Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode, Gabriela König, Hillgriet Eilers, Horst Kortlang und Christian Grascha (FDP), eingegangen am 12.06.2014 Was ist alles Daseinsvorsorge nach Auffassung der Landesregierung, und was kostet die Daseinsvorsorge entsprechend den Vorstellungen in der Koalitionsvereinbarung mittel- und langfristig den Steuerzahler, insbesondere vor dem Hintergrund der demografischen Ent- wicklung? Für die rot-grüne Koalition ist die Daseinsvorsorge ein viel zitierter Begriff, der aber unbestimmt ist. Das Grundgesetz vermeidet den Begriff der Daseinsvorsorge und verortet ihn mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft. Die Koalitionsverein- barung umschreibt den Begriff der öffentlichen Daseinsvorsorge sehr umfassend. So enthält die Koalitionsvereinbarung nachfolgende Passagen: „In vielen Bereichen öffentlicher Daseinsvorsorge und darüber hinaus hat sich der neoliberal motivierte Rückzug des Staates nicht bewährt“, „Die Versorgung mit allen notwendigen stationären Leistungen ist für die rot-grüne Koali- tion ein zentraler Bestandteil der Daseinsvorsorge“ und: „Die Wohlfahrtspflege muss dauerhaft leis- tungsfähig bleiben, um eine flächendeckende und wohnortnahe Daseinsvorsorge sicherzustellen“. Auch eine „gute und sichere Pflege ist für die rot-grüne Koalition ein unverzichtbarer Teil der Da- seinsvorsorge“ und „Arbeit mit und für junge Menschen ist Daseinsvorsorge und Zukunftspolitik zu- gleich“, denn die „rot-grüne Koalition wird keinen jungen Menschen verloren geben“. Auch „Altersgerechte und barrierefreie Infrastrukturen z. B. bei Dienstleistungs- und Verkehrsangeboten in Stadt und Land gehören genauso zur sozialen Daseinsvorsorge wie das Vorhandensein von alters- gerechtem und barrierefreiem Wohnraum.“ Diese Aufzählung wird in der Koalitionsvereinbarung z. B. auf den Seiten 14, 59, 86 oder 87 um weitere Handlungsfelder der Daseinsvorsorge ergänzt. Zur „Verbesserung der Infrastrukturausstat- tung“ sind „öffentliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge“ für die „Chancen aller Teilräume“ wichtig , heißt z. B. auf Seite 14. Ebenso zählen die „landesweite Grundversorgung mit schnellem Inter- net“, „die Energieversorgung“ und „leistungsfähige Stromnetze“ zur Daseinsvorsorge. Laut Wilhelmshavener Zeitung vom 4. März 2014 sieht Minister Olaf Lies im Betrieb von Schwimm- bädern, u. a. als Bürgerbegegnungsstätte, auch „ein Stück Daseinsvorsorge“. Diese Art der Da- seinsvorsorge ist aber durch den Status „freiwillige Leistungen“ auf kommunaler Ebene im Bestand gefährdet. Hier sei nach Meinung von Minister Lies der Gesetzgeber gefordert, die „Bäderkultur“ als ein „Stück Daseinsvorsorge“ zu sichern, damit künftig nicht nur noch „reiche Kommunen“ in den Er- halt von Schwimmbädern investieren könnten. Um zwischen dem „neoliberal motivierte Rückzug des Staates“, einem unbestimmten Gebrauch der Begrifflichkeit „Daseinsvorsorge“ und den grundlegenden Dienstleistungen der Daseinsvorsorge unterscheiden zu können, ergeben sich Fragen an die rot-grünen Landesregierung zur Relevanz, zum Verständnis und zur Eingrenzung und Finanzierbarkeit der Daseinsvorsorge. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Was versteht die Landesregierung unter Anwendung einer abschließenden Aufzählung unter dem Begriff „Daseinsvorsorge“? Die abschließende Aufzählung sollte neben den allgemein anerkannten Begrifflichkeiten der Daseinsvorsorge auch die Aspekte der Koalitionsvereinba- rung (z. B. Wohlfahrt und Pflege), die Aufzählungen im Landtag von Ministerpräsident Weil, auch die Aufzählungen der Ministerinnen und Minister in der Presseberichterstattung (z. B. Wilhelmshavener Zeitung vom 4. März 2014 oder Landeszeitung vom 5. März 2014) berück- sichtigen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 2 2. Unterscheidet die Landesregierung zwischen einer politischen und einer rechtlichen Definition des Begriffs „Daseinsvorsorge“? 3. Wenn ja, wo liegen die Unterschiede, und wie werden sie begründet? 4. Welche rechtlichen Verpflichtungen ergeben sich auf der Kommunalebene und der Landes- ebene aus der aktuellen Definition der öffentlichen Daseinsvorsorge in Niedersachsen? 5. Hat die Landesregierung Anhalte darüber, welche Ansprüche an die öffentliche Daseinsvor- sorge derzeit durch die Bürgerinnen und Bürger gestellt werden? 6. Wie lassen sich die unter dem Begriff der öffentlichen Daseinsvorsorge aufgezählten Bereiche nach kommunaler Daseinsvorsorge, Daseinsvorsorge im Aufgabenbereich des Landes, Da- seinsvorsorge im Aufgabenbereich des Bundes zuordnen? 7. Gibt es noch andere Arten der Daseinsvorsorge als die öffentliche Daseinsvorsorge? 8. Gibt es für die Landesregierung einen terminologischen Unterschied zwischen den Begriffen „Daseinsvorsorge“, „Allgemeinversorgung“ und „Universaldienstleistung“, die alle auf die Bereitstellung bestimmter Leistungen oder „öffentlicher Einrichtungen“ abzielen? 9. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass der Begriff „Daseinsvorsorge“ und die damit verbundenen Leistungen trägerneutral sind, also sowohl staatlich als auch privatwirtschaftlich erbracht werden könnte? Wenn nicht, warum nicht? 10. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die gesamte Daseinsvorsorge landesweit ein- heitlich im Sinne „gleichberechtigter Zugang“ sein muss oder dass es regionale Unterschiede, im Sinne des wirtschaftlichen oder kommunalen Wettbewerbs, geben kann oder sogar sollte? 11. Wenn es in Fragen der Daseinsvorsorge nach Auslegung der rot-grünen Landesregierung zu Unterschieden kommen darf, wie dürfen sich diese gestalten? 12. Was ist mit dem „neoliberal motivierten Rückzug des Staates“ konkret, also anhand von Bei- spielen, die den Vorwurf in der Koalitionsvereinbarung überprüfbar machen, gemeint? 13. Wie hat sich der „neoliberal motivierte Rückzug des Staates“ in Niedersachsen konkret, also anhand der vorgenannten Beispiele, ausgewirkt? 14. In welchen Kommunen und Institutionen hat sich der „neoliberal motivierte Rückzug des Staa- tes“ wie (positiv oder negativ) ausgewirkt? 15. Wie gedenkt die Landesregierung gegen die negativen Auswirkungen des „neoliberal moti- vierten Rückzugs des Staates“ in Fragen der Daseinsvorsorge in der laufenden Legislaturpe- riode vorzugehen? 16 Wie ist der Begriff der rot-grünen Daseinsvorsorge in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit der je- weiligen Leistung gestaltet? 17. Welche Daseinsvorsorgeleistung muss nach Ansicht der Landesregierung wirtschaftlich sein, und welche darf teilweise oder gänzlich unwirtschaftlich sein? 18. Wie ist der Begriff der Daseinsvorsorge nach Ansicht der Landesregierung in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit/staatliches Monopol der jeweiligen Leistung gestaltet? 19. Welche der jeweiligen Angebote und Leistungen der Daseinsvorsorge stehen im Wettbewerb zu privatwirtschaftlichen Anbietern, und welche Angebote und Leistungen der Daseinsvorsor- ge werden im staatlichen Monopol erbracht? 20. Sind der Landesregierung die Mitteilungen der Europäischen Kommission, z. B. „Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa“, mit Bezug auf die öffentliche Daseinsvorsorge bekannt? 21. Wenn ja, wie bewertet die Landesregierung die Liberalisierungs- und Deregulierungsbestre- bungen der EU mit Bezug auf die Angebote und Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsor- ge? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 3 22. Was hält die Landesregierung vom strategischen Stellenwert der öffentlichen Dienstleistun- gen, also der sogenannten wirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, für den Wettbewerb und den Binnenmarkt, wie ihn die Europäische Kommission vertritt? 23. Kann sich die Landesregierung die Ausweitung kommunaler Dienstleistungen auf private An- bieter oder ein stärkeres Nebeneinander öffentlicher und privater Akteure als Beitrag für einen einheitlichen EU-Binnenmarkt vorstellen? 24. Wenn ja, bei welchen Dienstleistungen? 25. Wenn nicht, warum nicht (bitte nach Dienstleistungsart getrennt)? 26. Wie passt nach Auffassung der Landesregierung die Daseinsvorsorge nach deutschem Recht mit der europäischen Rechtssetzung bei den „Diensten von allgemeinem Interesse“ zusammen ? 27. Sieht die Landesregierung hier Handlungsbedarf? 28. Wenn ja, welchen, und was gedenkt sie zu tun? 29. Welche Elemente der öffentlichen Kulturangebotes bzw. der kulturellen Bildung hält die Lan- desregierung im Sinne der Daseinsvorsorge für unverzichtbar? 30. In welchem Maße sind Angebote der Hochkultur sowie der Breitenkultur allen Teilen der Be- völkerung zugänglich zu machen? 31. Sollten Angebote und Leistungen der Daseinsvorsorge nach Ansicht der Landesregierung kostendeckend sein? 32. Wenn nicht, warum nicht, und wer kommt dann dauerhaft für die Zuschussfinanzierung auf? 33. Welche Angebote und Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge sind zuschussbedürftig? 34. Wird es durch die Angebote und Leistungen der Daseinsvorsorge, die bereits in der Koaliti- onsvereinbarung angedeutet sind, künftig zu erhöhten Ausgaben des Landes für die Daseins- vorsorge kommen? 35. Wenn ja, für welche Bereiche der Daseinsvorsorge aus der abschließenden Aufzählung wer- den wie viel Mittel in der laufenden Legislaturperiode bereitgestellt? 36. Wenn ja, wie werden diese Angebote und Leistungen der Daseinsvorsorge gegenfinanziert? 37. Wird es durch die Angebote und Leistungen der Daseinsvorsorge, die bereits in der Koaliti- onsvereinbarung angedeutet sind, künftig zu erhöhten Ausgaben für die Kommunen kom- men? 38. Wenn ja, greift hier das Konnexitätsprinzip, wenn nicht, warum nicht? 39. Spielt die angespannte Haushaltslage des Landes oder der vielen Kommunen im Land eine Rolle bei der Verwendung der Begrifflichkeit „Daseinsvorsorge“ durch Vertreterinnen oder Vertreter der Landesregierung, z. B. bei Presseterminen? 40. Wenn nicht, warum nicht? 41. Wird es durch die Erweiterung der Angebote und Leistungen der Daseinsvorsorge durch die SPD-geführte Landesregierung zu Steuererhöhungen kommen? 42. Wenn ja, in welchen Ausmaß ist dies unumgänglich, um alle Angebote und Leistungen der Daseinsvorsorge gemäß der Koalitionsvereinbarung umzusetzen? 43. Wann ist damit zu rechnen? 44. Welche Steuern, die vom Land Niedersachsen erhoben werden können, werden in welchem Ausmaß angehoben? 45. Welche Einnahmemöglichkeiten für die Kommunen wird die rot-grüne Landesregierung erhö- hen, um die Angebote und Leistungen der Daseinsvorsorge künftig finanzieren zu können? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 4 46. Besteht auch die Möglichkeit, sämtliche Angebote und Leistungen der Daseinsvorsorge ge- mäß der Koalitionsvereinbarung ohne Steuererhöhungen zu realisieren? 47. Wenn ja, wo sieht die Landesregierung das Einsparungspotenzial zur Gegenfinanzierung? 48. Welche Bedeutung misst die Landesregierung der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen bei? 49. Gibt es Berechnungen, inwieweit Steuerausfälle erzeugt werden, wenn staatliche Dienstleis- tungen Unternehmen verdrängen? 50. Wie wirkt sich die Unternehmensverdrängung auf die Arbeitsplätze aus? Werden diese dann von den Steuerzahlern entlohnt und versichert? 51. Gibt es bei der Landesregierung ein Ranking der Daseinsvorsorge im Sinne „Krankenhäuser sind wichtiger als Schwimmbäder“ unter Anwendung der abschließenden Aufzählung von Frage 1? 52. Wenn ja, wie ist das Ranking, und wird sich die Finanzierung der Daseinsvorsorge am Ran- king orientieren? 53. Wenn nicht, nach welcher Zuteilung erfolgt die Mittelvergabe für die Aufgaben der Daseins- vorsorge? 54. Wenn ja, reichen die zur Verfügung stehenden Landesmittel zur Finanzierung der im Ranking aufgeführten staatlichen Dienstleistungen, die der rot-grünen Begrifflichkeit der Daseinsvor- sorge unterliegen? 55. Würde eine Definition der Aufgaben der staatlichen Daseinsfürsorge im Sinne von Wahrheit und Klarheit und unter der Prämisse von Finanzierbarkeit und von technischen oder sonstigen Veränderungen der Solidargemeinschaft hilfreich sein? 56. In welchem Verhältnis steht die Landesraumordnung zur Daseinsvorsorge gemäß der Auffas- sung der rot-grünen Landesregierung? 57. Wird es Anpassungen des gültigen Landes-Raumordnungsprogramms an die Daseinsvorsor- ge, wie sie der Auffassung der rot-grünen Landesregierung entspricht, geben müssen? 58. Wenn ja, welche Teile der Landesraumordnung werden an den Daseinsvorsorgebegriff ange- passt werden? 59. Ab wann wird das geschehen, und bis wann soll die Anpassung der Landesraumordnung ab- geschlossen sein? 60. Wird es bezüglich der Daseinsvorsorge in Verbindung mit der kommunalen (RROPs) oder landesweiten Raumordnung (LROP) zu einem Paradigmenwechsel kommen? 61. Wenn ja, werden sich die Inhalte der jeweiligen Raumordnungspläne ändern? 62. Welche Bereiche der Daseinsvorsorge bleiben als verwaltungsrechtliche Dienstleistung bei den Kommunen (getrennt nach der Landkreis und der Gemeindeebene)? 63. Welche Aufgaben der Daseinsvorsorge werden von den Landesbeauftragten betreut? 64. In welchem Zusammenhang steht die heimische Versorgung mit Rohstoffen zur Daseinsvor- sorge? 65. Wird es unter dieser Prämisse auch unter der rot-grünen Landesregierung zu einer weiteren Ausweisung von Vorranggebieten für die Rohstoffgewinnung, z. B. für Kies, Sand, Naturstei- ne, Gips, Ton, Lehm Torf, Salz, Erdöl, Erdgas und Braunkohle, kommen? 66. Wenn nicht, warum nicht, und wie verhält es sich dann mit der langfristigen Planungssicher- heit im rohstoffreichen Niedersachsen? 67. Können sich die niedersächsischen Unternehmen auf ein „hohes Maß an Planungssicherheit“ (Antwort der Landesregierung in der Drs. 17/907) mit Bezug auf die langfristige Versorgung mit heimischen Rohstoffen verlassen? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 5 68. Wenn ja, was versteht die Landesregierung unter „die Rohstoffversorgung des Landes langfristig zu gewährleisten“ in Jahren (Antwort der Landesregierung in der Drs. 17/907)? 69. Gibt es diesbezüglich unterschiedliche Auffassungen zwischen der Wirtschaft und der rot-grü- nen Landesregierung? 70. Wenn ja, bei welchen Rohstoffarten, und warum ist das so? 71. Wie gedenkt die Landesregierung diesen unterschiedlichen Auffassungen zum einen mit Be- zug auf die Versorgung, zum anderen mit Bezug auf die Arbeitsplatzsicherung zu begegnen? 72. Sind die niedersächsischen Häfen einschließlich Binnen- und Yachthäfen Bestandteil der Da- seinsvorsorge? 73. Wenn nicht, welche sind Bestandteil der Daseinsvorsorge, und welche Häfen sind es nicht? 74. Welches Kriterium ist für diese Unterscheidung ausschlaggebend? 75. Gewährleistet die Landesregierung die Erreichbarkeit aller für die Daseinsvorsorge relevanten Häfen? 76. Wenn ja, welche baulichen Maßnahmen einschließlich Gewässeranpassungen sind hierfür landesweit (getrennt nach Gewässern) und nach welchen Kriterien (z. B. Europaschiff, Groß- motorgüterschiff, Übergroßes Motorschiff) ausschlaggebend? 77. Was wird die Landesregierung proaktiv - gemeint ist über Gespräche bei der Bundesregierung hinaus - unternehmen, um der Wirtschaft diesbezüglich eine langfristige Planungssicherheit zu gewährleisten? 78. Kann sich die Landesregierung, um eine flächendeckende Versorgung mit Infrastrukturen im Sinne der Daseinsvorsorge dauerhaft zu gewährleisten, auch PPP-Projekte vorstellen? 79. Wenn ja, in welchen Bereichen (z. B. Schulbauten, Straßenbauten, Justizgebäuden)? 80. Wenn nicht, warum nicht? 81. Ist die Landesregierung der Auffassung, dauerhaft eine Finanzierung von Aufgaben der öf- fentlichen Daseinsvorsorge ohne den Einsatz von PPP-Projekten durchführen zu können? 82. Sind nach Auffassung der Landesregierung sämtliche Aufgaben der Daseinsvorsorge im Sin- ne der langfristigen Finanzierbarkeit demografiefest, oder muss es zu einer Aufgabenreduzie- rung kommen? 83. Würde eine Aufgabenreduzierung in Teilbereichen (z. B. bei der guten und sicheren Pflege, wie sie in der Koalitionsvereinbarung beschrieben wird) mit einem Wechsel hin zu mehr priva- ter Vorsorge oder bürgerschaftlichen Engagement verbunden werden? 84. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass der Begriff „Daseinsvorsorge“ nicht rechtsfol- gebewehrt ist? 85. Wie beurteilt die Landesregierung dies vor dem Hintergrund, dass manche politischen Partei- en einen „Leistungsstaat“ oder „fürsorgenden Staat“ propagieren und den Begriff „Daseins- vorsorge“ auch vor dem Hintergrund einer europaweiten Staatschuldenkrise unbestimmt, z. B. in Koalitionsvereinbarungen, verwenden? (An die Staatskanzlei übersandt am 21.07.2014 - II/725 - 848) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 6 Antwort der Landesregierung Niedersächsische Staatskanzlei Hannover, den 22.09.2014 - 401 – 06025/4.4 - Der Begriff der Daseinsvorsorge umfasst alle für das menschliche Dasein notwendigen Leistungen. Wichtige Beispiele hierfür sind: – Schul- und Berufsausbildung, – Gesundheitsdienste, – Stationäre und mobile Alten/-Behindertenpflege, – Kulturangebote, – Sport- und Freizeitangebote, – Postdienstleistungen, – Versorgungsangebote (Banken, Sparkassen, Postfilialen, Einkauf etc.), – Behörden (Gerichte, Polizei, Rathaus etc.), – Feuerwehr, Katastrophenschutz, Rettungsdienste, – Service- und Beratungseinrichtungen der sozialen Sicherungssysteme und Familienförderung, – Betreuungseinrichtungen (Kindertageseinrichtungen, Einrichtungen für Obdach- und Woh- nungslose) sowie – Friedhöfe, – Öffentlicher Nah- und Fernverkehr, – Verkehrsinfrastruktur, – Energieversorgung, – Trinkwasserver-/Abwasserentsorgung, – Telekommunikation/Breitbandversorgung sowie – Abfallentsorgung. Der Aufgabenbestand der Daseinsversorgung ist nicht klar umgrenzt, da die Definition des Begrif- fes einem ständigen gesellschaftlichen Wandel unterliegt. Die Kommunen nehmen aufgrund ihrer sich aus Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) und Ar- tikel 57 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung (NV) ergebenden Selbstverwaltungsrechte we- sentliche Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft und der Daseinsvorsorge wahr. In Beachtung der kommunalen Selbstverwaltungsrechte geben Rechtsnormen zur Ausgestaltung der Daseinsvorsor- ge einen Rahmen vor, den die Kommunen selbst ausfüllen. Die Landesregierung räumt der Daseinsvorsorge, wie in der Koalitionsvereinbarung dargelegt, ei- nen hohen Stellenwert ein und unterstützt die Kommunen bei der Erbringung dieser für den gesell- schaftlichen Zusammenhalt so wichtigen Aufgaben bestmöglich. Es ist das politische Ziel der Lan- desregierung, Daseinsvorsorgeleistungen in allen Landesteilen Niedersachsens – zu sozialverträglichen Preisen, – in hoher Qualität und – guter Erreichbarkeit flächendeckend zu gewährleisten. Das ist umso wichtiger, da sich Niedersachsen - wie bereits in der Mündlichen Anfrage Nr. 50 (Drs. 17/1390) ausgeführt - in den vergangenen zehn Jahren aus- gesprochen unterschiedlich entwickelt hat: Sowohl bei den demografischen als auch bei den öko- nomischen Rahmendaten sind deutliche Verwerfungen zwischen dem Westen Niedersachsens und den Metropolregionen einerseits sowie weiten Teilen im Norden, Osten und Süden des Landes festzustellen. Dieses ist durch Studien wie das Regionalmonitoring Niedersachsen - Regionalreport 2012 oder den Regionalatlas (http://www.regionalmonitoring-statistik.niedersachsen.de) mit statisti- schen Daten belegt. Zudem hat der sogenannte Zukunftsvertrag zwischen dem Land und den Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 7 Kommunen nicht zu den gewünschten nachhaltigen strukturellen Verbesserungen geführt, da die Ziffer 9 - ressortübergreifende Strukturpolitik - nicht mit Leben erfüllt wurde. Insofern haben sich die Bedingungen, unter denen Kommunen die Daseinsvorsorge für ihre Bürge- rinnen und Bürger gewährleisten, während der letzten Legislaturperiode in vielen Fällen verschlech- tert. Hieraus ergibt sich für die Landesregierung ein eindeutiger politischer Handlungsauftrag, Da- seinsvorsorgeleistungen in der Fläche sicherzustellen und auch die Kommunen dabei zielgerichtet zu unterstützen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Der Begriff der Daseinsvorsorge umschreibt die staatliche Aufgabe zur Bereitstellung der für ein menschliches Dasein als notwendig erachteten Güter und Leistungen. Ministerpräsident Weil hat im Juni-Plenum 2013 (Stenografischer Bericht vom 21. Juni 2013, S. 987 und 988) in diesem Zu- sammenhang auf die Wasserver- und -entsorgung, die Abfallentsorgung, den Breitbandausbau so- wie sonstige öffentliche Leistungen beispielhaft hingewiesen. Eine abschließende Auflistung ist nicht möglich, da die Zuordnung von Gütern und Leistungen zur Grundversorgung aufgrund der sich stets wandelnden Lebensverhältnisse und gesellschaftlichen Ansprüche einem permanenten Wandel unterworfen ist. Zu 2 und 3: Der Begriff der Daseinsfürsorge ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der folglich einer kontextbezo- genen Auslegung bedarf. Daher kommt ihm in der politischen und sozioökonomischen Diskussion ein hoher Stellenwert zu. Eine künstliche Abgrenzung herbeizuführen, ist nicht zweckmäßig. Zu 4: Wie auch in anderen Ländern wurden in Niedersachsen die bestehenden verfassungsrechtlichen Erfüllungs- und Gewährleistungspflichten in zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge per Landes- gesetz konkretisiert, z .B. – die Krankenhausversorgung nach Niedersächsischem Krankenhausgesetz, – die Anlegung und Unterhaltung von Friedhöfen nach dem Bestattungsgesetz, – die Aufgaben der Betreuungsbehörde nach dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Betreuungsrecht, – die Städtebaumaßnahmen nach dem Baugesetzbuch, – der Brandschutz nach Niedersächsischem Brandschutzgesetz, wobei die Kommunen eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende leistungsfähige Feuerwehr aufzustellen, auszurüsten, zu unterhalten und einzusetzen haben, – die Kinder- und Jugendhilfe nach dem Niedersächsischem Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder und dem Niedersächsischen Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegeset- zes, – die kommunale Förderung der Träger der Jugendarbeit nach dem Niedersächsischen Gesetz zur Förderung der Jugendarbeit, – die öffentliche Fürsorge nach dem Niedersächsischen Gesetz zur Ausführung des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs und des § 6 b des Bundeskindergeldgesetzes sowie dem Nie- dersächsischen Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs, – die örtliche Trägerschaft der Kriegsopferfürsorge nach dem Niedersächsischen Gesetz zur Durchführung der Kriegsopferfürsorge, – die Schulträgerschaft und Schülerbeförderung nach dem Niedersächsischen Schulgesetz, – die Aufstellung und Fortschreibung der Regionalen Raumordnungsprogramme nach dem Nie- dersächsischen Raumordnungsgesetz, – die Erteilung von Umweltinformationen nach dem Niedersächsischen Umweltinformationsge- setz, Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 8 – die Landschafts- und Grünordnungspläne und Satzungen über geschützte Landschaftsbestandteile nach dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz, – die Unterhaltung der Gewässer zweiter und dritter Ordnung sowie Beseitigung der Abwässer aus Kleinkläranlagen und abflusslosen Gruben nach dem Niedersächsischen Wassergesetz, – die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach dem Niedersächsischen Ab- fallgesetz, – die Aufgaben Beseitigungspflichtiger nach dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz, – die Planung und Sicherstellung der pflegerischen Versorgungsstruktur nach dem Niedersächsi- schen Pflegegesetz, – die Aufgaben der Straßenbaulastträger für Gemeinde- und Kreisstraßen nach dem Niedersäch- sischen Straßengesetz und für Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen nach dem Bundesfern- straßengesetz sowie die Straßenreinigung nach dem Niedersächsischen Straßengesetz, – die Aufgaben des Nahverkehrsträgers, ausgenommen Schienenpersonennahverkehr, nach dem Niedersächsischen Nahverkehrsgesetz, – die Erhaltung von Straßenanlagen, die Eisenbahnen kreuzen, nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz , – die Verantwortung für öffentliche Spielplätze nach dem Niedersächsischen Nichtraucherschutz- gesetz. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes sind die Landkreise, kreis- freien Städte und die Städte Cuxhaven, Göttingen, Hameln und Hildesheim (kommunale Träger) die Träger des Rettungsdienstes in ihrem jeweiligen örtlichen Zuständigkeitsbereich. Darüber hinaus haben die Kommunen nach § 4 Satz 2 des Niedersächsischen Kommunalverfas- sungsgesetzes (NKomVG) im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit die Pflicht, die für ihre Einwohnerin- nen und Einwohner erforderlichen sozialen, kulturellen, sportlichen und wirtschaftlichen öffentlichen Einrichtungen bereit zu halten. Zu 5: Ja. Die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen treten für eine nachhaltige Sicherung der Quali- tät und allgemeinen Zugänglichkeit öffentlicher Leistungen zu einem angemessenen Preis ein. Dies umfasst beispielsweise – die Ausweitung und Verbesserung frühkindlicher Bildungs- und Ganztagsbetreuungsangebote, – die Integrationsförderung, – den Breitbandausbau, – die Anpassung kommunaler Infrastrukturen an die Bedürfnisse älterer Menschen sowie – die Sicherung angemessener Gesundheits- und Pflegeangebote. Zu 6: Die Aufgaben der Daseinsvorsorge sind, wie auch die sonstigen öffentlichen Aufgaben, auf die ver- schiedenen staatlichen Ebenen verteilt. So ergibt sich zwischen dem Bund und dem Land eine Aufgabenteilung nach Artikel 70 ff. und Artikel 91 a ff. GG. Die überregionalen Aufgaben hat das Land zu erfüllen, soweit nicht der Bund nach den genannten verfassungsrechtlichen Grundlagen zuständig ist. Zwischen dem Land und den Gemeinden ist entsprechend Artikel 57 Abs. 1 und 3 NV eine Abgrenzung durch die Bezugnahme auf Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und durch gesetzliche Regelung gegeben. So sind die zweckmäßig nur übergemeindlich erfüllbaren kommunalen Aufgaben durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 und § 6 NKomVG sowie durch Spezial- gesetze den Landkreisen zugewiesen. Für die pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben der Daseins- vorsorge ergibt sich die Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Land und den verschiedenen kommunalen Ebenen auch aus den jeweiligen speziellen Regelungen, wie § 6 Abs. 1 des Nieder- sächsischen Abfallgesetzes (NAbfG), der die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträ- gers den Landkreisen, kreisfreien Städten und einzelnen großen selbstständigen Städten zuweist, und § 15 NAbfG, der die Entsorgung von Sonderabfällen einer Regelung des Landes zuweist. Son- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 9 derregelungen bestehen für die Region Hannover nach den §§ 159 ff. NKomVG und für die Stadt Göttingen nach den §§ 168 ff. NKomVG. Zu 7: Qua Definition, vgl. oben stehende Ausführungen zu 1, ist der Begriff der Daseinsvorsorge mit einer grundsätzlichen Gewährleistung durch die öffentliche Hand untrennbar verbunden. Leistungen der Daseinsvorsorge können jedoch auch durch andere Institutionen, beispielsweise durch Träger der freien Wohlfahrtspflege, erbracht werden. Zu 8: Bei dem Begriff „Allgemeinversorgung“ handelt es sich um einen Begriff aus dem Sozialrecht. Hier wird die Sozialversorgung mitunter in die Bereiche Allgemeinversorgung (teilweise wird auch von „Staatsbürgerversorgung“ gesprochen) und Sonderversorgung unterteilt. Der Allgemeinversorgung werden Leistungen zugerechnet, deren Gewährung ausschließlich durch das Sozialstaatsprinzip motiviert ist und deren Leistungsvoraussetzungen grundsätzlich von jedem erfüllt werden können (vgl. W. Gitter, Sozialrecht, 4. Aufl. 1996, S. 4). Zu den Leistungen der Allgemeinversorgung wer- den u. a. das Wohngeld, das sozialrechtliche Kindergeld und das Elterngeld gerechnet. Der Begriff der „Universaldienstleistung“ wird im Telekommunikations- (dort vor allem in den §§ 78 bis 87 Telekommunikationsgesetz) und Postdienstleistungsrecht verwendet. Beide Begriffe sind je- weils, auch in Abgrenzung zum oben dargestellten Begriff der Daseinsvorsorge, in ihrem jeweiligen Sachzusammenhang zu verstehen. Zu 9: In der Umsetzung des Verfassungsauftrags zu staatlicher Fürsorge ist die öffentliche Hand weitest- gehend frei. Weil das Sozialstaatsprinzip eine Subsidiarität der wirtschaftlichen Betätigung des Staats gegenüber der Privatwirtschaft nicht kennt, steht es auch einer Privatisierung von Infrastruk- turleistungen grundsätzlich nicht entgegen. Gleichwohl ist bei der Leistungserbringung im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge häufig ein Marktversagen, wie beispielsweise beim Breitbandaus- bau zu beobachten, sodass das Land und kommunale Körperschaften die Leistungserbringung für alle Bürgerinnen und Bürger in allen Landesteilen sicherstellen müssen. Private Anbieter engagie- ren sich aufgrund ihres Gewinnerzielungsinteresses eher punktuell. Zu 10 und 11: Aus dem Sozialstaatsprinzip ergibt sich das Gebot für die öffentliche Hand, für gleichwertige Le- bensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger Sorge zu tragen. Dieses sozialstaatliche Gebot wird u. a. im Raumordnungsrecht konkretisiert: § 2 Abs. 2 Nr. 1 Raumordnungsgesetz bestimmt, dass in Deutschland ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben sind. Hierbei ist die „nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern“. Die angestrebte Gleichwertigkeit ist dabei nicht gleichzusetzen mit einer Einheitlichkeit der Lebensbedin- gungen. Die Aufgaben der Daseinsvorsorge obliegen als Angelegenheit der örtlichen Gemein- schaft, wie dargestellt, (überwiegend) den Kommunen und können von diesen auf der Grundlage ihrer Selbstverwaltungskompetenz (Artikel 28 Abs. 2 GG) weitgehend selbstbestimmt ausgefüllt werden. Gleichwohl strebt die Landesregierung einen gleichberechtigten Zugang zu allen Leistun- gen im Bereich der Daseinsvorsorge landesweit an. Zu 12: Der Rückzug der öffentlichen Hand lässt sich in den einzelnen Teilbereichen der Daseinsvorsorge in unterschiedlichem Maße beobachten. Beispiele hierfür sind: – Weit fortgeschritten sind Privatisierungstendenzen im Bereich der Energiewirtschaft und Tele- kommunikation. Eine Vielzahl von Anbietern ist mittlerweile privatwirtschaftlich organisiert. – Im Bereich der Wasserver- und -entsorgung sowie der Abfallentsorgung wurden die kommunalen und regionalen Versorgungsstrukturen teilweise privatisiert. – Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen wurden privatisiert. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 10 Zu 13: Die Privatisierung von Daseinsvorsorgeleistungen in den vorstehenden Teilbereichen hat dazu ge- führt, dass der Ausbau der High-Speed-Telekommunikationsnetze vorrangig in wirtschaftlich profi- tablen Gegenden und nicht flächendeckend erfolgt, der Einfluss der Kommunen auf die Preisent- wicklung in den Bereichen Wasserver- und -entsorgung sowie der Abfallentsorgung nicht in vollem Umfang gegeben ist und die Zugänglichkeit zu qualitativ hochwertigen medizinischen Leistungen für alle Bürgerinnen und Bürger erschwert wird. Zu 14: Die Aufgaben der Daseinsvorsorge, deren Gewährleistung den niedersächsischen Kommunen ob- liegt, können von diesen auf der Grundlage ihrer Selbstverwaltungskompetenz (Artikel 28 Abs. 2 GG) weitgehend selbstbestimmt ausgefüllt werden. Die Landesregierung nimmt daher keine Be- wertung vor, wie sich Privatisierungen im Bereich der Daseinsvorsorge in einzelnen Kommunen auf deren Bürgerinnen und Bürger ausgewirkt haben. Gleichwohl nimmt sie den eindeutig erkennbaren Trend zur Rekommunalisierung auch bei niedersächsischen Kommunen zur Kenntnis und begrüßt diesen. Zu 15: Die Landesregierung hält u. a. folgende Maßnahmen für geeignet: – Verbesserung der Transparenz für Bürgerinnen und Bürger sowie politische Entscheidungsträ- ger im Vorfeld von (Teil-) Privatisierungen, – Verbesserung und Standardisierung von Kontrollmechanismen, anhand derer die politischen Entscheidungsträger die verfolgten Ziele von Privatisierungen prüfen können, – stärkere Einbindung der Bürgerinnen und Bürger bei der politischen Kontrolle und Steuerung von öffentlichen Dienstleistungsunternehmen, – Abbau tradierter Strukturen und Ausbau der Innovationstätigkeit und Versorgungsqualität in verschiedenen Dienstleistungssektoren, – Förderung integrierter Dienstleistungs-Netzwerke unterschiedlicher Anbieter zur Sicherung ei- nes qualitativ hochwertigen Dienstleistungsangebotes zu erschwinglichen Preisen, – Entwicklung von Modellen einer betriebswirtschaftlichen und zugleich am Gemeinwohl orientierten Verwaltungssteuerung zur Erhöhung der Chancengleichheit zwischen öffentlichen und pri- vaten Dienstleistern. Zu 16: Die Landesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine am Gemeinwohl orientierte Da- seinsvorsorge verpflichtet (Koalitionsvertrag „Erneuerung und Zusammenhalt - Nachhaltige Politik für Niedersachsen“, S. 24). So soll der Zugang zu qualitativ hochwertigen und für alle Bürgerinnen und Bürger erschwinglichen Leistungen der Daseinsvorsorge gesichert werden. Diese sollen mög- lichst wirtschaftlich erbracht werden. Zu 17: Welche Leistungen der Daseinsvorsorge wirtschaftlich oder unwirtschaftlich erbracht werden dür- fen, hängen von den jeweiligen örtlichen Verhältnissen und vom jeweils an der Leistung bestehen- den Gemeinwohlinteresse ab. Daher ist eine generelle Klassifikation nicht möglich. Zu 18: Der Begriff der Daseinsvorsorge lässt sich nicht auf die Erbringung von Leistungen durch die öffent- liche Hand beschränken. Sie wird zugleich über staatlich regulierte Märkte sichergestellt. Beispiel- haft kann die Energieversorgung oder die Abfallentsorgung genannt werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 11 Zu 19: Beispiele für Leistungen der Daseinsvorsorge, die im Wettbewerb über staatlich regulierte Märkte bereitgestellt werden, sind: – Abfallentsorgung, – Energie- und Wasserver- und -entsorgung, – Gesundheitswesen (Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen usw.), – Öffentlicher Personennahverkehr, – Postdienstleistungen. Beispiele für Leistungen der Daseinsvorsorge, die grundsätzlich allein durch die öffentliche Hand erbracht werden, sind: – Anlegung und Unterhaltung von Friedhöfen nach dem Bestattungsgesetz, – Vorbereitung der Städtebaumaßnahmen nach dem Baugesetzbuch, – Brandschutz nach Niedersächsischem Brandschutzgesetz, – Kriegsopferfürsorge nach dem Niedersächsischen Gesetz zur Durchführung der Kriegsopferfür- sorge, – Aufstellung und Fortschreibung des Regionalen Raumordnungsprogramms nach dem Niedersächsischen Raumordnungsgesetz, – Erteilung von Umweltinformationen nach dem Niedersächsischen Umweltinformationsgesetz; – Landschafts- und Grünordnungspläne und Satzungen über geschützte Landschaftsbestandteile nach dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz, – Unterhaltung der Gewässer zweiter und dritter Ordnung sowie Beseitigung der Abwässer aus Kleinkläranlagen und abflusslosen Gruben nach dem Niedersächsischen Wassergesetz, – Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach dem Niedersächsischen Abfallge- setz, – Errichtung und Unterhaltung eines Schiedsamtes nach dem Niedersächsischen Gesetz über gemeindliche Schiedsämter, – Aufgaben der Straßenbaulastträger für Gemeinde- und Kreisstraßen nach dem Niedersächsi- schen Straßengesetz und für Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen nach dem Bundesfernstra- ßengesetz, – Erhaltung von Straßenanlagen, die Eisenbahnen kreuzen, nach dem Eisenbahnkreuzungsge- setz, – Verantwortung für öffentliche Spielplätze nach dem Niedersächsischen Nichtraucherschutzge- setz. Zu 20: Ja. Zu 21: Die Mitteilung der Europäischen Kommission „Die Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa“, die aus dem Jahr 2001 stammt und somit 13 Jahre alt ist, beschreibt die Erfahrungen mit der Liberali- sierung einzelner Leistungen der Daseinsvorsorge aus den 1990er-Jahren. Aus Sicht der Landes- regierung ist bei diesem Thema besonders hervorzuheben, dass auch die Europäische Union im Bereich der Daseinsvorsorge auf der Grundlage dieses überholten Kenntnisstands keine Pflicht zu einer Pauschal-Privatisierung etabliert. Die Europäische Kommission führt in ihrer Mitteilung aus, dass die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen und wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben der Daseinsvorsorge dem Mitgliedstaat obliegt und dies auf unterschiedliche Art und Weise erfol- gen kann. Diese Auffassung wird von der Landesregierung geteilt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 12 Zu 22: Die Europäische Kommission räumt den Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Inte- resse einen hohen Stellenwert für den Europäischen Binnenmarkt ein. Sie erkennt darüber hinaus an, dass die nationalen, regionalen und lokalen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Festlegung derjenigen Tätigkeiten, die sie als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse an- sehen, über einen weiten Ermessensspielraum verfügen. Diese dem Subsidiaritätsprinzip folgende Festlegungskompetenz wird von der Landesregierung befürwortet. Zu 23: Mit dem Vertrag von Lissabon sichert die EU nationalen und lokalen Behörden in einem Zusatzpro- tokoll eine weitgehende Gestaltungsfreiheit bei der Erledigung von Aufgaben der Daseinsvorsorge. Die Landesregierung sieht hierdurch den Handlungsspielraum der öffentlichen Hand gewahrt, dass so qualitativ hochwertige Leistungen zu dauerhaft günstigen Preisen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger angeboten werden können. Zu 24 und 25: Über die Ausweitung oder Nicht-Ausweitung kommunaler Dienstleistungen auf private Anbieter oder über ein stärkeres Nebeneinander öffentlicher und privater Akteure wird im konkreten Einzel- fall entschieden und liegt zumeist im Entscheidungsspielraum der Kommunen. Zu 26: Die Daseinsvorsorge, wie sie im deutschen Recht entwickelt wurde, wird nicht durch die europäi- schen Regelungen zu den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ausgeschlossen. Auf die Antwort zu 24 wird verwiesen. Zu 27 und 28: Die nationalen Erfahrungen mit der Erbringung und Organisation öffentlicher Dienstleistungen, ins- besondere auf kommunaler Ebene, werden in den Diskurs über die Zukunft der öffentlichen Dienst- leistungen in Europa eingebracht. Die Landesregierung wird hierbei eine aktive Rolle übernehmen. Zu 29: Die Landesregierung versteht sich als zuverlässiger Partner von landeseigenen Kultureinrichtungen wie den Staatstheatern und Landesmuseen sowie als Förderer regionaler Angebote durch die Kommunen und andere Träger. Sie betrachtet Kulturförderung nicht als eine bloße Subvention des Kunst- und Kulturbetriebes mit Landesmitteln. Es geht um die Umsetzung des Anspruchs der Bür- gerinnen und Bürger auf Teilhabe, auf kulturelle Bildung sowie um eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft. Kunst und Kultur sollen auch künftig flächendeckend und wohnortnah die Menschen erreichen. Die Landesförderung von Institutionen und Projekten in allen Regionen Nie- dersachsens stellt im Sinne der Daseinsvorsorge sicher, dass Kunst und Kultur in der Fläche unse- res Landes allen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich sind. Zu 30: Der Landesregierung ist es wichtig, dass möglichst viele Menschen mit unterschiedlichen Interes- sen und Voraussetzungen sowohl die Angebote der Hochkultur als auch der Breitenkultur nutzen. Diesem trägt das Ministerium für Wissenschaft und Kultur vor allem über Zielvereinbarungen mit den kulturellen Einrichtungen Rechnung. Diese beinhalten Teilhabe und Gewinnung neuer Publi- kumsschichten als elementare Bestandteile. Entsprechende Vermittlungsangebote sollen den Zu- gang erleichtern. Auch die Förderung der Integration, beispielsweise durch interkulturelle oder auch inklusive Ansätze, ist in allen Zielvereinbarungen enthalten. Ferner sollen die Kulturangebote mög- lichst barrierefrei gestaltet sein. Zu 31 und 32: Leistungen der Daseinsvorsorge sollten - wo immer im Einzelfall möglich - kostendeckend sein. Auf die Antwort zu 16 wird verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 13 Zu 33: Eine konkrete Zuschussbedürftigkeit seitens des Landes gibt es bei den Aufgaben, die den Kom- munen im übertragenen Wirkungskreis obliegen. Hier wird den Kommunen gemäß § 12 des Nie- dersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich ein Betrag in Höhe 75 vom Hundert der nicht durch Erträge gedeckten pauschalierten Kosten zugewiesen. Im Jahr 2012 belief sich dieser Betrag auf 395 327 519,67 Euro. Zu 34 und 35: In der Koalitionsvereinbarung werden als Leistungen der Daseinsvorsorge die Städtebauförderung, Wohnraumförderung, Stationäre Krankenhausversorgung, Jugendförderung und Pflege konkret benannt. 1. Städtebauförderung Im Rahmen des Bund-Länder-Programms zur Städtebauförderung werden Maßnahmen der Kom- munen zur städtebaulichen Erneuerung mit Fördermitteln unterstützt. Der kommunale Eigenanteil beträgt i. d. R. ein Drittel, die restlichen zwei Drittel bestehen je zur Hälfte aus Bundesfinanzhilfen und Landesmitteln (die Länder können die Bundesmittel nur soweit in Anspruch nehmen, wie sie Landesmittel zur Gegenfinanzierung bereit stellen). Die Höhe der Fördermittel wird jedes Jahr durch eine Verwaltungsvereinbarung „Städtebauförderung“, die der Bund und die Länder abschlie- ßen, festgelegt. Die finanzielle Ausstattung des Programms kann von Jahr zu Jahr unterschiedlich ausfallen. Der Begriff der Daseinsvorsorge wird lediglich in einem der derzeit fünf Programme der Städte- bauförderung thematisiert, und zwar im Programm „Kleinere Städte und Gemeinden“. Dieses Pro- gramm hat der Bund - als einen Baustein der „Initiative Ländliche Infrastruktur“ - im Programmjahr 2010 erstmals aufgelegt. In Niedersachsen wird es seit dem Programmjahr 2011 mit Landesmitteln gegenfinanziert. Die Fördermittel werden zur Vorbereitung und Durchführung von Investitionen zur Erhaltung und Entwicklung der kommunalen Infrastruktur der Daseinsvorsorge eingesetzt. Geför- dert werden vorrangig Kommunen in dünn besiedelten ländlichen Räumen, die überörtlich zusam- menarbeiten oder ein Netzwerk bilden und so Synergieeffekte zur Sicherung und Entwicklung ihrer Infrastruktur nutzen. Im Programmjahr 2013 wurden für das Programm „Kleinere Städte und Gemeinden“ rund 7,9 Mio. Euro (jeweils zur Hälfte Bundes- und Landesmittel) zur Verfügung gestellt. Angaben zu den Folge- jahren sind noch nicht möglich, da die Einplanung des Städtebauförderungsprogramms 2014 noch nicht abgeschlossen ist. 2. Wohnraumförderung Zur Förderung des Wohnungswesens erhält das Land Niedersachsen vom Bund jährlich Kompen- sationsmittel in Höhe von 39,86 Mio. Euro als zweckgebundene Mittel bis zum Jahr 2019. Diese Mittel werden in einem revolvierenden Wohnraumförderfonds vereinnahmt und bewirtschaftet. 3. Stationäre Krankenhausversorgung Die Krankenhäuser haben nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) An- spruch auf Förderung, soweit und solange sie in den Krankenhausplan des Landes und bei Investi- tionen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KHG in das Investitionsprogramm aufgenommen sind (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KHG). Für die Investitionsprogramme 2014 bis 2016 stellt das Land einen Verpflichtungs- rahmen in Höhe von 360 Mio. Euro zur Verfügung. In diesem Rahmen wird sich die Landesregie- rung dafür einsetzen, dass eine flächendeckende, wohnortnahe und sektorenübergreifende Grund- versorgung gesichert wird. Die Landesregierung wird Kooperationen, Fusionen und Schwerpunkt- bildungen von Krankenhäusern fördern und hat in diesem Zusammenhang Regionalgespräche im Krankenhausbereich neu etabliert, um gemeinsam mit allen Beteiligten zukunftsfähige Lösungen für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort zu entwickeln. Darüber hinaus stellt die Landesregierung bei Kapitel 05 40 in Titelgruppe 77 zusätzlich 4 Mio. Euro für Investitionsmaßnahmen zur Strukturver- besserung im ländlichen Raum zur Verfügung. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 14 4. Jugendförderung Die Förderprogramme zur Qualifizierung und Stabilisierung für junge Menschen mit Vermittlungs- hemmnissen und Problemen im Übergang von der Schule in den Beruf (Jugendwerkstätten und Pro-Aktiv-Centren) sollen ab Mitte 2015 neu aufgelegt werden, denn das Armutsrisiko für diese Personengruppe ist nach wie vor besonders hoch. Hier bedarf es besonderer Unterstützungsleis- tungen, um dauerhafte Alimentierung zu vermeiden. Dabei handelt es sich um nachfolgende Maß- nahmen: – Zur fortgesetzten intensiven Förderung des Engagements in der Jugendarbeit und zur Stärkung der Jugendbeteiligung startet ab 2015 das neue Programm „Generation“. In der Programmlauf- zeit bis Ende 2019 werden dafür insgesamt mindestens 2 Mio. Euro zur Verfügung stehen. – Die offene und verbandliche Jugendarbeit wird fortgesetzt partnerschaftlich abgesichert. Für die Förderung der Jugendarbeit auf der Grundlage des Niedersächsischen Jugendförderungsge- setzes (JFG) werden folgende Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt: – 5 974 000 Euro für Personalkostenzuschüsse für Jugendbildungsreferentinnen und -referen- ten und Verwaltungskostenzuschüsse für anerkannte Träger der Jugendarbeit, – 3 900 000 Euro für die Förderung von Bildungsmaßnahmen der Jugendarbeit sowie der Verdienstausfall ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendarbeit sowie für die Aus- und Fortbildung von Jugendleiterinnen und Jugendleitern und die Ausstellung der JULEICA und Internationale Begegnungen, Investitionen in Jugendherbergen, Jugend- freizeitstätten und verbandliche Bildungsstätten, Jugendserver sowie besondere Einzelvor- haben. – Für die sozialpädagogische Betreuung straffällig gewordener junger Menschen in ambulanten Maßnahmen als ein erzieherisches Angebot der Jugendhilfe stehen weiterhin jährlich Haus- haltsmittel in Höhe von 2,1 Mio. Euro in Kapitel 05 73 TGr. 84 und 90 zur Verfügung. – Für das Ziel der Landesregierung, den Kinderschutz in Niedersachsen kontinuierlich weiterzuentwickeln , setzt das Land auf die Aufrechterhaltung bzw. den Ausbau der bewährten Infra- struktur im Kinderschutz, die Förderung von Modellvorhaben sowie umfangreiche Qualifizie- rungs- und Fortbildungsangebote für Fachkräfte. – Im Bereich des Jugendmedienschutzes erfolgen diverse präventive Maßnahmen zur Stärkung der Medienkompetenz. Insgesamt fließen in diesen Bereich rund 1,4 Mio. Euro Fördermittel aus dem Haushalt des Sozialministeriums. – Für die Unterstützung von Kommunen und freien Trägern bei der Realisierung von Beteili- gungsmodellen sowie für die Ausbildung von Kinderbeteiligungsmoderatoren setzt das Land in diesem Jahr 40 000 Euro ein. 5. Pflege Erhöhte Ausgaben des Landes im Bereich der Altenpflege sind mit Angeboten und Leistungen der Daseinsvorsorge, die in der Koalitionsvereinbarung angedeutet sind, generell nicht verbunden. Eine Ausnahme stellen folgende Vorhaben dar: – Die gesetzliche Absicherung der Schulgeldfreiheit in der Altenpflegeausbildung könnte bei ei- nem zu begrüßenden Anstieg der Anzahl von Altenpflegeschülerinnen und -schülern zu einem Anstieg der Ausgaben führen. Der Entwurf einer dieser Zielsetzung dienenden Änderung des Niedersächsischen Pflegegesetzes befindet sich derzeit in der parlamentarischen Beratung. – Beginnend mit dem Jahr 2014 ist ein Förderprogramm „Wohnen und Pflege im Alter“ aufgelegt worden. Fördergrundsätze zur Umsetzung des Programms werden derzeit erarbeitet. Für die gesetzliche Absicherung der Schulgeldfreiheit in der Altenpflegeausbildung sind im Haus- halt 2014 (Einzelplan 05, Kapitel 05 36, Titelgruppe 70/71, Titel 682 71) 6,2 Mio. Euro, im Haus- haltsplanentwurf 2015 6,82 Mio. Euro sowie in der Mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2016 und 2017 jeweils 7,5 Mio. Euro ausgewiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 15 Für das Förderprogramm „Wohnen und Pflege im Alter“ stehen im Haushalt 2014 (Einzelplan 05, Kapitel 05 36, Titelgruppe 72) insgesamt 1 Mio. Euro - jeweils 500 000 Euro für investive und nicht investive Maßnahmen - zur Verfügung. Dieser Ansatz ist gleichbleibend im Haushaltsplanentwurf 2015 sowie in der Mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2016 und 2017 vorgesehen. Zu 36: Die geringen Ausgabenzuwächse in den benannten Bereichen der Daseinsvorsorge werden durch Mittelumschichtungen im Haushalt finanziert. Damit folgt die Landesregierung dem Grundsatz „neue Politik aus altem Budget“. Zu 37 und 38: Das Konnexitätsprinzip der Niedersächsischen Verfassung ist abstrakt ausgestaltet und bedarf der Konkretisierung im Einzelfall. Den Aufgabenbestand der Kommunen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge betreffend liegen derzeit keine Gesetzentwürfe der Landesregierung vor, die ge- eignet wären, ein erhöhtes Ausgabevolumen bei den Kommunen festzustellen. Zu 39: Mit der Diskussion um die Gewährleistung von Daseinsvorsorge ist die angespannte Haushaltslage auf Kommunal- und Landesebene untrennbar verbunden und wird daher selbstverständlich auch von Vertretern der Landesregierung bei der Verwendung der Begrifflichkeit „Daseinsvorsorge“ be- rücksichtigt. Zu 40: Die Antwort entfällt aufgrund der Antwort zu 39. Zu 41: Nein, Steuererhöhungen auf Landesebene mit dem Ziel, Angebote und Leistungen der Daseinsvor- sorge auszubauen, sind derzeit nicht geplant. Zu 42 bis 44: Die Antwort entfällt aufgrund der Antwort zu 41. Zu 45: Die Landesregierung prüft zurzeit, ob die im Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz geregel- ten Finanzierungsinstrumente ausgedehnt werden können. Im touristischen Bereich könnten be- stehende Finanzquellen weiteren Kommunen zugänglich gemacht werden; im Bereich des Stra- ßenausbaubeitragsrechts könnte eine neue Art der Erhebungsform eingeführt werden. Es bleibt den Kommunen darüber hinaus unbenommen, ihren verfassungsrechtlich verankerten Anspruch auf Schaffung eigener Einnahmequellen durchzusetzen. Zu 46 und 47: Auf die Antworten zu 34, 35 und 41 wird verwiesen. Zu 48: Die Landesregierung misst der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen eine große Bedeutung zu. Zu 49 und 50: In einer sozialen Marktwirtschaft verdrängen sich die Leistungen privater und öffentlicher Stellen nicht gegenseitig, sondern stehen in einem Verhältnis der Ergänzung. Berechnungen der abgefrag- ten Art können nicht vorgenommen werden, da Daseinsvorsorgeangebote in öffentlicher Träger- schaft unmittelbar zur kommunalen bzw. regionalen Wertschöpfung beitragen. Steuerzahler entloh- nen und versichern keine Arbeitsplätze. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 16 Zu 51: Nein. Zu 52: Die Antwort entfällt aufgrund der Antwort zu 51. Zu 53: Auf die Antworten zu 33 bis 35 wird verwiesen. Zu 54: Die Antwort entfällt aufgrund der Antwort zu 51. Zu 55: Nein. Zu 56: Nach den Grundsätzen der Raumordnung im Raumordnungsgesetz des Bundes (§ 2 Abs. 3 ROG) ist die Grundversorgung der Bevölkerung mit technischen Infrastrukturleistungen flächendeckend sicherzustellen. Soziale Infrastruktur ist vorrangig in zentralen Orten zu bündeln. In diesem Sinne setzt die Landesraumordnung Niedersachsen mit ihren in Kapitel 2.3 „Entwicklung der Versor- gungsstrukturen“, Ziffern 01 und 02, festgelegten Grundsätzen des Landes-Raumordnungsprogramms (LROP) einen von der kommunalen Ebene eigenverantwortlich näher auszufüllenden Rahmen. Zu 57 und 58: Der LROP-Entwurf sieht Anpassungen in den Bereichen Abfallentsorgung, Breitbandversorgung, Energieversorgung, ÖPNV, Einzelhandelssteuerung und Nahversorgung und Verbesserung der Er- reichbarkeit von Angeboten und Einrichtungen der Daseinsvorsorge vor. Zu 59: Das Beteiligungsverfahren zur Änderung und Ergänzung des LROP läuft vom 24. Juli bis 14. No- vember 2014. Der Abschluss des LROP- Änderungs- und Ergänzungsverfahren wird für 2015 an- gestrebt. Zu 60 und 61: Da die Fragesteller nicht konkretisieren, was mit einem Paradigmenwechsel gemeint sein soll, kann die Frage nicht beantwortet werden. Regionale Raumordnungsprogramme (RROP) sind Änderun- gen des LROP gemäß §5 Abs. 3 NROG anzupassen. Zu 62: Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 NKomVG gehören zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden, in dessen Rahmen sie die Aufgaben der Daseinsvorsorge aufgreifen können, alle Angelegenheiten der örtli- chen Gemeinschaft. Zu den Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Landkreise und der Regi- on Hannover gehören nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 NKomVG die von ihnen freiwillig übernommenen Auf- gaben. Die Landkreise können nach § 5 Abs. 3 NKomVG auch mit Zustimmung der kreisangehöri- gen Gemeinden deren freiwillig übernommene Aufgaben und Einrichtungen übernehmen. Sie kön- nen dies auch ohne Zustimmung der Gemeinden, um einem Bedürfnis der Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises in einer dem öffentlichen Wohl entsprechenden Weise zu genügen. Hinzu tritt, dass nach § 5 Abs. 4 NKomVG Aufgaben der Landkreise den Gemeinden auf deren An- trag überlassen werden sollen, wenn diese die Aufgaben in einer dem öffentlichen Wohl entspre- chenden Weise erfüllen können und die zweckmäßige Erfüllung der Aufgaben der Landkreise im Übrigen nicht gefährdet wird. Eine Änderung dieser kommunalverfassungsrechtlichen Aufgabenverteilung ist nicht beabsichtigt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 17 Zu 63: Das Aufgabenportfolio der Landesbeauftragten für regionale Landesentwicklung umfasst die für die Regionalentwicklung maßgeblichen Aufgabenbestände. In diesem Rahmen sind sie etwa für die Moderation und Begleitung von infrastrukturellen Projekten mit regionalem oder überregionalem Bezug zuständig, die für die Sicherung der Daseinsvorsorge von erheblicher Bedeutung sind. Bei- spielhaft kann der Breitbandausbau genannt werden. Auch über die Koordination der EU-Fonds, die Strukturförderung im ländlichen Raum, die Städtebauförderung sowie die Entwicklung von Stra- tegien zur Bewältigung des demografischen Wandels nehmen die Landesbeauftragten wichtige Aufgaben mit klaren Bezügen zur Daseinsvorsorge wahr. Zu 64: Die Rohstoffversorgung, d. h. die Beschaffung oder der Abbau von Rohstoffen sowie deren an- schließende Verwertung, zählt primär zu den Aufgaben der Wirtschaft und ist damit nicht der staat- lichen Daseinsvorsorge zuzurechnen. Die Sicherung heimischer Rohstoffvorkommen im Rahmen öffentlicher Planungen ist hingegen eine staatliche Aufgabe, die im Interesse der Allgemeinheit er- bracht wird und damit dem Begriff der staatlichen Daseinsvorsorge zugeordnet werden kann. Im Übrigen wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode, Christian Dürr, Christian Grascha, Horst Kortlang, Jan Christoph Oetjen und Gabriele König (FDP) vom 08.11.2013 (Drs. 17/907) verwiesen. Zu 65 und 66: Ob und in welchem Umfang zukünftig Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung im Landes-Raum- ordnungsprogramm ausgewiesen werden, ist Gegenstand der aktuellen Beratungen zur Änderung und Ergänzung des LROP. Die Landesregierung beabsichtigt, aus Gründen des Klima- und des Naturschutzes auf die Festlegung von Vorranggebieten Rohstoffgewinnung für die Rohstoffart Torf in Zukunft zu verzichten. Dahingegen erachtet die Landesregierung die aktuellen Festlegungen des LROP für die übrigen Rohstoffarten als ausreichend, sodass diese Festlegungen im Wesentlichen fortgelten sollen. Zu 67: Ja. Zu 68: Wie in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode, Christian Dürr, Christian Grascha, Horst Kortlang, Jan Christoph Oetjen und Gabriele König (FDP) vom 08.11.2013 (Drs. 17/907) ausgeführt, beinhaltet dies die raumordnerische Sicherung von „Flä- chen mit oberflächennahem, wertvollem, wirtschaftlich nutzbarem Rohstoffinhalt und Bereiche für obertägige Anlagen zur Nutzung tief liegender Rohstoffe als Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung im Landes-Raumordnungsprogramm“. Zu 69 und 70: Zweck der Raumplanung ist insbesondere die Abwägung von verschiedenen, teilweise konkurrie- renden Nutzungsansprüchen. Dieser Abwägungsprozess kann dazu führen, dass beispielweise den Belangen der Kommunen, der Erholung, des Klima- und des Naturschutzes der Vorrang vor dem wirtschaftlichen Interesse an der Nutzung heimischer Rohstoffvorkommen eingeräumt wird. Aktuell betrifft dies die Entscheidung der Landesregierung im Zusammenhang mit der zukünftigen Ausweisung von Vorranggebieten für die Torfgewinnung im LROP. Die Torfwirtschaft fordert hinge- gen den Erhalt bzw. die Ausweitung dieser Vorranggebiete. Zu 71: Die Landesregierung hat im Juli 2014 das förmliche Beteiligungsverfahren zur Änderung und Erwei- terung des LROP eingeleitet. Nach dem Ende des Beteiligungsverfahrens wird die Landesregie- rung die eingegangenen Stellungnahmen auswerten und gegeneinander abwägen. Die Belange der Wirtschaft werden in angemessener Form in den Gesamtabwägungsprozess einfließen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 18 Zu 72: Ja. Zu 73 und 74: Entfällt aufgrund der Antwort zu 72. Zu 75: Ja. Zu 76: Die Wasserstraßen in Niedersachsen einschließlich der Bereiche in anderen Bundesländern haben unterschiedliche Ausbaustandards und Ausbauziele. Nachfolgend wird ein Überblick über den Wasserstraßenbereich gegeben: Wasserstraße Heutiger Zustand Angestrebter Zustand Bemerkungen Mittellandkanal (Hauptstrecke) Wasserstraßenklasse Vb, BMVI-Kategorie A Wasserstraßenklasse Vb, BMVI-Kategorie A Der Hauptkanal ist weitgehend fertig gestellt , es bestehen nur noch einige Engstellen mit Verkehrslenkung in der Oststrecke (Sachsen-Anhalt). Stichkanal Osnabrück Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie S Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie C (nach Überprüfung des Bedarfs) Streckenausbau ist fertig gestellt, eine Erweiterung der beiden Schleusen Hollage und Haste ist aufgrund der Entwicklung des Osnabrücker Hafens nicht mehr vorgesehen, die beiden Schleusen sollen grundinstandgesetzt werden. Stichkanal Linden Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie S Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie S Im Einvernehmen mit der Stadt Hannover ist ein Ausbau des Stichkanals Linden zurückgestellt worden. Stichkanal Misburg Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie S Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie C (nach Prüfung des Bedarfs) Der Ausbau des Stichkanals Misburg ist bundesseitig abgeschlossen. Stichkanal Hildesheim Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie C Wasserstraßenklasse Va, BMVI-Kategorie C Der Stichkanal Hildesheim wird für das GMS ausgebaut. Die Schleuse Bolzum im Eingangsbereich des Stichkanals ist bereits fertig gestellt. Stichkanal Salzgitter Wasserstraßenklasse Vb, BMVI-Kategorie C Wasserstraßenklasse Vb, BMVI-Kategorie B Der Stichkanal Salzgitter hat die höchste Ausbaupriorität, er wird nach Wasserstraßenklasse Vb ausgebaut. Die Befahrbarkeit mit Schubverbänden ist heute schon gegeben, jedoch mit reduzierter Abladetiefe (2,50 m). DortmundEms - Emskanal (Nordstrecke) Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie B/A Wasserstraßenklasse Va, BMVI-Kategorie B/A Die fühf Schleusen der DEK-Nordstrecke werden im Rahmen einer Ersatzinvestitionsmaßnahme des Bundes mit den Abmessungen von 140 m Länge und 12,50 m Breite zurzeit neu gebaut. Damit ist deren Befahrbarkeit auch mit ÜGMS gewährleistet. Im Anschluss daran sind Maßnahmen zur Anpassung der Strecken und der Brückendurchfahrtshöhen für den Standard des GMS geplant . Mittelweser Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie B Wasserstraßenklasse Va, BMVI-Kategorie A (nach Prüfung des Der Neubau der beiden Schleusen Dörverden und Minden wird in 2014 abgeschlossen , die Verkehrsfreigabe für das GMS (Ausbauziel) ist für 2015 ge- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 19 Wasserstraße Heutiger Zustand Angestrebter Zustand Bemerkungen Bedarfs) plant. Darüber hinaus wird geprüft, ob und inwieweit auch das ÜGMS auf der Mittelweser zugelassen werden kann. Elbe-SeitenKanal Wasserstraßenklasse Vb, BMVI-Kategorie A Wasserstraßenklasse Vb, BMVI-Kategorie A Der Ausbaustandard des ESK erlaubt den Verkehr mit Schubverbänden. Das Schiffshebewerk Scharnebeck stellt einen Engpass für die Befahrbarkeit mit dem GMS/ÜGMS dar. Die Planungen für den Neubau einer Schleuse Lüneburg (neben dem Schiffshebewerk) laufen, die Planfeststellung für die Schleuse ist noch nicht begonnen worden. Der Neubau der Schleuse Lüneburg ist für den BVWP 2015 angemeldet worden. Küstenkanal Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie C Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie C Der bauliche Zustand des Küstenkanals ist schlecht. Daher steht die Substanzerhaltung im bestehenden Querschnitt im Vordergrund. Langfristiges Ziel ist die Befahrbarkeit mit dem GMS. Oberweser Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie S Wasserstraßenklasse IV, BMVI-Kategorie C Der gewerbliche Binnenschiffsverkehr spielt auf der Oberweser so gut wie keine Rolle. In der letzten Zeit wird die Oberweser mit zunehmender Tendenz zur Durchführung von Großraum- und Schwertransporten per Binnenschiff genutzt . Daher ist eine Heraufstufung in der BMVI-Kategorie fachlich gerechtfertigt . Dieses hat die Landesregierung zusammen mit dem Land Hessen gegenüber der Bundesregierung angeregt. Folgende Schiffsgrößen sind den einzelnen Wasserstraßenklassen zugeordnet: Wasserstraßenklasse IV: Schiffstyp „Johann Welker“, Länge 85 m, Breite 9,50 m, Tiefgang 2,50 m, Wasserstraßenklasse Va: Schiffstyp „Großes Rheinschiff“, Länge 110 m, Breite 11,40 m, Tiefgang bis zu 2,80 m, Wasserstraßenklasse Vb: Schiffstyp „Schubverband“, Länge 185 m, Breite 11,40 m, Tiefgang bis zu 2,80 m. Der Ausbau der Binnenwasserstraßen, die zugleich Seeschifffahrtsstraßen sind, orientiert sich an anderen Kriterien. Für die Vertiefung der Zufahrt zum Hafen Emden (Außenemsvertiefung, Streckenabschnitt zwi- schen der Seegrenze und dem Hafen Emden) ist eine Vertiefung um 1 m gegenüber dem heutigen Zustand geplant. Im Bereich der Unterems (Streckenabschnitt zwischen Papenburg und Emden) wird eine individuelle Anpassung des Gewässerbettes an die Schiffsgrößen, die in der Meyer-Werft gebaut werden, vorgenommen. Auf der Unterweser (Streckenabschnitt zwischen Bremerhaven und Bremen) soll eine Vertiefung zwischen Bremerhaven und Brake um 90 cm, zwischen Brake und Bremen um 60 cm gegenüber dem heutigen Zustand vorgenommen werden. Die Anpassung der Hunte in dem Streckenabschnitt zwischen Oldenburg und der Einmündung in die Weser ist abgeschlossen. Hier sind keine weiteren Maßnahmen in der Strecke vorgesehen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 20 Zu 77: Wie bereits zu 75 ausgeführt, hat die Landesregierung aufgrund der Bundeszuständigkeit für die Wasserstraßen keine eigene Handlungskompetenz. Der Dialog mit der Bundesregierung ist daher ein wichtiges Instrumentarium für die Weiterentwicklung der Wasserstraßen. Folgende Möglichkei- ten stehen darüber hinaus zur Verfügung, bestimmte Vorhaben im Interesse des Landes zu för- dern: – Initiierung von Ausbauvorhaben durch Antragstellung gegenüber dem Bund (so geschehen für die Ausbauvorhaben an der Unterweser und an der Außenems), – Mitfinanzierung von Ausbauvorhaben (so geschehen bei dem Mittellandkanal und seiner Stich- kanäle seit 1965), – Mitfinanzierung von Planungsleistungen für die Vorplanungen von Ausbauvorhaben (so ge- schehen am Dortmund-Ems-Kanal zusammen mit kommunalen Dienststellen und IHKs), – Einbringung von Vorhaben in den Bundesverkehrswegeplan (BVWP), aktuelle Anmeldung von Projekten zum BVWP 2015, – Initiierung und Begleitung von Diskussionen der Verkehrsverwaltung des Bundes und der Län- der (VMK usw.), – länderübergreifende Initiativen für einzelne Vorhaben, z. B. Neubau der Schleuse Lüneburg zu- sammen mit der Freien und Hansestadt Hamburg (die Abstimmung hierüber läuft noch), – länderübergreifende Initiativen zur Anhebung von Wasserstraßenkategorien gemäß der neuen Systematik des BMVI (so geschehen zusammen mit Hessen an der Oberweser), – Einflussnahme auf die Einstufung von Wasserstraßen im europäischen Wasserstraßennetz TEN-V (so geschehen beim Küstenkanal), – Mitarbeit in länderübergreifenden Gremien für bestimmte Wasserstraßen (so geschehen für die mittlere Elbe: „Gesamtkonzept Elbe“). Zu 78: Die Landesregierung steht PPP-Projekten kritisch, gleichwohl ergebnisoffen gegenüber. Wenn im Einzelfall eindeutig und öffentlich transparent überprüfbar die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlich- keit eines Vorhabens nachgewiesen wird, kann dessen Umsetzung eine Option zur herkömmlichen Finanzierung von Leistungen der Daseinsvorsorge sein. Zu 79: Die Realisierungschancen eines Vorhabens im Rahmen der Daseinsvorsorge durch ein PPP-Pro- jekt können nur im konkreten Einzelfall beurteilt werden. Zu 80: Die Antwort entfällt aufgrund der Antwort zu 78. Zu 81: Auf die Antwort zu 78 wird verwiesen. Zu 82: Für den Bereich der den Kommunen durch Gesetz übertragenen pflichtigen Aufgaben (siehe Ant- wort zu 4. geht die Landesregierung gegenwärtig von einer langfristigen Finanzierbarkeit aus. Eine Reduzierung dieser Aufgaben ist nicht beabsichtigt. Daneben werden freiwillige Leistungen der Da- seinsvorsorge durch die Kommunen im Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit erbracht. Zu 83: Eine Verlagerung von pflichtigen Aufgaben der öffentlichen Hand auf die Bürgerinnen und Bürger wäre unzulässig und ist nicht beabsichtigt. In nicht pflichtigen Bereichen der Daseinsvorsorge ist eine Verlagerung im Sinne eines verpflichtenden „Verbindens“ ebenfalls nicht beabsichtigt und würde im Fall des bürgerschaftlichen Engagements, das durch Freiwilligkeit bestimmt ist, dessen Wesen auch konterkarieren. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2067 21 Zu 84: Nein, die Landesregierung teilt die Auffassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Leistungs- pflichten der öffentlichen Hand ergeben sich danach im Bereich der Daseinsvorsorge implizit aus Artikel 28 Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Abs. 1 GG, das gemäß Artikel 28 Abs. 1 Satz 1 GG auch in den Ländern Geltung beansprucht, und aus den Grundrechten. Zu 85: Die öffentliche Daseinsvorsorge ist keine statische, sondern eine dynamische Aufgabe der öffentli- chen Hand, die den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen und deren Wandel unterliegt. Vornehmste Aufgaben der politischen Parteien ist ausweislich ihres Ver- fassungsauftrages aus Artikel 21 Abs. 1 Satz 1 GG die Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes. Unerlässlich hierfür ist eine Positionierung der Parteien bei denjenigen Entwicklungen, die für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung und/oder Dringlichkeit sind. Eine solche Bedeu- tung und Dringlichkeit liegt beim Thema „öffentliche Daseinsvorsorge“ besonders ausgeprägt vor. Die Landesregierung begrüsst es vor diesem Hintergrund, dass sich politische Pateien mit der Thematik auseinander setzen. Dr. Jörg Mielke Chef der Staatskanzlei (Ausgegeben am 06.10.2014)