Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1811 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Reinhold Hilbers (CDU), eingegangen am 03.06.2014 Wie steht die Landesregierung zu dem geplanten Frackingvorhaben der Niederlande an der Grenze zur Grafschaft Bentheim? In ihrer Ausgabe vom 31. Mai 2014 berichten die Grafschafter Nachrichten in dem Artikel „Niederlande prüfen Fracking an der Grenze“, dass die niederländische Regierung zurzeit untersuche, ob sie ab 2015 die Förderung von Schiefergasvorkommen zulassen werde. Die möglichen Fördergebiete reichten laut Bericht bis unmittelbar an Teile der Ober- und der Niedergrafschaft heran. Die Prüfung im Rahmen einer sogenannten Strukturvision sehe auch eine Konsultation der zuständigen deutschen Behörden vor. Jedoch seien der Staatskanzlei in Nordrhein-Westfalen zu Beginn des Verfahrens weder konkrete Unterlagen noch Informationen zur Einleitung des Abstimmungsprozesses übermittelt worden. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die geplante Förderung von Schiefergasvorkommen in den Niederlanden? 2. Wurde die Landesregierung in Niedersachsen über das geplante Vorhaben informiert? Wenn ja, wann und wie? 3. Welche Auswirkungen und Risiken sind mit dem geplanten Vorhaben für Niedersachsen verbunden ? 4. Hat die Landesregierung Kenntnis über den geplanten Einsatz der Frackflüssigkeiten? Wenn ja, welche? 5. Wird die Landesregierung im Rahmen der Strukturvision eine Stellungnahme abgeben? 6. Wie wird sich die Landesregierung zu dem geplanten Vorhaben gegenüber den Niederlanden positionieren? 7. Wie schützt die Landesregierung die niedersächsischen Bürger und die niedersächsische Umwelt für den Fall, dass in den Niederlanden in Grenznähe zum Landkreis Grafschaft Bentheim Frackingvorhaben durchgeführt werden sollten? (An die Staatskanzlei übersandt am 12.06.2014 - II/725 - 777) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 17.07.2014 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/777/ Fracking Niederlande - Die Landesregierung lehnt die Aufsuchung und Gewinnung von unkonventionellen Erdgasvorkommen (z. B. Schiefergaslagerstätten) unter Einsatz der Frack-Technologie ab. Dies gilt auch für derartige Vorhaben in benachbarten Ländern im Grenzbereich, da aufgrund des aktuellen Kenntnisstands Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt in Niedersachsen nicht auszuschließen sind. Grundlage für diese klare und eindeutige Haltung sind insbesondere die in den letzten Jahren von 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1811 verschiedenen Gutachtern in Deutschland vorgenommene Bewertung von Chancen und Risiken der Entwicklung von unkonventionellen Erdgaslagerstätten (z. B. Schiefergaslagerstätten), wobei wiederholt auf Informations- und Wissensdefizite hingewiesen wurde, die eine Beurteilung der umweltverträglichen Nutzung dieser Energieressourcen derzeit nicht ermöglichen. Im Mittelpunkt der hierbei vorgetragenen Bedenken steht die mögliche zu besorgende Beeinträchtigung von Grundund Trinkwasser insbesondere durch den Einsatz von umweltgefährlichen Chemikalien, ungenaue Kenntnis des Untergrundes sowie die Verpressung von Frackflüssigkeiten und Lagerstättenwasser. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1 und 2: Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr wurde mit Schreiben des Niederländischen Ministeriums für Wirtschaft vom 27.05.2014 darüber informiert, dass das Niederländische Ministerium für Wirtschaft und das Niederländische Ministerium für Infrastruktur und Umwelt eine sogenannte Strukturvision Schiefergas erarbeiten, die Anfang 2015 vorgelegt werden soll. Zuvor hat das Niederländische Ministerium für Wirtschaft bei der Anlaufstelle für grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen im Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems in Oldenburg am 12.03.2014 angefragt, welche deutschen Behörden für ein solches Verfahren zuständig seien. Mit Nachricht vom 12.03.2014 wurde vonseiten der Anlaufstelle das Landesamt für Bergbau , Energie und Geologie (LBEG) kontaktiert. In Absprache mit der Anlaufstelle hat das LBEG am 18.03.2014 dem Niederländischen Ministerium für Wirtschaft mitgeteilt, dass das LBEG die in Niedersachsen zuständige Behörde ist. Mit Schreiben vom 14.04.2014 und 15.04.2014 hat das LBEG das Niederländische Ministerium für Wirtschaft darüber informiert, welche deutschen Stellen im Rahmen des Planverfahrens sowie in Bezug auf die notwendige Öffentlichkeitsbeteiligung einzubinden sind, und die deutschen Stellen benannt, in denen die Unterlagen auszulegen sind. Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz und das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr wurden vom LBEG mit Nachricht vom 14.04.2014 darüber informiert, dass das Niederländische Ministerium für Wirtschaft plant, einen Entwicklungsleitplan mit möglichen Standorten für die Gewinnung von Schiefergas aufzustellen und dass hierfür eine Strategische Umweltprüfung durchgeführt werden soll. Entsprechend den derzeit vorliegenden Unterlagen soll in der „Strukturvision Schiefergas“ dargelegt werden, ob und, wenn ja, in welchen Gebieten in den Niederlanden eine Förderung von Schiefergas mit möglichst geringen Belastungen für Mensch, Natur und Umwelt möglich wäre. Hierzu soll zunächst untersucht werden, mit welchen Risiken und Konsequenzen die Schiefergasgewinnung verbunden sein kann. Diese Untersuchung erfolgt im Rahmen einer sogenannten Strategischen Umweltprüfung. Die Art und Weise dieser Umweltprüfung ist in einem Berichtsentwurf über die Reichweite und Detailtiefe niedergelegt, der nunmehr veröffentlicht wurde. Nach Vorlage der Strukturvision soll dann über die Schiefergasgewinnung in den Niederlanden entschieden werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen bereits erteilte Genehmigungen ausgesetzt und Neuanträge nicht bearbeitet werden. Zu 3: Nähere Details über einzelne Vorhaben sind nicht bekannt. Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt sowie insbesondere das Grund- und Trinkwasser sind nicht auszuschließen. Zu 4: Nein. Zu 5: Minister Lies hat sich bereits schriftlich gegenüber dem Niederländischen Ministerium für Wirtschaft zur grundsätzlichen Position des Landes Niedersachsen geäußert. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz und das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie bereiten eine gemeinsame fachliche Stellungnahme vor. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1811 Zu 6: Die Landesregierung lehnt derartige Vorhaben an der Landesgrenze zu Niedersachsen ab, da eine Beeinträchtigung von Mensch, Natur und Umwelt in Niedersachsen nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Dies betrifft insbesondere grenzüberschreitende Grundwasserkörper, die in Niedersachsen zur Trinkwassergewinnung genutzt werden. Zu 7: Nach Durchführung der Strategischen Umweltprüfung wird der Entwurf einer Strukturvision Schiefergas erstellt, der dann Anfang 2015 zusammen mit dem Umweltbericht zur Einsicht ausgelegt werden soll. Es erfolgt eine erneute Beteiligung der zuständigen deutschen Behörden. Die Stellungnahmen werden gemäß Artikel 8 der Richtlinie 2001/42/EG bei einer Entscheidung über die Strukturvision Schiefergas berücksichtigt. Sollten bei konkreten Vorhaben zu einem späteren Zeitpunkt Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen und Auswirkungen auf die Umwelt in Niedersachsen möglich sein, werden die zuständigen Behörden über Artikel 7 der Richtlinie 2011/92/EU in Verbindung mit der o. g. Gemeinsamen Erklärung erneut beteiligt. Deren Stellungnahmen sind nach Artikel 8 dieser Richtlinie beim Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Die Entscheidungen der Niederländischen Regierung werden auf niederländischem und auf europäischem Recht gegründet sein. Ein direktes Mitspracherecht der Niedersächsischen Landesregierung über die Zulässigkeit der Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten besteht nicht. Die Landesregierung wird jedoch im Rahmen der Beteiligung der Ministerien auf die aktuelle Erarbeitung der niedersächsischen Mindeststandards für die Gewinnung von Erdgas aus konventionellen Lagerstätten hinweisen und auf die entsprechende Anwendung dieser äußerst strengen Maßstäbe hinwirken. Olaf Lies 3 (Ausgegeben am 24.07.2014) Drucksache 17/1811 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Reinhold Hilbers (CDU), eingegangen am 03.06.2014 Wie steht die Landesregierung zu dem geplanten Frackingvorhaben der Niederlande an der Grenze zur Grafschaft Bentheim? Antwort der Landesregierung