Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2007 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Dirk Toepffer (CDU), eingegangen am 07.08.2014 Weshalb durfte der Braunschweiger Landesbeauftragte die obligatorische Gesundheitsprü- fung im Landkreis Helmstedt absolvieren? Die Amtsführung des Braunschweiger Landesbeauftragten Matthias Wunderling-Weilbier (SPD) ist seit April 2014 mehrfach Gegenstand kritischer Berichterstattung gewesen. In dem Bericht der Neuen Presse vom 16. Mai 2014 wurde Folgendes ausgeführt: „Fragen gab es auch zum Gesundheitszeugnis, das Wunderling-Weilbier anlässlich seines Wech- sels in den Landesdienst vorlegen musste. Das hatte er beim Amtsarzt in Helmstedt anfertigen las- sen, dessen Dienstherr er als Landrat noch war. Nach Angaben der Landesregierung handelte es sich dabei aber nicht um einen Bruch der Richtlinien, da der Arzt gegenüber dem Landrat nicht weisungsgebunden war. An der Gültigkeit des Gutachtens bestünden daher aus Sicht der Landes- regierung keine Zweifel.“ In § 7 des Niedersächsischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöGD) „Unter- suchungen und Begutachtungen“ ist Folgendes geregelt: „(1) Die Landkreise und kreisfreien Städte haben ärztliche Untersuchungen und Begutachtungen vorzunehmen und hierüber Gutachten, Zeugnisse und Bescheinigungen zu erstellen, soweit solche Tätigkeiten durch Gesetz oder Verordnung von einer Gesundheitsbehörde, einem Gesundheitsamt oder einer Amtsärztin oder einem Amtsarzt verlangt werden. Soweit Tätigkeiten nach Satz 1 im Auftrag einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts wahrgenommen werden, die de- ren Personal betreffen, handeln die Landkreise und kreisfreien Städte im übertragenen Wirkungs- kreis. (2) Für Aufgaben nach Absatz 1 ist der Landkreis oder die kreisfreie Stadt zuständig, in deren Be- zirk die zu untersuchende oder zu begutachtende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte. Hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs die- ses Gesetzes, so ist der Landkreis oder die kreisfreie Stadt zuständig, in dessen oder deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt.“ Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Fanden bei dieser obligatorischen Gesundheitsprüfung die entsprechenden Regelungen des § 7 NGöGD Anwendung? 2. Weshalb ist im konkreten Fall vom Wohnortprinzip, wonach das Gesundheitsamt desjenigen Landkreises zuständig ist, in dessen Bezirk die zu untersuchende oder zu begutachtende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, abgewichen worden und mit welcher Begründung? 3. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die Erstellung eines Gesundheitszeugnis- ses durch eine Angehörige oder einen Angehörigen einer dem zu Untersuchenden im allge- meinen Dienstbetrieb unterstehenden Organisationseinheit zur Vermeidung des Anscheins einer möglichen Einflussnahme grundsätzlich zu unterbleiben hat? 4. Hält die Landesregierung an ihrer Darstellung fest, wonach an der rechtlichen Gültigkeit des Gutachtens keine Zweifel bestünden? (An die Staatskanzlei übersandt am 13.08.2014 - II/725 - 896) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2007 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsische Staatskanzlei Hannover, den 08.09.2014 - 202 – 01425/1 - Gemäß § 9 Abs. 2 Niedersächsisches Beamtengesetz (NBG) ist die gesundheitliche Eignung für die Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit aufgrund einer ärztlichen Untersuchung fest- zustellen. Ziel der Untersuchung ist es, zu klären, ob die Beamtin oder der Beamte voraussichtlich bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze dienstfähig sein wird oder nicht. Gemäß § 9 Abs. 2 NBG i. V. m. § 45 NBG wird eine Einstellungsuntersuchung für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit „von Amtsärztinnen, Amtsärzten, beamteten Ärztinnen oder beamteten Ärzten durchgeführt“. Ausnahmsweise kann auch „eine sonstige Ärztin oder ein sonstiger Arzt“ mit der Untersuchung beauftragt werden. Eine Verpflichtung bzw. Notwendigkeit, die Begutachtung nur durch ein bestimmtes Gesundheitsamt vornehmen zu lassen ergibt sich hieraus nicht. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Ja. Zu 2: Eine Untersuchung durch den Amtsarzt des Landkreises, in dessen Bezirk Herr Wunderling-Weil- bier seinen Wohnsitz hat, war nicht zwingend. Die Vorschriften des NBG über die Einstellungsuntersuchung geben, wie eingangs der Antwort ausgeführt, dafür nichts her. Aus der Gesetzesbegründung des Niedersächsischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöGD) ergibt sich im Übrigen, dass dessen § 7 hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit gerade keine Ausschlusswirkung dergestalt entfalten soll, dass die Un- tersuchung anderer Personen ausgeschlossen sein soll. Die Gesetzesbegründung sieht ausdrück- lich vor, dass die Landkreise und kreisfreien Städte darüber hinaus selbst entscheiden können, ob sie auf freiwilliger Basis weitere Gutachtenaufträge übernehmen. Im vorliegenden Fall ist der Landkreis Helmstedt von der Staatskanzlei gebeten worden, die Unter- suchung von Herrn Wunderling-Weilbier vorzunehmen. Dies war für alle Beteiligten die praktika- belste Lösung, da sich Herr Wunderling-Weilbier als Landrat ohnehin vor Ort in den Räumen der Kreisverwaltung aufhielt. Der Landkreis Helmstedt hat zudem Kontakt zum Landkreis Wolfenbüttel aufgenommen und von dort die Mitteilung erhalten, dass gegen eine Untersuchung durch den Landkreis Helmstedt aus Sicht des Landkreises Wolfenbüttel keine Bedenken bestehen. Dass eine Kreisverwaltung in Angelegenheiten des eigenen Personals oder gar der eigenen Landrätin bzw. des eigenen Landrates tätig wird, ist zudem nicht ungewöhnlich. In solchen Fällen wird - gegebe- nenfalls durch eine entsprechende verwaltungsinterne Vertretungsregelung - ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln sichergestellt. Zu 3: Nein. Denn es ist zu berücksichtigen, dass das ärztliche Personal der Gesundheitsämter in einem Landkreis hinsichtlich seiner ärztlichen Tätigkeiten nicht weisungsgebunden ist. So legen § 2 Abs. 1 und Abs. 4 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen fest, dass der Arzt „keine Grund- sätze anerkennen und keine Vorschriften oder Anweisungen beachten (darf), die mit seiner Aufga- be nicht vereinbar sind oder deren Befolgung er nicht verantworten kann.“ Weiterhin „darf der Arzt hinsichtlich seiner ärztlichen Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen.“ Diese Berufsordnung gilt nach § 22 Abs. 1 der Berufsordnung auch für Ärzte in einem privatrechtli- chen Arbeitsverhältnis oder in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Durch diese die fachli- che Unabhängigkeit des untersuchenden Arztes sichernden Vorschriften wird von vornherein ein sonst vielleicht möglicher Anschein der Befangenheit oder Einflussnahme verhindert. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2007 3 Zu 4: Ja. In Vertretung des Chefs der Staatskanzlei Birgit Honé (Ausgegeben am 25.09.2014) Drucksache 17/2007 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage des Abgeordneten Dirk Toepffer (CDU), eingegangen am 07.08.2014 Weshalb durfte der Braunschweiger Landesbeauftragte die obligatorische Gesundheitsprüfung im Landkreis Helmstedt absolvieren? Antwort der Landesregierung