. Positiv hervorzuheben ist die Einigkeit der Beteiligten darüber, dass das Modell eine wirkungsvolle und konsequente Verhinderung von Gewalttätigkeiten im Zusammenhang mit einer Spielbegegnung ermöglichen wird, da auf der Grundlage einer aktuellen Gefahrenprognose sowie den Erfahrungen aus zurückliegenden Ereignissen schwere Gewalttaten zu erwarten waren. Die Verbindlichkeit aller organisatorischen, rechtlichen und öffentlichkeitswirksamen Absprachen der beteiligten Stellen hat die Durchführung dieses Verfahrens erfolgreich gemacht. Im Rahmen der Vorbereitung des polizeilichen Einsatzes am 6. April 2014 fand ein regelmäßiger Dialog zwischen der Polizei und Vereinen, Fanprojekten und Fanbeauftragten statt. Beispielhaft zu nennen sind in diesem Zusammenhang Sicherheitsbesprechungen am 4. Februar 2014 und am 18. März 2014 unter Beteiligung u. a. des Fanbeauftragten von Hannover 96 sowie die abschließende Sicherheitsbesprechung am 1. April 2014 unter Beteiligung u. a. des Fanprojekts Hannover und des Fanbeauftragten von Hannover 96. Darüber hinaus fand auf Initiative der Polizei nach der Sicherheitsbesprechung am 1. April 2014 ein Abstimmungsgespräch zwischen dem Gesamteinsatzleiter der Polizei, Vertretern der Fanprojekte Braunschweig und Hannover und den Fanbeauftragten beider Vereine unter Beteiligung des Sozialwissenschaftlichen Dienstes (SWD) der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen statt, in dessen 5 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1771 Rahmen den Fanprojekten und Fanbeauftragten auch die Möglichkeit eingeräumt wurde, einen Fragenkatalog im Zusammenhang mit dem „Niedersächsischen Modell“ an die einsatzführende Polizeidirektion Braunschweig zu richten. Die Kommunikation mit den beteiligten Fanprojekten ist unmittelbar durch den Gesamteinsatzleiter der Polizei und durch den ständigen Kontakt des SWD gepflegt worden. Zu 11: Meldeauflagen stellen eine Maßnahme der Gefahrenabwehr dar und sind kein Instrument der Repression . Insofern wurde eine „Sanktionierung vorbestrafter Fans“ durch Meldeauflagen weder angestrebt , noch wäre dieses bei dem zugrunde liegenden Spiel überhaupt rechtlich möglich und umsetzbar gewesen. Im Rahmen der Prüfung präventivpolizeilicher Maßnahmen wurde auch das Instrument der Meldeauflagen eingehend gewürdigt. Aufgrund der geringen Entfernung zwischen der Stadt Hannover und dem Spielort in Braunschweig wurde für in Hannover bzw. in der Region Hannover gemeldete Personen das Instrument der Meldeauflage als unverhältnismäßiger Eingriff bewertet, da hinsichtlich der schnellen Erreichbarkeit des Spielortes bzw. neuralgischer Punkte in dessen Umfeld die zeitlichen Meldeabstände derart kurz hätten gewählt werden müssen, dass dies von der Eingriffsintensität her fast mit einer Ingewahrsamnahme (freiheitsentziehende Maßnahme) zu vergleichen gewesen wäre. Zu 12 und 13: Gemäß § 4 Nr. 6 des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG) gilt es als unlauter, wenn die Teilnahme an einem Preissauschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig gemacht wird. Dieses generelle Kopplungsverbot hat durch die Rechtsprechung eine Einschränkung erfahren. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 14.01.2010 in der Rechtssache C-304/08 (Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V./Plus Warenhausgesellschaft mbH) ist dieses generelle Verbot europarechtswidrig . Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 5. Oktober 2010 (Az.: I ZR 4/06) das jahrzehntelange Kopplungsverbot bei Gewinnspielen aufgehoben. Nur noch in seltenen Ausnahmefällen wird ein Wettbewerbsverstoß vorliegen. Die Kopplung gilt nur dann als rechtswidrig, wenn diese als irreführende Geschäftspraxis oder als Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt einzuordnen ist. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen Kopplungsverbot und dem „Niedersächsischen Modell“ ist nicht ersichtlich. Boris Pistorius 6 (Ausgegeben am 18.07.2014) Drucksache 17/1771 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 30.04.2014 Kombiticket - Sicherheit statt Freiheit Antwort der Landesregierung