Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/1865 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling und Christi- an Dürr (FDP), eingegangen am 25.06.2014 Bedarfszahlen für die Hospizplanung? In den vergangenen Jahren haben Hospizarbeit und Palliativversorgung stark an Bedeutung ge- wonnen und wurden schon von der CDU/FDP-Landesregierung gefördert. Niedersachsen steht da- her mit derzeit rund 130 ambulanten Hospizdiensten und 20 stationären Hospizen sowie mehr als 60 stationären Palliativeinrichtungen an Krankenhäusern relativ gut da. Trotzdem besteht in einigen Bereichen des Landes durchaus noch ein Bedarf, neue Hospize zu gründen. Dem stehen andere Landesteile gegenüber, in denen möglicherweise schon mehr Hos- pizplätze als benötigt existieren. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie schätzt die Landesregierung die Abdeckung des Landes mit Hospiz- bzw. Palliativeinrich- tungen insgesamt ein? 2. Wo besteht nach Auffassung der Landesregierung momentan eine Unter- bzw. Überversor- gung mit Hospizplätzen? 3. Liegen der Landesregierung Bedarfszahlen hinsichtlich der benötigten Hospizplätze in den einzelnen Landesteilen vor (bitte nach Kreisen, kreisfreien Städten und der Region Hannover aufschlüsseln), und, wenn nicht, wann will sie diese erheben? (An die Staatskanzlei übersandt am 07.07.2014 - II/725 - 822) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 12.08.2014 für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung - 106 - Wie bereits im Konzept zur Weiterentwicklung der Hospizarbeit und Palliativversorgung in Nieder- sachsen aus Juli 2013 ausgeführt (siehe Drucksache 17/444), haben sich die Hospizarbeit und die Palliativversorgung in Niedersachsen seit der Erstellung des Rahmenkonzepts zur Weiterentwick- lung der Palliativversorgung in Niedersachsen vom März 2006 in positiver Weise weiterentwickelt. Seitdem sind zahlreiche zusätzliche Angebote der Hospizarbeit und Palliativversorgung entstan- den. Im Vordergrund der Hospizarbeit steht die ambulante Betreuung in der vertrauten Umgebung der betroffenen Menschen. Neben dieser ambulanten Hospizbetreuung und der Versorgung Sterben- der in stationären Pflegeeinrichtungen oder in Krankenhäusern bieten stationäre Hospize ein er- gänzendes Angebot palliativmedizinischer Behandlung für solche Menschen, die einer Kranken- hausbehandlung nicht bedürfen und für die eine ambulante Versorgung im Haushalt oder der Fami- lie nicht erbracht werden kann. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1865 2 Zu 1: In Niedersachsen gibt es zurzeit rund 130 ambulante Hospizdienste. Daneben bestehen 23 statio- näre Hospize mit rund 224 Betten (Stand 21.06.2014). Die 23 Hospize liegen in den Orten Buch- holz (Landkreis Harburg), Bardowick (Landkreis Lüneburg), Ganderkesee/OT Falkenburg (Land- kreis Oldenburg), Leer (Landkreis Leer), Westerstede (Landkreis Ammerland), Bremervörde (Land- kreis Rotenburg/Wümme), Celle (Landkreis Celle), Uelzen, Hannover (drei Hospize), Bad Pyrmont (Landkreis Hameln-Pyrmont), Bad Münder (Landkreis Hameln-Pyrmont), Göttingen, Braun- schweig, Jever (Landkreise Friesland), Salzgitter, Wolfsburg, Osnabrück, Oldenburg, Hannoversch- Münden (Landkreis Göttingen) und Dinklage (Landkreis Vechta), Thuine (Landkreis Emsland). Nach Kenntnis der Landesregierung ist die Einrichtung weiterer stationärer Hospize geplant in den Landkreisen Schaumburg, Helmstedt, Gifhorn, Lüchow-Dannenberg, Heidekreis, Norden (Land- kreis Aurich), Cloppenburg (Landkreis Cloppenburg), Varel (Landkreis Friesland) und Friedland (Landkreis Göttingen). Bei Realisierung dieser Planungen wird in den ländlichen Regionen Nieder- sachsens eine noch bessere Erreichbarkeit stationärer Hospize gegeben sein. Derzeit besteht in Syke das Kinder- und Jugendhospiz „Löwenherz“ mit 16 Betten. Ein weiteres Kinder- und Jugendhospiz mit dem Namen „Joshuas Engelreich“ wird voraussichtlich am 20.08.2014 in Wilhelmshaven eröffnet. Im Bereich der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung existieren in Niedersachsen inzwi- schen 44 Anbieter. Zudem sind insgesamt 139 ambulante Hospizdienste tätig. Des Weiteren erfül- len ca. 30 % aller niedersächsischen Krankenhäuser die Voraussetzungen zur Leistungserbringung palliativmedizinischer Komplexbehandlung; insgesamt stehen in 60 Krankenhäusern rund 300 Pal- liativbetten zur Verfügung. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte übernehmen zudem ebenfalls ei- nen Teil der palliativärztlichen Versorgung; über 900 niedersächsische Ärztinnen und Ärzte führen die Zusatzbezeichnung „Palliativmedizin“. Die Anzahl der Leistungsanbieter ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Im Bereich der stationären Hospize ist die Zahl der Hospizbetten seit dem 01.01.2012 um über 40 % gestie- gen. Mit den bestehenden ambulanten sowie stationären Leistungsangeboten wird dem Bedarf einer flä- chendeckenden Hospiz- und Palliativversorgung in Niedersachsen bereits in hohem Maße Rech- nung getragen. Zu 2 und 3: Wie in der Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage Nr. 10 1 des Abgeordneten Schwarz u. a. ausgeführt ( Drs. 17/1825, S. 13 ff. ), gibt es für eine Landesplanung im Hospizbe- reich keine gesetzliche Grundlage. Der von der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) angenommene Bedarf an stationären Hospizplätzen (20 Plätze je 1 Mio. Einwohner) wird in Nie- dersachsen mit 23 Hospizen und 240 Betten (incl. Kinder- und Jugendhospiz) - bezogen auf die Gesamtbevölkerung - erreicht; mit den unter Ziffer 1 genannten und in der Planung befindlichen weiteren stationären Hospizen werden die Versorgungsangebote noch gleichmäßiger über die Flä- che des Landes verteilt sein. Auch der Deutsche Hospiz- und Palliativverband e. V. verweist in Bezug auf Bedarfsannahmen auf regional durchaus unterschiedliche Gegebenheiten und Bedingungen. Als Grundlage für fachliche Diskussionen werden unterschiedliche Bedarfsschätzungen aufgrund epidemiologischer Daten zu Krebserkrankungen herangezogen. Diese Schätzungen sind jedoch nur als Anhaltspunkte zu ver- stehen und spiegeln nicht den tatsächlichen Bedarf wider. Dieser ist nicht nur von der Bevölke- rungszahl abhängig, sondern auch von der Bevölkerungsdichte und -struktur in der jeweiligen Re- gion sowie den vorhandenen ambulanten und stationären Versorgungsstrukturen vor Ort. Dazu zählen insbesondere regionale ambulante Palliativpflegedienste, ambulante Hospizdienste und Pal- liativstationen an Krankenhäusern. Aus Sicht der Hospiz Landesarbeitsgemeinschaft Niedersachsen e. V. ist eine weitgehende Sätti- gung hinsichtlich der Versorgung mit Hospiz- und Palliativbetten in Niedersachsen zu verzeichnen. 1 16. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages Juli 2014 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1865 3 Die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen haben auf Basis des von der DGP angenommenen Versorgungsbedarfs eine regionalisierte Berechnung erstellt. Der Bedarf an Hospizplätzen ist nach Auffassung der Verbände in nahezu allen Landesteilen gedeckt, darüber hinaus bestünden Überkapazitäten, die sich auf ganz Niedersachsen verteilen würden. Aufgrund der sehr spezialisierten Versorgung sollte vor der Planung weiterer stationärer Hospize bezogen auf den vorgesehenen Standort zunächst ermittelt werden, ob - auch unter Berücksichti- gung der Auslastung umliegender stationärer Hospize - in dem betreffenden Gebiet die Errichtung eines weiteren Hospizes tatsächlich angezeigt ist. Entscheidungen über die Errichtung stationärer Hospize gehen in der Regel von den jeweiligen ambulanten Hospizdiensten zur Ergänzung ihrer ambulanten Hospizarbeit aus. Neben den Erfah- rungen der örtlichen ambulanten Hospizgruppen gibt auch die Auslastung umliegender Hospize Hinweise auf die grundsätzliche Notwendigkeit weiterer Hospize und auf die gegebenenfalls vorzu- haltende Zahl weiterer Hospizplätze. Letztlich liegt die Entscheidung zur Errichtung und Eröffnung eines stationären Hospizes beim je- weiligen Träger, ohne dass die Landesregierung darauf Einfluss nehmen kann. In Vertretung Jörg Röhmann (Ausgegeben am 19.08.2014)