Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/1850 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Gabriela König und Jörg Bode (FDP), eingegangen am 25.06.2014 Was kostet die Unterhaltung von Radwegen? Die verkehrspolitische Bedeutung des Radverkehrs in Deutschland findet u. a. im Nationalen Radverkehrsplan 2020 ihren Ausdruck. Der Radverkehr hat positive Effekte auf die Umwelt, das Klima und insgesamt auf die Lebensqualität in unseren Städten und Gemeinden. Das Rad nimmt daher im Alltag und in der Freizeit einen immer höheren Stellenwert ein. Je höher die Nutzung und die Bereitschaft zur Nutzung des Fahrrads, desto größer ist auch die Entlastungswirkung auf den Verschleiß unserer Straßen. Das Fahrrad garantiert darüber hinaus bezahlbare Mobilität und ist bei Entfernungen bis 6 km oft das schnellste Verkehrsmittel. Es gibt also viele Gründe, das Radwegenetz zu erhalten, umzubauen und in Teilen sogar Neubaumaßnahmen durchzuführen. Die Unterhaltung der Radwege obliegt oft den Kommunen. In den Nachrichten des Niedersächsischen Städtetages , Ausgabe 3-4/ 2014, werden Kosten für den betrieblichen Unterhalt, für Um- und Neubau sowie für Erhaltungsmaßnahmen für das Radverkehrsnetz benannt. Dort heißt es, dass Radwege nur ein Zehntel der Fläche von Straßen in Anspruch nehmen, ein Zehntel der Kosten für die jährliche Unterhaltung und Erhalt des Vermögenswerts von Straßen verursachen, und dass der Bau und Betrieb eines vergleichbaren innerörtlichen Radwegnetzes nur ein Hundertstel der Kosten im Verhältnis zum Straßennetz erzeugen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Was kosten erfahrungsgemäß Bau, Erhalt und Betrieb (Unterhaltskosten pro Jahr) von 1 m2 Radweg an Bundes-, Landes- und kommunalen Straßen (Gemeinde- und Kreisstraßen)? 2. Welche volkswirtschaftlichen Kosten und welchen Nutzen erzeugen Bundes-, Landes- und kommunale Straßen, und welche volkswirtschaftlichen Kosten und welchen Nutzen erzeugen Radwege an Bundes-, Landes- und kommunalen Straßen (Gemeinde- und Kreisstraßen)? 3. Kann sich die Landesregierung einen Rückbau von Bundes-, Landes- und kommunalen Straßen (Gemeinde- und Kreisstraßen) im Sinne einer Entsiegelung vorstellen, die in der Folge durch ein kosten- und flächengünstiges Radwegenetz (ein Zehntel Unterhaltskosten, ein Zehntel Flächenverbrauch, ein Hundertstel Neubaukosten und Betrieb) ersetzt werden? Wenn ja, in welchen Kommunen oder Landesteilen? (An die Staatskanzlei übersandt am 08.07.2014 - II/725 - 825) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 04.08.2014 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/825/ Unterhaltung Radwege - Niedersachsen ist ein Fahrradland. Zusätzlich zum Alltagsverkehr hat sich der freizeitorientierte und touristische Radverkehr etabliert. Mit einer Gesamtnettowertschöpfung von 7,3 Milliarden Euro bei einem Anteil von 12,3 % am Gesamttourismus stellt der Radwegtourismus bundesweit einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Auch Niedersachsen profitiert durch sein gut ausgebautes touristisches Radwegenetz von der bundesweit jährlich steigenden Nachfrage nach einem umweltbe- 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1850 wussten und sportlich orientierten Kurzurlaub. In dem zitierten Artikel des Niedersächsischen Städtetages werden die kommunalen Vorzüge eines verbesserten Angebotes für Radfahrer beschrieben und die baulichen und finanziellen Anforderungen dargestellt. In Anbetracht der Finanzlage vieler Kommunen sicherlich keine leichte Aufgabe. Der Bau von Radwegen ist seit vielen Jahren konstanter Bestandteil niedersächsischer Verkehrspolitik . Jeder vierte deutsche Radwegkilometer an einer Bundesstraße liegt in Niedersachsen. Ohne die Besonderheiten der Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg zu berücksichtigen, hat Niedersachsen im bundesweiten Vergleich nach Schleswig-Holstein den höchsten Ausstattungsgrad seiner Bundes- und Landesstraßen mit Radwegen. Mit 4 500 km Radwegen an 8 000 km Landesstraßen und 3 000 km an 4 700 km Bundesstraßen betreut die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) ein Radwegenetz, das intensiv gepflegt werden muss. Zusätzlich zur Unterhaltung (Pflege und kleinere Schadensbeseitigungen) rückt zunehmend die Erhaltung der Radwege, wie z. B. die Wiederherstellung einer ebenen Oberfläche, in den Mittelpunkt des Handelns. Die Landesregierung misst dem Radverkehr eine hohe Bedeutung zu. Im Koalitionsvertrag wurde daher der Radverkehr als wichtiger Baustein im Umweltverbund und des sanften Tourismus aufgenommen . Trotz des sehr umfangreichen Netzes besteht weiterhin eine hohe Nachfrage nach neuen Radwegen, sei es als Netzergänzung oder als Lückenschluss. Auch in den nächsten Jahren werden in Niedersachsen neue Radwege gebaut. Auf der kommunalen Ebene der Kreise, Städte und Gemeinden ist ebenfalls eine beachtliche Länge an Radwegen entstanden. Gemeinsam mit den Bundes- und Landesstraßenradwegen existiert somit ein Netz, das in vielfältiger Weise von den Radfahrern (und außerorts auch von Fußgängern) genutzt wird. Dabei entscheidet jeder „Baulastträger“ in seinem „Wirkungskreis“ (Föderalismus) eigenständig über den Mitteleinsatz. Das Land fördert darüber hinaus kommunale Radwege aus Mitteln des NGVFG (Niedersächsisches Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz). Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die Kosten können nur für die Bundes- und Landesstraßen angegeben werden. Da die Kreisstraßen nicht in der Baulast des Landes stehen, liegen der Landesregierung hierüber keine detaillierten Angaben vor. Da die Baustandards vergleichbar sind, können näherungsweise die Daten der Landesstraßen verwendet werden. Jede Radwegplanung wird sehr von den örtlichen Besonderheiten bestimmt. Deshalb gibt es bei den projektbezogenen Kosten für den Neubau von Radwegen an Bundes- und Landesstraßen erhebliche Unterschiede. Sie liegen i. M. zwischen 80 bis 120 Euro/m². Auf der Grundlage durchgeführter Maßnahmen ergeben sich Kosten für eine Erhaltungsmaßnahme an Bundesstraßen i. H. v. rund 45 Euro/m² und an Landesstraßen i. H. v. rd. 35 Euro/m². Die jährlichen Betriebsaufwendungen für das Radwegenetz betragen bei Bundesstraßen rund 0,60 Euro/m² und bei Landesstraßen 0,45 Euro/m². Zu 2: Allein wegen der unterschiedlichen Nutzungsansprüche an die verkehrliche Infrastruktur ist ein Vergleich der reinen Herstellungs- und Betriebskosten von Straßen und Radwegen nicht zielführend . Der Modal Split zwischen Straßenverkehr und Radverkehr, also der prozentuale Anteil an der Verkehrsleistung, ergibt sich aus den unterschiedlichen Anforderungen der Nutzer und den örtlichen Randbedingungen. Das Fahrrad ist für viele Fahrten im innerörtlichen und zwischenörtlichen Bereich sowohl im Alltag als auch in der Freizeit ein ideales Verkehrsmittel. Es ist zugleich aber nicht geeignet, nennenswerte bzw. volkswirtschaftlich relevante Transportleistungen in diesem Kurzstreckennetz zu erbringen und stellt somit keinen Ersatz für den Verkehrsträger Straße dar. Die bei Neubaumaßnahmen von Bundesfernstraßen übliche Nutzen-Kosten-Bewertung wird nicht auf Basis einer volkswirtschaftlichen Analyse durchgeführt. Insofern kann eine monetäre Benennung von volkswirtschaftlichen Kosten und Nutzen nicht erfolgen. Hierfür liegen auch keine allge- 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1850 meingültigen Methoden vor. Kriterien für eine volkswirtschaftliche Annäherung sind jedoch vielfach Thema in Forschung und Lehre. Eine Bewertung im Sinne der Fragestellung der Kleinen Anfrage führt die Landesregierung nicht durch. Zu 3: Es wird auf den Vorspann und die Beantwortung der Frage 2 verwiesen. In Vertretung Daniela Behrens 3 (Ausgegeben am 11.08.2014) Drucksache 17/1850 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Was kostet die Unterhaltung von Radwegen? Antwort der Landesregierung