Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1830 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Dr. Gero Hocker (FDP), eingegangen am 28.05.2014 In welchem Zustand sind die Deiche in Artlenburg? Presseberichten zufolge sind viele Deiche im Bereich des Artlenburger Deichverbands in einem momentan sehr schlechten Zustand. Dieser Zustand ist Folge der Hilfsmaßnahmen während des Elbehochwassers 2013, bei dem die Deichkrone durch schwere Fahrzeuge und Sandsäcke beschädigt wurde. Nach Aussagen des Deichverbands wären ca. 7 Millionen Euro notwendig, um die Deiche sowie die Auffahrten und Zuwege zu sanieren. Ein entsprechender Antrag zur Finanzierung wurde den Berichten zufolge noch nicht vom zuständigen Umweltministerium bewilligt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung den Zustand der Deiche im Bereich des Artlenburger Deichverbands? 2. An welchen Stellen sieht die Landesregierung den Zustand der Deiche im Bereich des Artlenburger Deichverbands als besonders kritisch an? 3. Gibt es noch weitere Bereiche an der Elbe, in denen die Deiche in einem ähnlichen Zustand wie die im Verbandsgebiet des Artlenburger Deichverbands sind, und, wenn ja, wo? 4. Wie viel würde die Sanierung der sich in einem sehr schlechten Zustand befindlichen Deiche an der Elbe kosten? 5. Welche Konsequenzen könnten sich im schlimmsten Fall aufgrund des schlechten Zustands bestimmter Deichabschnitte an der Elbe ergeben? (An die Staatskanzlei übersandt am 05.06.2014 - II/725 - 768) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 28.07.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Ref17-01425/17/7/02-0053 - Grundsätzlich obliegt es gemäß § 18 des Niedersächsischen Deichgesetzes der Deichbehörde, hier dem Landkreis Lüneburg, den ordnungsgemäßen Zustand des Deiches mit seinen Anlagen im Frühjahr und Herbst zu prüfen. Diese Prüfungen haben auch für den Artlenburger Deichverband (ADV) stattgefunden, und zwar am 15.10.2013 und 13.05.2014. Auch wenn die Prüfberichte diverse Schäden, die vorwiegend durch die beim Hochwasser 2013 durchgeführten Deichverteidigungsmaßnahmen entstanden sind, aufführen, stellt der Landrat des Landkreises Lüneburg insgesamt fest, „dass sich die Deichanlagen trotz des Hochwassers in einem guten Unterhaltungszustand befinden und die Deichsicherheit aus seiner Sicht gewährleistet ist“. Der ADV selbst bestätigt auf Seite 4 seines Informationsblattes „Kein Deich, kein Land, kein Leben“ (Ausgabe 01/Juli 2013, Sonderausgabe zum Elbe-Hochwasser im Juni 2013), dass die Deiche ihrer bisher größten Belastungsprobe standgehalten haben. Die Deiche halten, weil sie auf dem modernsten Stand der Technik sind. Deichhauptmann Hartmut Burmester führt weiter aus: „Die Menschen hier bei uns sind sicher, solange das Wasser nicht über die Deichkrone schwappt. Wenn es eine Gefahr gibt, dann ist es die Überspülung. Einen großen Deichbruch schließe ich aus.“ 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1830 Aus Sicht der Landesregierung gibt es keinen Anlass, an den dargestellten Sichtweisen des Landkreises Lüneburg und des ADV zu zweifeln. Die im Zeitraum von 2002 bis 2013 durchgeführten Maßnahmen haben in der Region zu einem bisher nicht erreichten Sicherheitsniveau geführt, wobei davon auszugehen ist, dass selbst ein höherer Hochwasserabfluss hätte bewältigt werden können. Daher ist es, anders als beispielsweise in Sachsen-Anhalt, in Niedersachsen beim Hochwasser 2013 an der Elbe nicht zu einem Deichbruch gekommen. Die Investitionen, die seit dem Hochwasser 2002 - insbesondere auch aus dem damaligen Aufbauhilfefonds - getätigt wurden, haben sich ausgezahlt. Das Elbe-Hochwasser im Juni 2013 hat, wie schon das Hochwasser im Januar 2011, verdeutlicht, dass der Elbe-Aufbauhilfefonds, der nach dem Katastrophenereignis 2002 eingerichtet wurde, schneller als gedacht seine positive Wirkung entfalten konnte. Niedersachsen hat die Deiche und Anlagen entlang der Elbe seit dem Jahre 2002 mit circa 160 Millionen Euro ertüchtigt. Im Bereich des ADV wurden die Deiche zwischen Hohnstorf und dem Elbe-Seiten-Kanal und weiter bis nach Avendorf ertüchtigt. Deichverteidigungswege, die das Rückrad bilden, um einen Deich erfolgreich verteidigen zu können, wurden neu geschaffen. Dennoch ist es auch in Niedersachsen während des Hochwassers 2013 an der Elbe zu Schäden an den Hochwasserschutzanlagen insbesondere an Deichkronen, Deichverteidigungswegen und den sonstigen Anlagen an den Deichen sowie an Schöpfwerken und Sielen gekommen. Diese - insbesondere durch die Deichverteidigung entstandenen Schäden - sollen nunmehr nach den Voraussetzungen der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Behebung der vom Hochwasser 2013 verursachten Schäden an der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur“ mit Mitteln des Fonds „Aufbauhilfe“ nach dem Aufbauhilfefonds-Errichtungsgesetz 2013 beseitigt werden. Seit Inkrafttreten der Richtlinie am 01.02.2014 haben die betroffenen Kommunen und Verbände bis zum 30.06.2015 die Möglichkeit, Förderanträge bei der NBank zu stellen. Bisher (Stand: 1. Juli 2014) liegen der NBank 33 Anträge mit einem Mittelvolumen von 19,17 Millionen Euro vor. Derzeit ist davon auszugehen, dass die verfügbaren Haushaltsmittel ausreichen, um die vorliegenden Anträge bewilligen zu können. Von den 33 Anträgen sind 13 Anträge mit einer Summe von 2,22 Millionen Euro bereits bewilligt worden. Von den 13 Anträgen ist das MU in zwei Fällen bereits im Jahr 2013, also noch vor Inkrafttreten der o. g. Richtlinie, in Vorleistung gegangen und hat den Verbänden, darunter auch dem ADV, Landesmittel zur Vorfinanzierung bewilligt. Die restlichen Anträge werden aktuell geprüft. Insbesondere ist dabei zu prüfen, ob es sich um nach der o. g. Richtlinie zuwendungsfähige Ausgaben handelt. Diese Prüfung, die durch die NBank erfolgt , die hierfür regelmäßig eine Stellungnahme des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft , Küsten- und Naturschutz (NLWKN) anfordert, ist zeitintensiv. Sie ist jedoch zur Einhaltung der Anforderungen aus der o. g. Richtlinie und der Landeshaushaltsordnung geboten. Aktuell (Stand: 1. Juli 2014) liegen der NBank drei Anträge des ADV vor: – Antrag vom 20.03.2014 über rund 320 000 Euro (Kosten der Sandsackentsorgung). Der Bescheid der NBank ist am 14.05.2014 an den ADV ergangen. Der ADV hat den Betrag von rund 300 000 Euro, der dem Verband bereits im Oktober 2013 zur Vorfinanzierung bewilligt wurde, inzwischen an das MU zurückgezahlt. – Antrag vom 25.03.2014 über rund 100 000 Euro. Der Bescheid der NBank ist am 23.05.2014 an den ADV ergangen. – Antrag vom 08.05.2014 über 7,1 Millionen Euro. Derzeit liegt dieser dem NLWKN zur fachlichen Stellungnahme vor. Der Antrag enthält verschiedene besondere Positionen, deren Förderfähigkeit eingehend zu prüfen ist. Da hierbei grundsätzliche Entscheidungen zu treffen sind, ist auch das MU in die Prüfung eingebunden. Nach Abschluss dieser Prüfungen wird die NBank einen Bescheid erstellen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Siehe Vorbemerkungen. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1830 Zu 2: In dem Schauprotokoll der unteren Deichbehörde (siehe Vorbemerkungen) wurden insbesondere Schäden an Deichkronen, Deichverteidigungswegen, Deichrampen und Deichtreppen sowie an sonstigen Anlagen an den Deichen infolge des Hochwassers vom Juni 2013 in den Bereichen zwischen den Deichkilometern 4+700 - 6+500; 12+000 - 13+500 und 22+350 - 25+500 festgestellt. Diese sind nicht als besonders kritisch zu bewerten. Zu 3: Vergleichbare Schadensbilder gibt es im Landkreis Lüneburg in dem Bereich des Neuhauser Deich- und Unterhaltungsverbandes (NDUV) sowie bei den Deichverbänden Jeetzeldeichverband (JDV), Dannenberger Deich- und Wasserverband (DDWV) und Gartower Deich- und Wasserverband im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Weitere Schäden sieht die Landesregierung insbesondere an den Hochwasserschutzanlagen des JDV zwischen Hitzacker und Wussegel sowie an der Hochwasserschutzwand in Wussegel im Bereich des DDWV. Zu 4: Die allgemeine Aussage, dass die Deiche an der Elbe sich in einem sehr schlechten Zustand befinden , wird von der Landesregierung nicht geteilt. Da die Anträge für Zuwendungen aus dem Fonds „Aufbauhilfe“ zur Beseitigung der vorgenannten Schäden noch bis zum 30.06.2015 gestellt werden können, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine zusammenfassende Kostenschätzung über alle Sanierungsmaßnahmen erstellt werden (siehe Vorbemerkungen). Zu 5: Siehe Vorbemerkungen. Stefan Wenzel 3 (Ausgegeben am 06.08.2014)