Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/1864 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Dr. Stephan Siemer (CDU), eingegangen am 22.07.2014 Wie haben sich die Investitionen der Unternehmen in Niedersachsen entwickelt? Die niedersächsische Wirtschaft hat nach der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008/2009 wieder Tritt gefasst. Umsatz und Beschäftigung in niedersächsischen Unternehmen sind gestiegen. Das Wirtschaftswachstum war lange Zeit positiv. Nun meldet dpa am 13.07.2014: „Nach einem starken Start ins Jahr verliert die niedersächsische Wirtschaft zum Sommer an Schwung. Ein Dämpfer bei den Auftragseingängen und generelle Skepsis für die nächsten Monate setzten das Konjunkturkli- ma im zweiten Quartal unter Druck. Das geht aus der Sommer-Konjunkturumfrage der niedersäch- sischen Industrie- und Handelskammern hervor, die die IHK Hannover am Freitag vorstellte. (…) Bereinigt um die Preisentwicklung, hatte Niedersachsens Wirtschaft 2013 stagniert, während bun- desweit ein Plus von 0,4 % gelang.“ Zusammenfassend resümierte jedoch IHK-Chef Schrage: „Wir haben einige Zeichen der Abbremsung , aber auch genügend Anzeichen dafür, dass wir uns weiter auf einem starken Wachstums- pfad befinden.“ Grundlage für eine im Ergebnis weiter anhaltende positive Entwicklung sind Invest i- tionen, die die Unternehmen in ihre Produktionsanlagen, die IT-Infrastruktur etc. tätigen. Für eine Analyse der langfristigen wirtschaftlichen Entwicklung ist es wichtig, über Daten zu den sogenannten Bruttoinvestitionen, also über die Summe der Neuinvestitionen in Anlagevermögen, und zu den Abschreibungen, also über den Werteverzehr am vorhandene Anlagevermögen, zu ver- fügen. Liegt die sogenannte Investitionsdeckung (Bruttoinvestition in Prozent der Abschreibungen) über einen längeren Zeitraum unter 100 %, ist von einer Veralterung und damit Schwächung der Produktionsbasis auszugehen mit negativen Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung eines Bun- deslandes. Ein weiterer wichtiger Indikator für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung eines Bundeslandes ist die Kreditnachfrage der Unternehmen. Anhaltend hohe Kreditnachfrage spricht dafür, dass die Unternehmen die wirtschaftliche Entwicklung positiv einschätzen und in die Zukunft investieren. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Wirtschafts- und Finanzdaten verfolgt die Landesregierung, um sich laufend Erkennt- nisse über die wirtschaftliche Lage in Niedersachsen zu verschaffen? 2. Wie haben sich die von der Landesregierung beobachteten Indikatoren und insbesondere die Daten zu Bruttoinvestitionen sowie Abschreibungen der Unternehmen in Niedersachsen seit der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008/2009 entwickelt? Welche aktuellen Daten liegen der Landesregierung zum ersten Quartal 2014 vor? 3. Wie hat sich die Kreditnachfrage der Unternehmen bei niedersächsischen Finanzinstitutionen seit 2009 entwickelt? Welche Daten liegen der Landesregierung zum ersten Quartal 2014 vor? 4. Wie hat sich die Kreditnachfrage im Westen Niedersachsens, also z. B. im Zuständigkeitsbe- reich des Landesbeauftragten für Weser-Ems, aktuell entwickelt? 5. Wie hoch ist die Kreditnachfrage aus der Ernährungswirtschaft im oben genannten Bereich im ersten Quartal 2014, und wie vergleicht sich dies mit der Kreditnachfrage in den vergangenen Jahren? 6. Wie sieht die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung in Niedersachsen im Vergleich zu der in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt aus? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1864 2 7. Wie sind die Investitionsdeckung (Bruttoinvestitionen in Prozent der Abschreibungen) und die Kreditnachfrage der Unternehmen, und wie beurteilt die Landesregierung diese Indikatoren? 8. Wie sieht die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung in Niedersachsen im Vergleich zu Bayern hinsichtlich Investitionsdeckung (Bruttoinvestitionen in Prozent der Abschreibungen) und Kre- ditnachfrage der Unternehmen aus? (An die Staatskanzlei übersandt am 25.07.2014 - II/725 - 862) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 11.08.2014 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/862/ Investitionen der Unternehmen - Die niedersächsische Wirtschaft hat die Krise 2008/2009 schnell überwunden. Die wirtschaftliche Erholung fand hauptsächlich in den Jahren 2010 und 2011 statt - mit einem deutlichen Wachstum des Bruttoinlandproduktes von jeweils mehr als 4 Prozent. Entscheidend für die überraschend schnelle Erholung war die dynamische Expansion der Weltwirtschaft und des Welthandels. Auch im Jahr 2012 konnte eine Steigerung der wirtschaftlichen Leistung verzeichnet werden. Im Jahr 2013 verlief die wirtschaftliche Entwicklung in Niedersachsen gegenüber dem Jahr 2012 real unverän- dert. Die etwas gedämpftere Entwicklung hat ihre Ursachen vor allem im schwachen Winterhalbjahr 2012 / 2013. Die gesamte deutsche Wirtschaft wurde durch die anhaltende Rezession in einigen europäischen Ländern und einer allgemeinen gebremsten wirtschaftlichen Entwicklung belastet. Allerdings scheint sich die insgesamt gute konjunkturelle Grunddynamik in der deutschen Wirtschaft als ro- bust zu erweisen. Die Grundtendenz bleibt positiv. Die Auftragseingänge sowie die Ein- und Aus- fuhren der niedersächsischen Wirtschaft befinden sich weiterhin auf einem konstant hohen Niveau. Der niedersächsische IHK-Konjunkturklimaindikator sank im 2. Quartal 2014 zwar um drei auf 118 Punkte, befindet sich aber immer noch deutlich über dem langjährigen Durchschnitt. Eine starke Binnennachfrage und ein hoher Beschäftigungsstand bilden die Grundlage für die allgemein stabile und robuste wirtschaftliche Entwicklung. Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Vonseiten der Landesregierung werden regelmäßig folgende Wirtschaftsdaten beobachtet: - die Veränderung des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts (BIP) gegenüber dem Vorjahr in Prozent, - der Auftragseingangsindex im Verarbeitenden Gewerbe (Basis 2010=100), - der Auftragseingangsindex im Bauhauptgewerbe (Basis 2010=100), - die Ausfuhren, - die Einfuhren, - die Gewerbeanzeigen (An-/Abmeldungen), - die Unternehmensinsolvenzen, - der IHK-Konjunkturklimaindikator für Niedersachsen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1864 3 Zu 2: Die Entwicklung der von der Landesregierung regelmäßig beobachteten Wirtschaftsdaten für die Jahre seit 2008 ist den Tabellen 1 und 2 zu entnehmen. Tabelle 1 Entwicklung der von der Landesregierung beobachteten Wirtschaftsdaten 2008 - 2013 Quelle: LSN Quelle: NHK Jahr BIP Verände-rung gegenüber dem Vorjahr in % Auftragsein- gang Verarbeiten- des Gewer- be Basis 2010= 100 Auftrags- eingang Bauhaupt- gewerbe Basis 2010= 100 Ausfuh- ren Mi- o. Euro Einfuh- ren Mi- o. Euro Gewer- bean- zeigen An- /Abmel dungen Unterneh- men Insolven- zen 2008 1,8 101,9 119,7 74 983 73 431 70 636 62 812 2 333 2009 - 4,3 81,0 112,2 56 956 61 096 74 910 61 740 2 618 2010 4,9 100,0 100,0 65 843 72 583 74 805 59 540 2 506 2011 4,2 114,3 106,8 75 442 83 296 69 670 59 273 2 475 2012 0,4 112,5 112,0 78 891 89 396 63 021 58 031 2 314 2013 - 0,0 114,6 120,1 77 654 82 096 63 526 58 331 2 227 Tabelle 2 Konjunkturklimaindikator für Niedersachsen 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal 2008 114 102 99 75 2009 69 82 92 99 2010 108 115 123 131 2011 130 127 117 117 2012 121 109 105 108 2013 106 108 112 119 2014 121 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1864 4 Die Entwicklung der von der Landesregierung regelmäßig beobachteten Wirtschaftsdaten für das 1. Quartal 2014 ist der Tabelle 3 zu entnehmen. Tabelle 3 Datenlage im ersten Quartal 2014 2014 Auftragseingang Verarbeitendes Gewerbe Basis 2010= 100 Auftragsein- gang Bauhaupt- gewerbe Basis 2010= 100 Ausfuhren Mio. Euro Einfuhren Mio. Euro Gewerbe- anzeigen An- /Abmeldun gen Unter- nehmen Insolven- zen Jan 129,0 104,0 6 294 6 479 5 046 5 267 214 Feb 118,5 103,5 6 379 6 695 4. 348 3 953 197 Mrz 129,2 146,7 6 666 6 785 4 640 3 844 194 Quelle: LSN Eine Darstellung der Entwicklung der Bruttoinvestitionen für Niedersachsen ist aus statistischen Gründen nicht möglich, da keine Daten auf Länderebene erfasst werden. Zu 3: Die Kreditnachfrage in Niedersachsen ist der Tabelle 4 zu entnehmen. Tabelle 4 Kredite an inländische niedersächsische Unternehmen und wirtschaftlich selbständige Pri- vatpersonen Quelle: Deutsche Bundesbank Zu 4: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Zu 5: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Jahr Mio. Euro 2009 108 316 2010 110 891 2011 114 247 2012 117 353 2013 117 085 2014 1. Quartal 116 574 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1864 5 Zu 6: Nach einem wachstumsstarken Jahresbeginn verlief die Entwicklung der deutschen und nieder- sächsischen Wirtschaft zur Jahresmitte etwas gedämpfter. Risiken für die Geschäftsentwicklung sehen die Unternehmen vor allem in den politischen Rahmenbedingungen. So hat der Ukraine- Konflikt zu einer gewissen Verunsicherung und damit Zurückhaltung bei unternehmerischen Ent- scheidungen beigetragen. Die Grundtendenz bleibt aber positiv. In der niedersächsischen und auch in der deutschen Wirtschaft liegen die Investitions- und Be- schäftigungsplanungen immer noch über dem langjährigen Durchschnitt. Die Stimmungsindikatoren deuten keine Trendwende an. Sie befinden sich weiterhin auf hohem Niveau. Der private Konsum bleibt ein wichtiges Standbein des aktuellen Aufschwungs. Zu 7 und 8: Die Fragen 7 und 8 werden im Zusammenhang beantwortet. Da die Bruttoinvestitionen nicht auf Länderebene erfasst werden, liegen der Landesregierung hin- sichtlich der Investitionsdeckung keine Erkenntnisse vor. Die Kreditnachfrage von inländischen nie- dersächsischen Unternehmen und wirtschaftlich selbstständigen Privatpersonen ist der Antwort zu Frage 3 (Tabelle 4) zu entnehmen. Die Kreditnachfrage von inländischen bayerischen Unternehmen und wirtschaftlich selbstständigen Privatpersonen ist der Tabelle 5 zu entnehmen. Tabelle 5 Kredite an inländische bayerische Unternehmen und wirtschaftlich selbständige Privatper- sonen Quelle: Deutsche Bundesbank Die im Vergleich zu Bayern niedrigere Kreditnachfrage in Niedersachsen ist auf die unterschiedli- che Wirtschaftsstruktur sowie auf die unterschiedliche wirtschaftliche Größe der beiden Länder zu- rückzuführen. Insofern ist ein Vergleich der beiden Statistiken grundsätzlich schwierig. Aus Sicht der Landesregierung zeigt aber die Entwicklung in beiden Ländern eine ähnliche Tendenz auf. In den Jahren 2009 bis 2012 ist bei einer Ausnahme im Freistaat Bayern im Jahr 2010 ein kontinu- ierlicher Anstieg des Umfangs der Kredite an inländische Unternehmen und wirtschaftlich selbst- ständige Privatpersonen festzustellen. Im Jahr 2012 erreichten die Kreditvergaben in beiden Län- dern den bisherigen Höhepunkt. Dies entspricht dem Zeitraum der sehr guten konjunkturellen Ent- wicklung in Deutschland. Im Jahr 2013 und im 1. Quartal 2014 ist eine konstante Entwicklung in beiden Ländern zu beobachten, die sich deutlich oberhalb des Niveaus aus dem Jahr 2009 bewegt. In Vertretung Daniela Behrens Jahr Mio. Euro 2009 198 147 2010 195 583 2011 201 063 2012 209 658 2013 203 840 2014 1. Quartal 203 426 (Ausgegeben am 19.08.2014) Drucksache 17/1864 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Dr. Stephan Siemer (CDU), eingegangen am 22.07.2014 Wie haben sich die Investitionen der Unternehmen in Niedersachsen entwickelt? Antwort der Landesregierung