Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1849 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode und Gabriela König (FDP), eingegangen am 26.06.2014 Müssen alle niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber sämtliche Bau-, Dienst- und Lieferleistungen weltweit kontrollieren? Die Landesregierung erklärt in der Drucksache 17/1599 für alle niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber nach § 98 Nr.1 bis 5 GWB die weltweite Gültigkeit des NTVerG. Diese sind hierbei verpflichtet und berechtigt, die gesetzlichen Verpflichtungen unabhängig davon, wo die Leistung erbracht wird, zu überprüfen und zu kontrollieren. Die rot-grüne Landesregierung führt aus, dass das NTVerG auf alle öffentlichen Aufträge über Bau-, Dienst- und Lieferleistungen - einschließlich Dienstleistungen im Bereich des ÖPNV - ab einem geschätzten Auftragswert in Höhe von 10 000 Euro ohne Umsatzsteuer Anwendung findet. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Trifft es zu, dass alle öffentlichen Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 5 GWB die weltweite Einhaltung der Vorgaben des NTVerG kontrollieren müssen? 2. Welche Art von Vertragsstrafen können seit Inkrafttreten des NTVerG in den abgeschlossenen Verträgen festgesetzt werden? 3. Hat es seit Inkrafttreten des NTVerG Auftragsvergaben im Ausland ab 10 000 Euro durch öffentlichen Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 5 GWB gegeben, wenn ja, wie viele und welcher Art? 4. Welche Arten von Vertragsstrafen sind seit Inkrafttreten des NTVerG in den abgeschlossenen Verträgen festgesetzt worden? 5. Welche Reisen, Delegationsreisen, Dienst-, Bau- oder/und Lieferleistungen hat die Landesregierung oder haben ihr nachgelagerte Behörden und Institutionen seit Inkrafttreten des NTVerG unternommen bzw. vergeben? 6. Ist es im Rahmen von Auftragsvergaben im Ausland zu Vertragsabschlüssen gekommen, die unter die gesetzlichen und weltweit gültigen Bestimmungen des NTVerG fallen? 7. Wenn ja, in welchen konkreten Fällen? 8. Kann die Landesregierung sicher erklären, dass sich alle Auftragnehmer der Delegationsreise des Ministerpräsidenten Weil in die Türkei, nachzulesen unter: „Ein spannender Besuch in der Türkei“ (http://www.stephanweil.de/content/365346.php), an die Vorgaben des NTVerG gehalten haben, sofern eine Auftragsvergabe durch einen niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber nach § 98 Nr.1 bis 5 GWB erfolgt ist? 9. Wenn ja, wie stellt die Landesregierung dies sicher? 10. Haben beispielhaft die türkischen Busfahrer, die die Transferleistungen der „mehr als 90 Unternehmer “ umgesetzt haben, den im NTVerG vorgeschriebenen Mindestlohn erhalten? 11. Welche Nachweiserbringung gemäß NTVerG liegt hinter der Antwort zu Frage 10? 12. Gab es im Rahmen der Chinareise von Wirtschaftsminister Olaf Lies (http://www.mw. niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=5459&article_id=125642&_psmand=18) Auftragsvergaben , die unter das NTVerG fallen? 13. Wenn ja, wie hat das Wirtschaftsministerium sichergestellt, dass es in China zur Einhaltung des NTVerG gekommen ist? 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1849 14. Geht die Landesregierung davon aus, dass es in der 17. Legislaturperiode zu Auftragsvergaben für Reisen oder Delegationsreisen, Dienst-, Bau- oder/und Lieferleistungen in den ca. 165 Staaten im außereuropäischen Ausland durch niedersächsische öffentliche Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 5 GWB kommen wird? 15. Wenn ja, wird es zu Vertragsabschlüssen mit einem geschätzten Auftragswert in Höhe von 10 000 Euro ohne Umsatzsteuer kommen? 16. Ist den niedersächsischen öffentlichen Auftraggebern nach § 98 Nr. 1 bis 5 GWB klar, dass sie in den 193 Staaten der Weltgemeinschaft bei Auftragsvergaben ab 10 000 Euro Kontrollen durchführen und vertraglich Mitwirkungs- und Nachweispflichten sowie Einsichtsnahmen in den privatwirtschaftlichen Verträgen vereinbaren müssen? 17. Wird die Landesregierung versuchen, das von ihr beschlossene NTVerG durch die Ausschreibung von Teillosen oder Stückelung von Auftragsvergaben zu unterlaufen, z. B. um die Durchführung von Kontrollen zu vermeiden? 18. Wird die Landesregierung vielleicht versuchen, das von ihr beschlossene NTVerG weltweit zu propagieren, z. B. indem mehrere Aufträge zu einem Schwellenwert über 10 000 Euro zusammengefasst werden? 19. Bekommen alle Arbeitnehmer von Auftragnehmern in den 193 Staaten der Weltgemeinschaft bei Auftragsvergaben durch niedersächsische öffentliche Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 5 GWB, die unter das NTVerG fallen, das in § 5 Abs. 1 NTVerG bestimmte Mindestentgelt? 20. Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass alle Arbeitnehmer der Auftragnehmer in den 193 Staaten der Weltgemeinschaft bei Auftragsvergaben durch öffentliche Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 5 GWB, die unter das NTVerG fallen, das in § 5 Abs. 1 NTVerG bestimmte Mindestentgelt erhalten? (An die Staatskanzlei übersandt am 07.07.2014 - II/725 - 821) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 04.08.2014 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/821/ Bau-, Dienst- und Lieferleistungen - Der Landtag hat das Niedersächsische Gesetz zur Sicherung von Tariftreue und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge - Niedersächsisches Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG), das von den Regierungsfraktionen eingebracht wurde, am 30.10.2013 beschlossen. Zum 01.01.2014 ist das NTVergG in Kraft getreten und findet Anwendung auf alle öffentlichen Aufträge über Bau-, Dienst- und Lieferleistungen - einschließlich Dienstleistungen im Bereich des ÖPNV - ab einem geschätzten Auftragswert in Höhe von 10 000 Euro ohne Umsatzsteuer. Das NTVergG findet unabhängig davon, wo die Leistung (In- oder Ausland) erbracht wird, Anwendung . Entscheidend ist allein, dass ein niedersächsischer öffentlicher Auftraggeber einen Auftrag vergibt, denn Adressaten des NTVergG sind die niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nummern 1 bis 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), d. h. neben dem Land und den Kommunen u. a. auch ihre Stiftungen, Betriebe und Unternehmen, die Sektorenauftraggeber (Unternehmen, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind). Das Land als öffentlicher Auftraggeber wird dabei durch die einzelnen Dienststellen vertreten. 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1849 Die öffentlichen Auftraggeber sind nach § 14 NTVergG gehalten, berechtigt und im Einzelfall verpflichtet , Kontrollen durchzuführen, um die Einhaltung der sich aus dem NTVergG ergebenden Verpflichtungen zu überprüfen. Zu diesem Zweck müssen die öffentlichen Auftraggeber Mitwirkungs - und Nachweispflichten sowie gegebenenfalls weitere Rechte auf Grundlage des mit Zuschlagserteilung abgeschlossenen privatrechtlichen Vertrages mit dem Auftragnehmer vereinbaren. Dies vorausgeschickt beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen wie folgt: Zu 1: Siehe Vorbemerkungen. Die niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber kontrollieren die Einhaltung der Vorgaben des NTVergG auftragsbezogen und in eigener Verantwortung. Zu 2: Die Zulässigkeit der Vereinbarung von Vertragsstrafen unterliegt grundsätzlich dem Vertragsrecht. § 15 Abs. 1 NTVergG verpflichtet die öffentlichen Auftraggeber mit dem Auftragnehmer für jeden schuldhaften Verstoß gegen die sich aus den Erklärungen nach § 4 Abs. 1 bis 3 und § 5 Abs. 1 ergebenden Verpflichtungen eine Vertragsstrafe in Höhe von 1 vom Hundert des Auftragswerts zu vereinbaren; bei mehreren Verstößen darf die Vertragsstrafe 10 vom Hundert nicht überschreiten. Zu 3: Siehe Vorbemerkungen. Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Es kann auch nicht auf statistischen Daten zurückgegriffen werden. Die Beantwortung dieser Frage ist insbesondere im Hinblick auf die Vielzahl der niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 5 GWB mit einem leistbaren Aufwand nicht möglich. Zu 4: Siehe Antworten zu Frage 2 und 3. Es liegen keine Kenntnisse darüber vor, ob die niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 5 GWB von den Sanktionsmöglichkeiten, die in den seit dem 01.01.2014 abgeschlossenen privatrechtlichen Verträgen vereinbart wurden, Gebrauch gemacht haben bzw. ob es bisher Anlass dazu gab. Zu 5: Es kann nicht auf statistischen Daten zurückgegriffen werden. Die Beantwortung dieser Frage - soweit sich ein Bezug zum NTVergG herstellen lässt - ist insbesondere im Hinblick auf die Vielzahl der Landesdienststellen mit leistbarem Aufwand nicht möglich. Zu 6: Ja. Zu 7: Es kann keine abschließende Aussage darüber getroffen werden, wie viele und welche niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 1 bis 5 GWB nach Inkrafttreten des NTVergG Verträge unter Bezugnahme auf die Regelungen des NTVergG mit ausländischen Unternehmen abgeschlossen haben, da keine entsprechende Statistik geführt wird. Für das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ist beispielhaft die Auftragsvergabe zur „Vorbereitung von wirtschaftsbezogenen Programmteilen der Delegationsreise unter Leitung von Herrn Ministerpräsidenten Weil in die Türkei“ zu benennen. Zu 8: Nein. Die Landesregierung kann nicht sicher erklären, dass sich alle ausländischen Unterauftragnehmer an die Vorgaben des NTVergG gehalten haben. 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1849 Zu 9: Entfällt. Zu 10: Siehe Antwort zu Frage 8. Zu 11: Entfällt. Zu 12: Nein. Zu 13: Entfällt. Zu 14: Ja. Zu 15: Dies ist nicht auszuschließen. Zu 16.: Siehe Vorbemerkungen. Zu 17: Nein. Die Aufträge werden unter Berücksichtigung der sachlichen Anforderungen vergeben. Maßgeblich für die Anwendung des NTVergG ist jeweils der geschätzte Gesamtauftragswert. Für die Schätzung des Auftragswertes gelten nach § 2 Abs. 1 Satz 3 NTVergG die allgemeinen vergaberechtlichen Bestimmungen nach § 3 Vergabeverordnung (VgV). Zu 18: Nein. Zu 19: Die Regelungen der §§ 4 und 5 NTVergG finden auftragsbezogen auf alle öffentlichen Aufträge über Bau- und Dienstleistungen, die durch niedersächsische öffentliche Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 5 GWB vergeben werden, Anwendung. Zu 20: Siehe Antwort zu Frage 19. Eine Sicherstellung, dass alle Auftragnehmer die gesetzlichen Vorgaben und/oder ihre vertraglichen Verpflichtungen stets einhalten, ist weder durch den jeweiligen Auftraggeber noch die Landesregierung möglich. In Vertretung Daniela Behrens (Ausgegeben am 11.08.2014) 4 Drucksache 17/1849 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode und Gabriela König (FDP), eingegangen am 26.06.2014 Müssen alle niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber sämtliche Bau-, Dienst- und Lie-ferleistungen weltweit kontrollieren? Antwort der Landesregierung