Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/1873 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Maximilian Schmidt, Mustafa Erkan, Renate Geuter, Markus Brinkmann, Frank Henning, Holger Heymann und Detlef Tanke (SPD), eingegangen am 15.07.2014 Vergütung und Ausbildung der niedersächsischen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichts- vollzieher Die niedersächsischen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher erfüllen mit ihrer Arbeit im Bereich der Rechtspflege eine unverzichtbare Aufgabe im Rechtsstaat. Angesichts der sich seit ge- raumer Zeit erweiternden Aufgabenbereiche hat der niedersächsische Landesverband des Vereins Deutscher Gerichtsvollzieher die Frage der Angemessenheit der Vergütung und der Bürokosten- entschädigung der Beamten im Vollstreckungsdienst aufgeworfen. Die wesentliche Forderung be- zieht sich dabei auf eine Anpassung des Jahreskostenbetrages infolge der durch die Umsetzung des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung anfallenden Mehrkosten im Bürobetrieb. Die bisheri- ge lineare Anhebung der Gerichtsvollziehergebühren um 30 % vom 01.08.2013 wird in diesem Kontext zudem nicht als hinreichend erachtet. Des Weiteren wird in diesem Zusammenhang betont, dass die Vergütungsgrundlage auch eine wesentliche Bedingung dafür ist, um auch künftig ausrei- chende Bewerberinnen und Bewerber für dieses wichtige Berufsfeld zu finden. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Vergütungs- bzw. Entschädigungssituation der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher im Kontext der Aufgabenentwicklung? 2. Bestehen seitens der Landesregierung Bestrebungen, das Vergütungsmodell für Gerichtsvoll- zieherinnen und Gerichtsvollzieher zu verändern, und wie wird in diesem Zusammenhang das kürzlich umgesetzte hessische Modell beurteilt? 3. Wie beurteilt die Landesregierung die aktuelle Bewerbungs- bzw. Ausbildungssituation im Be- reich der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher? (An die Staatskanzlei übersandt am 21.07.2014 - II/725 - 844) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Justizministerium Hannover, den 12.08.2014 - 2343 – 104. 35 - Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher erhalten neben ihren Dienstbezügen eine Vollstre- ckungsvergütung als Teil der Besoldung. Mit der Vergütung werden die typischen Aufwendungen im Gerichtsvollzieherdienst (z. B. Dienst zu ungünstigen Zeiten) abgegolten. Weiter dient die Voll- streckungsvergütung als Ansporn für eine zügige und erfolgreiche Erledigung der Aufträge. Gemäß § 29 GVO regeln die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher ihren Geschäftsbetrieb nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen. Sie haben hierfür auf eigene Kosten ein Geschäftszim- mer zu unterhalten (§ 30 GVO). Zu diesem Zweck wird ihnen neben den beiden genannten Besol- dungskomponenten eine Bürokostenentschädigung gewährt. Im Einzelnen erhalten die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher derzeit a) Dienstbezüge nach BesGr A 8 bis A 9 mit Amtszulage, Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1873 2 b) eine Vollstreckungsvergütung i. H. v. 15 v. H. ihrer Gebühreneinnahmen 1 , c) eine Bürokostenentschädigung i. H. v. von z. Zt. 48,20 v. H. ihrer Gebühreneinnahmen 2 . Für die Bemessung der Höhe des Gebührenanteils als Bürokostenentschädigung sind folgende Kriterien maßgebend: – Durchschnittliche Gebühreneinnahme je Gerichtsvollzieherin oder Gerichtsvollzieher ein- schließlich Dokumentenpauschale, – Büro-Jahreskostenbetrag (angenommener Wert für die Kosten des Betriebs eines durchschnittlichen Gerichtsvollzieher-Büros von zurzeit 20 274 Euro), – Durchschnittsbelastung. Der den Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern zustehende Gebührenanteil der Büro- kostenentschädigung wird jährlich auf dieser Grundlage berechnet und rückwirkend zum 1. Ja- nuar des jeweiligen Jahres durch Rechtsverordnung festgesetzt. Eine Verordnung für das Jahr 2013 ist bislang noch nicht erlassen. Die Bürokostenentschädigung wird deshalb derzeit gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GVEntschVO noch vorläufig auf der Grundlage des für das Jahr 2012 festge- setzten Gebührenanteils ermittelt. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Vergütung: Die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher haben im Jahr 2013 eine jährliche Vollstre- ckungsvergütung von durchschnittlich 3 852 Euro erhalten. Dieser Betrag könnte sich in diesem Jahr noch erhöhen, weil die Anhebung der als Berechnungsgrundlage dienenden Gerichtsvollzie- hergebühren um 30 % erst zum 01.08.2013 in Kraft getreten ist und zudem aufgrund der Über- gangsbestimmungen die volle Wirkung mit Verzögerung eintritt. Derzeit hält die Landesregierung die Höhe der Vollstreckungsvergütung für angemessen. Bürokostenentschädigung: Der Erlass einer Änderungsverordnung zur Festsetzung des Gebührenanteils der Bürokostenent- schädigung für das Jahr 2013 befindet sich derzeit in Vorbereitung. Da die Aufgabenentwicklung bei der Ermittlung des Personalbedarfs berücksichtigt wird und die daraus ermittelte Belastung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher als Bemessungskriterium in die Berechnung des Gebührenanteils einfließt, kann davon ausgegangen werden, dass sich der erweiterte Aufgabenbe- reich infolge des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung auch in der Höhe der Bürokostenent- schädigung widerspiegelt. Ob der ebenfalls als Berechnungsgrundlage dienende Büro-Jahreskostenbetrag noch ausreichend ist, wird derzeit durch eine umfassende Erhebung der im Jahr 2014 anfallenden Sach- und Perso- nalkosten in sämtlichen Gerichtsvollzieherbüros ermittelt. Das Ergebnis der Erhebung wird in die rückwirkende Festsetzung des Gebührenanteils für das Jahr 2014 einfließen. Zu 2: Nach dem in der Fragestellung angesprochenen hessischen Modell werden die Vollstreckungsver- gütung und die Bürokostenentschädigung zu einer einheitlichen Vergütung zusammengefasst. Ver- gleichbare Modelle sind auch in Baden-Württemberg und im Saarland eingeführt worden. Die Er- fahrungsberichte aus Baden-Württemberg sind grundsätzlich positiv. Aus den anderen Ländern lie- gen noch keine Erkenntnisse vor. Die Landesregierung wird nach dem Vorliegen des Erhebungser- gebnisses zu den derzeitigen Personal- und Sachkosten (vgl. Frage 1) prüfen, ob ein derartiges Modell auch in Niedersachsen eingeführt werden soll. 1 Bei Überschreitung eines Jahreshöchstbetrags von 2 392,85 Euro reduziert sich die übersteigende Vergütung auf einen Anteil von 40 % = 6 v. H. der Gebührenmehreinnahmen. 2 Von Gebührenanteilen, die einen Höchstbetrag von zurzeit 18 378 Euro überschreiten, erhält der Gerichtsvollzieher 50 %. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1873 3 Zu 3: Die Zulassung zur Ausbildung im Gerichtsvollzieherdienst erfolgt in Niedersachsen bedarfsgerecht. Im Jahr 2014 sind insgesamt 20 Bewerberinnen und Bewerber zur Gerichtsvollzieherausbildung zugelassen worden. Den zuständigen Oberlandesgerichten lagen für diese Ausbildungsplätze ins- gesamt 141 Bewerbungen vor, sodass die Bewerberlage als zufriedenstellend angesehen wird. Sämtliche Absolventinnen und Absolventen der Gerichtsvollzieherausbildung haben die Abschluss- prüfung im Jahr 2014 im Bereich der Notenstufen „gut“ und „befriedigend“ bestanden. Diese Prüfungsergebnisse belegen die gute Eignung der jungen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzie- her und die hohe Qualität der Ausbildung im Gerichtsvollzieherdienst. In Vertretung Wolfgang Scheibel (Ausgegeben am 25.08.2014) Drucksache 17/1873 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Maximilian Schmidt, Mustafa Erkan, Renate Geuter, Markus Brinkmann, Frank Henning, Holger Heymann und Detlef Tanke (SPD), eingegangen am 15.07.2014 Vergütung und Ausbildung der niedersächsischen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichts-vollzieher Antwort der Landesregierung