Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/1860 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Hermann Grupe (FDP), eingegangen am 25.06.2014 Frauen in der Landwirtschaft Frauen waren schon immer eine wichtige Säule der Landwirtschaft und der ländlichen Räume in Deutschland und speziell in Niedersachsen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag sowohl in der ei- genverantwortlichen Leitung landwirtschaftlicher Betriebe als auch in der partnerschaftlichen Füh- rung von Betrieben. Immer mehr emanzipieren sich Frauen dabei von der klassischen Rolle der Bäuerin als unterstützende Frau eines Bauern hin zur selbstbewussten Mitgestalterin am Hof und Leiterin eines eigenen landwirtschaftlichen Betriebes. Insbesondere die Technisierung ermöglicht Frauen mehr Teilhabe an landwirtschaftlichen Prozes- sen, da die körperliche Belastung erheblich verringert wurde. Gleichzeitig sind betriebswirtschaftli- che Kenntnisse sowie landwirtschaftliche Fachkenntnisse vermehrt vonnöten, um einen landwirt- schaftlichen Betrieb erfolgreich zu führen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viel Prozent der Beschäftigten in landwirtschaftlichen Betrieben in Niedersachsen sind Frauen? 2. Wie viele landwirtschaftliche Unternehmen prozentual und absolut werden in Niedersachsen von Frauen geleitet? 3. Wie viele Frauen leiten in Niedersachsen einen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieb? 4. Wie viele Frauen leiten in Niedersachsen einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb? 5. Mit welchen Konzepten möchte die Landesregierung mehr Frauen zur Aufnahme einer land- wirtschaftlichen Beschäftigung bewegen? 6. Mit welchen Konzepten möchte die Landesregierung Frauen ermutigen, die Leitung landwirt- schaftlicher Unternehmen zu übernehmen? 7. Welche speziellen Qualifizierungsangebote gibt es für Frauen in der Landwirtschaft, wer führt diese durch, und wie werden sie von der Landesregierung gefördert? 8. Gibt es Kooperationen des Landes mit den Landfrauenverbänden zur Qualifizierung und Un- terstützung von Frauen in der Landwirtschaft? 9. Welche Konzepte hat die Landesregierung zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im landwirtschaftlichen Sektor? (An die Staatskanzlei übersandt am 03.07.2014 - II/725 - 805) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1860 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 07.08.2014 für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 101-01425-140 - Frauen spielen eine wichtige Rolle auf den landwirtschaftlichen Betrieben in Niedersachsen. Dies gilt unabhängig davon, dass in den vergangenen Jahren ihre außerlandwirtschaftliche Erwerbstä- tigkeit stetig zugenommen hat. Wie es der Name schon sagt, werden landwirtschaftliche Familien- betriebe von den Familien getragen. Dies ist nicht nur in Niedersachsen so, sondern gilt weltweit. Nicht umsonst hat die FAO festgestellt, dass mehr Gleichberechtigung und eine Feminisierung der Landwirtschaft in vielen Regionen der Welt als wichtige Maßnahme zur Bekämpfung von Hunger gelten. Zwischen den beiden Landfrauenverbänden und dem Land Niedersachsen besteht ein bewährtes Kooperationsverhältnis. Die Aktivitäten reichen von Förderprojekten bis hin zu gemeinsamen Kam- pagnen zur Gesundheitsvorsorge im ländlichen Raum. Dieses vorausgeschickt beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 11: Gut ein Drittel der Beschäftigten (Familienarbeitskräfte einschließlich der Betriebsleiter und fami- lienfremde Arbeitskräfte einschließlich Saisonarbeitskräfte) in der Landwirtschaft sind Frauen. 2013 waren 51 700 der 140 200 erfassten Arbeitskräfte in der Landwirtschaft weiblich, das entspricht ei- nem Anteil von 36,9 %. Von den 114 200 Arbeitskräften in den Einzelunternehmen der Landwirt- schaft waren 42 300 weiblich, was einem Anteil von 37,1 % entspricht. Differenziert man die Einzelunternehmen nach Haupterwerb und Nebenerwerb, beträgt der Anteil der Frauen an den Arbeitskräften in den Haupterwerbsbetrieben 38,6 %, in den Nebenerwerbsbe- trieben 31,9 %. Zu 2: 2013 hatten 2 700 der insgesamt 39 500 landwirtschaftlichen Betriebe (Einzelunternehmen, Perso- nengemeinschaften und -gesellschaften und juristische Personen) eine Betriebsleiterin. Das ent- spricht gut 6,8 % der Betriebe. Betrachtet man nur die Einzelunternehmen (Haupt- und Nebener- werbsbetriebe), dann wurden 2 400 (rd. 7,1 %) der 34 800 Betriebe von einer Frau geführt. Zu 3: 1 100 der 21 700 Haupterwerbsbetriebe in Niedersachsen werden von einer Frau geleitet, das ent- spricht einem Anteil von 5,0 % der Haupterwerbsbetriebe. Zu 4: 1 400 der 13 100 Nebenerwerbsbetriebe werden von einer Frau geleitet, das entspricht einem An- teil von 10,4 % der Nebenerwerbsbetriebe. Zu 5: Die unter Antwort zu 7 genannten Qualifizierungsmaßnahmen tragen dazu bei, eine landwirtschaft- liche Beschäftigung für Frauen attraktiver zu machen. Die Zahl der weiblichen Auszubildenden in der Landwirtschaft bewegt sich seit Jahren um 10-12 %. Dieser Anteil sollte erhöht werden. Dazu 1 Anmerkung zu den Fragen 1 bis 4: Die Daten zu den Arbeitskräften in der Landwirtschaft wurden im Rahmen der Agrar- strukturerhebung 2013 repräsentativ erhoben und dürfen daher nur gerundet dargestellt werden. Aufgrund der Rundung kann es zu Abweichungen der Summe von den Einzelwerten kommen. Die Prozentwerte wurden auf der Grundlage der nicht gerundeten Daten ermittelt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1860 3 könnten spezielle Kurse für Frauen zur Vorbereitung auf die Abschlussprüfung Landwirtin nach dem Berufsbildungsgesetz (BBIG § 45 (2)) beitragen. Damit könnte die berufsbezogene Kompe- tenz der Teilnehmerinnen zusätzlich gefördert und gleichzeitig ein Netzwerk zur späteren gegensei- tigen Unterstützung geknüpft werden (in Anlehnung an das Konzept der „Agrar-Büromanagerin“). Der Anteil an Frauen in den Studiengängen im Bereich Landwirtschaft ist vergleichsweise hoch und liegt meist über 50 % der Studierenden. Zu 6: Frauen in der Landwirtschaft werden von den Beratungs- und Weiterbildungseinrichtungen u. a. der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zukunftsorientiert beraten, qualifiziert und unterstützt. Das Land bietet hierzu aufeinander abgestimmte Fördermaßnahmen an, die den Frauen auch eine Un- terstützung für die Leitung von Betrieben geben. Der Anteil von Betriebsleiterinnen ist in Ökobetrie- ben höher als in konventionellen Betrieben. Die von der Landesregierung umgesetzte Verbesse- rung der Förderung des Ökolandbaus kann daher indirekt auch zu einer Stärkung der Betriebsleite- rinnen führen. Zu 7: Speziell für Frauen in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau gibt es seit einigen Jahren die Qualifizierungsreihe - „Agrar-Büromanagerin Grundkurs“ (seit 2003), - „Unternehmerinnen auf dem Weg“ (Agrar-Büromanagerin II, seit 2007) und - „Strategien für die Zukunft“ (Agrar-Büromanagerin III, seit 2011). Bisher wurden mehr als 5 000 Frauen qualifiziert, um sie auf Grundlage ihrer Mitverantwortung als Mitunternehmerinnen enger in die Wahrnehmung der damit verbundenen Rechte und Pflichten ein- zubinden. Die Inhalte dieser Qualifizierungsangebote umfassen u. a.: - Themen rund um das Agrar-Büro (Büroorganisation, Buchführung, EDV, Qualitätsmanage- ment, Sozioökonomie, Verwaltungsaufgaben, usw.), - Persönlichkeitsentwicklung (Selbstmanagement, Work-Life-Balance, Verhandlungsführung) sowie - partnerschaftliche Unternehmensführung. Die dadurch qualifizierten Frauen finden sich in derzeit 13 Arbeitskreisen „AgrarManagerin“ zu- sammen, um in diesen Themenbereichen auf dem Laufenden zu bleiben. Auch für Frauen aus der Landwirtschaft, die Einkommenskombinationen oder Diversifizierung auf den Betrieben schaffen wollen, gibt es Qualifizierungsmaßnahmen: - „Existenzgründung für Frauen aus der Landwirtschaft “, - „Service vom Hof“ (Bauernhofgastronomie, Direktvermarktung, Urlaub auf dem Bauernhof) Grundkurs und Aufbaukurs, - „Grüner Schneeball“, Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen aus der Landwirtschaft zur Fachfrau für Gartenpraxis, Dorf- und Gartenführerin oder Kräuterexpertin. Die o. a. Qualifizierungsmaßnahmen wurden im Rahmen der Förderprogramme - Proland (2000 bis 2006) und - Profil (2007 bis 2013) mit Mitteln der EU und des Landes Niedersachsen gefördert. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1860 4 Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen bietet diese Qualifizierungsmaßnahmen an. Darüber hinaus bieten die Deula-Lehranstalten Kurse zur technischen Schulung von Frauen (z. B. "Arbeitsverfahren und Techniken in der Landwirtschaft für Frauen", "Technik in der Waldwirtschaft für Frauen" etc.) an. Teilnehmerinnen können bei regelmäßiger Teilnahme an einem anerkannten Kurs einen Zuschuss aus ELER-Mitteln von bis zu 60 v. H. (bei Auszubildenden bis zu 80 v. H.) der förderfähigen Teil- nehmergebühren, höchstens jedoch 50 Euro je Kurstag erhalten. Die Landesregierung beabsichtigt auch in der neuen ELER-Förderperiode bis 2020 Qualifizie- rungsmaßnahmen für Frauen in der Landwirtschaft und für Landfrauen finanziell zu unterstützen. Zu 8: Seit 2010 wird die langjährige Zusammenarbeit zwischen beiden Landeslandfrauenverbänden (Niedersächsischer LandFrauenverband Hannover e.V. und LandFrauenverband Weser-Ems e.V.) und der Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung ge- staltet. Die Landwirtschaftskammer unterstützt die Landeslandfrauenverbände u. a. - bei der Akquise und Umsetzung von Projekten, - bei der Netzwerkarbeit mit anderen Organisationen sowie - bei der Planung und Durchführung von Bildungsmaßnahmen auf der Kreisebene. Des Weiteren qualifiziert die Landwirtschaftskammer Niedersachsen die LandFrauen, die im Pro- jekt „Kochen mit Kindern“ in Schulen gehen und dort für den bewussten Umgang mit Lebensmitteln werben. Das Projekt wird vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mit Landesmitteln unterstützt. Darüber hinaus ist geplant, in der EU-Förderperiode bis 2020 für Landfrauen spezifizierte Maßnahmen zur beruflichen Qualifikation finanziell zu unterstützen. Zu 9: Um die Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf verbessern zu können, benötigen Frauen in der Landwirtschaft ebenso wie alle Frauen im ländlichen Raum unterstützende Dienste, Versorgungs- einrichtungen und -strukturen, die bezahlbar und erreichbar sein müssen. Das reicht vom Kinder- gartenplatz über die Ganztagsschule sowie die Einrichtung ambulanter Pflegestationen bis hin zum Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, intakten Straßen und schnellen Internetverbindun- gen. Diese Politikfelder zählen zu den aktuellen Schwerpunkten der gesamten Landesregierung. Christian Meyer (Ausgegeben am 15.08.2014) Drucksache 17/1860 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Hermann Grupe (FDP), eingegangen am 25.06.2014 Frauen in der Landwirtschaft Antwort der Landesregierung