Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/1867 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Hans-Joachim Janßen, Miriam Staudte und Volker Bajus (GRÜNE), eingegangen am 04.06.2014 Was tun die Landkreise zur Ausweisung der Natura-2000-Gebiete als Schutzgebiete? Für die Ausweisung EU-rechtskonformer Schutzgebiete sind seit dem 01.01.2008 die Landkreise, kreisfreien Städte sowie die Region Hannover zuständig. Der Landesrechnungshof hat diese von der Vorgängerregierung vorgenommene Zuständigkeitenverlagerung in seinem Jahresbericht 2009 unter der Überschrift „Keine kommunale Zuständigkeit zum wirtschaftlichen Nachteil des Landes“ als zu teuer moniert. Das Kostenausgleichsgesetz sehe hierfür eine jährliche Zahlung in Höhe von 1 373 750 Euro vor. Dieses entspreche einem Stellenumfang von 17,5 Vollzeiteinheiten, führte der Landesrechnungshof aus. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie hoch ist die im laufenden Haushaltsjahr vorgesehene Ausgleichszahlung des Landes an die Landkreise, kreisfreien Städte und die Region Hannover für die Wahrnehmung der Aufga- be der Ausweisung der Natura-2000-Gebiete als Schutzgebiete? 2. In welchem Gesamtumfang wurden für die Ausweisung der Natura-2000-Gebiete als Schutz- gebiete zwischen 2008 und 2013 Zahlungen an die Landkreise, kreisfreien Städte und die Region Hannover aus Landesmitteln geleistet? 3. Wie viele Stellen mit wie vielen Vollzeiteinheiten wurden für die Wahrnehmung dieser Aufga- ben bei welchen unteren Naturschutzbehörden zusätzlich geschaffen? 4. Wie viele FFH- und/oder Vogelschutzgebiete wurden in Niedersachsen seit 2008 als Natur- schutz- oder Landschaftsschutzgebiet neu ausgewiesen? 5. Gegebenenfalls mit welchem Ergebnis ist die Auskömmlichkeit der Ausgleichszahlung an die kommunale Ebene zur Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben für das Schutzgebietsnetz Natura 2000 zwischenzeitlich evaluiert worden? 6. In wie vielen Fällen wurde die Verordnung eines bestehenden Naturschutz- oder Land- schaftsschutzgebietes seit 2008 den Anforderungen der FFH- und/oder Vogelschutzrichtlinie entsprechend angepasst? 7. Wie hoch war der durchschnittliche Personalaufwand für die Ausweisung eines Naturschutz- gebietes vor Verlagerung der Zuständigkeit auf die unteren Naturschutzbehörden? 8. In wie vielen Fällen sind im Zuständigkeitsbereich einer unteren Naturschutzbehörde a) ein bis zwei, b) drei bis fünf, c) mehr als fünf Gebiete nicht, nicht vollständig oder nicht EU-rechtskonform als Schutzgebiete ausgewiesen? (An die Staatskanzlei übersandt am 12.06.2014 - II/725 - 782) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1867 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 12.08.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Ref17-01425/17/7/01-0040 - Die Zuständigkeit für die Sicherung der niedersächsischen Natura 2000-Gebiete ist Anfang 2008 vollständig auf die unteren Naturschutzbehörden übergegangen. Die im Rahmen der Verwaltungs- modernisierung von den aufgelösten Bezirksregierungen auf die Kommunen übergegangenen Auf- gaben sind mit dem Gesetz über den Kostenausgleich für die Erfüllung bestimmter Landesaufga- ben durch kommunale Körperschaften in finanzieller Hinsicht ausgeglichen worden. Die Aufteilung der Mittel erfolgt nach § 4 Abs. 6 des Niedersächsischen Finanzverteilungsgesetzes (NFVG). Danach erhalten die Landkreise, die Region Hannover, die kreisfreien Städte und die Stadt Göttingen jährlich vom Land für den Ausgleich der im Zuge der Auflösung der Mittelbehörden kommunalisierten Aufgaben auf dem Gebiet des Naturschutzrechts 3 350 000 Euro. Den § 4 Abs. 6 NFVG gibt es in der bestehenden Form erst seit dem 01.01.2010. Die den Kommunen zustehen- den Ausgleichsmittel für die Natura-Aufgaben ab 01.01.2008 wurden mit Überzahlungen aus der vorherigen Systematik für die Jahre 2008 und 2009 verrechnet. Insgesamt beträgt der Ausgleichs- betrag für die Natura 2000-Aufgaben etwa 1,4 Millionen Euro. In diesem Zusammenhang wird auf die Drucksache 16/1770 (Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Finanzverteilungsgesetzes) verwiesen, in der der Sachverhalt detailliert dargestellt ist. Um die europarechtlichen Anforderungen zur Sicherung der FFH-Gebiete umzusetzen, wurde am 31.07.2014 die „Politische Zielvereinbarung zwischen dem Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz als oberster Naturschutzbehörde und dem Niedersächsischen Landkreistag als kom- munalem Spitzenverband der 37 niedersächsischen Landkreise und der Region Hannover zum zeitnahen Abschluss der Ausweisung der Natura 2000-Schutzgebietskulisse in Niedersachsen“ un- terzeichnet. Darin vereinbaren die Partner der Zielvereinbarung das gemeinsame Ziel, dass für die niedersächsischen FFH-Gebiete die Sicherungsverfahren durch die zuständigen kommunalen unte- ren Naturschutzbehörden bis zum Jahr 2018 und die Maßnahmenplanung bis zum Jahr 2020 er- folgt. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Der Ausgleichsbetrag des Landes an die Landkreise, kreisfreien Städte und die Region Hannover für die Wahrnehmung der Aufgabe der Ausweisung der Natura 2000-Gebiete als Schutzgebiete be- trägt im laufenden Haushaltsjahr etwa 1,4 Millionen Euro. Zu 2: Bei einem jährlichen Ausgleichsbetrag des Landes an die Landkreise, kreisfreien Städte und die Region Hannover für die Wahrnehmung der Aufgabe der Ausweisung der Natura 2000-Gebiete als Schutzgebiete von etwa 1,4 Millionen Euro ist für den Zeitraum zwischen 2008 und 2013 (sechs Jahre) von einem Gesamtumfang von circa 8, 4 Millionen Euro auszugehen. Zu 3: Informationen über die Anzahl ggf. bei den unteren Naturschutzbehörden zusätzlich geschaffener Stellen liegen der Landesregierung nicht vor. Eine Abfrage beim Niedersächsischen Landkreistag sowie dem Niedersächsischen Städtetag hat ergeben, dass dort ebenfalls keine belastbaren Daten vorliegen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1867 3 Zu 4: Seit 2008 wurden insgesamt 92 FFH-Gebiete und 25 EU-Vogelschutzgebiete ganz oder teilweise durch Naturschutzgebiete (NSG) und Landschaftsschutzgebiete (LSG) neu geschützt. Zu 5: Eine Evaluierung der Auskömmlichkeit der Ausgleichszahlung an die kommunale Ebene zur Wahr- nehmung der übertragenen Aufgaben für das Schutzgebietsnetz Natura 2000 ist der Landesregie- rung nicht bekannt. Eine ursprünglich für das Jahr 2010 vorgesehene begleitende Erhebung, ob der festgesetzte Kostenausgleichsbetrag dem Konnexitätsprinzip gerecht wird, wurde im Einvernehmen mit dem LRH nicht durchgeführt. Der Landtag wurde entsprechend unterrichtet (Drucksache 16/3397). Zu 6: Seit 2008 wurden 68 Schutzgebietsverordnungen (NSG und LSG) an die Anforderungen der FFH- Richtlinie und 12 Schutzgebietsverordnungen (NSG und LSG) an die Anforderungen der Vogel- schutzrichtlinie angepasst. Zu 7: Zu dem durchschnittlichen Personalaufwand für die Ausweisung eines Naturschutzgebietes vor Verlagerung der Zuständigkeit liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Zu 8: Im Rahmen des von der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleiteten Pi- lotverfahrens 6117/14/ENVI wurden die unteren Naturschutzbehörden von MU im Frühjahr 2014 zum aktuellen Stand der Sicherung der FFH-Gebiete in ihrem Zuständigkeitsbereich befragt. Zum Stand der Sicherung der EU-Vogelschutzgebiete liegt dem MU ein Bericht des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz vor. Aus diesen Informationen ergibt sich folgender Sachstand: Im Zuständigkeitsbereich von a) 7 unteren Naturschutzbehörden sind ein bis zwei, b) 10 unteren Naturschutzbehörden sind drei bis fünf und c) 35 unteren Naturschutzbehörden sind mehr als fünf Natura 2000-Gebiete nicht, nicht vollständig oder nicht EU-rechtskonform als Schutzgebiete aus- gewiesen. Bei dieser Auswertung wurden bei den Natura 2000-Gebieten, die sich über den Zuständigkeitsbe- reich mehrerer unterer Naturschutzbehörden erstrecken, die jeweiligen Teilgebiete betrachtet. Da das Sicherungsverfahren gemäß § 32 Abs. 2 Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bun- desnaturschutzgesetz bei einer der beteiligten Behörden konzentriert werden kann, können sich die o. g. Fallzahlen noch verringern. In Vertretung Almut Kottwitz (Ausgegeben am 19.08.2014) Drucksache 17/1867 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Hans-Joachim Janßen, Miriam Staudte und Volker Bajus (GRÜNE), eingegangen am 04.06.2014 Was tun die Landkreise zur Ausweisung der Natura-2000-Gebiete als Schutzgebiete? Antwort der Landesregierung