Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/1897 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Ina Korter und Heinrich Scholing (GRÜNE), eingegangen am 23.07.2014 Was tut die Landesregierung, um eine möglicherweise einseitige Information oder gar politi- sche Beeinflussung durch Jugendoffiziere der Bundeswehr an den niedersächsischen Schulen auszuschließen? Nach der dpa-Meldung „Friedensinitiativen sollen stärker in Schulen wirken“ vom 10. Juni 2014 plant die Landesregierung Baden-Württemberg, Friedensorganisationen stärker in den Prozess der politischen Bildung in Schulen einzubeziehen. Rheinland-Pfalz hat bereits 2011 als erstes Bundes- land eine Kooperation mit verschiedenen Friedensorganisationen geschlossen. Nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gibt es diesbezüglich weiterhin bundesweit ein Ungleichgewicht, da acht von 16 Bundesländern Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr eingegangen sind und diese deshalb weitgehend allein im Schulunterricht über die deutsche Si- cherheitspolitik informieren. Auch wenn Niedersachsen eine solche Kooperation unter der früheren schwarz-gelben Landesre- gierung nicht angestrebt hat, wurde der Besuch von Jugendoffizieren in Schulen ausdrücklich un- terstützt, entspreche diese doch dem „Gedanken des Staatsbürgers in Uniform“ und trage zur „ge- sellschaftlichen Integration der Streitkräfte bei“. Zudem sei die Bundeswehr der einzige Kooperati- onspartner zu den Themen Außen- und Sicherheitspolitik in der NiBiS-Datenbank (siehe Drucksa- che 16/2472 oder 16/3733). Im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen von 2013 ist festgehalten, dass „die Schule ohne einsei- tige Beeinflussung durch Interessenverbände oder Werbeveranstaltungen“ bleiben soll, und „bei Informationsveranstaltungen der Bundeswehr an Schulen entscheiden die Schülerinnen und Schüler bzw. die Erziehungsberechtigten über die Teilnahme“(Seite 45). Vor dem Hintergrund der oben angeführten Punkte wird in Fachkreisen auch in Niedersachsen eine Stärkung von Friedensinitiativen und -organisationen bei Besuchen von Jugendoffizieren in Schu- len in Niedersachsen für wünschenswert gehalten, um somit von vornherein jeglichem Anschein ei- ner einseitigen Information oder gar Beeinflussung entgegenzutreten und die Schulen in der Einhal- tung des Beutelsbacher Konsenses zu unterstützen. Zugleich wird eine Regelung für sinnvoll er- achtet, die den Schülerinnen und Schülern die freiwillige Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an Infor- mationsveranstaltungen der Bundeswehr in der Schule ermöglicht. Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Kenntnis hat die Landesregierung von Besuchen der Bundeswehr, und wie beurteilt sie die derzeitige Praxis der Besuche von Jugendoffizieren an niedersächsischen Schulen? 2. Wie beurteilt die Landesregierung den Vorstoß der Landesregierung Baden-Württemberg, Friedensorganisationen und -initiativen stärker in den Prozess der politischen Bildung einzu- beziehen, und gibt es seitens des niedersächsischen Kultusministeriums bzw. der Landes- schulbehörde Bestrebungen, die NiBiS-Datenbank zu erweitern, um so die Schulen mit einer größeren Auswahl bei ihrer Suche nach externen Partnerinnen und Partnern im Bereich der politischen Bildung zu unterstützen? 3. Sind für die oben genannten Zielvorstellungen grundsätzliche Erlass- bzw. Schulgesetzände- rungen vonnöten? Wenn ja, welche? (An die Staatskanzlei übersandt am 29.07.2014 - II/725 - 864) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1897 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Kultusministerium Hannover, den 21.08.2014 - 01-0 420/5-864 - Die Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Nach Angaben des Stabsoffiziers für Öffentlichkeitsarbeit für die fünf norddeutschen Bundesländer sind in Niedersachsen neun Jugendoffiziere von bundesweit 94 tätig. Entsprechend ihrem Auftrag, der den Jahresberichten der Jugendoffiziere der Bundeswehr sowie der Antwort der Bundesregie- rung auf die Kleine Anfrage „Bundeswehr und Schule“ der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN im Deutschen Bundestag (Drucksache 18/1259) zu entnehmen ist, erläutern sie Auftrag und Aufgaben der Bundeswehr, die Einbindung Deutschlands in die NATO und die Entwicklung der Gemeinsa- men Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa. Sie nehmen auch Stellung zu komplexen mili- tärischen und sicherheitspolitischen Grundsatzfragen sowie zu den Auslandseinsätzen der Bun- deswehr. Jugendoffiziere übernehmen Referententätigkeiten ausschließlich auf Einladung der Schulen. Darüber hinaus bieten sie Schulen die mehrtägige Durchführung des Planspiels POL&IS (Politik & internationale Sicherheit) an, wobei die Bundeswehr die vollständige Organisation und die Kosten - mit Ausnahme der von den Schülerinnen und Schülern zu tragenden Übernachtungskos- ten - übernimmt. In Niedersachsen haben beispielsweise im Juli 2014 zwei viertägige Seminare im Schullandheim Torfhaus für Schülergruppen aus dem Gymnasium Andreanum Hildesheim, dem Hainberg-Gymnasium Göttingen sowie der Kooperativen Gesamtschule Moringen stattgefunden. Eine vollständige Übersicht über Anzahl und Art der Schulbesuche sowie eine Auflistung der be- suchten Schulen in Niedersachsen im Jahr 2013 soll von der Bundeswehr in Kürze zur Verfügung gestellt werden. Grundsätzlich steht es den eigenverantwortlichen Schulen in Niedersachsen frei, die Angebote der Jugendoffiziere in Anspruch zu nehmen. Dabei ist es für die Landesregierung von entscheidender Bedeutung, dass sich Jugendoffiziere in der Praxis an die Verpflichtung halten, keine Werbung für die Bundeswehr zur Nachwuchsgewinnung im Rahmen von Unterrichtsbesuchen zu betreiben. Auch wenn nach Angaben der Jugendoffiziere der für die politische Bildung maßgebliche Beutels- bacher Konsens beachtet wird und die Bereitschaft zu kontroversen Diskussionen vorhanden ist, hält die Landesregierung es für zwingend notwendig, dass ihr Einsatz im Unterricht durch die ent- sprechenden Lehrkräfte verantwortet, gründlich vorbereitet und anschließend ausgewertet wird. Dabei ist es selbstverständlich, dass die Lehrkräfte die Verantwortung für die didaktisch-metho- dische Unterrichtsgestaltung tragen, für eine inhaltliche Ausgewogenheit sorgen und einen offenen Diskurs über die Einbeziehung der Bundeswehr mit den Schülerinnen und Schülern und gegebe- nenfalls auch mit deren Erziehungsberechtigten führen. Im Sinne des Beutelsbacher Konsenses hält es die Landesregierung für wichtig, dass zu Diskussionen mit Jugendoffizieren oder im An- schluss daran möglichst auch Vertreterinnen und Vertreter zivilgesellschaftlicher Institutionen und Nichtregierungsorganisationen eingeladen werden, um divergierende und kontroverse Positionen bei sicherheits- und friedenspolitischen Themen sowie Alternativen bei Konfliktlösungen darzustel- len. Zu 2: Die Landesregierung begrüßt den Vorstoß Baden-Württembergs zu einer stärkeren Einbeziehung von Friedensorganisationen und Friedensinitiativen. Dementsprechend wird das Kultusministerium dafür sorgen, dass in die NiBiS-Datenbank externe Anbieter politischer Bildung aus dem zivilgesell- schaftlichen und friedenspädagogischen Bereich aufgenommen werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1897 3 Zu 3: Nein. In Vertretung Peter Bräth (Ausgegeben am 29.08.2014) Drucksache 17/1897 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Ina Korter und Heinrich Scholing (GRÜNE), eingegangen am 23.07.2014 Was tut die Landesregierung, um eine möglicherweise einseitige Information oder gar politische Beeinflussung durch Jugendoffiziere der Bundeswehr an den niedersächsischen Schulen auszuschließen? Antwort der Landesregierung