Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/1881 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP), ein- gegangen am 03.07.2014 Wie ist der Stand der Arbeiten am „Windenergieerlass“? Mit einem „Windenergieerlass“ will die Landesregierung offenbar den Ausbau der Windenergie in Niedersachsen vorantreiben. Von verschiedenen Verbänden ist zu hören, dass hierbei u. a. disku- tiert werde, dass die Landkreise rund 3 % ihrer Flächen zur Verfügung stellen sollen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wann soll der geplante „Windenergieerlass“ für Niedersachsen in Kraft treten? 2. Wie sieht der Zeitplan inklusiv der Verbandsbeteiligung aus? 3. Welche Regelungsfelder sieht der geplante „Windenergieerlass“ vor? 4. Welche Bestimmungen (Ausbauziele, Aufstellungsflächen, Abstandsregelungen, Höhenbe- grenzungen etc.) sieht der geplante „Windenergieerlass“ im Detail vor? 5. Welche Bestimmungen der derzeit geltenden Rechtslage sollen im geplanten „Windenergieer- lass“ geändert werden (bitte als Gegenüberstellung der alten und der angestrebten Rechtsla- ge darstellen)? 6. In welchem Rechtsverhältnis steht der geplante Erlass zur Arbeitshilfe des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) und der Landesregierung? 7. Welche abweichenden Regelungen zur Arbeitshilfe des NLT und der Landesregierung sollen im „Windenergieerlass“ festgelegt werden? 8. Welche Planungsvorgaben sollen die kommunalen Planungsbehörden vor dem Hintergrund des angestrebten „Windenergieerlasses“ derzeit berücksichtigen, wenn sie eine rechtssichere Planung durchführen wollen? 9. Welchen Anteil an der Stromproduktion soll Windenergie im künftigen niedersächsischen Strommix kurz-, mittel- und langfristig ausmachen? 10. Welche installierte Leistung plant die Landesregierung mittels des Erlasses in Niedersachsen in welchem Zeitraum zu realisieren, und welche Strommenge soll damit jährlich produziert werden? 11. Wie groß ist nach Auffassung der Landesregierung der erforderliche Planungsraum, um die Erfüllung der im Erlass angestrebten Ausbauziele für Windenergie zu gewährleisten (bitte in absoluten und relativen Zahlen ausweisen)? 12. Wie werden die geplanten Änderungen auf Bundesebene zur Einführung einer Länderöff- nungsklausel im Baugesetzbuch berücksichtigt? 13. Plant die Landesregierung im Anschluss an die auf Bundesebene angestrebte Baugesetzno- velle eine landesweite Abstandsregelung für Windenergieanlagen, falls ja, welche Mindestab- stände werden konkret angestrebt? (An die Staatskanzlei übersandt am 08.07.2014 - II/725 - 827) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1881 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 18.08.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Ref17-01425/17/7/11-0036 - Die Erstellung eines niedersächsischen Windenergieerlasses - wie er mittlerweile in neun anderen Bundesländern herausgegeben wurde - ist Gegenstand der Koalitionsvereinbarung der die Landes- regierung tragenden Parteien. Die Regelungen des Windenergieerlasses sollen dazu dienen, den weiteren für die Umsetzung der Energiewende erforderlichen Ausbau der Windenergienutzung umwelt-, sozialverträglich und wirtschaftlich zu gestalten, das Konfliktpotenzial zu minimieren, den Rechtsrahmen aufzuzeigen sowie Planern, Behörden und Investoren Hilfestellung zu geben. Im Sinne einer offenen Dialogkultur erfolgt die Entwicklung des Erlasses in einem Beteiligungspro- zess mit dem Ziel der Berücksichtigung aller betroffenen Interessen. Entsprechend wurde im Feb- ruar 2014 ein Dialogforum zum Windenergieerlass eingerichtet, in dem die Verbände und Vertreter der Windenergiebranche (Enercon, GE, BWE, WVW, Energiekontor), die Naturschutzverbände (BUND, NABU), die Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN), die Klimaschutzagentur Region Hannover, die Koordinierungsstelle Windenergierecht sowie die Kommunalen Spitzenverbände (NLT, NStGB, NST) die Landesregierung bei der Erarbeitung des Erlasses beraten. Diese Beteili- gung erfolgt, um Konfliktpotenziale und widerstreitende Interessen frühzeitig zu erkennen und mög- lichst konsensuale Lösungen unter den Beteiligten zu erreichen. Themenfelder sind „Raumordnung und Bauleitplanung“, „Anlagenzulassung“ (Immissionsschutz- rechtliches Verfahren, UVP und materielle Genehmigungsanforderungen wie Lärmschutz, tief fre- quente Geräusche und Schattenwurf), „Naturschutz und Landschaftspflege“ und „Spezialregelungen “ (Radarverträglichkeit (DWD, Flugsicherung), Belange des Boden- und Wasserschutzes, etc.). Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Seitens der Landesregierung ist beabsichtigt, den Windenergieerlass nach formaler Verbandsbetei- ligung noch in diesem Jahr zu beschließen und zu veröffentlichen. Zu 2: Bei dem Prozess zur Erarbeitung des Windenergieerlasses handelt es sich um einen breiten Betei- ligungsprozess. Die Verbände, deren Belange berührt sind, insbesondere die kommunalen Spit- zenverbände sowie die Umwelt- und Fachverbände, sind - von Anfang an - an der Erlassentwick- lung beteiligt (siehe dazu auch die Vorbemerkungen). Entsprechend der geplanten Herausgabe des Erlasses noch in diesem Jahr, wird die Verbandsbeteiligung im November/Dezember durchzu- führen sein. Zu 3: Siehe Vorbemerkungen. Zu 4: Der Windenergieerlass befindet sich derzeit in einem kontinuierlichen Erarbeitungs- und Überarbei- tungsprozess. Verbindliche Aussagen zu den Regelungen des Erlasses lassen sich daher erst nach dem Abschluss der diskursiven Entwicklung im Dialogforum „Windenergieerlass“ treffen. Zu 5: Siehe Antwort zu Frage 4. Zu 6: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1881 3 Die „Arbeitshilfe Regionalplanung und Windenergie - Arbeitshilfe zur Steuerung der Windenergienutzung mit Ausschlusswirkung in Regionalen Raumordnungsprogrammen (Kategorisierung harte und weiche Tabuzonen)“, die das ML zusammen mit dem Niedersächsischen Landkreistag am 15. November 2013 herausgegeben hat, ist als Hilfestellung für die Träger der Regionalplanung bei der Aufstellung eines Planungskonzepts im Hinblick auf die Kategorisierung harter/weicher Tabu- zonen und die notwendigen Abwägungsschritte angelegt. Inhalte der Arbeitshilfe sind zum Teil auch Gegenstand der Diskussionen im Erarbeitungsprozess des Windenergieerlasses. Darüber hinaus hat der Niedersächsische Landkreistag „Ergänzende Empfehlungen“ zu der vorge- nannten Arbeitshilfe herausgegeben. Dabei handelt es sich um ein verbandsseitiges Papier mit empfehlendem, rechtlich unverbindlichem Charakter. Der Windenergieerlass wird demgegenüber für die fachlich berührten nachgeordneten Behörden verbindlich sein. Für die Träger der Regionalplanung und die Träger der Bauleitplanung dient der Erlass als Orientierungshilfe. Zu 7: Siehe Antwort zu Frage 4. Zu 8: Die Planungsvorgaben des Landes-Raumordnungsprogramms sowie im Falle der Bauleitplanung die Vorgaben des jeweiligen Regionalen Raumordnungsprogramms. Rechtsverbindliche Vorgaben für die Träger der Regionalplanung erwachsen aus dem Windenergieerlass noch nicht. Dafür be- darf es zunächst einer Anpassung des Landes-Raumordnungsprogramms. Allerdings wird mit dem Erlass eine Orientierung gegeben werden, welcher Bedarf an Ausbauleistung und Fläche für die Windenergienutzung für eine erfolgreiche Energiewende erforderlich sein wird. Verbindliche Festle- gungen können im Rahmen der Fortschreibung des Landes-Raumordnungsprogramms erst nach Anhörung aller Belange, sachgerechter und nachvollziehbarer Abwägung und Beteiligung des Landtages als Verordnung vom Kabinett beschlossen werden. Zu 9 und 10: Die Windenergie als kostengünstige, etablierte und klimafreundliche Technologie bildet das Kern- stück der Energiewende im Stromsektor. Deren weiterer Ausbau ist ein wesentlicher Bestandteil deutscher und niedersächsischer Energie- und Klimapolitik und ist von hohem öffentlichen Interes- se. Niedersachsen verfügt schon allein aufgrund seiner geografischen Lage und Topografie über her- vorragende Potenziale für die Nutzung der Windenergie. Damit kommt Niedersachsen eine beson- dere Verantwortung beim Ausbau der Windenergie in Deutschland zu, die über die Deckung des niedersächsischen Strombedarfs hinausgeht. Die Landesregierung geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass in Niedersachsen bis zum Jahr 2050 mindestens 20 GW an Windkraftleistung Onshore realisiert werden können. Wie dies raum- und umweltverträglich in den nächsten Jahrzehnten realisiert werden kann, ist zunächst Gegen- stand der Diskussionen im Dialogforum „Windenergieerlass“. Die weiterführende Diskussion unter Einbezug aller Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit wird dazu im Rahmen einer dies- bezüglichen Fortschreibung des Landes-Raumordnungsprogramms erfolgen. Die Fragestellung hinsichtlich des künftigen Anteils der Windenergie im niedersächsischen Strom- mix soll auch Gegenstand der Diskussion des „Runden Tisches Energiewende“ sein. Zu 11: Legt man die aktuell durchschnittlich errichtete Anlagentechnologie im Bereich 2,5 MW zugrunde, so wären für die Zielerreichung 8 000 Anlagen erforderlich, für die nach überschlägigen Berech- nungen etwa 1,8 % der Landesfläche benötigt würden. Geht man - angesichts fortschreitender technischer Entwicklung - von zukünftig zu erwartenden Windenergieanlagen mit einer durch- schnittlichen Leistung von 5 MW aus, könnte sich der Flächenbedarf für die Zielerreichung gegebe- nenfalls auf schätzungsweise rund 1,4 % der Landesfläche reduzieren, was etwa einer Fläche von 676 km 2 entspräche. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1881 4 Zu 12 und 13: Die Landesregierung beabsichtigt nicht, dem Landtag einen Gesetzentwurf vorzulegen, um von den durch die Änderung des Baugesetzbuches getroffenen Regelungen zur Einführung einer Länder- öffnungsklausel zur Vorgabe von Mindestabständen zwischen Windenergieanlagen und zulässiger Nutzung Gebrauch zu machen. In Vertretung Almut Kottwitz (Ausgegeben am 27.08.2014) Drucksache 17/1881 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP), ein-gegangen am 03.07.2014 Wie ist der Stand der Arbeiten am „Windenergieerlass“? Antwort der Landesregierung