Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/1898 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Hermann Grupe und Gabriela König (FDP), einge- gangen am 30.07.2014 Welche Bedeutung hat die prognostizierte demografische Entwicklung von Regionen auf Entscheidungen zu Projekten des kommenden Bundesverkehrswegeplans? Der nächste Bundesverkehrswegeplan (BVWP) befindet sich im Aufstellungsverfahren. Die Bun- desregierung stellt mit dem BVWP 2015 eine neue „Grundkonzeption für den Bundesverkehrswegeplan 2015“ vor. Diese beinhaltet u. a. eine Strategie, die eine Priorisierung der künftigen Ver- kehrsinfrastrukturinvestitionen ermöglicht. Hierzu heißt u. a., dass „die Stabilität von Bewertungser- gebnissen“ hinsichtlich „langfristiger demografischer Veränderungen“ geprüft wird. Die Landesregierung hat über 200 Maßnahmen angemeldet und beabsichtigt, eine Prioritätenliste für den Bun- desverkehrswegeplan Ende 2014 zu beschließen. Für Niedersachsen gilt, dass Mobilität, Infra- struktur und Wirtschaftsentwicklung sehr eng miteinander verzahnt sind. Nach Aussage der Lan- desregierung stellen sich durch die Verkehrsprognosen gewaltige Herausforderungen für die Zu- kunft. Als „Treiber“ im Verkehrsprognoseprozess zählen u. a. Wirtschafts- und Umweltaspekte, Mo- bilitätskosten und die Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche niedersächsischen Regionen werden voraussichtlich von einer negativen demografi- schen Entwicklung bis 2030 betroffen sein? 2. In welchen Regionen, die von einer negativen demografischen Entwicklung bis 2030 betroffen sein werden, sind Maßnahmen zum kommenden BVWP angemeldet? 3. Welche zum BVWP 2015 vorgeschlagenen Maßnahmen könnten durch eine negative demo- grafische Entwicklung in ihrer Realisierung beeinträchtigt sein? 4. Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, wie sich die demografische Entwicklung von Regionen auf die Kosten-Nutzen-Analyse von Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplans auswirken kann/wird bzw. wie diese in die Bewertung einfließen? 5. Welche Rolle spielt die prognostizierte demografische Entwicklung bei der Bewertung von Verkehrsinfrastrukturprojekten des BVWP 2015? 6. Kann die Landesregierung ausschließen, dass es zu einer Absage von vorgeschlagenen oder angemeldeten Verkehrsprojekten des BVWP 2015 aufgrund von Bevölkerungsrückgängen kommen wird? 7. Welche Bedeutung haben die aufgeführten „Treiber“ im Verkehrsprognoseprozess bei der Er- stellung der angekündigten Prioritätenliste durch die Landesregierung? 8. Wird es durch die Landesregierung zu einem Ranking der für den BVWP 2015 vorgeschlage- nen bzw. angemeldeten niedersächsischen Verkehrsprojekte kommen? 9. Wenn ja, auf welcher fachlichen Basis wird dieses Ranking transparent, nachvollziehbar und fair erfolgen? 10. Wird bei dem Ranking der Landesregierung die demografischen Entwicklung in den einzelnen Regionen einfließen und, wenn ja, mit welcher Gewichtung und welchen Folgen, z. B. für die Erschließung von Südniedersachsen? 11. Wird das Kriterium „langfristige demografische Veränderungen“ im neuen BVWP ab 2015 eine stärkere Gewichtung als im abgelaufenen BVWP enthalten, wenn ja, was tut die Landesregie- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1898 2 rung dagegen, dass dadurch Verkehrsprojekte insbesondere in Südniedersachsen gefährdet werden? (An die Staatskanzlei übersandt am 06.08.2014 - II/725 - 881) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 25.08.2014 für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Z3-01424/0020/881/ Projektentscheidungen BVWP - Der demografische Wandel und die damit einhergehenden Veränderungen stellen ein Flächenland wie Niedersachen zukünftig vor große Herausforderungen. Im Rahmen der Daseinsvorsorge wird es großer Anstrengungen bedürfen, durch eine gute verkehrliche Anbindung des Raumes ähnlich gute Lebensbedingungen in allen Regionen Niedersachsens zu schaffen oder zu erhalten. Nur wenn dies gelingt, werden junge Familien auch auf dem Lande wohnen bleiben oder sich dort an- siedeln. Grundvoraussetzung dafür ist eine gute und schnelle Erreichbarkeit von Ballungszentren für Berufspendler und Wirtschaftsverkehre. Gut angebundene Regionen haben die Chance, über- lebensfähige Wirtschafts- und Arbeitsplätze zu erhalten und dort - wo möglich - neue attraktive Ar- beitsplätze anzubieten. Dazu sind gut ausgebaute Bundesfernstraßen von großer Bedeutung. Die Planung, der Bau und die Unterhaltung der Bundesfernstraßen erfolgen nach den Bestimmun- gen des Grundgesetzes durch die Länder in der Auftragsverwaltung für den Bund. Die Bundesre- gierung ermittelt für die Verkehrswege des Bundes die längerfristig erforderliche Entwicklung der Infrastruktur und stellt die vorgesehenen Maßnahmen im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) dar. Der BVWP ist die Grundlage für die Entwürfe der Bedarfsplangesetze, mit denen der Gesetzgeber den Bedarf für neue oder auszubauende Verkehrswege festlegt. Die Bundesregierung entwickelt derzeit eine neue Bundesverkehrswegeplanung. Der neue BVWP gilt dann für den Zeitraum bis 2030. Da die Anfrage inhaltlich auf den BVWP - Teil Straße - ausgerichtet ist, erfolgt die Beantwortung entsprechend. Das Land hatte nach Einbezug der regionalen Planungsebene die in Niedersachsen für den BVWP erwogenen Bundesfernstraßenprojekte beim Bundesverkehrsministerium angemeldet. Da der Bund im Rahmen der Anmeldung nur die Übermittlung der Projekte und deren Fachdaten vorsah, erfolgte die Meldung des Landes ohne Vorschläge zu Dringlichkeitseinstufungen der Vorhaben. Einen Entwurf zum Bundesverkehrswegeplan - Teil Straße - will der Bund mit den Ländern ab- stimmen. Dazu wird das Land eine eigene Prioritätenliste der für den BVWP erwogenen Bundes- fernstraßenmaßnahmen erstellen. Die Kriterien und das Bewertungsschema für die Landesprioritä- tenliste werden bis Ende 2014 erarbeitet. Für die Bewertung im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung stellt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) eine Verkehrsprognose für das Jahr 2030 auf. Für die Pro- jekte wird dann vom Bund eine Nutzen-Kosten-Analyse durchgeführt; weiterhin wird eine umwelt- und naturschutzfachliche, eine städtebauliche und eine raumordnerische Bewertung der Maßnah- men vorgenommen. Ergebnisse werden für 2015 erwartet. Die Grundkonzeption für den BVWP, der Entwurf des Bewertungsverfahrens und Grundlagen für die Verkehrsprognose 2030 wurden vom BMVI auf seiner Internetseite veröffentlicht (www.bmvi.de) und können dort heruntergeladen werden. Nach der Grundkonzeption für den BVWP werden im Rahmen der Aufstellung des BVWP 2015 demografische Aspekte bei der Bedarfsermittlung und in der Folge bei den Investitionsentschei- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1898 3 dungen berücksichtigt. Instrumente sind dabei die Verkehrsprognose sowie die Projektbewertun- gen. Der Verkehrsprognose für das Jahr 2030 werden vom Bund Strukturdaten für die zukünftige Ent- wicklung zugrunde gelegt. Dazu gehört die demografische Entwicklung. Weiterhin sind wichtige Randbedingungen bzw. Einflussgrößen: wirtschaftliche Entwicklung, Qualität des Verkehrsangebo- tes (Infrastruktur und Bedienungsangebot), verkehrspolitische Einflussfaktoren sowie die teilweise hierdurch beeinflussten Nutzer- bzw. Transportkosten, Pkw-Bestand und Motorisierungsgrad (s. „Schlussbericht zur Verkehrsverflechtungsprognose 2030, Los 3: Erstellung der Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen unter Berücksichtigung des Luftverkehrs“ vom 11.06.2014, www.bmvi.de). Weiterhin will der Bund die Bevölkerungsprognose 2030 als eine Grundlage in der Raumwirksam- keitsanalyse zur raumordnerischen Beurteilung der Maßnahmen verwenden (s. „Entwurf Methodik für die Raumwirksamkeitsanalyse Bundesverkehrswegeplanung 2015“, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung und BMVI, Stand 18.03.2014, www.bmvi.de). Wie das BMVI in der Grundkonzeption zum BVWP dargestellt hat, sollen Projekte, die zur erhebli- chen Minderung von Erreichbarkeitsdefiziten beitragen, in der Priorisierungsstrategie des BVWP berücksichtigt werden. Vorhaben mit einer hohen raumordnerischen Bedeutung können auch im Fall einer weniger hohen Wirtschaftlichkeit in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ eingestuft wer- den. Der Bund erwartet in einigen Regionen insbesondere auch nach 2030 weitergehende demografi- sche Strukturänderungen, die Auswirkungen auf den Bedarf von Verkehrsinfrastruktur haben kön- nen. Hierfür ist vom Bund vorgesehen, für alle Projekte eine Risikobetrachtung zur Entwicklung des längerfristigen Nutzerpotenzials durchzuführen. In erkennbar betroffenen Regionen soll die Auswir- kung der demografischen Entwicklung auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis der Projekte entspre- chend abgeschätzt und als Sensitivitätsbetrachtung zu den Bewertungsergebnissen ausgewiesen werden (s. Grundkonzeption für den Bundesverkehrswegeplan 2015, BMVI, www.bmvi.de). Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Nach der Strukturdatenprognose des Bundes, die vom Bund der Verkehrsverflechtungsprognose 2030 für den BVWP 2015 zugrunde gelegt ist, sind folgende niedersächsische Regionen von einer negativen demografischen Entwicklung bis 2030 betroffen: Stadt Emden, Landkreis Aurich, Land- kreis Wittmund, Landkreis Friesland, Stadt Wilhelmshaven, Landkreis Wesermarsch, Stadt Del- menhorst, Landkreis Cuxhaven, Landkreis Verden, Landkreis Heidekreis, Landkreis Uelzen, Land- kreis Lüchow-Dannenberg, Landkreis Celle, Landkreis Gifhorn, Region Hannover, Landkreis Schaumburg, Landkreis Hameln-Pyrmont, Landkreis Holzminden, Landkreis Hildesheim, Landkreis Wolfenbüttel, Landkreis Helmstedt, Stadt Wolfsburg, Landkreis Goslar, Landkreis Northeim, Land- kreis Osterode am Harz, Landkreis Göttingen, Stadt Osnabrück. Zu 2: In folgenden Regionen, die gemäß Angaben des Bundes von einer negativen demografischen Ent- wicklung bis 2030 betroffen sind, wurden vom Land Bundesfernstraßenmaßnahmen für den BVWP 2015 angemeldet: Stadt Emden, Landkreis Aurich, Landkreis Wittmund, Landkreis Friesland, Land- kreis Wesermarsch, Stadt Delmenhorst, Landkreis Cuxhaven, Landkreis Heidekreis, Landkreis Uelzen, Landkreis Lüchow-Dannenberg, Landkreis Celle, Landkreis Gifhorn, Region Hannover, Landkreis Schaumburg, Landkreis Hameln-Pyrmont, Landkreis Holzminden, Landkreis Hildesheim, Landkreis Wolfenbüttel, Landkreis Helmstedt, Stadt Wolfsburg, Landkreis Goslar, Landkreis Nort- heim, Landkreis Osterode am Harz, Landkreis Göttingen, Stadt Osnabrück. Zu 3: Es wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Auswertbare Ergebnisse aus den Berechnungen zum BVWP 2015 wurden vom Bund noch nicht übersandt. Vom Land können daher derzeit keine Anga- ben zu den Auswirkungen auf Maßnahmen erfolgen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1898 4 Zu 4 und 5: Ja. Nach der Grundkonzeption für den BVWP werden im Rahmen der Aufstellung des BVWP 2015 demografische Aspekte bei der Bedarfsermittlung und in der Folge bei den Investitionsentschei- dungen berücksichtigt. Instrumente sind dabei die Verkehrsprognose sowie die Projektbewertun- gen. Der Verkehrsprognose für das Jahr 2030 werden vom Bund Strukturdaten für die zukünftige Entwicklung zugrunde gelegt. Dazu gehört u. a. die demografische Entwicklung. Im Übrigen verweise ich auf die Vorbemerkungen sowie auf die dort genannten Unterlagen bzw. Gutachten und den anderen vom BMVI im Internet veröffentlichten Unterlagen zum BVWP 2015. Zu 6: Nein. Zu 7: Die vom Bund für den Verkehrsprognoseprozess zugrunde gelegten Strukturdaten sind in den Vor- bemerkungen angeführt. Die Kriterien und das Bewertungsschema für die Landesprioritätenliste werden bis Ende 2014 erar- beitet. Dabei ist auch eine Berücksichtigung der genannten Strukturdaten vorgesehen. Zu 8: Für die Bundesfernstraßenprojekte wird eine Landesprioritätenliste erarbeitet. Auf die Vorbemer- kungen wird verwiesen. Zu 9: Die Landesprioritätenliste soll auf der Grundlage eines formalisierten Wertsyntheseverfahrens auf- gestellt werden. Das dazu erforderliche Bewertungsschema und die maßgebenden Kriterien wer- den bis Ende 2014 erarbeitet. Zur Landesprioritätenliste wird vom Land eine transparente Öffentlichkeits- und Bürgerbeteiligung durchgeführt. Die erste Stufe (Bereitstellung von Informationen) wurde am 05.05.2014 gestartet. Die zweite Stufe (Beteiligung zur vorläufigen Landesprioritätenliste) erfolgt im Jahr 2015. Zu 10: Die Kriterien und das Bewertungsschema für die Landesprioritätenliste werden bis Ende 2014 erar- beitet. Dabei ist auch eine Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung vorgesehen. Zu 11: Eine Gewichtung des Kriteriums „langfristige demografische Veränderungen“ ist vom Bund weder für den BVWP 2003 noch für den BVWP 2015 explizit angegeben worden. Hinsichtlich der Bewer- tungssystematik des Bundes wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Olaf Lies (Ausgegeben am 02.09.2014) Drucksache 17/1898 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Hermann Grupe und Gabriela König (FDP), einge-gangen am 30.07.2014 Welche Bedeutung hat die prognostizierte demografische Entwicklung von Regionen auf Entscheidungen zu Projekten des kommenden Bundesverkehrswegeplans? Antwort der Landesregierung