Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/1917 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Dr. Gero Hocker und Björn Försterling (FDP), einge- gangen am 25.06.2014 Wie plant die Landesregierung den Rückbau kerntechnischer Anlagen? Im Jahr 2022 soll die Nutzung kerntechnischer Anlagen zur Energieerzeugung beendet sein. Eine Folge davon ist der Rückbau der betroffenen kerntechnischen Anlagen. Damit einher geht die Fra- ge, wie mit den dadurch anfallenden Abfällen umgegangen wird, wobei zwischen den nicht radioak- tiven Abfällen, wie. z. B. Bauschutt oder Anlagenteile aus dem nicht radioaktiven Teil eines Kern- kraftwerks, den radioaktiven Abfällen mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung sowie den wärme- entwickelnden radioaktiven Abfällen zu unterscheiden ist. In Niedersachsen sind davon die Kern- kraftwerke Unterweser, Grohnde und Emsland unmittelbar betroffen. Aber auch das Kernkraftwerk Lingen, das sich seit 1988 im sogenannten Sicheren Einschluss befindet, muss noch zurückgebaut werden. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Konzeption verfolgt sie beim Rückbau der Kernkraftwerke in Niedersachsen? 2. Wie sieht der Zeitplan für den Rückbau der jeweiligen Kernkraftwerke im Einzelnen aus? 3. Bis wann soll der Rückbau dieser Kernkraftwerke abgeschlossen sein? 4. Wie viel wird der Rückbau der niedersächsischen Kernkraftwerke, aufgeschlüsselt nach Rückbau-, Zwischenlagerungs- und endgültiger Lagerungsphase, voraussichtlich kosten? 5. Wer trägt diese Kosten? 6. Wie hoch sind die von den Betreibern der Kernkraftwerke hierfür gebildeten Rückstellungen? 7. Ist sichergestellt, dass diese Rückstellungen in jedem Fall zur Finanzierung des Rückbaus und der folgenden Kosten zur Verfügung stehen? 8. Wer tritt ein, falls die Betreiber der Kernkraftwerke insoweit ausfallen? 9. Mit welchen Mengen an radioaktiven Abfällen mit zu vernachlässigender Wärmeentwicklung rechnet die Landesregierung, bezogen auf die jeweiligen niedersächsischen Kernkraftwerke, zu welchem Zeitpunkt? 10. Mit welchen entsprechenden Mengen ist zu welchem Zeitpunkt bundesweit zu rechnen? 11. Welche Zwischenlager für Abfälle mit zu vernachlässigender Wärmeentwicklung gibt es bun- desweit und in Niedersachsen? 12. Wie groß sind deren Kapazitäten gegenwärtig im Einzelnen? 13. Wie hoch ist der Auslastungsrad dieser Zwischenlager im Einzelnen? 14. Bis wann sind die Zwischenlager im Einzelnen genehmigt? 15. Reichen diese Zwischenlagerkapazitäten im Hinblick auf den Rückbau der Kernkraftwerke in Deutschland aus? 16. Hält die Landesregierung weitere Zwischenlager für erforderlich, um den Rückbau zeitnah zu realisieren? 17. Wenn ja, wo sollten diese neuen Zwischenlager eingerichtet werden? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1917 2 18. Sind der Landesregierung Pläne von Betreibern der Kernkraftwerke bekannt, weitere Zwi- schenlagerkapazitäten aufzubauen? Wenn ja, welchen Inhalt haben diese Pläne? 19. Reichen die Kapazitäten des Endlagers Konrad aus, um alle anfallenden Abfälle mit zu ver- nachlässigender Wärmeentwicklung aufzunehmen? 20. Wann wird im Endlager Konrad der Einlagerungsbetrieb aufgenommen werden? 21. Strebt die Landesregierung eine Änderung der Genehmigung für das Endlager Konrad an? 22. Falls ja, inwiefern und welche Auswirkungen hätte dies für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Endlagers? 23. Mit welchen Mengen an Abfällen mit zu vernachlässigender Wärmeentwicklung rechnet die Landesregierung bezüglich der aus der Schachtanlage Asse II zurückzuholenden Abfälle? 24. Wie und wo sollen diese Abfälle nach ihrer Meinung zwischengelagert und konditioniert wer- den? 25. Wie und wo sollen diese Abfälle nach Ansicht der Landesregierung endgelagert werden? 26. Reichen die Kapazitäten des Endlagers Konrad sicher aus, um auch die Abfälle aus der Schachtanlage Asse II aufzunehmen? 27. Wenn nein, wo sollen die Abfälle dann verbleiben? 28. Mit welchen Mengen an nicht radioaktiven Abfällen aus dem Rückbau der Kernkraftwerke rechnet die Landesregierung, bezogen auf Niedersachsen und bundesweit, zu welchem Zeit- punkt? 29. Wie teilen sich die erwarteten Gesamtmengen auf einzelne Fraktionen auf? 30. Wie ist im Einzelnen mit diesen Fraktionen zu verfahren (Verwertung oder Ablagerung)? 31. Welche Anforderungen müssen Deponien erfüllen, um entsprechende Abfälle aufnehmen zu dürfen? 32. Welche Deponien kommen in Niedersachsen für die Aufnahme entsprechender Abfälle in Be- tracht? 33. Reichen die Deponiekapazitäten in Niedersachsen vor dem Hintergrund des Rückbaus der Kernkraftwerke aus? 34. In welchen Regionen und an welchen Standorten Niedersachsens sind nach Auffassung der Landesregierung zusätzliche Deponien erforderlich (bitte nach Deponieklassen aufschlüs- seln)? 35. Bis wann müssen diese zusätzlichen Deponien nach Auffassung der Landesregierung zur Verfügung stehen? 36. Schließt sie die Verbringung von nicht radioaktiven Abfällen aus dem Rückbau der nieder- sächsischen Kernkraftwerke in andere Bundesländer oder Staaten aus? 37. Sind der Landesregierung Widerstände gegen die Ablagerung nicht radioaktiver Abfälle aus kerntechnischen Anlagen auf bestehenden, für entsprechende Abfälle zugelassenen Depo- nien bekannt? 38. Wenn ja, welche Deponien betrifft dies, und aus welchen Gründen bestehen Vorbehalte ge- gen die Ablagerung dieser nicht radioaktiven Abfälle, und von wem werden sie vorgetragen? (An die Staatskanzlei übersandt am 03.07.2014 - II/725 - 814) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1917 3 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 28.08.2014 für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Ref17-01425/17/7/08-0013 - Die Kleine Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Die Inhaberinnen der Kernkraftwerke sind für die Planung des Abbaus kerntechnischer Anlagen verantwortlich und bedürfen nach § 7 Abs. 3 Atomgesetz (AtG) für die Stilllegung, den sicheren Einschluss der endgültig stillgelegten Anlage oder den Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen der Genehmigung. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn die Genehmigungsvorausset- zungen nach § 7 Abs. 2 AtG vorliegen, und sie wird erteilt, wenn darüber hinaus keine Gründe vor- liegen, die ein Versagen der beantragten Genehmigung im Rahmen des der atomrechtlichen Ge- nehmigungsbehörde zustehenden Ermessens rechtfertigen. Im Übrigen präferiert die Landesregierung den direkten Rückbau der Kernkraftwerke gegenüber dem sicheren Einschluss. Zu 2: Das Kernkraftwerk Lingen (KWL) befindet sich seit dem Jahr 1988 im sicheren Einschluss. Das atomrechtliche Genehmigungsverfahren zum Abbau ist anhängig. Der erste von zwei geplanten atomrechtlichen Genehmigungsbescheiden soll im Jahr 2014 erteilt werden. Der Abbau soll etwa 20 Jahre dauern. Das Kernkraftwerk Stade (KKS) befindet sich seit dem Jahr 2005 im Abbau. Das atomrechtliche Genehmigungsverfahren für Stilllegung und Abbau ist abgeschlossen. Der Abbau (mit Ausnahme des Lagers für radioaktive Abfälle) erfolgt direkt und soll ca. 15 Jahre dauern. Das Kernkraftwerk Unterweser (KKU) ist gemäß § 7 Abs. 1 a AtG seit dem Jahr 2011 nicht mehr zum Leistungsbetrieb zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität berechtigt; eine diesbezügliche Verfassungsklage ist anhängig. Gleichwohl ist vorsorglich das atomrechtliche Genehmigungsver- fahren für Stilllegung und Abbau anhängig. Der Abbau (mit Ausnahme der Lager für radioaktive Ab- fälle) soll direkt erfolgen und ca. 15 Jahre dauern. Die Kernkraftwerke Grohnde (KWG) und Emsland (KKE) befinden sich gemäß § 7 Abs. 1 a AtG im Leistungsbetrieb zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität. Die Berechtigung zum Leistungsbe- trieb erlischt gemäß § 7 Abs. 1 a AtG, wenn die im AtG genannte oder die sich durch Übertragung nach Abs. 1 b ergebende Elektrizitätsmenge erzeugt ist, spätestens aber mit Ablauf des 31.12.2021 für KWG und 31.12.2022 für KKE. Über die aufgrund von Auflagen der Betriebsgenehmigungen al- le zehn Jahre vorzulegenden Berichte über die Weiterentwicklung der Stilllegungskonzepte für die Anlagen hinaus liegen konkrete Planungen für den Rückbau des KWG und KKE noch nicht vor. Insbesondere liegen noch keine Anträge auf Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG für die Stilllegung, den sicheren Einschluss der endgültig stillgelegten Anlage oder den Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen vor. Zu 3: Siehe Antwort zu Frage 2. Zu 4: Eine Kostenaufschlüsselung für Abbau-, Zwischenlagerungs- und Endlagerungskosten liegt hier nicht vor. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1917 4 Zu 5: Die Kosten tragen die Betreiberinnen der Kernkraftwerke. Zu 6: Die Höhe der Rückstellungen der einzelnen Kernkraftwerksbetreiberinnen zum Stand 31.12.2013 ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl vom 02.04.2014 (BT-Drs. 18/1041). Zu 7: Rückstellungen sind bedarfsgerecht zu bilden und aufzulösen. Zu 8: Die Betreiberinnen der Kernkraftwerke stehen mit ihrem gesamten Vermögen für die Erfüllung ihrer Rückbau- und Entsorgungsverpflichtungen ein. Darüber hinaus haben die Muttergesellschaften der Kernkraftwerke betreibenden Unternehmen auch Patronatserklärungen abgegeben bzw. Beherr- schungs- oder Gewinnabführungsverträge mit ihren Töchtern abgeschlossen, die sie verpflichten, für die Verbindlichkeiten ihrer Tochterunternehmen aufzukommen. Im Ergebnis steht damit auch das gesamte Vermögen der Muttergesellschaften zur Erfüllung der atomrechtlichen Pflichten zur Verfügung. Zu 9: Die Landesregierung rechnet mit den folgenden Mengen: – für das KWL mit etwa 1 500 bis 2 000 Mg insgesamt (Sicherheitsbericht KWL, 31.03.2010, Kurzbeschreibung), – für das KKS mit etwa 4 000 bis 5 000 Mg insgesamt (Zusammenfassender Bericht, Stilllegung und Rückbau KKS, 31.07.2002 und Betreiberangaben 2014), – für das KKU mit etwa 2 310 Mg insgesamt. Gemäß § 72 Nr. 1 Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) hat die Betreiberin des Kernkraftwerks Grohnde (KWG) als erwarteten Anfall von radioaktiven Abfällen für die Dauer der Betriebszeit (En- de des Leistungsbetriebs 31.12.2021 plus Nachbetriebsphase von vier Jahren) ein Konrad-End- lagervolumen von 1 160 m 3 abgeschätzt. Für die Phase des Rückbaus liegen der Landesregierung noch keine konkreten Erkenntnisse vor, da für diese Anlagen noch keine konkreten Planungen vor- liegen (siehe Antwort zu Frage 2). Für das Kernkraftwerk Emsland (KKE) erwartet die Betreiberin einen Anfall von radioaktiven Abfäl- len für die Dauer der Betriebszeit (Ende des Leistungsbetriebs 31.12.2022) an Konrad- Endlagervolumen von ca. 200 m 3 . Auf Basis der vorhandenen Abschätzungen für den Rückbau und der derzeit gültigen Randbedingungen rechnet die Betreiberin mit einem Volumen von ca. 7 200 m 3 Endlagergebinden beim Rückbau der Anlage. Insgesamt handelt es sich bei den Angaben um abgeschätzte Planzahlen. Der Anfall von radioakti- vem Abfall ist abhängig von den jeweils durchzuführenden einzelnen Abbaumaßnahmen und schwankt entsprechend. Zu 10: Prognosen über den Anfall von radioaktiven Abfällen in Deutschland sind im Bericht der Bundesre- publik Deutschland für die vierte Überprüfungskonferenz zum „Gemeinsamen Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Be- handlung radioaktiver Abfälle“ von Mai 2012 (BR-Drs. 581/11) getroffen worden. Der Bericht wird alle drei Jahre vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit erstellt und veröffentlicht. Der Bericht für die fünfte Überprüfungskonferenz ist aktuell in Vorbereitung. Kapitel D.4.1 stellt sowohl den Bestand der radioaktiven Abfälle als auch eine Prognose dar. Die aus dem Bericht stammende Abbildung (D-19, S. 92) zeigt den zeitlichen Verlauf radioaktiver Abfäl- le mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung als Abfallgebindevolumen in m 3 bis zum Jahr 2080. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1917 5 Zu 11: Es wird auf die Stellungnahme der Entsorgungskommission (ESK) „ESK-Stresstest für Anlagen und Einrichtungen der Ver- und Entsorgung in Deutschland Teil 2: Lager für schwach und mittelradioak- tive Abfälle, stationäre Einrichtungen zur Konditionierung schwach und mittelradioaktiver Abfälle, Endlager für radioaktive Abfälle“ in der revidierten Fassung vom 18.10.2013 verwiesen (http://www.entsorgungskommission.de/downloads/snstresstestteil2rev18102013.pdf; letzter Zugriff am 06.08.2014). Der Anhang der ESK-Stellungnahme enthält eine umfangreiche Auflistung aller Zwischenlager (ZL) für schwach und mittelradioaktive Abfälle. In der Liste werden die Anlagen differenziert nach zentra- len ZL, ZL auf KKW-Gelände (KKW in Betrieb bzw. Betriebserlaubnis erloschen), ZL in KKW (in Stilllegung), ZL in Forschungseinrichtungen, ZL der kerntechnischen Industrie sowie Landessam- melstellen. Zu 12: Die genehmigten Aktivitätsmengen bzw. Volumina ergeben sich ebenfalls aus der ESK-Stellung- nahme (siehe Antwort zu Frage 11). Zu 13: Dem MU liegen nur Angaben zu den folgenden niedersächsischen Zwischenlagern, die radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung aus Kernkraftwerken lagern, vor: – Lager für radioaktive Abfälle des Kernkraftwerkes Stade - LarA, – Zentrales Abfalllager Gorleben - ALG, – Externes Abfalllager des Kernkraftwerkes Unterweser - LUW. Anlage Aktuelle Auslastung in Vol-% (ca.) Ausschöpfung der genehmigten Aktivität in % (ca.) LarA 77 33 ALG 68 0,064 LUW 66 13,7 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1917 6 Zu 14: Auch hier können nur Angaben zu den niedersächsischen Anlagen vorgelegt werden. LarA: Im Genehmigungsbescheid ist festgelegt, dass das LarA bei Verfügbarkeit des Endlagers (Konrad) geräumt werden soll. Vor diesem Hintergrund wurde eine Zwischenlagerzeit ab Inbetrieb- nahme des Lagers im Juli 2007 von maximal 40 Jahren festgeschrieben. ALG: Die Genehmigung ist nicht befristet. LUW: Die Umgangsgenehmigung des LUW ist bis zum Abruf der zwischengelagerten Abfälle an ein Endlager gemäß § 78 StrlSchV, längstens jedoch bis drei Jahre nach Annahmebereitschaft ei- nes Endlagers befristet. Zu 15: Eine Aussage zu der bundesweiten Situation kann nur durch den Bund oder die jeweiligen Ener- gieversorgungsunternehmen als Abfallerzeuger bzw. Ablieferungspflichtige erfolgen. Die ESK hat in ihrer Stellungnahme „Stand der Vorbereitungen hinsichtlich der Bereitstellung radioaktiver Abfallgebinde für das Endlager Konrad“ vom 02.07.2014 (http://www.entsorgungskommis sion.de/downloads/stellungnahmekonrad02072014homepage.pdf; letzter Zugriff 06.08.2014) eben- falls Bewertungen zu dieser Fragestellung vorgenommen. Zu 16: Die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle bis zur Verbringung in ein Bundesendlager liegt im Ver- antwortungsbereich der Betreiberinnen der Kernkraftwerke. Somit ist auch die Planung über nötige Kapazitäten der Zwischenlager in Betreiberhand. Bisher sind der Landesregierung für Niedersach- sen lediglich Pläne für den Bau eines Standortzwischenlagers am Kernkraftwerksstandort Unterwe- ser (Stadland) bekannt. Parallel zum Antrag auf Stilllegung und Abbau des KKU nach § 7 Abs. 3 AtG wurde hier der genehmigungspflichtige Umgang mit radioaktiven Stoffen nach § 7 Abs. 1 StrlSchV in einem noch zu errichtenden Lager Unterweser für radioaktive Abfälle (LUnA) beantragt. Im Übrigen hängt der Bedarf an Zwischenlagerkapazität auch vom Beginn der Einlagerung der ra- dioaktiven Abfälle im Endlager Schacht Konrad ab. Zu 17: Siehe Antwort zu Frage 16. Zu 18: Siehe Antwort zu Frage 16. Zu 19: Das Endlager Konrad wurde am 22.05.2002 vom MU als Anlage zur Endlagerung fester oder ver- festigter radioaktiver Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung ausschließlich für den nati- onalen Bedarf eines endlagerbaren Abfallgebindevolumens in Höhe von maximal 303 000 m 3 plan- festgestellt. Nach den aktuellen amtlichen Abfallprognosen der Bundesregierung (siehe Antwort zu Frage 10) reicht diese Kapazität aus heutiger Sicht aus. Vor dem Hintergrund der geplanten Rück- holung radioaktiver Abfälle aus der Schachtanlage Asse II könnten zusätzlich zu der planfestge- stellten Kapazität des Endlagers Konrad mittel- und langfristig weitere Kapazitäten zur Endlagerung radioaktiver Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung erforderlich werden. Zu 20: Diese Frage muss durch den für das Endlager zuständigen Bund beantwortet werden. Auf eine im April diesen Jahres an die Bundesregierung von der Fraktion DIE LINKE gerichtete Kleinen Anfrage (BT-Drs. 18/1143) wird auf die dort gestellte Frage „Falls der Bericht vorliegt, von welchem zusätzlichen Zeitbedarf und welchem Termin der Inbetriebnahme von Schacht Konrad geht die DBE inzwischen aus?“ folgende Antwort gegeben: „Als neuen im Entwurf des Rahmenter- minplans errechneten Termin für die Inbetriebnahme des Endlagers Schacht Konrad hat die DBE das Jahr 2022 angegeben. Der von der DBE genannte Termin ist allerdings nach Einschätzung des Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1917 7 BfS mit Unsicherheiten behaftet, die nicht näher quantifizierbar und auch von der Bundesregierung noch nicht abschließend bewertet worden sind“ (BT-Drs. 18/1277). Zu 21: Nein, Änderungsgenehmigungen werden nur auf Antrag erteilt; ein solcher Antrag liegt der Landes- regierung nicht vor. Zu 22: Entfällt. Zu 23: Nach Angaben des für die Schachtanlage Asse II zuständigen Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) wurden in die Asse 125 787 Abfallgebinde mit einem Volumen von 46 930 m*3 eingelagert. Das BfS geht davon aus, dass über das reine Abfallgebindevolumen hinaus auch kontaminierter Salzgrus geborgen werden muss. Erste Schätzungen des BfS gehen von einer zurückzuholenden Gesamtmenge von 100 000 m 3 oder mehr aus. Zu 24: Das BfS hatte im Oktober 2013 einen Kriterienbericht zur Bewertung potenzieller Standorte für ein übertägiges Zwischenlager für die rückgeholten radioaktiven Abfälle aus der Schachtanlage Asse II veröffentlicht. Gemäß den Randbedingungen zur Standortauswahl müssen dabei aus technischen und radiologischen Gründen das Pufferlager und die Konditionierungsanlage zwingend am Stand- ort der Schachtanlage Asse II errichtet werden, da die Abfälle dort zunächst in einen lagerungs- und transportfähigen Zustand gebracht werden müssen. Das BfS vertritt aus fachlichen und be- trieblichen Gründen darüber hinaus die Auffassung, dass nach Zwischenlagerstandorten zunächst vorrangig im Umfeld der Schachtanlage gesucht werden sollte, um eine direkte Anbindung an das Betriebsgelände zu ermöglichen. Ein Standort am Betriebsgelände bedeutet kürzere Transportwe- ge und weniger Umgang mit den Abfällen. Dieses führt insbesondere zu geringeren Strahlenbelas- tungen für das Personal. Das Risiko von Unfällen oder Verzögerungen während der Rückholung ist geringer. Eine bundesweite Standortsuche nach einem Zwischenlager würde zudem viel Zeit in An- spruch nehmen und könnte den Ablauf der Rückholung gefährden (Zitiert nach: „Schachtanlage Asse II; Gesamtdarstellung zur Rückholungsplanung; Stand: Januar 2014“; Bundesamt für Strahlenschutz , Salzgitter; urn:nbn:de:0221-2014021211169). Unbeschadet der grundsätzlich anzuerkennenden Vorgehensweise bei der Kriterienauswahl und -bewertung fordern Bürgerinnen und Bürger im Umkreis der Schachtanlage Asse II sowie Mitglieder der Asse II Begleitgruppe eine erweiterte Standortsuche auch in der Schachtanlage Asse II entfernt liegenden Bereichen. Nur so lasse sich eine bestmögliche, alle technischen, wirtschaftlichen und auch gesellschaftspolitischen Belange berücksichtigende Standortauswahlentscheidung treffen, die letztlich auch von den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert und mitgetragen wird. Die Landesregierung kann die technischen und radiologischen Bewertungen des BfS nachvollzie- hen. Gleichwohl ist sie insbesondere nach den leidvollen Erfahrungen der Vergangenheit mit der Asse der Auffassung, dass die Standortsuche im Rahmen eines alle Belange abdeckenden Abwä- gungsprozesses erfolgen muss, der auch eine Prüfung weiter entfernt gelegener, potenzieller Standorte für ein künftiges Zwischenlager mit einschließt. Zu 25: Die Bereitstellung von Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle ist nach § 9 a Abs. 3 Satz 1 AtG Sache des Bundes. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 19. Zu 26: Die planfestgestellte Kapazität des Endlagers Konrad reicht aus heutiger Sicht nicht aus, um die Abfälle aus der Schachtanlage Asse II aufzunehmen. Zu 27: Siehe Antwort zu Frage 25. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1917 8 Zu 28: Der überwiegende Teil eines Kernkraftwerks ist nicht radioaktiv kontaminiert, aktiviert oder kann durch Dekontamination weitgehend von radioaktiven Stoffen befreit werden. Üblicherweise kann man so mehr als 95 % der Masse eines Kernkraftwerkes als nicht radioaktive Reststoffe verwerten oder beseitigen. Für das KWL entspricht diese Masse etwa 57 000 Mg insgesamt. Für das KKS rechnet man mit et- wa 396 000 Mg insgesamt. Davon entstammen etwa 124 000 Mg dem Kontrollbereich, die das Freigabeverfahren erfolgreich durchlaufen haben bzw. noch durchlaufen werden (siehe Antwort zu Frage 29). Für das KKU wird mit ca. 680 000 Mg insgesamt gerechnet, wobei davon etwa 197 000 Mg aus dem Kontrollbereich stammen und freigabefähig sind. Für die KWG und KKE liegen hier keine genauen Zahlen vor (siehe Antwort zu Frage 2), jedoch erwartet man eine ähnliche Größenordnung wie für das KKU. Der Anfall ist abhängig von den jeweils durchzuführenden einzelnen Abbaumaßnahmen und schwankt entsprechend. Der Anfall von nicht radioaktivem Abfall für die einzelnen Kernkraftwerke in anderen Bundesländern ist vergleichbar. Zu 29: Die Gesamtmasse der nicht radioaktiven Reststoffe, die beim Abbau der niedersächsischen Kern- kraftwerke entstehen, sind in unten stehender Tabelle getrennt nach entsprechenden Freigabeopti- onen des § 29 StrlSchV aufgeführt. Bei den genannten Zahlen handelt es sich vorwiegend um Planzahlen, entnommen aus den Sicherheitsberichten zur Stilllegung der Anlagen und sind daher nur als Richtwerte zu verstehen. Für die noch in Betrieb befindlichen Anlagen KKE und KWG gibt es noch keine genauen Abschätzungen (siehe Antwort zu Frage 2), jedoch sollten die Abbaumas- sen ähnlich proportioniert sein wie bei KKU. Bundesweit ist eine Abschätzung nur schwer vorzunehmen, da es zum Teil keine verlässlichen Zahlen gibt; insgesamt sollten die Verhältnisse bei anderen Kernkraftwerken aber vergleichbar zu den niedersächsischen Kernkraftwerken sein. Zu 30: Reststoffe, die die jeweiligen Freigabewerte nach § 29 StrlSchV Anlage III Tabelle 1 und die Vor- gaben der Anlage IV einhalten, können von der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde nach festgeleg- tem Verfahren freigegeben und aus dem Geltungsbereich des Atomgesetzes und der Strahlen- schutzverordnung entlassen werden. Ab diesem Zeitpunkt sind diese Stoffe als nicht radioaktive Stoffe zu betrachten. Mit diesem Verfahren ist sichergestellt, dass eine Einzelperson der Bevölke- rung durch das freigegebene Material unter allen denkbaren Szenarien höchstens eine zusätzliche effektive Strahlendosis im Bereich von 10 Mikrosievert pro Kalenderjahr erhalten kann (10-Mikro- sievert-Konzept). Diese Strahlendosis liegt etwa zwei Größenordnungen unterhalb der natürlichen Strahlenbelastung in Deutschland. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1917 9 Im Fall der uneingeschränkten Freigabe sind gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Anlage IV Teil B keine Festlegungen hinsichtlich der künftigen Nutzung, Verwendung, Verwertung, Wieder- verwertung, Beseitigung oder des endgültigen Verbleibs der Stoffe erforderlich. Die Freigabe zur Beseitigung nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 a und b in Verbindung mit Anlage IV Teil C setzt voraus, dass die Stoffe in einem bestimmten Mischungsverhältnis mit konventionellen Abfäl- len auf einer Deponie abgelagert oder eingebaut werden (siehe Antwort zu Frage 31) oder in einer Verbrennungsanlage beseitigt werden. Eine Verwertung oder Wiederverwertung außerhalb der De- ponie oder Verbrennungsanlage sowie der Wiedereintritt der Stoffe in den Wirtschaftskreislauf muss ausgeschlossen sein. Im Fall der Freigabe von Gebäuden zum Abriss nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 c in Verbindung mit Anla- ge IV Teil D sind die freigegebenen Gebäude und Gebäudeteile abzureißen. Dabei anfallender Bauschutt bedarf keiner gesonderten Freigabe. Im Fall der Freigabe von Metallschrott zur Rezyklierung nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 d in Verbindung mit Anlage IV Teil G ist Metallschrott nach der Freigabe in einem geeigneten Betrieb einzuschmelzen. Geeignete Betriebe sind solche, die einen Mindestdurchsatz von 40 000 Mg pro Kalenderjahr auf- weisen und ein Mischungsverhältnis von 1:10 von freigegebenem Metallschrott zu anderem Metall- schrott gewährleisten können. Der radioaktive Abfall mit zu vernachlässigender Wärmeentwicklung wird zunächst in entsprechen- den Zwischenlagern gelagert und zu gegebener Zeit in ein Bundesendlager verbracht. Zu 31: Das Abfallrecht sieht keine speziellen Anforderungen mit Blick auf die Strahlenbelastung von Abfäl- len vor, die auf einer Deponie entsorgt werden sollen. Danach müssen die strahlenschutzrechtlich zur Ablagerung auf einer Deponie freigegebenen Abfälle dieselben Zuordnungskriterien nach An- hang 3 Nr. 2 Deponieverordnung (DepV) für die abfallchemische Belastung einhalten wie sie für „konventionelle“ Abfälle gelten. In Bezug auf die Strahlenbelastung verbleiben danach die Anforderungen des § 29 StrlSchV in Verbindung mit den Festlegungen in Anlage IV Teil C StrlSchV, wonach für beschränkt zur Beseiti- gung freigegebene Abfälle nur solche Deponien geeignet sind, die die Anforderungen der Deponie- klasse nach § 2 Nr. 7 bis 10 DepV erfüllen, also mindestens der Deponieklasse I entsprechen. Strahlenschutzrechtlich ist eine Mindestkapazität an sonstigen Abfällen von 10 000 Mg pro Kalen- derjahr oder 7 600 m 3 pro Kalenderjahr, gemittelt über die letzten drei Jahre, einzuhalten. § 29 StrlSchV sieht hier in Verbindung mit Anlage III Tabelle 1 Spalte 9 c und d eine Menge von bis zu 1 000 Mg pro Kalenderjahr zur Freigabe zur Beseitigung auf einer Deponie oder in einer Ver- brennungsanlage vor. Die Menge von 1 000 Mg pro Kalenderjahr und Entsorgungsanlage kann nach Anlage IV Teil B überschritten werden, solange das Aktivitätsinventar der freizugebenden Ge- samtmenge geringer ist, als die Aktivität die von 1 000 Mg bei vollständiger Ausschöpfung der Summenformel erreicht würden. Generell dürfen für nach § 29 StrlSchV freigegebene nicht radioaktive Stoffe keine Anhaltspunkte vorliegen, dass am Standort der Entsorgungsanlage für Einzelpersonen der Bevölkerung eine ef- fektive Dosis im Bereich von 10 Mikrosievert im Kalenderjahr überschritten wird. Zu 32: Nach den oben genannten Vorgaben ist die Ablagerung von beschränkt freigegebenen Abfällen auf Deponien der Klasse I bis IV grundsätzlich zulässig, sofern die Zuordnungskriterien für die abfall- chemische Belastung eingehalten sind und eine Annahmeerklärung des Betreibers vorliegt. Die Ab- lagerung uneingeschränkt freigegebener Abfälle ist auf allen Deponieklassen zugelassen, sofern die Zuordnungskriterien der DepV eingehalten sind. In Niedersachsen werden öffentlich zugängli- che Deponien der Klassen 0, I und II betrieben. Zu 33: Die Deponiekapazitäten in Niedersachsen sind in der Abfallwirtschaftsplanung bisher nicht für die Aufnahme der Abfälle aus dem Rückbau kerntechnischer Anlagen betrachtet worden. Für die Auf- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1917 10 nahme konventioneller Abfälle (z. B. Bodenaushub und Bauschutt) gibt es in Niedersachsen einen Bedarf für neue Kapazitäten in der Deponieklasse I (mäßig belastete mineralische Abfälle), der auf Grundlage des Abfallvolumens in der Vergangenheit für die Zukunft abgeleitet wird. Die Landesre- gierung setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass neue Deponiekapazitäten für diesen Bedarf zeit- nah geschaffen werden können. Zu 34: Für die Aufnahme konventioneller Abfälle besteht der unter Frage 33 angesprochene Bedarf an zu- sätzlichen Deponiekapazitäten für mäßig belastete mineralische Abfälle. Dieser Bedarf besteht ins- besondere im Nordwesten, Norden und Nordosten Niedersachsens und betrifft vor allem die Depo- nieklasse I. Zu 35: Siehe Antwort zu Frage 33. Zu 36: Das Abfallrecht enthält keine Beschränkungen der Verbringung von Abfällen in andere Bundeslän- der. Nach § 29 Abs. 2 Satz 8 StrlSchV ist für die Verbringung von beschränkt freigegebenen Abfäl- len zur Deponierung das Einvernehmen der obersten Strahlenschutzbehörde des betreffenden Bundeslandes erforderlich. Soweit die betreffenden Abfälle in andere Staaten verbracht werden sol- len, ist abfallrechtlich das Erfordernis einer Notifizierung zu prüfen. Zu 37: Ja. Zu 38: Eine öffentliche Auseinandersetzung betreffend die Ablagerung von freigegebenen Abfällen hat es bei der Deponie Hillern im Heidekreis gegeben. Eine Ablagerung ist danach nicht mehr vorgenom- men worden. Stefan Wenzel (Ausgegeben am 04.09.2014) Drucksache 17/1917 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Dr. Gero Hocker und Björn Försterling (FDP), einge-gangen am 25.06.2014 Wie plant die Landesregierung den Rückbau kerntechnischer Anlagen? Antwort der Landesregierung