Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/2068 1 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/1912 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke, Dr. Hans-Joachim Deneke- Jöhrens, Otto Deppmeyer, Hans-Heinrich Ehlen, Christian Calderone, Frank Oesterhelweg, Ernst Ingolf Angermann, Martin Bäumer, Karin Bertholdes-Sandrock, Clemens Große Macke, Ingrid Klopp und Lutz Winkelmann (CDU), eingegangen am 27.08.2014 Gibt es möglicherweise doch einen Impfstoff gegen die afrikanische Schweinepest? Die Interessensgemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) sowie das Landvolk Nieder- sachsen sind nur zwei von etlichen Stimmen, die vor dem Auftreten der afrikanischen Schweine- pest (ASP) in Deutschland warnen, nachdem bereits das Nachbarland Polen betroffen ist. Beson- ders in den Regionen, in denen außerordentlich viele Tiere gehalten werden, wie im Oldenburger Münsterland, steigt die Angst vor der Seuche, die nach Angaben der Oldenburgischen Volkszei- tung (OV) noch widerstandsfähiger und aggressiver sei als die klassische Variante aus den 1990er-Jahren. „Die ISN beziffert den möglichen Höchstschaden für Weser-Ems auf 3,11 Mrd. Euro “, so die OV in ihrem Artikel „Landkreis wappnet sich für Seuche“ vom 23.08.2014. In einem In- terview mit dem Präsidenten des Friedrich-Löffler-Instituts, Prof. Thomas Mettenleiter, heißt es in der Agra Europe, Ausgabe 34/14, es gäbe keine Möglichkeit zur Impfung, „da kein wirksamer Impfstoff existiert und wohl auch in absehbarer Zeit nicht verfügbar sein wird.“ Gleichzeitig liest man in dem Kommentar „Bedrohung ist Akut“ aus der OV vom 23.08.2014 „die Politik ist aufgefordert, die Summen für die Entwicklung eines Impfstoffes aufzustocken“. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Ist die Entwicklung eines geeigneten Impfstoffes gegen die ASP eine Frage der Finanzierung? 2. Wie lange würde es nach Kenntnis der Landesregierung dauern, einen Impfstoff zu entwi- ckeln? 3. Werden derzeit bereits Projekte zur Entwicklung eines geeigneten Impfstoffes durchgeführt? 4. Wenn ja, wo und von wem? 5. Hält die Landesregierung die Entwicklung eines Impfstoffes als Mittel zur Bekämpfung der ASP für zweckmäßig und sinnvoll? 6. Wie sieht die Landesregierung die Einsatzmöglichkeiten eines verfügbaren Impfstoffs im Seu- chenfall vor dem Hintergrund der „Nichtimpfpolitik der EU“? 7. Hat sich die Gefahr des Ausbruchs der ASP in Deutschland nach Meinung der Landesregie- rung im Verlauf des vergangenen Jahres erhöht? (An die Staatskanzlei übersandt am 03.09.2014) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2068 2 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 23.09.2014 für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 203-01425/1-53 - Bei der Beantwortung sind Erkenntnisse des in der Anfrage genannten Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) eingeflossen, das sowohl die Funktion des nationalen Referenzlabors für Afrikanische Schweinepest (ASP) wahrnimmt, als auch auf internationaler Ebene in der Forschung von Impfstof- fen tätig ist. Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Entwicklung eines geeigneten Impfstoffs derzeit eine Frage der Finanzierung ist. Die Probleme in der Entwicklung sind fachlicher Natur. Die Komplexität und Infektionsbiologie des Erregers (insbesondere die Vermehrung des Erregers in Zellen des Im- munsystems) spielen dabei eine besondere Rolle. Bisher ist es nicht gelungen, einen Impfstoff zu entwickeln, welcher wirksame Antikörper gegen das Virus der ASP bildet. Zu 2: Derzeit ist nicht absehbar, wann ein Impfstoffkandidat zur Verfügung stehen wird, da sich nicht ab- sehen lässt, ob eine der derzeitigen Forschungslinien und, wenn ja, welche zu einem Erfolg führen könnte. Weiterhin ist zu beachten, dass von einem Impfstoffkandidaten, der sich noch im experi- mentellen Stadium befindet, bis zu einem brauchbaren Impfstoff in der Regel einige Jahre verge- hen, die für die notwendigen klinischen Prüfungen (u. a. Feldversuche) benötigt werden. Zu 3: Es wird in mehreren international geförderten Verbundprojekten und Kooperationen nach einem Impfstoff gesucht. In diesen Projekten werden unterschiedlichste Wege zur Impfstoffentwicklung beschritten. Auch das FLI beteiligt sich an mehreren Projekten. Bislang hat keiner dieser Ansätze zu einem erfolgversprechenden Impfstoffkandidaten geführt. Zu 4: Zu den genannten Verbundprojekten gehört das im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU geför- derte ASFORCE-Projekt (www.asforce.org). Daneben bestehen Kooperationen mit dem Internatio- nal Livestock Research Institute (ILRI) in Nairobi über ein GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internati- onale Zusammenarbeit) gefördertes Projekt sowie eine Kooperation mit den Projektpartnern der In- ternational Atomic Energy Agency (IAEA). Das FLI ist weiterhin in ein Consortium eingebunden, dem neben dem Foreign Animal Disease Centre des US Heimatschutzministeriums auf Plum Island und dem Biosafety Research Institute in Manhattan, Kansas, auch das Pirbright Institute im Verei- nigten Königreich angehören. International werden darüber hinaus diverse Projekte zur Impfstoffentwicklung gegen die ASP ge- fördert. Zu 5: Ja. Ziel muss es jedoch bleiben, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um Deutschland weiterhin von ASP frei zu halten. Dazu wurde das niedersächsische Früherkennungs- und Monitoringprogramm instal- liert. Die Tierhalter sind dazu aufgerufen, vermehrt diagnostische Proben bei einem unklaren Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/2068 3 Krankheitsgeschehen an die entsprechenden Untersuchungseinrichtungen zum Ausschluss der ASP/KSP einzusenden. Zu 6: Auch auf EU-Ebene zeichnet sich ein Umdenken in Bezug auf die genannte „Nichtimpfpolitik“ ab. Bereits bei der Bekämpfung der klassischen Schweinepest (KSP) in Schwarzwildbeständen wurde Impfstoff auch in Niedersachsen mit Erfolg eingesetzt. Eine Impfung gegen die KSP ist auch beim Hausschwein möglich, allerdings unterliegen die ge- impften Tiere und insbesondere die Erzeugnisse von geimpften Tieren Handelsrestriktionen. Es müssten auf EU-Ebene die rechtlichen Möglichkeiten geschaffen werden, von diesen Handelsrest- riktionen absehen zu können. Da die ASP ungefährlich für Menschen ist, dürfte auch eine Akzeptanz der Impfung durch die Ver- braucherinnen und Verbraucher und den Handel zu erwarten sein. Zu 7: Das FLI hat im April dieses Jahres eine qualitative Risikobewertung durchgeführt, die auf der Inter- netseite des FLI verfügbar ist. Basierend auf den vorliegenden Daten wird in dieser Analyse das Risiko des Eintrags von ASP nach Deutschland durch illegales Verbringen und Entsorgen von kon- taminiertem Material als hoch eingeschätzt. Das Risiko des Eintrags durch kontaminiertes Schwei- nefleisch oder daraus hergestellte Erzeugnisse entlang dem Fernstraßennetz durch Fahrzeuge oder Personen wird im Sinne eines „worst case scenarios“ als hoch eingeschätzt. Das Risiko einer Einschleppung durch den Jagdtourismus und das Mitbringen von Jagdtrophäen aus betroffenen Regionen wird als mäßig bewertet. Vor dem Hintergrund des Anstiegs der beobachteten Fälle und des Übergreifens der Infektion auch auf Hausschweine in Polen, Litauen und Lettland hat sich das Risiko tendenziell weiter erhöht. Mit Beschluss der Agrarministerkonferenz am 5. September wurde BMEL gebeten, eine aktuelle Risikobewertung zur Einschleppung der ASP nach Deutschland aus Osteuropa abzugeben. Christian Meyer (Ausgegeben am 06.10.2014) Drucksache 17/2068 Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/1912 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke, Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens, Otto Deppmeyer, Hans-Heinrich Ehlen, Christian Calderone, Frank Oesterhelweg, Ernst Ingolf Angermann, Martin Bäumer, Karin Bertholdes-Sandrock, Clemens Große Macke, Ingrid Klopp und Lutz Winkelmann (CDU), eingegangen am 27.08.2014 Gibt es möglicherweise doch einen Impfstoff gegen die afrikanische Schweinepest? Antwort der Landesregierung